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BFH 03.08.2016 - X R 20/15
BFH 03.08.2016 - X R 20/15 - (Offenbare Unrichtigkeit bei unvollständig ausgefülltem Steuererklärungsvordruck und unvollständigem Beleg - Anknüpfungspunkte des groben Verschuldens i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO)
Normen
§ 129 S 1 AO, § 173 Abs 1 Nr 2 AO, § 10 Abs 1 Nr 2 Buchst b EStG 2002, EStG VZ 2008
Vorinstanz
vorgehend FG Köln, 3. Juli 2014, Az: 4 K 2025/11, Urteil
nachgehend FG Köln, 28. Februar 2018, Az: 9 K 227/17, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Eine Unrichtigkeit i.S. von § 129 Satz 1 AO ist nur dann offenbar, wenn der Fehler bei Offenlegung des Sachverhalts für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und eindeutig erkennbar ist. Davon ist nicht auszugehen, wenn die einem unvollständig ausgefüllten Steuererklärungsformular beigefügte Bescheinigung einer privaten Rentenversicherung nicht das Vorliegen sämtlicher im Gesetz für den Abzug der Versicherungsbeiträge als Sonderausgaben genannter Voraussetzungen bestätigt.
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2. NV: Anknüpfungspunkte für die Annahme eines groben Verschuldens i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO können sowohl Versäumnisse bei der Erstellung der Steuererklärung als auch bei der Überprüfung des noch nicht bestandskräftigen Steuerbescheids sein.
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 3. Juli 2014 4 K 2025/11 aufgehoben.
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Die Sache wird an das Finanzgericht Köln zurückverwiesen.
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Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
Tatbestand
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I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erzielte im Streitjahr 2008 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus Kapitalvermögen. In seiner ohne Mitwirkung eines steuerlichen Beraters erstellten, am 9. Juni 2009 bei dem damals für die Veranlagung zuständigen Finanzamt A-Stadt in Papierform eingereichten Einkommensteuererklärung für 2008 nahm er in Zeile 64 des Mantelbogens "Beiträge zu (...) eigenen kapital-gedeckten Rentenversicherungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG) mit Laufzeitbeginn nach dem 31.12.2004" keine Eintragung vor. Allerdings enthielt die der Steuererklärung beigefügte Belegsammlung nach den --vom Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) nicht angegriffenen-- Feststellungen der Vorinstanz eine Bescheinigung der X-Versicherung vom 17. Februar 2009, die das Finanzgericht (FG) durch Bezugnahme zum Gegenstand seines Urteils gemacht hat. Die Bescheinigung hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
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"Sehr geehrter Herr (...),
wir bescheinigen Ihnen für das Kalenderjahr 2008 folgende Versicherungsbeiträge:
(...) 2.460,00 EUR
Wir bestätigen, dass es sich um als Sonderausgaben abzugsfähige Beiträge zu einem Basisrentenvertrag (...) gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2b EStG handelt.
Der Vertrag sieht die Zahlung einer lebenslangen Leibrente vor, die nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres erbracht wird.
Die Versorgungsansprüche sind nicht
– beleihbar
– vererblich
– veräußerbar
– übertragbar
– oder kapitalisierbar.
Von den gezahlten Beträgen werden mindestens 50 % für die Hauptversicherung (Altersversorgung) verwendet."
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Zu der in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Streitjahres (EStG 2008) für den Sonderausgabenabzug zusätzlich normierten Voraussetzung, wonach "darüber hinaus kein Anspruch auf Auszahlungen" bestehen darf, enthielt die Bescheinigung keine Angaben.
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Das Finanzamt A-Stadt setzte die Einkommensteuer des Klägers für das Jahr 2008 mit Bescheid vom 22. Juni 2009 erklärungsgemäß fest. Einen Sonderausgabenabzug gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG 2008 gewährte es nicht, weil der zuständige Bearbeiter nach --vom FA ebenfalls nicht beanstandeter-- Überzeugung der Vorinstanz bei "lebensnaher Betrachtung der Verhältnisse des Einzelfalls (...) die vorliegende Bescheinigung der X-Versicherung bei Durchführung der Einkommensteuerveranlagungen 2008 schlicht übersehen" habe. Der Einkommensteuerbescheid wurde bestandskräftig.
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Einen mit Schreiben vom 24. April 2010 gestellten Antrag des inzwischen steuerlich beratenen Klägers, die Einkommensteuerfestsetzung für 2008 wegen des unterbliebenen Sonderausgaben-abzugs gemäß § 129 der Abgabenordnung (AO) zu berichtigen, lehnte das Finanzamt A-Stadt mit Bescheid vom 5. Mai 2010 ab.
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Seinen dagegen gerichteten Einspruch begründete der Kläger damit, er habe die Beiträge für die Basisrenten-Versicherung bei der Erstellung der Steuererklärung zwar zutreffend in eine Entwurfsfassung des Mantelbogens eingetragen, bei der Fertigung der Reinschrift diese Eintragung aber versehentlich nicht übernommen, was für das Finanzamt wegen der beigefügten Bescheinigung der X-Versicherung offensichtlich gewesen sei. Damit liege ein schlichter Übertragungsfehler vor, den das Finanzamt als offenbare Unrichtigkeit übernommen habe. Aus der Bescheinigung sei eindeutig erkennbar gewesen, dass der Versicherungsvertrag die Voraussetzungen des Sonderausgabenabzugs nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG 2008 erfülle. Zum Beleg seiner Rechtsauffassung führte er das Senatsurteil vom 27. Mai 2009 X R 47/08 (BFHE 226, 8, BStBl II 2009, 946) an.
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Das zwischenzeitlich zuständig gewordene FA wies den Einspruch aus tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen als unbegründet zurück.
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Der daraufhin erhobenen Klage gab das FG mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2015, 1582 veröffentlichtem Urteil vom 3. Juli 2014 statt und verpflichtete das FA unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung dazu, den Kläger hinsichtlich des Anspruchs auf Änderung der bestandskräftigen Einkommensteuerfestsetzung 2008 in Bezug auf die Berücksichtigung der Beiträge für die Basisrenten-Versicherung in Höhe von 2.460 € als Sonderausgaben unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Es erkannte, in der Nichtberücksichtigung der zwar nicht im Erklärungsvordruck, jedoch in der beigefügten Bescheinigung der X-Versicherung ausgewiesenen Versicherungsbeiträge liege ein von dem Finanzamt übernommener offenbarer Fehler der Steuererklärung. Dies begründe im Streitfall eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit i.S. von § 129 Satz 1 AO. Allerdings sei der begehrte Sonderausgabenabzug von dem Nachweis abhängig, dass darüber hinaus kein Anspruch auf Auszahlungen gegeben sei. Insoweit bestehe noch Klärungsbedarf, sodass es in der Sache an der Spruchreife fehle.
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Das FA stützt seine hiergegen eingelegte Revision auf die Verletzung materiellen Rechts (§ 129 AO) und von Verfahrensrecht (§ 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Vorinstanz habe Bundesrecht verletzt, indem sie die Anwendbarkeit von § 129 Satz 1 AO im Streitfall bejaht habe, obwohl sie noch weitere Sachverhaltsaufklärung bezüglich der materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug für erforderlich gehalten habe. Darin liege der maßgebliche Unterschied zu dem vom FG zitierten Senatsbeschluss vom 27. Februar 2014 X B 157/13 (BFH/NV 2014, 825). In jenem Fall sei die dort streitgegenständliche steuerliche Relevanz der Renteneinkünfte eindeutig und vollständig aus dem Rentenbescheid hervorgegangen, was vorliegend gerade nicht der Fall sei. Die Sachaufklärungsrüge sei begründet, weil das FG pflichtwidrig nicht ermittelt habe, ob --was in der Bescheinigung der X-Versicherung offengeblieben sei-- weitergehende Auszahlungsansprüche aus der streitgegenständlichen Rentenversicherung bestünden.
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Das FA beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise das Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
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Der Kläger schließt sich der vom FG vertretenen Rechtsauffassung an und beantragt sinngemäß,
die Revision zurückzuweisen.
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Die Entscheidung des FG, den Streitfall wegen weiterer Sachverhaltsaufklärungen an das FA "zurückzuverweisen", schließe die Annahme einer offenbaren Unrichtigkeit nicht grundsätzlich aus, was an dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27. August 2013 VIII R 9/11 (BFHE 242, 302, BStBl II 2014, 439) deutlich werde. Außerdem sei dem Senatsbeschluss in BFH/NV 2014, 825 eine besondere Bedeutung für die vorliegende Rechtsfrage beizumessen. Dieser Fall sei mit dem Streitfall vergleichbar; die Einwendungen des FA, wonach sich aus der Bescheinigung der X-Versicherung nicht alle Tatbestandsmerkmale des Gesetzes ergäben, sei nicht zielführend, da bei jeder Bescheinigung ein Überprüfungsrecht der Finanzverwaltung bestehe. Außerdem sei der streitgegenständliche Basisrentenvertrag am 14. Dezember 2010 durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zertifiziert und der Sonderausgabenabzug in den auf das Streitjahr folgenden Veranlagungszeiträumen zugelassen worden. Weitere Ermittlungsmaßnahmen seien demnach nicht erforderlich gewesen. Falls § 129 Satz 1 AO im Streitfall tatsächlich nicht einschlägig sei, müsse im Übrigen die Anwendbarkeit von § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO geprüft werden.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
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Die Vorentscheidung ist bereits aus materiell-rechtlichen Gründen aufzuheben, weil das FG zu Unrecht entschieden hat, im Streitfall gestatte § 129 AO eine Berichtigung des streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheids (unter 1.). Auf die vom FA erhobene Sachaufklärungsrüge kommt es folglich nicht mehr an. Die Sache ist indessen nicht spruchreif. Anhand der vom FG getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht endgültig beurteilen, ob die vom Kläger beantragte Berücksichtigung der Versicherungsbeiträge als Sonderausgaben auf § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO gestützt werden kann (unter 2.).
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1. Nach § 129 Satz 1 AO kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes unterlaufen sind, jederzeit (innerhalb der Verjährungsfrist) berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen (§ 129 Satz 2 AO).
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a) Offenbare Unrichtigkeiten i.S. von § 129 AO sind mechanische Versehen wie beispielsweise Eingabe- oder Übertragungsfehler. Dagegen schließen Fehler bei der Auslegung oder Anwendung einer Rechtsnorm, eine unrichtige Tatsachenwürdigung oder die unzutreffende Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorliegenden Sachverhalts eine offenbare Unrichtigkeit aus. § 129 AO ist ferner nicht anwendbar, wenn auch nur die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass die Nichtbeachtung einer feststehenden Tatsache in einer fehlerhaften Tatsachenwürdigung oder einem sonstigen sachverhaltsbezogenen Denk- oder Überlegungsfehler begründet ist oder auf mangelnder Sachverhaltsaufklärung beruht. Die Berichtigungsmöglichkeit nach § 129 AO setzt grundsätzlich voraus, dass der offenbare Fehler in der Sphäre der den Verwaltungsakt erlassenden Finanzbehörde entstanden ist (s. z.B. BFH-Urteil vom 16. September 2015 IX R 37/14, BFHE 250, 332, BStBl II 2015, 1040, Rz 17). Da die Unrichtigkeit nicht aus dem Bescheid selbst erkennbar sein muss, ist die Vorschrift aber auch dann anwendbar, wenn das Finanzamt offenbar fehlerhafte Angaben des Steuerpflichtigen als eigene übernimmt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 242, 302, BStBl II 2014, 439, Rz 15, m.w.N.).
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Ob ein mechanisches Versehen oder ein die Berichtigung nach § 129 AO ausschließender Tatsachen- oder Rechtsirrtum vorliegt, muss nach den Verhältnissen des Einzelfalls und dabei insbesondere nach der Aktenlage beurteilt werden (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 5. Februar 1998 IV R 17/97, BFHE 185, 345, BStBl II 1998, 535; vom 16. März 2000 IV R 3/99, BFHE 191, 226, BStBl II 2000, 372, und vom 11. Juli 2007 XI R 17/05, BFH/NV 2007, 1810; jeweils m.w.N.). Dabei handelt es sich im Wesentlichen um eine Tatfrage, die der revisionsgerichtlichen Prüfung nur in eingeschränktem Umfang unterliegt (vgl. BFH-Urteile vom 1. Juli 2010 IV R 56/07, BFH/NV 2010, 2004, Rz 20, und vom 13. Juni 2012 VI R 85/10, BFHE 238, 295, BStBl II 2013, 5, Rz 18).
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b) Die Würdigung des FG, mit der es eine Berichtigung des Einkommensteuerbescheids 2008 dem Grunde nach zugelassen hat, hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
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aa) Das FG hat in der Nichtberücksichtigung der Beiträge des Klägers zur Basisrenten-Versicherung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG 2008 eine aus dem unvollständig ausgefüllten Mantelbogen übernommene offenbare Unrichtigkeit gesehen, weil die Angaben in der dem FA vorgelegten Bescheinigung der X-Versicherung einen offensichtlichen Widerspruch zu den fehlenden Eintragungen in Zeile 64 des Erklärungsvordrucks begründeten. Somit hat die Vorinstanz hinsichtlich der Offenbarkeit der von ihr angenommenen Unrichtigkeit wesentlich auf den Inhalt der --nach ihrer Überzeugung vom Veranlagungssachbearbeiter "schlicht übersehen(en)"-- Versicherungsbescheinigung abgestellt.
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Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist eine Unrichtigkeit hingegen dann offenbar, wenn der Fehler bei Offenlegung des Sachverhalts für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und eindeutig als offenbare Unrichtigkeit erkennbar ist (z.B. BFH-Urteile vom 4. Juni 2008 X R 47/07, BFH/NV 2008, 1801, Rz 13; in BFHE 238, 295, BStBl II 2013, 5, Rz 19; vom 6. November 2012 VIII R 15/10, BFHE 239, 296, BStBl II 2013, 307, Rz 15, und in BFHE 242, 302, BStBl II 2014, 439, Rz 14).
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bb) Bei Anwendung dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung auf den Streitfall ist eine Berichtigung des Einkommensteuerbescheids 2008 gemäß § 129 AO nicht möglich.
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(1) Da von einer objektivierten Sichtweise auszugehen ist, ist bei dem (fiktiven) unvoreingenommenen Dritten grundsätzlich vom Akteninhalt --Steuererklärung, deren Anlagen sowie die Unterlagen für das betreffende Veranlagungsjahr-- auszugehen. Dies findet seine Begründung darin, dass eine Anknüpfung an aktenkundige Umstände bei objektiver Betrachtungsweise regelmäßig besonders naheliegt (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2004, Rz 24). Im Streitfall bedeutet dies, dass dem unvoreingenommenen Dritten aufgrund der beigefügten Bescheinigung der X-Versicherung deren Inhalte bekannt waren.
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(2) Die Bescheinigung äußerte sich indes nicht zu allen in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG 2008 für den Sonderausgabenabzug aufgestellten Tatbestandsvoraussetzungen. Es fehlte an Angaben dazu, ob dem Kläger aufgrund des mit der X-Versicherung geschlossenen Vertrags über die Basisrenten-Versicherung neben dem Rentenauszahlungsanspruch weitere ("darüber hinaus") wie auch immer geartete Auszahlungsansprüche zustanden. Nur wenn dem nicht so gewesen sein sollte, wäre eine Unrichtigkeit des streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheids aufgrund Nichtberücksichtigung der Versicherungsbeiträge als Sonderausgaben für jeden unvoreingenommenen Dritten anhand des Inhalts der Versicherungsbescheinigung klar und eindeutig als offenbare Unrichtigkeit erkennbar gewesen. Dem war hier jedoch nicht so. Vielmehr hätte es in diesem --die Sonderausgabenabzugsberechtigung dem Grunde nach betreffenden-- Punkt einer weiteren Sachaufklärung durch das FA bedurft (ebenso Graw, EFG 2015, 1583, 1584). In einer solchen Situation kann aber nicht mehr davon gesprochen werden, die Unrichtigkeit des betroffenen Verwaltungsaktes sei im genannten Sinne offenbar gewesen. Eine --in Abgrenzung dazu-- denklogisch nicht ausgeschlossene, jedoch nach den Umständen des Einzelfalls weder "auf der Hand" liegende noch durchschaubare, eindeutige oder augenfällige Unrichtigkeit gestattet die Vornahme einer Berichtigung nach § 129 Satz 1 AO gerade nicht (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 2014, 825, Rz 10).
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Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die X-Versicherung in der genannten Bescheinigung bestätigte, "dass es sich um als Sonderausgaben abzugsfähige Beiträge (...) gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2b EStG handelt". An dieses Vorbringen war das FA gemäß § 88 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 AO nicht gebunden. Dies gilt umso mehr, als in der Bescheinigung im Anschluss die in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Halbsatz 4 EStG 2008 genannten Negativtatbestandsmerkmale in Spiegelstrichen aufgezählt wurden, wobei in dieser Aufzählung die zuletzt geforderte Abzugsvoraussetzung --"darüber hinaus kein Anspruch auf Auszahlungen"-- augenscheinlich fehlte.
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Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf der Tatsachenebene eingewendet hat, der streitgegenständliche Basisrentenvertrag sei durch das BZSt zertifiziert gewesen, handelt es sich dabei --ungeachtet dessen, dass diese Zertifizierung erst im Jahr 2010, also nach Ausstellung der Versicherungsbescheinigung, erfolgt sein soll-- um einen außerhalb der Feststellungen des FG liegenden Umstand. Damit kann er im Revisionsverfahren nicht gehört werden (§ 118 Abs. 2 FGO).
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(3) Dies unterscheidet den Streitfall von der Konstellation im Senatsbeschluss in BFH/NV 2014, 825, in der die nachträgliche Erfassung von Renteneinkünften keiner weiteren Prüfung durch das FA mehr unterzogen werden musste. Aus dem Rentenbescheid ergaben sich sämtliche für die Besteuerung maßgeblichen Informationen.
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Aus der vom Kläger zitierten Entscheidung des VIII. Senats in BFHE 242, 302, BStBl II 2014, 439 geht ebenfalls nichts Abweichendes hervor. In jenem Fall waren die bei der Ermittlung der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit geleisteten Umsatzsteuervorauszahlungen bei der Einkommensteuerfestsetzung unberücksichtigt geblieben, obwohl sich diese aus den zeitgleich eingereichten Umsatzsteuererklärungen ergaben und die Umsatzsteuer jeweils erklärungsgemäß vom FA festgesetzt worden war. Demnach war auch dort die Unrichtigkeit (Nichtabzug der gezahlten Vorsteuer als Betriebsausgabe) offenbar i.S. von § 129 Satz 1 AO (BFH-Urteil in BFHE 242, 302, BStBl II 2014, 439, unter II.2.). Zur Zurückverweisung dieser Sache an die Vorinstanz kam es allein aus prozessualen Gründen, weil die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG nicht ausreichten, um den VIII. Senat in die Lage zu versetzen, die Höhe des Betriebsausgabenabzugs selbst zu bestimmen (BFH-Urteil in BFHE 242, 302, BStBl II 2014, 439, unter II.3.). Die für ein "Durchentscheiden" i.S. von § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO erforderlichen Tatsachen kann das Revisionsgericht --im Gegensatz zum FG-- nicht feststellen.
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2. Auch vorliegend ist die Sache nicht spruchreif. Das FG hat sich --unter Zugrundelegung seiner Rechtsauffassung konsequent-- nicht mit dem Vorliegen der Voraussetzungen der Änderungsvorschrift des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO befasst und dementsprechend auch keine darauf bezogenen spezifischen Feststellungen getroffen. Diese sind nunmehr nachzuholen.
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Sollte sich im zweiten Rechtsgang herausstellen, dass dem Kläger aufgrund des Basisrentenvertrags mit der X-Versicherung tatsächlich kein über den Rentenauszahlungsanspruch hinausgehender Auszahlungsanspruch zustand, wird das FG insbesondere aufklären und tatrichterlich bewerten müssen, ob den Kläger am nachträglichen Bekanntwerden dieser --für eine eventuelle Bescheidsänderung letztlich entscheidenden-- Tatsache ein grobes Verschulden trifft. Anknüpfungspunkte dieser Verschuldensprüfung können sowohl Versäumnisse bei der Erstellung der Steuererklärung (z.B. BFH-Beschluss vom 30. Januar 1997 III B 99/95, BFH/NV 1997, 385) als auch bei der Überprüfung des noch nicht bestandskräftigen Steuerbescheids sein (z.B. BFH-Urteil vom 4. Februar 1998 XI R 47/97, BFH/NV 1998, 682, unter II.c; s.a. Klein/Rüsken, Abgabenordnung, 13. Aufl., § 173 Rz 131 f.). Der dabei anzulegende Sorgfaltsmaßstab wird sich u.a. an der Überschaubarkeit der steuerlichen Verhältnisse des Klägers, d.h. dem Umfang und der Komplexität der von ihm sonst im Erklärungsvordruck vorgenommenen Eintragungen, und der --dazu ins Verhältnis zu setzenden-- wirtschaftlichen Bedeutung des nicht berücksichtigten Sonderausgabenabzugsbetrags auszurichten haben. Ein die Änderung ausschließendes grobes Verschulden läge danach dann vor, wenn das FG zu der Überzeugung gelangte, der nicht erfolgte Übertrag bzw. die Nichtberücksichtigung der Versicherungsbeiträge im Steuerbescheid hätten sich bereits bei einer nur flüchtigen Kontrolle des Mantelbogens bzw. Steuerbescheids durch den Kläger unschwer feststellen lassen.
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Zu dem vom Kläger in diesem Zusammenhang zitierten BFH-Urteil vom 10. Februar 2015 IX R 18/14 (BFHE 249, 195) ist abschließend zu bemerken, dass der Begriff des Verschuldens i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO bei schriftlich und elektronisch gefertigten Steuererklärungen identisch auszulegen ist (Senatsurteil vom 18. März 2014 X R 8/11, BFH/NV 2014, 1347, unter II.3.). Danach ist es --wie auch hier-- im Wesentlichen Tatfrage, ob ein Beteiligter grob fahrlässig gehandelt hat.
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3. Der Senat hält es für angebracht, ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu entscheiden (§ 90a Abs. 1, § 121 Satz 1 FGO).
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Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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