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BFH 02.01.2018 - XI B 81/17
BFH 02.01.2018 - XI B 81/17 - Zurechnung der Umsätze einer Gaststätte in Strohmann-Fällen
Normen
§ 2 Abs 1 UStG 1999, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 1 FGO, § 15a GewO, § 2 GastG, § 2 Abs 1 UStG 2005, UStG VZ 2005, UStG VZ 2006, UStG VZ 2007, UStG VZ 2008, UStG VZ 2009, UStG VZ 2010
Vorinstanz
vorgehend FG München, 20. Juli 2017, Az: 14 K 3382/14, Urteil
Leitsatz
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NV: Durch die Rechtsprechung des BFH ist geklärt, dass Umsätze einer Gaststätte grundsätzlich demjenigen zuzurechnen sind, der Inhaber der Gaststättenerlaubnis ist und gegenüber dem FA als Inhaber auftritt. Daran hat die Abschaffung des § 15a GewO nichts geändert.
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 20. Juli 2017 14 K 3382/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Die Beteiligten streiten darüber, wem in den Streitjahren (2004 bis 2010) die Umsätze eines Restaurants (X) in M zuzurechnen sind.
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Der Sohn der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), Herr ... (A), führte bis zur Untersagung durch die Stadt M am 8. Januar 2001 das Restaurant X.
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Anschließend meldete die Klägerin zum 16. Mai 2001 ein Gewerbe zum Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft an. Die Stadt M erteilte ihr mit Bescheid vom 13. Juli 2001 die gaststättenrechtliche Erlaubnis.
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In der Folgezeit pachtete weiter Herr A das Restaurant von der Verpächterin, einer Brauerei. In einer Zusatzvereinbarung aus dem Jahr 2002 wurde vereinbart, dass A das Restaurant an die Klägerin unterverpachten dürfe und für sämtliche Leistungen der Verpächterin an die Klägerin hafte.
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Mit der Klägerin schloss A am 4. April 2001 einen Unterpachtvertrag.
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Die vorliegenden Eingangsrechnungen der Gaststätte lauten teilweise auf den Namen der Gaststätte, teilweise auf die Klägerin und teilweise auf A.
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Die Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2004 bis 2007 wurden unter dem Namen der Klägerin abgegeben. Die auf den Namen der Klägerin lautende Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2008 ist nicht unterschrieben. Die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2004, 2006, 2007 und 2008 waren an die Klägerin persönlich gerichtet.
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Mit Schreiben vom 17. November 2010 kündigte die Verpächterin A das Pachtverhältnis außerordentlich. Im Dezember 2010 schloss die Gaststätte.
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Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) erließ nach Durchführung einer Außenprüfung gegenüber der Klägerin Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2004 bis 2010. Die Einsprüche der Klägerin, mit denen sie u.a. geltend machte, sie als nominelle Inhaberin der Gaststätte sei lediglich als Strohfrau des A aufgetreten, blieben erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 16. Mai 2014).
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage teilweise statt, wies sie im Übrigen ab und ließ die Revision nicht zu.
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Es nahm an, der Klägerin seien die Umsätze aus dem Betrieb der Gaststätte zuzurechnen. Bei unternehmensbezogenen Rechtsgeschäften gehe der Wille der Beteiligten im Zweifel dahin, dass der Inhaber des Unternehmens, in dessen Tätigkeitsbereich das rechtsgeschäftliche Handeln falle, und nicht der für das Unternehmen Handelnde der Vertragspartner des Kunden werden solle. Nach diesen Grundsätzen seien der Klägerin die Umsätze aus dem Betrieb der Gaststätte zuzurechnen, da sie Inhaberin der Gaststätte gewesen sei und die gaststättenrechtliche Genehmigung auf sie gelautet habe. Die Klägerin habe sich selbst als nominelle Inhaberin bezeichnet. Sie habe auch die an sie gerichteten Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2004 vom 8. Juni 2006, 2006 vom 10. Juli 2008, 2007 vom 30. März 2009 und 2008 vom 2. Juni 2010 nicht mit dem Argument angegriffen, sie sei gar keine Unternehmerin.
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Das FG ging weiter davon aus, dass das FA dem Grunde nach zur Schätzung berechtigt gewesen sei. Allerdings sei die Höhe der Schätzung insoweit zugunsten der Klägerin zu verringern, als ein angenommener Unsicherheitsabschlag von 10 % auf die gesamten kalkulierten Umsätze anzuwenden sei.
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Mit ihrer Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision bringt die Klägerin vor, die Revision sei zur Fortbildung des Rechts und wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Beschwerde ist --bei Zweifeln an ihrer Zulässigkeit-- jedenfalls unbegründet. Die von der Klägerin für klärungsbedürftig gehaltene Frage, nach welchen Grundsätzen in der Sachverhaltskonstellation des "passiven Strohmanns" zu ermitteln ist, wer leistender Unternehmer ist, ist geklärt.
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1. Grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kommt einer Rechtssache zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärbar sein (vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. Juli 2014 XI B 37/14, BFH/NV 2014, 1779, Rz 9; vom 29. August 2017 XI B 57/17, BFH/NV 2018, 22, Rz 11).
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2. Das Erfordernis einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) ist ein Unterfall des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung (vgl. BFH-Beschluss vom 24. Juli 2017 XI B 37/17, BFH/NV 2017, 1635, Rz 16). Die Revision ist zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, wenn davon auszugehen ist, dass im Einzelfall Veranlassung besteht, Grundsätze und Leitlinien für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (z.B. BFH-Beschluss vom 24. Juni 2014 XI B 45/13, BFH/NV 2014, 1584, Rz 35, m.w.N.). Auch dieser Zulassungsgrund setzt eine klärungsbedürftige und klärbare Rechtsfrage voraus (BFH-Beschluss vom 24. Juli 2017 XI B 25/17, BFH/NV 2017, 1591, Rz 25).
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3. Ausgehend davon ist die Revision weder zur Fortbildung des Rechts noch wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Die umsatzsteuerrechtliche Zurechnung von "Strohmann"- bzw. "Strohfrau"-Geschäften ist durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 17. Februar 1994 XI B 96/93, BFH/NV 1995, 352, Rz 9; vom 9. Oktober 2003 V B 12/02, BFH/NV 2004, 97, unter II.2., Rz 20; vom 17. Oktober 2003 V B 111/02, BFH/NV 2004, 235; vom 23. August 2005 V B 101/05, BFH/NV 2006, 377). Dies gilt auch für die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage.
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a) Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteil vom 12. Mai 2011 V R 25/10, BFH/NV 2011, 1541, Rz 16 f., m.w.N.) regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei der Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (vgl. BFH-Urteil vom 26. Juni 2003 V R 22/02, BFH/NV 2004, 233, unter II.1.b aa, Rz 20; BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, unter II.4., Rz 19 ff.).
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b) Darüber hinaus ist aber, was die Klägerin nicht hinreichend berücksichtigt hat, durch die ständige Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Beschlüsse vom 29. Juni 1990 V B 29/90, BFH/NV 1993, 55, juris, Rz 12; vom 30. Juli 1990 V B 48/90, BFH/NV 1991, 62, Rz 9; vom 25. Juni 1999 V B 107/98, BFH/NV 1999, 1649, unter II.2., Rz 8; vom 20. Februar 2001 V B 191/00, BFH/NV 2001, 1152, unter II., Rz 10; vom 30. Mai 2007 V B 186/06, BFH/NV 2007, 1934, unter II.2., Rz 12; BFH-Urteil vom 22. September 2005 V R 52/01, BFHE 211, 562, BStBl II 2006, 278, unter II.1., Rz 10) geklärt, dass in Fällen, in denen eine Person ein Gewerbe angemeldet hat oder Inhaber einer Konzession ist, diese Person grundsätzlich als Unternehmer anzusehen ist, weil zu den maßgeblichen Indizien u.a. das Auftreten nach außen --auch das Auftreten gegenüber den Behörden und dem FA-- gehört. Das FG hat deshalb zu Recht angenommen, dass die Umsätze einer Gaststätte grundsätzlich demjenigen zuzurechnen sind, der nach § 2 des Gaststättengesetzes (GastG) die Gaststättenerlaubnis erhalten hat (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 1993, 55, juris, Rz 12; vom 20. Februar 2004 V B 152/03, BFH/NV 2004, 833, unter II.2., Rz 8). Die Abschaffung des § 15a der Gewerbeordnung (GewO) hat daran nichts geändert, da diese Rechtsprechung allgemein gilt (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 1934, unter II.2., Rz 12).
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c) Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass auch nach der "Laden-Rechtsprechung" des BFH (vgl. BFH-Urteile vom 7. Juni 1962 V 214/59 U, BFHE 75, 262, BStBl III 1962, 361, Rz 5; vom 13. Dezember 1963 V 74/61, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1964, 400; vom 9. April 1970 V R 80/66, BFHE 98, 564, BStBl II 1970, 506, Rz 9; vom 16. März 2000 V R 44/99, BFHE 191, 97, BStBl II 2000, 361, unter II.1.b, Rz 15; vom 15. Mai 2012 XI R 16/10, BFHE 238, 460, BStBl II 2013, 49, Rz 25) ein Kunde, der in einem Laden Waren des täglichen Bedarfs kauft oder sonstige Leistungen bezieht, grundsätzlich mit dem Ladeninhaber in Geschäftsbeziehungen treten will. So verhält es sich auch beim Betreten einer Gaststätte. Inhaber der Gaststätte war nach den Feststellungen des FG im Streitfall die Klägerin als Inhaberin der Gaststättenerlaubnis.
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4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.
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