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BFH 14.09.2015 - VIII B 40/15
BFH 14.09.2015 - VIII B 40/15 - Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch Übergehen eines Beweisantrags - Anforderungen an einen Beweisantrag bei behauptetem Verstoß des Finanzamts gegen das Schikane- und Willkürverbot durch Anordnung einer Prüfungserweiterung
Normen
§ 76 Abs 1 S 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 194 Abs 1 S 2 AO, § 4 Abs 3 S 2 BpO, § 5 AO
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 22. Oktober 2014, Az: 4 K 1492/11, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 22. Oktober 2014 4 K 1492/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Gründe
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Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet und deshalb durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Sofern Zulassungsgründe in einer den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Form geltend gemacht wurden, liegen sie nicht vor. Die Revision ist insbesondere nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
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1. Entgegen der Auffassung des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) hat das Finanzgericht (FG) seine aus § 76 Abs. 1 FGO folgende Pflicht zur Sachaufklärung nicht verletzt, indem es die in der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2014 gestellten Beweisanträge übergangen hat.
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Ein ordnungsgemäß gestellter Beweisantrag darf nur unberücksichtigt bleiben, wenn das Beweismittel für die zu treffende Entscheidung unerheblich, das Beweismittel unerreichbar bzw. unzulässig oder absolut untauglich ist oder wenn die in Frage stehende Tatsache zugunsten des Beweisführenden als wahr unterstellt werden kann (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. Oktober 2013 III B 56/13, BFH/NV 2014, 62; vom 5. November 2013 VI B 86/13, BFH/NV 2014, 360; vom 29. Juni 2011 X B 242/10, BFH/NV 2011, 1715).
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Danach hat das FG die Vernehmung der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung benannten Zeugen nicht verfahrensfehlerhaft abgelehnt.
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Nach der Rechtsauffassung des FG hat der Kläger seinen Einwand, der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) habe sich bei der streitigen Anordnung der Prüfungserweiterung von sachfremden Erwägungen leiten lassen und so gegen das Schikane- und Willkürverbot verstoßen, bereits nicht in ausreichender Weise dargetan.
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Soweit der Kläger einwende, dass das FA ihn ohne sachlichen Grund weit überdurchschnittlich zu Außenprüfungen heranziehe, sei zu erwarten, dass er die angeordneten Außenprüfungen nach ihrem Umfang bezeichne und angebe, ob bzw. --wenn ja-- welche steuerlichen Änderungen sich aufgrund der Prüfungen ergeben haben. Dies habe der Kläger indes nicht getan. Seine Ausführungen seien --auch in der Zusammenschau mit den weiteren vom Kläger angeführten Argumenten-- nicht ausreichend, den Vorwurf willkürlichen, da schikanösen Verhaltens des FA beim Erlass der Prüfungsanordnung in ausreichend substantiierter Weise zu erheben. An die Kriterien der Willkür und Schikane seien hohe Anforderungen zu stellen, denn es sei zu beachten, dass die ermessenseinschränkende Verwaltungsregelung des § 4 Abs. 3 Satz 2 der Betriebsprüfungsordnung (BpO) geradezu das Bestehen eines sachlichen Grundes, nämlich die Erwartung nicht unerheblicher Mehrsteuern für den Erweiterungszeitraum verlange, und diese Voraussetzung im Streitfall ersichtlich erfüllt sei.
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Darüber hinaus hat das FG die unter Ziffer 1. a) durch Vernehmung des Prozessbevollmächtigten unter Beweis gestellte Behauptung als wahr unterstellt. Es hat ausgeführt, die streitige Prüfungserweiterung könnte selbst dann nicht als willkürlich angesehen werden, wenn die unter Beweis gestellte Behauptung, der zuständige BP-Sachgebietsleiter habe bei früheren Zusammentreffen mit dem Kläger bzw. dessen Prozessbevollmächtigten die vom Kläger beschriebenen Äußerungen bzw. Andeutungen über ein künftiges Verhalten gegenüber dem Kläger getätigt, als wahr unterstellt werde. Denn im Streitfall sei angesichts des Umstands, dass der sachliche Grund des § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO für eine Prüfungserweiterung erfüllt sei, gerade nicht festzustellen, dass eine eventuell negative Einstellung der Bediensteten des FA gegenüber dem Kläger für den Erlass der streitgegenständlichen Prüfungsanordnung kausal gewesen sei. Maßgeblich für die Prüfungserweiterung sei vielmehr die Erwartung nicht unerheblicher Mehrsteuern im Erweiterungszeitraum gewesen. Angesichts der Höhe der zu erwartenden Mehrsteuern sei die Prüfungserweiterung geradezu geboten gewesen.
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Stellt das FG --wie im Streitfall-- fest, dass im Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung durch das FA aufgrund konkreter Umstände die Vermutung bestand, dass mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen im streitigen Erweiterungszeitraum zu rechnen war, so ist nicht zu beanstanden, dass es an die Darlegung der Umstände, aus denen der Kläger willkürliches Handeln des FA herleiten will, erhöhte Anforderungen stellt. Denn selbst wenn das Verhältnis zwischen Steuerpflichtigem und Mitarbeitern des FA unstreitig belastet ist, führt dies nicht ohne weiteres zur Annahme einer willkürlichen Anordnung einer Prüfungserweiterung. Ist --wie im Streitfall-- mit nicht unerheblichen Mehrsteuern zu rechnen, liegt es vielmehr nahe anzunehmen, dass die Anordnung der Prüfungserweiterung auf diesem Umstand beruht. Ist der Steuerpflichtige demgegenüber der Meinung, nicht die erwarteten, nicht unerheblichen Mehrsteuern, sondern andere, sachfremde Erwägungen seien Grund für die Erweiterung der Prüfung, so muss er hierzu substantiiert vortragen. Ein Verweis auf bei einem früheren Zusammentreffen "angedrohte persönliche Konsequenzen" genügt insoweit nicht.
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Zudem war der unter Ziffer 1. a) formulierte Beweisantrag des Klägers selbst unsubstantiiert.
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In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass das FG einem Beweisantrag nur dann nachkommen muss, wenn dieser substantiiert ist (z.B. BFH-Beschlüsse vom 17. März 2003 VII B 269/02, BFH/NV 2003, 825; vom 2. März 2006 XI B 79/05, BFH/NV 2006, 1132). Das setzt voraus, dass das Beweisthema und das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme in Bezug auf einzelne konkrete Tatsachen genau angegeben wurden (z.B. BFH-Beschlüsse vom 21. November 2002 VII B 58/02, BFH/NV 2003, 485; vom 12. Dezember 2007 I B 134/07, BFH/NV 2008, 736; vom 14. Juli 2008 II B 5/08, BFH/NV 2008, 1815).
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Im Streitfall hat der Kläger bereits nicht dargelegt, zu welchem Zeitpunkt ihm bzw. seinem Prozessbevollmächtigten konkrete "Konsequenzen" des FA in Aussicht gestellt worden sein sollen. Der Vortrag lässt zudem nicht erkennen, dass die "Konsequenzen" in Bezug zu laufenden oder künftigen Betriebsprüfungen stehen sollen. Mithin ist nicht ersichtlich, welcher konkrete Zusammenhang zwischen Äußerungen von Mitarbeitern des FA und der streitgegenständlichen Prüfungserweiterung bestanden haben soll.
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Gleiches gilt in Bezug auf den unter Ziffer 1. b) formulierten Beweisantrag des Klägers, mit dem er die Vernehmung seines Prozessbevollmächtigten zum Verlauf eines Besprechungstermins beim FA begehrt hat, in dem sich gezeigt haben soll, dass auf persönliche Diffamierung abgestellt werde.
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Nach den dargelegten Grundsätzen ist es auch nicht zu beanstanden, dass das FG den unter Ziffer 2. geführten Antrag des Klägers, seine Mitarbeiterin Frau K über den Verlauf der Prüfung in den Räumen des Klägers zu vernehmen, abgelehnt hat. Auch dieser Antrag ist --wie das FG zu Recht festgestellt hat-- nicht hinreichend substantiiert.
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Schließlich konnte das FG auch auf die unter Ziffer 3. beantragte Vernehmung der zuständigen Beamten des FA zum Zwecke der Feststellung, dass im prüfungsrelevanten Zeitraum vom FA keine Prüfungen von Steuerberatern oder Rechtsanwälten angeordnet und durchgeführt worden und dass bei Mehrergebnissen wie beim Kläger vorliegend keine Prüfungserweiterungen angeordnet worden seien, verzichten.
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Das FG hat die darin liegende Behauptung des Klägers, er werde gegenüber vergleichbaren Steuerpflichtigen benachteiligt, nicht nur als unerheblich angesehen; es hat vielmehr zutreffend auch klargestellt, dass es sich um einen Antrag auf Erhebung eines Ausforschungsbeweises handelt. Die Annahme, dass im prüfungsrelevanten Zeitraum vom FA keine Prüfungen von Steuerberatern oder Rechtsanwälten angeordnet und durchgeführt worden seien und dass bei Mehrergebnissen wie beim Kläger vorliegend keine Prüfungserweiterungen angeordnet worden seien, ist vom Kläger ohne tatsächliche Grundlage aufgestellt worden. Es ist jedoch nicht Aufgabe des Gerichtes, sich mit Behauptungen zu befassen, die "aus der Luft gegriffen" sind und durch keine greifbaren tatsächlichen Anhaltspunkte gestützt werden (BFH-Beschluss vom 21. Dezember 2001 VIII B 132/00, BFH/NV 2002, 661).
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Schließlich greift auch die Rüge des Klägers nicht durch, das FG habe seinen hinreichend substantiierten Beweisantrag fälschlicherweise als drei isoliert zu sehende Beweisanträge behandelt, obgleich er jeweils einzelne Beweismittel aufgeführt habe, die zusammengenommen den Nachweis der Tatsache haben erbringen sollen, dass sich das FA beim Erlass der Anordnung der Prüfungserweiterung maßgeblich von sachfremden Erwägungen habe leiten lassen und der eigentliche Zweck der Prüfung der steuerlichen Verhältnisse in den Hintergrund getreten sei.
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Das FG hat die vom Kläger selbst mit den Ziffern 1. a) und b), 2. und 3. gegliederten Beweisanträge zutreffend als jeweils selbständige Beweisanträge beurteilt und geprüft.
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Dass die Frage, ob das FA bei der Anordnung einer Prüfungserweiterung gegen das Schikane- und Willkürverbot verstoßen hat, in der Regel nur durch Beurteilung und Zusammenschau verschiedener, im konkreten Einzelfall auf eine sachfremde Motivation deutende Indizien beantwortet werden kann, ändert daran nichts.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
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