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BFH 27.10.2015 - VIII R 70/13
BFH 27.10.2015 - VIII R 70/13 - Ermittlung der Emissionsrendite bei Schuldverschreibungen mit einer Phase fester und indexabhängiger variabler Verzinsung
Normen
§ 20 Abs 1 Nr 7 EStG 2002 vom 17.08.2007, § 20 Abs 2 S 1 Nr 4 S 2 EStG 2002 vom 17.08.2007, EStG VZ 2008
Vorinstanz
vorgehend FG Düsseldorf, 31. August 2012, Az: 3 K 4554/11 E, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Eine "hybride" Schuldverschreibung, die eine unendliche Laufzeit, im Insolvenzfall einen tiefen Nachrang aufweist und nach einer Phase der Festverzinsung unter Anknüpfung an einen Index variabel verzinst wird, hat keine Emissionsrendite, auch wenn sie im Zeitpunkt der Emission aufgrund von Zinsuntergrenzen in der variablen Phase eine geringfügige Mindestverzinsung ausweist, die Gesamtverzinsung aber im Wesentlichen von der im Zeitpunkt der jeweiligen Emission nicht kalkulierbaren Kursentwicklung eines Indexes abhängt.
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2. NV: Kursverluste aus der Veräußerung von Hybridanleihen mit gestuften Zinsversprechen ohne Laufzeitbegrenzung, die keine Emissionsrendite aufweisen, sind nicht gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG steuerwirksam, da die Vorschrift auf Wertpapiere, bei denen keine Vermengung zwischen Ertrags- und Vermögensebene besteht und bei denen eine Unterscheidung zwischen Nutzungsentgelt und Kursgewinn ohne größeren Aufwand möglich ist, keine Anwendung findet (vgl. auch das BFH-Urteil vom 17. Dezember 2013 VIII R 42/12, BFHE 244, 36, BStBl II 2014, 319).
Tenor
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Die Revision des Revisionsklägers gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 31. August 2012 3 K 4554/11 E wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Revisionskläger zu tragen.
Tatbestand
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I. Streitig ist die Berücksichtigung von Verlusten aus der Veräußerung von zwei Nachranganleihen im Streitjahr (2008).
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Die Klägerin wurde im Streitjahr allein veranlagt. Sie verstarb während des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde am … 2013. Gesamtrechtsnachfolger ist als Alleinerbe der Sohn der Klägerin und jetzige Revisionskläger (Kläger).
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Die Klägerin hatte im Jahr 2005 vom X-Bank … Wertpapiere (im Folgenden: Schuldverschreibung 1 der X-Bank), zum Nennwert von insgesamt 100.000 € erworben.
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Ebenfalls im Jahr 2005 hatte sie von der Y Wertpapiere (im Folgenden: Schuldverschreibung 2 der Y-Bank), zum Nennwert von insgesamt 200.000 € erworben.
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Beide Schuldverschreibungen hatten eine unendliche Laufzeit. Die Emittenten hatten jeweils das Recht, die Schuldverschreibungen zu von ihnen zu bestimmenden Zeitpunkten zu kündigen und (vorbehaltlich der Genehmigung der Versicherungsaufsicht) zurückzuzahlen. Ob und wann eine solche Kündigung ausgesprochen werden würde, stand jeweils im freien Ermessen der Emittenten. Ein Kündigungsrecht des Anlegers bestand nicht.
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Die Schuldverschreibung 1 der X-Bank bot nach den Emissionsbedingungen für die ersten fünf Jahre eine feste Verzinsung (Kupon) von 6 % p.a. Danach wurde sie mit dem Vierfachen der Differenz zwischen dem 10-Jahres Euro Swapsatz und dem 2-Jahres Euro Swapsatz zum jeweiligen Fixing verzinst, wobei die minimale Verzinsung 3,5 % p.a. und die maximale Verzinsung 10 % p.a. entsprach.
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Die Schuldverschreibung 2 der Y-Bank wurde nach den Emissionsbedingungen für den Zeitraum 25. Januar 2005 bis 24. Januar 2009 mit einem festen Satz von 5 % p.a. verzinst. Ab dem 25. Januar 2009 wurde sie ebenfalls mit dem Vierfachen der Differenz zwischen dem 10-Jahres Euro Swapsatz und dem 2-Jahres Euro Swapsatz verzinst. Die minimale Verzinsung belief sich auf 3 % p.a. und die maximale Verzinsung auf 10 % p.a.
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Die Zinszahlungen waren bei beiden Schuldverschreibungen an die Bedingung geknüpft, dass die Eigenkapitalausstattung der Emittenten eine Ausschüttung ermöglichte. Die Emittenten mussten hierfür ausschüttungsfähige Gewinne in einer Höhe erzielen, die eine Bedienung sämtlicher vorrangiger und bestimmter gleichrangiger Anleger erlaubte. Die Zinszahlungen waren kumulativ aufschiebbar, d.h. Kuponzahlungen konnten ohne eine Verpflichtung der Emittentin zur Nachzahlung und ohne zeitliche Begrenzung (ggf. bis zum Gebrauch des Kündigungsrechts durch den Emittenten) verschoben werden oder ganz ausfallen, ohne dass dies als Nichterfüllung nach den Anleihebedingungen zu werten gewesen wäre.
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Die Verpflichtungen der Emittenten aus den Schuldverschreibungen gegenüber der Klägerin waren tief nachrangig. Sie gingen den Ansprüchen aller nicht-nachrangigen Gläubiger sowie bestimmter nachrangiger Gläubiger im Rang nach. Die Verpflichtungen gingen aber den Ansprüchen der Aktionäre der Emittenten aus sämtlichen Aktiengattungen im Rang vor.
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Im Fall der Insolvenz der Emittenten wären die Schuldverschreibungen nur dann zurückgezahlt worden, wenn zuvor alle nicht-nachrangigen und bestimmte nachrangige Verbindlichkeiten vollumfänglich bedient worden wären. Die Klägerin trug daher ein deutlich höheres Kreditrisiko als die Gläubiger der erstrangigen Verbindlichkeiten. Denn der Teil der Verluste der Emittenten, der durch das Eigenkapital nicht mehr gedeckt gewesen wäre, wäre zunächst von den nachrangigen Gläubigern allein zu tragen gewesen. Erst Verluste, die auch die nachrangigen Verbindlichkeiten aufgezehrt hätten, hätten die Erfüllung der vorrangigen Verbindlichkeiten beeinträchtigt.
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Die Klägerin erzielte im Streitjahr aus der Schuldverschreibung 1 Zinseinkünfte in Höhe von 5.835,62 € und aus der Schuldverschreibung 2 in Höhe von 12.221,80 €.
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Im Januar des Streitjahres veräußerte die Klägerin beide Anleihen in Tranchen und erzielte hierbei Verluste in Höhe von insgesamt ./. 121.500 € (./. 32.500 € aus der Schuldverschreibung 1 am 16. Januar 2008 und ./. 89.000 € aus der Schuldverschreibung 2 am 25. Januar 2008). Diese Verluste machte sie in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr geltend.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) hatte den Verlust aus der Veräußerung der Schuldverschreibungen 1 und 2 zunächst anerkannt. Im geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 29. September 2010 setzte das FA die Veräußerungsverluste aus den Schuldverschreibungen 1 und 2 bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen jedoch nicht mehr an.
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Die Klägerin erhob Einspruch. Das FA änderte in der Einspruchsentscheidung vom 29. November 2011 auch die Steuerfestsetzung. Es setzte die Veräußerungsverluste unverändert nicht an, sah auch die Zinseinkünfte aus den Schuldverschreibungen 1 und 2 im Streitjahr (5.835,62 € und 12.221,80 €) nicht mehr als steuerbar an und kürzte die bislang berücksichtigten Werbungskosten im Zusammenhang mit den Schuldverschreibungen 1 und 2 (3.477,16 € und 1.660,23 €) sowie die Veräußerungskosten in Höhe von jeweils 500 € je Schuldverschreibung.
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Das Finanzgericht (FG) hat die anschließend erhobene Klage abgewiesen. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2014, 993 veröffentlicht. Es vertrat die Auffassung, die streitigen Schuldverschreibungen erfüllten nicht die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr anzuwendenden Fassung (EStG) und seien keine sonstigen Kapitalforderungen im Sinne der Vorschrift. Es handele sich um Vollrisikopapiere, deren Erträge insgesamt nicht steuerbar seien, da bei der Emission weder die Kapitalrückzahlung noch die Zahlung eines Entgelts für die Überlassung sicher gewesen seien. Daher seien auch die Veräußerungsverluste gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG nicht zu berücksichtigen.
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Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, die Veräußerungsverluste abzuziehen. Das Urteil des FG verletze § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG und damit materielles Bundesrecht.
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Die Auffassung des FG, die Schuldverschreibungen seien keine Kapitalforderungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, gehe fehl.
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Der Veräußerungsverlust der Klägerin sei gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG nach der Marktrendite zu berechnen. Die Schuldverschreibungen 1 und 2 hätten wegen der Verbindung einer Festzins- und anschließenden Gleitzinsphase und der ungewissen Laufzeit der Anleihen keine Emissionsrendite gehabt (Hinweis auf das Senatsurteil vom 24. Oktober 2000 VIII R 28/99, BFHE 193, 374, BStBl II 2001, 97).
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Der Kläger hat im Revisionsverfahren keinen ausdrücklichen Antrag gestellt.
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Er begehrt sinngemäß,
das angefochtene Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die steuerfestsetzende Einspruchsentscheidung vom 29. November 2011 dergestalt zu ändern, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen in Bezug auf die Schuldverschreibungen 1 und 2 in Höhe von ./. 80.042,15 € angesetzt werden.
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Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist zulässig, aber unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 und Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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1. Der Zulässigkeit der Revision steht nicht entgegen, dass die Revisionsschrift des Klägers keinen konkreten Revisionsantrag enthält. Ein förmlicher Revisionsantrag ist entbehrlich, wenn sich aus der Revisionsbegründung ergibt, inwieweit sich der Kläger durch das angefochtene Urteil beschwert fühlt (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 24. Februar 2015 VIII R 54/12, BFHE 249, 228, BStBl II 2015, 693, unter Rz 9). Dies ist vorliegend der Fall. Die Revision richtet sich gegen das angefochtene Urteil. Aus ihr ergibt sich, dass der Kläger die Aufhebung des FG-Urteils und eine Herabsetzung der festgesetzten Einkommensteuer aufgrund der Verminderung der Einkünfte aus Kapitalvermögen um 121.500 € (mithin eines Ansatzes von Einkünften aus Kapitalvermögen in Bezug auf die Schuldverschreibungen 1 und 2 in Höhe von ./. 80.042,15 €) begehrt. Dieses Klageziel erreicht der Kläger, wenn --wie im sinngemäßen Antrag des Klägers-- die Steuerfestsetzung in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. November 2011 geändert wird.
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2. Die Revision des Klägers ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 FGO).
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a) Im Streitjahr ist § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der am 17. August 2007 geltenden Fassung (vor den Änderungen durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 --UntStRefG 2008-- vom 14. August 2007, BGBl I 2007, 1912) anzuwenden (siehe § 52a Abs. 8 EStG in der Fassung vom 19. Dezember 2008, eingefügt durch Art. 1 Nr. 41 des UntStRefG 2008). Die am 31. Dezember 2008 geltende Fassung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG ist erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die dem Gläubiger nach dem 31. Dezember 2008 zufließen. Ferner kommt im Streitjahr die am 17. August 2007 geltende Fassung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG zur Anwendung. Die am 31. Dezember 2008 geltende Fassung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 2 EStG findet nach § 52a Abs. 10 Satz 6 bis 8 EStG i.d.F. vom 19. Dezember 2008 im Streitjahr noch keine Anwendung.
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b) Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch die Einnahmen aus der Veräußerung oder Abtretung von sonstigen Kapitalforderungen, bei denen die Höhe der Erträge von einem ungewissen Ereignis abhängt (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 Buchst. c Alternative 2 EStG), soweit sie der rechnerisch auf die Besitzzeit entfallenden Emissionsrendite entsprechen. Haben die Kapitalforderungen keine Emissionsrendite oder weist der Steuerpflichtige sie nicht nach, gilt gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG der Unterschiedsbetrag zwischen dem Entgelt für den Erwerb und den Einnahmen aus der Veräußerung, Abtretung oder Einlösung als Kapitalertrag.
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Handelt es sich bei den Schuldverschreibungen 1 und 2 nicht um Kapitalforderungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG (siehe unten unter II.2.b aa), scheidet ein Ansatz der Veräußerungsverluste gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 EStG bereits aus diesem Grunde aus. Denn die Verwirklichung des Veräußerungsverlusts gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG setzt die Veräußerung einer solchen Kapitalforderung voraus. Wenn die Schuldverschreibungen 1 und 2 hingegen sonstige Kapitalforderungen wären, käme eine Ermittlung und Berücksichtigung der Veräußerungsverluste nach der Marktrendite gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG, die vom Kläger erstrebt wird, jedoch ebenfalls nicht in Betracht (siehe unten unter II.2.c bb).
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aa) Unter den Begriff der Kapitalforderung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG fallen alle auf eine Geldleistung gerichteten Forderungen, deren Steuerbarkeit sich nicht bereits aus einem anderen Tatbestand i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 oder 8 bis 10 EStG ergibt, und zwar ohne Rücksicht auf die Dauer der Kapitalüberlassung oder den Rechtsgrund des Anspruchs (BFH-Urteil vom 12. Mai 2015 VIII R 35/14, BFHE 250, 71, BStBl II 2015, 834). Die Regelung erfasst solche Kapitalforderungen, wenn die Kapitalrückzahlung zugesagt ist, aber die Zahlung eines Entgelts dem Grunde und der Höhe nach ungewiss ist (Alternative 1), oder die Kapitalrückzahlung nicht zugesagt ist, aber dem Gläubiger für die Kapitalüberlassung ein Entgelt zugesagt oder gewährt wird, wobei die Höhe des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängen kann (Alternative 2).
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bb) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats wurde die Zusage einer Kapitalrückzahlung verneint, wenn der Steuerpflichtige nur eine teilweise garantierte Mindestrückzahlung erhalten sollte und er im Übrigen --wegen der Anknüpfung der Kapitalrückzahlung an einen variablen Index-- eindeutig das Risiko eines Kapitalausfalls eingegangen ist (BFH-Urteil vom 4. Dezember 2007 VIII R 53/05, BFHE 219, 339, BStBl II 2008, 563, unter II.1.d bb). Ob der Verknüpfung der Kapitalrückzahlung mit einem Index auch die im Streitfall vorliegende Konstellation gleich zu erachten ist, dass eine Kapitalrückzahlung zwar im Fall der Kündigung der Schuldverschreibungen vorgesehen ist, aber nur der Emittent nach seinem freien Belieben die Kündigung aussprechen kann und ohne Kündigung die Laufzeit der Schuldverschreibungen unendlich ist, kann im Streitfall indes offenbleiben. Für die Ablehnung einer zugesagten Kapitalrückzahlung könnte sprechen, dass der Steuerpflichtige typischerweise darauf angewiesen ist, durch die Veräußerung der Schuldverschreibungen im Rahmen des Veräußerungserlöses auch sein eingesetztes Kapital zurückzuerhalten (siehe zu den Argumenten für die eine oder andere Sichtweise Haberland, Betriebs-Berater 2014, 2328, 2330). Offenbleiben kann auch die weitere Frage, ob i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Alternative 2 EStG noch ein (ungewisses) Entgelt zugesagt ist, wenn die Verpflichtung zur Kuponzahlung der Emittenten von deren Eigenkapitalausstattung abhängt und zusätzlich die Emittenten Kuponzahlungen, die aufgrund einer hinreichenden Eigenkapitalausstattung geschuldet werden, ohne Nachzahlungsverpflichtung aufschieben und verfallen lassen dürfen.
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Dass im Streitjahr und den Vorjahren tatsächlich an die Klägerin Zinsen ausgezahlt wurden, führt jedenfalls nicht zur "Gewährung" eines (ungewissen) Entgelts i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Alternative 2 EStG. Denn der Wortlaut ist teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen nach dieser Alternative nur dann vorliegen, wenn ohne eine Vereinbarung entweder die Kapitalrückzahlung oder die Höhe eines (Mindest-)Entgelts im Vorhinein sicher feststehen (BFH-Urteil in BFHE 219, 339, BStBl II 2008, 563, unter II.1.c aa). Beides war hier nicht der Fall.
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c) Die Revision des Klägers ist auch dann unbegründet, wenn die Schuldverschreibungen 1 und 2 sonstige Kapitalforderungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG sind. Diese weisen zwar --wie der Kläger geltend macht-- keine Emissionsrendite auf (siehe unter II.2.c aa). Dem Ansatz der Veräußerungsverluste auf Grundlage der Marktrendite steht jedoch nach der ständigen Rechtsprechung des Senats der Gesetzeszweck des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG entgegen (siehe unter II.2.c bb).
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aa) Der Begriff der Emissionsrendite ist im Einkommensteuergesetz nicht definiert. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist als Emissionsrendite die vom Emittenten bei der Begebung der Anlage von vornherein zugesagte, eindeutig abgrenz- und bezifferbare Rendite zu verstehen, die bis zur Einlösung des Papiers bzw. Endfälligkeit der Kapitalforderung mit Sicherheit erzielt werden kann (BFH-Urteile in BFHE 193, 374, BStBl II 2001, 97; vom 13. Dezember 2006 VIII R 79/03, BFHE 216, 187, BStBl II 2007, 562; vom 26. Juni 2012 VIII R 40/10, BFH/NV 2013, 346; vom 17. Dezember 2013 VIII R 42/12, BFHE 244, 36, BStBl II 2014, 319; vom 5. November 2014 VIII R 28/11, BFHE 248, 5, BStBl II 2015, 276; in BFHE 249, 228, BStBl II 2015, 693).
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Maßgeblich für die Prüfung des Vorliegens einer Emissionsrendite ist die Ausgestaltung der fraglichen Wertpapiere oder Kapitalforderungen im Zeitpunkt der Emission (ständige Rechtsprechung, vgl. dazu im Einzelnen mit Nachweisen die BFH-Urteile vom 13. Dezember 2006 VIII R 62/04, BFHE 216, 199, BStBl II 2007, 568; vom 20. November 2006 VIII R 97/02, BFHE 216, 79, BStBl II 2007, 555; vom 11. Juli 2006 VIII R 67/04, BFHE 215, 86, BStBl II 2007, 553; vom 13. Dezember 2006 VIII R 6/05, BFHE 216, 206, BStBl II 2007, 571).
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Hängt die Höhe der Kapitalerträge von ungewissen Ereignissen in der Zukunft ab, fehlt es an einer endgültig bezifferbaren Emissionsrendite im Zeitpunkt der Emission (BFH-Urteil in BFHE 249, 228, BStBl II 2015, 693 zu "Par-Schuldverschreibungen" wegen Abhängigkeit der Emissionsrendite von der ungewissen BIP-Entwicklung der Republik Argentinien).
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Die Schuldverschreibungen 1 und 2 haben nach den vorstehenden Grundsätzen keine Emissionsrendite. Bei beiden Schuldverschreibungen schloss sich an eine festverzinsliche Phase eine variable Verzinsung an, die nach der --jederzeit nach den Verhältnissen des Kapitalmarkts änderbaren-- Differenz zwischen dem 10-Jahres Euro Swapsatz und dem 2-Jahres Euro Swapsatz zum jeweiligen Fixing bemessen und an bestimmte Ober- und Untergrenzen sowie an die Eigenkapitalausstattung der Emittenten sowie daran gebunden war, dass die Verzinsung nicht aufgeschoben wurde. Die Zinsuntergrenzen der Schuldverschreibungen 1 und 2 führen nicht zur Annahme einer Emissionsrendite. Soweit der Senat eine zugesagte Mindestrendite, die nicht dem Kapitalmarktzins im Zeitpunkt der Emission entspricht, als Emissionsrendite angesehen hat (BFH-Urteil in BFHE 248, 5, BStBl II 2015, 276, Rz 21), gilt dies nur in Fällen, in denen diese Verzinsung von vornherein feststeht, nicht aber, wenn wie im Streitfall die Verzinsung von unkalkulierbaren Ereignissen abhängt. Letzteres war im Hinblick auf die sich stetig ändernden Referenzzinssätze und die weiteren Bedingungen für eine Zinszahlung aus der Sphäre der Emittenten der Fall.
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bb) Grundsätzlich wäre nach dem Wortlaut des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG daher eine Besteuerung nach der Marktrendite geboten (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 244, 36, BStBl II 2014, 319, unter Rz 13 zu teilweise vergleichbaren nachrangigen Hybridanleihen). Jedoch steht der Gesetzeszweck dem Ansatz der Marktrendite entgegen. Demgemäß sind die Verluste aus der Veräußerung der hier zu beurteilenden Schuldverschreibungen 1 und 2 auch nicht gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG einkommensmindernd zu berücksichtigen, wenn die Schuldverschreibungen 1 und 2 sonstige Kapitalforderungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG wären.
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aaa) Wie der Senat bereits mit Urteil in BFHE 216, 79, BStBl II 2007, 555 entschieden hat, wollte der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG durch das Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz vom 21. Dezember 1993 (BGBl I 1993, 2310) nicht jegliche Wertveränderung im Vermögensstamm erfassen, sondern lediglich solche Kapitalanlagen, bei denen an sich steuerpflichtige Zinserträge als steuerfreier Wertzuwachs konstruiert werden (vgl. BTDrucks 12/5630, S. 59). Diese Kapitalanlagen machten sich den Umstand zunutze, dass nach bis dahin gültigem Recht im Privatvermögen zwischen steuerpflichtigen Kapitalerträgen (z.B. Zinsen) und steuerfreien Vermögensmehrungen zu unterscheiden war (vgl. BTDrucks 12/6078, S. 116). Der Gesetzgeber wollte sicherstellen, "dass Vorteile, die unabhängig von ihrer Bezeichnung und ihrer zivilrechtlichen Gestaltung bei wirtschaftlicher Betrachtung für die Überlassung von Kapitalvermögen zur Nutzung erzielt werden, zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören" (vgl. BTDrucks 12/5630, S. 59).
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bbb) Bei den Schuldverschreibungen 1 und 2 sind diese Besonderheiten nicht gegeben. Ähnlich wie bei "einfachen Floatern" (vgl. dazu Senatsurteil in BFHE 216, 79, BStBl II 2007, 555) gibt es weder verdeckte Zinserträge noch eine Vermengung von Ertrags- und Vermögensebene. Der Zinsertrag beider Schuldverschreibungen liegt vielmehr offen und ist im Streitfall im Nachhinein ohne jede Schwierigkeit zu ermitteln. Der Unterschied zu "einfachen Floatern" besteht lediglich darin, dass bei den Schuldverschreibungen 1 und 2 zunächst ein Zeitraum mit einer festen Verzinsung vorgesehen ist, an den sich dann eine variable Verzinsung anschließt, die sich aus einer Differenz der --jederzeit veränderbaren-- Bezugsgrößen des 10-Jahres Euro Swapsatzes und des 2-Jahres Euro Swapsatzes zusammensetzt. Die Höhe der Verzinsung ist damit entscheidend von diesen Referenzzinssätzen abhängig; steigen diese, erhöht sich die Verzinsung bis zu einer bestimmten Obergrenze, fallen sie, ermäßigt sich die Verzinsung bis zu einer bestimmten Untergrenze.
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d) Die Veräußerungsverluste aus den Schuldverschreibungen 1 und 2 sind daher, wie vom FG im Ergebnis richtig entschieden, im Streitjahr nicht zu berücksichtigen. Ob das FA in der Einspruchsentscheidung und ihm folgend das FG zu Recht die Zinseinnahmen des Streitjahres mangels Vorliegens sonstiger Kapitalforderungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG (siehe oben unter II.2.b) als nicht steuerbar und die korrespondierenden Werbungs- und Veräußerungskosten als nicht abzugsfähig angesehen haben, ist vom Senat nicht zu entscheiden. Denn selbst wenn die hieraus resultierenden Einkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG steuerpflichtig wären, wäre der Senat aufgrund des Verböserungsverbots (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO) daran gehindert, diese im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr zu erfassen.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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