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BFH 17.12.2015 - V R 13/15
BFH 17.12.2015 - V R 13/15 - Zur Verfolgungsverjährung bei zu Unrecht erlangtem Kindergeld
Normen
§ 31 S 3 EStG 2002, § 62 Abs 1 Nr 1 EStG 2002, § 63 Abs 1 S 1 EStG 2002, § 63 Abs 1 S 3 EStG 2002, § 66 Abs 1 EStG 2002, § 8 AO, § 169 Abs 2 S 2 AO, § 171 Abs 7 AO, § 370 Abs 1 AO, § 370 Abs 4 AO, § 384 AO, § 116 Abs 7 S 2 FGO, § 118 Abs 2 FGO, § 120 Abs 1 FGO, SozSichAbk TUR
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 24. Juli 2014, Az: 1 K 102/13, Urteil
Leitsatz
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1. NV: § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG ist verfassungsgemäß und unionsrechtskonform .
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2. NV: Die Türkei zählt nicht zu den in § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG genannten Staaten .
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3. NV: Nach § 171 Abs. 7 AO i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 2 AO endet die Festsetzungsfrist in Fällen der Steuerhinterziehung oder der leichtfertigen Steuerverkürzung nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist .
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4. NV: Bei zu Unrecht erlangtem Kindergeld beginnt die Verfolgungsverjährung erst mit der letztmals zu Unrecht erlangten Kindergeldzahlung .
Tenor
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Die Revision der Klägerin wird zurückgewiesen.
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Auf die Revision der Familienkasse wird das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 24. Juli 2014 1 K 102/13 insoweit aufgehoben, als es die Aufhebung der Kindergeldfestsetzungen für die Monate Januar 2002 bis Dezember 2007 aufgehoben hat; die Klage wird auch insoweit abgewiesen.
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Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.
Tatbestand
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I. Streitig ist das Kindergeld für in der Türkei in Ausbildung befindliche minderjährige Kinder.
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Die 1972 geborene Klägerin, Revisionsbeklagte und Revisionsklägerin (Klägerin) ist türkischer Abstammung. Sie ist seit 1990 verheiratet und Mutter der am …. Januar 1994 in O (Inland) geborenen Töchter B und K. Der Ehemann lebt und arbeitet seit 1992 in der Türkei; mittlerweile ist er Rentner. Die Klägerin und ihre beiden Kinder wurden 1999 in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) eingebürgert. Die Klägerin lebt in N (Inland) bei ihren Eltern und wird von ihnen unterstützt. Die Kinder B und K lebten zunächst bei der Klägerin in N. Im Jahr 2000 wurden sie am Wohnort des Vaters in der Türkei eingeschult, blieben aber weiter unter der Anschrift der Klägerin in N gemeldet. Beide Kinder waren von 1996 bis 2000 in N in kinderärztlicher und vom 29. Mai 1998 bis zum 5. Juni 2000 in BR in HNO-ärztlicher Behandlung. Die Kinder sind im Jahr 2000 zu ihrem Vater in die Türkei gezogen, sind dort eingeschult worden, haben dort in den Folgejahren die Schule besucht und schließlich abgeschlossen und studieren dort mittlerweile. Die Klägerin bezog seit der Geburt der Kinder Kindergeld.
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Aus den Merkblättern zum Kindergeld 1994, 1995, 1996, 1998 und 2000 ging hervor, dass alle Änderungen, die für den Anspruch auf Kindergeld von Bedeutung sind, insbesondere wenn ein Kind den Haushalt des Kindergeldberechtigten verlässt und in den Haushalt des anderen Elternteils überwechselt, unverzüglich dem Arbeitsamt (Kindergeldkasse) mitzuteilen waren. Die Klägerin hat bei ihrem Erstantrag auf Kindergeld 1994 sowie in einer weiteren Erklärung vom 10. März 1994 unterschrieben, dass sie das Merkblatt über Kindergeld erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen habe. In der Erklärung vom 10. März 1994 erklärte sie ferner, dass sich ihre Kinder voraussichtlich auf nicht absehbare Zeit in Deutschland aufhalten würden und dass sie über ihre Verpflichtung, die Kindergeldkasse unverzüglich über eine Rückkehr eines der Kinder in die Türkei zu informieren, belehrt worden sei. Auch in den zweisprachig deutsch-türkisch gefassten Fragebögen zur Prüfung des Anspruchs auf Kindergeld 1995, 1996 und 1998 erklärte die Klägerin, Kenntnis von dieser Verpflichtung zu haben und das Merkblatt zum Kindergeld erhalten und zur Kenntnis genommen zu haben.
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Im Januar 2000 reichte die Klägerin bei der Beklagten, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagten (Familienkasse) die Kopie ihrer Einbürgerungsurkunde ein. Im Zeitraum Februar 2000 bis November 2011 sind keine Kontakte zwischen der Klägerin und der Familienkasse aktenkundig.
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Nach Hinweisen der Familienkasse im November 2011 auf den bevorstehenden Eintritt der Volljährigkeit der Kinder B und K beantragte die Klägerin am 5. Januar 2012 Kindergeld. In dem Antrag bejahte sie die Frage, ob die Kinder außerhalb ihres Haushalts lebten und gab als Anschrift der Kinder die ihres Ehemannes an. Die Klägerin legte am 7. September 2012 eine Bescheinigung ihres Ehemannes auf amtlichem Vordruck über die Weiterleitung des Kindergeldes an ihn vor. Der Bescheinigung beigefügt war auch eine Erklärung der Klägerin zur Haushaltszugehörigkeit der Kinder, in der sie angab, dass die Kinder seit 1997 nicht mehr in ihrem Haushalt lebten.
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Der Bescheid über die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum Januar 2002 bis Januar 2012 vom 28. September 2012 ist der Klägerin nicht zugegangen. Deshalb übersandte die Familienkasse dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 25. Februar 2013 eine Kopie des Bescheids vom 28. September 2012 unter ausdrücklicher Erklärung des Bekanntgabewillens.
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Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das Finanzgericht (FG) der Klage teilweise statt, hob den Bescheid über die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung von Januar 2002 bis Januar 2012 vom 28. September 2012 und den Einspruchsbescheid vom 15. Mai 2012, soweit sie die Kindergeldfestsetzungen Januar 2002 bis Dezember 2007 betrafen auf und wies die Klage im Übrigen ab.
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Der Klägerin stehe Kindergeld für den Streitzeitraum nicht zu, weil die Kinder B und K weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung finde, gehabt hätten. Ein Kind, das sich zum Zwecke des Schulbesuchs mehrere Jahre im Ausland aufhalte, behalte seinen inländischen Wohnsitz regelmäßig nicht bei. Das gelte auch für B und K, weil sie sich weniger als drei Monate bei der Klägerin in Deutschland aufgehalten hätten. Die Familienkasse habe daher die Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (EStG), wonach die Kindergeldfestsetzung bei einer Änderung der für den Anspruch auf Kindergeld erheblichen Verhältnisse mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben sei, zutreffend bejaht.
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Der Aufhebung stehe für den Zeitraum Januar 2002 bis Dezember 2007 allerdings der Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegen. Eine Verlängerung der Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2, § 370 der Abgabenordnung (AO) wegen Steuerhinterziehung auf zehn Jahre komme nicht in Betracht. Zwar habe die Klägerin den objektiven Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO erfüllt, indem sie die Familienkasse pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen habe. Es sei insoweit aber kein Vorsatz festzustellen. Die Festsetzungsverjährung habe sich allerdings auf fünf Jahre verlängert, weil die Klägerin insoweit leichtfertig gehandelt habe. Unter Berücksichtigung der Verlängerung der Festsetzungsfrist auf fünf Jahre habe die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für die Monate Januar 2008 bis Januar 2012 zu Recht aufgehoben; im Übrigen sei Festsetzungsverjährung eingetreten.
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Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ließ der Senat die Revision mit Beschluss vom 31. März 2015 zu. Ausweislich der Zustellungsurkunde wurde der Beschluss dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 28. April 2015 zugestellt; auf dem Briefumschlag, in dem die Zustellungsurkunde versandt wurde, ist das Datum der Zustellung nicht erkennbar; danach kann es der 28. oder 29. April 2015 gewesen sein. Mit einem am 29. Mai 2015 beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangenen Telefax legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin Revision ein. Die Geschäftsstelle des Senats wies den Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 2. Juni 2015, das ihm am 8. Juni 2015 mit Zustellungsurkunde zugestellt wurde, auf den verspäteten Eingang der Revision und auf die Regelung in § 56 der Finanzgerichtsordnung (FGO) hin. Mit einem am 29. Juli 2015 beim BFH eingegangenen Schriftsatz beantragte die Klägerin vorsorglich und nur hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
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Zur Zulässigkeit ihrer Revision trägt die Klägerin vor, der Zulassungsbeschluss des BFH sei ihrem Prozessbevollmächtigten entgegen der Zustellungsurkunde erst am 29. April 2015 zugestellt worden. Die am 29. Mai 2015 beim BFH eingegangene Revision sei daher rechtzeitig eingelegt.
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Zur Begründetheit trägt sie vor, das FG habe zu Unrecht die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum Januar 2008 bis Januar 2012 bestätigt, weil die Kinder B und K in den Streitjahren in Deutschland ihren Wohnsitz gehabt hätten. B und K seien bis 2012 in Deutschland gemeldet gewesen, was zum Ausdruck bringe, dass die Kinder ihren deutschen Wohnsitz nicht aufgegeben hätten.
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§ 63 Abs. 1 Satz 3 EStG, auf den das FG seine Entscheidung stütze, sei im Übrigen verfassungswidrig. Die Eltern deutscher Kinder, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Türkei haben, würden gegenüber bezugsberechtigten Eltern, deren Kinder in Bulgarien oder anderen EU-Ländern lebten, in ihrem verfassungsrechtlich geschützten Anspruch auf Gleichbehandlung verletzt.
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Eine verfassungsrechtlich unzulässige Ungleichbehandlung liege auch zwischen Eltern deutscher Kinder, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Türkei hätten und auf die § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG angewendet werde, und Eltern türkischer Kinder, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Türkei hätten, vor, weil die Eltern türkischer Kinder im Gegensatz zu den Eltern deutscher Kinder nach dem Abkommen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei über soziale Sicherheit (SozSichAbk Türkei) einen Anspruch auf Kindergeld hätten.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision des Beklagten zurückzuweisen und
das FG-Urteil insoweit aufzuheben als darin die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung von Januar 2008 bis Januar 2012 nicht aufgehoben wurde.
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Die Familienkasse beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen und
das FG-Urteil aufzuheben, soweit es den Bescheid vom 28. September 2012/25. Februar 2013 und den Einspruchsbescheid vom 15. Mai 2013 aufgehoben hat und die Klage auch insoweit abzuweisen.
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Zwar habe das FG zu Recht festgestellt, dass im Zeitraum kein Kindergeldanspruch für die Kinder B und K bestanden habe. Das FG habe aber unter Missachtung der Regelung in § 171 Abs. 7 AO Festsetzungsverjährung für den Zeitraum Januar 2002 bis Dezember 2007 angenommen
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
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Die Revision der Familienkasse ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit es der Klage stattgegeben hat und zur Abweisung der Klage auch hinsichtlich der Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für die Monate Januar 2002 bis Dezember 2007 (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO); der Aufhebungsbescheid vom 28. September 2012/25. Februar 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Mai 2013 ist auch hinsichtlich dieses Zeitraums rechtmäßig.
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1. Die Revision der Klägerin ist zulässig. Der Senat geht zugunsten der Klägerin davon aus, dass sie die Revision innerhalb der Frist der §§ 116 Abs. 7 Satz 2, 120 Abs. 1 FGO eingelegt hat.
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Die Revision der Klägerin ist aber unbegründet. Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin das Kindergeld für K und B für die Monate Januar 2002 bis Januar 2012 zu Unrecht bezogen hat, weil nach den gemäß § 118 Abs. 2 FGO für den Senat bindenden Feststellungen des FG K und B in den Streitjahren weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatten, sondern im Haushalt des Vaters in der Türkei lebten.
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a) Nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 Satz 3 EStG steht demjenigen, der --wie die Klägerin-- einen inländischen Wohnsitz hat, Kindergeld nur für die Kinder zu, die im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die Türkei zählt nicht zu den in § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG genannten Staaten (BFH-Urteile vom 15. Juli 2010 III R 6/08, BFHE 230, 545, BStBl II 2012, 883, Rz 11; vom 27. September 2012 III R 55/10, BFHE 239, 109, BStBl II 2014, 473, Rz 11).
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b) Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird (§ 8 AO). Das setzt neben zum dauerhaften Wohnen geeigneten Räumen insbesondere das Innehaben der Wohnung in dem Sinne voraus, dass der Steuerpflichtige tatsächlich über sie verfügen kann und sie als Bleibe entweder ständig nutzt oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit --wenn auch in größeren Zeitabständen-- aufsucht. Ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer Zeiträume zu Erholungs- bzw. Besuchszwecken reicht nicht aus (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile in BFHE 230, 545, BStBl II 2012, 883, Rz 12; vom 20. November 2008 III R 53/05, BFH/NV 2009, 564; vom 28. April 2010 III R 52/09, BFHE 229, 270, BStBl II 2010, 1013, jeweils m.w.N.). Ob ein Kind seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, hat das FG unter Berücksichtigung der Umstände des Falles im Wege der Tatsachenwürdigung zu beurteilen. Der BFH kann die Entscheidung des FG nur eingeschränkt überprüfen. Ist die tatsächliche Würdigung des FG verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen und verstößt sie auch nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, ist sie für den BFH als Revisionsgericht nach § 118 Abs. 2 FGO bindend, selbst wenn die Wertung des FG nicht zwingend, sondern lediglich möglich ist (BFH-Urteile in BFHE 230, 545, BStBl II 2012, 883, Rz 13; in BFH/NV 2009, 564, m.w.N.).
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c) Die Würdigung des FG, dass die Kinder B und K im Zeitraum Januar 2002 bis Januar 2012 weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatten, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG hatten die Aufenthalte der Kinder B und K in Deutschland keinen Wohn-, sondern lediglich Besuchscharakter.
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d) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Regelung des § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG verfassungsgemäß und unionrechtskonform (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 23. Februar 1994 1 BvR 1105/91, nicht veröffentlicht; BFH-Urteile in BFHE 230, 545, BStBl II 2012, 883, Rz 45; vom 26. Februar 2002 VIII R 85/98, BFH/NV 2002, 912, Leitsatz).
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e) Aus dem SozSichAbk Türkei steht der Klägerin schon deshalb kein Kindergeld zu, weil deutsche Staatsangehörige --wie die Klägerin-- nicht von dessen Anwendungsbereich umfasst sind (BFH-Urteil in BFHE 239, 109, BStBl II 2014, 473, Rz 18). Hieraus ergibt sich auch keine Ungleichbehandlung gegenüber in Deutschland lebenden türkischen Eltern, deren Kinder in der Türkei leben, weil auf der Grundlage des SozSichAbk Türkei für in der Türkei lebende Kinder generell kein Kindergeld in Höhe der Beträge des § 66 Abs. 1 EStG gezahlt werden kann (BFH-Urteil in BFHE 239, 109, BStBl II 2014, 473, Rz 21).
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f) Aus den Diskriminierungsverboten des europäisch-türkischen Assoziationsrechts ergibt sich kein Anspruch der Klägerin auf Kindergeld. Insoweit verweist der Senat auf die BFH-Urteile in BFHE 230, 545, BStBl II 2012, 883, Rz 13 ff.; in BFHE 239, 109, BStBl II 2014, 473, Rz 13 ff.).
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2. Die Revision der Familienkasse ist begründet; das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für die Monate Januar 2002 bis Dezember 2007 nicht aufheben durfte, weil insoweit Festsetzungsverjährung eingetreten sei.
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a) Dabei hat das FG zu Recht entschieden, dass sich die Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO auf fünf Jahre verlängert hat, weil der Klägerin zumindest eine leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 Abs. 1 AO) vorzuwerfen ist. Gemäß § 378 Abs. 1 AO handelt ordnungswidrig, wer als Steuerpflichtiger oder bei Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen eine der in § 370 Abs. 1 AO bezeichneten Taten leichtfertig begeht. Die Klägerin hat die Finanzbehörden pflichtwidrig i.S. des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO i.V.m. § 378 Abs. 1 AO über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen. Entgegen § 68 Abs. 1 Satz 1 EStG unterließ sie es, der Familienkasse den Umzug ihrer Kinder in die Türkei und ihre dortige Einschulung mitzuteilen. Mit dem nach § 31 Satz 3 EStG als Steuervergütung gewährten Kindergeld erlangte die Klägerin für sich einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil (§ 370 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 378 Abs. 1 AO). Die unterbliebene Mitteilung war auch ursächlich für die Auszahlung des Kindergeldes bis Januar 2012.
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b) Die Annahme des FG, für die Monate Januar 2002 bis einschließlich Dezember 2007 sei Festsetzungsverjährung eingetreten, hält angesichts dieser Feststellungen einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Da die Verfolgung der von der Klägerin begangenen Steuerverkürzung noch nicht verjährt war, wurde der Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 7 AO gehemmt (BFH-Urteile vom 18. Dezember 2014 III R 13/14, BFH/NV 2015, 948; vom 26. Juni 2014 III R 21/13, BFHE 247, 102, BStBl 2015, 886).
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aa) Nach § 171 Abs. 7 i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 2 AO endet die Festsetzungsfrist in Fällen der Steuerhinterziehung oder der leichtfertigen Steuerverkürzung nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.
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bb) Gemäß § 384 AO verjährt die Verfolgung von Steuerordnungswidrigkeiten nach den §§ 378 bis 380 AO in fünf Jahren. Dabei beginnt die Verfolgungsverjährung erst mit der letztmals zu Unrecht erlangten Kindergeldzahlung (BFH-Urteile in BFHE 247, 102, BStBl II 2015, 886, Leitsatz, und Rz 13 ff.; in BFH/NV 2015, 948, Leitsatz, und Rz 22, 23). Die Festsetzungsfrist war somit bei Erlass des Aufhebungsbescheids vom 28. September 2012/25. Februar 2013 noch nicht abgelaufen.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 und 2 FGO.
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