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BFH 28.05.2015 - V B 15/15
BFH 28.05.2015 - V B 15/15 - Verhältnis Umsatzsteuer zur Grunderwerbsteuer
Normen
§ 4 Nr 9 Buchst a UStG 2005, § 1 Abs 2 GrEStG 1997, Art 135 Abs 1 Buchst j EGRL 112/2006, Art 135 Abs 1 Buchst k EGRL 112/2006, UStG VZ 2007, UStG VZ 2008, UStG VZ 2009
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, 23. Januar 2015, Az: 3 V 9/14, Beschluss
Leitsatz
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NV: Die Vermittlungsleistungen eines atypischen Maklers, der aufgrund einer Verwertungsbefugnis nach § 1 Abs. 2 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegt, sind nicht gemäß § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei .
Tenor
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Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 23. Januar 2015 3 V 9/14 wird als unbegründet zurückgewiesen, soweit das Finanzgericht die Vollziehungsaussetzung abgelehnt hat. Im Übrigen ist die Beschwerde unzulässig.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Tatbestand
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I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) vermittelte für H. den Verkauf von Wohneinheiten. H. hatte der Antragstellerin eine notarielle Vollmacht erteilt. Nach den zwischen der Antragstellerin und H. bestehenden Vereinbarungen war die Antragstellerin berechtigt, Verkaufspreise, die über den jeweils festgelegten Mindestverkaufspreis hinausgingen (Mehrerlös) für sich zu vereinnahmen.
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Im Anschluss an eine Außenprüfung ging der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass die Antragstellerin umsatzsteuerpflichtige Vermittlungsleistungen an H. erbracht habe, wobei der jeweilige Mehrerlös als Entgelt anzusehen sei und erließ entsprechende Änderungsbescheide für die Streitjahre 2007 bis 2009.
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Hiergegen legte die Antragstellerin Einspruch ein, über den noch nicht entschieden ist, und beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV). Das FA lehnte die Vollziehungsaussetzung ab.
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Ein beim Finanzgericht (FG) gestellter Antrag auf Vollziehungsaussetzung hatte nur in Bezug auf die Bestimmung der Entgelthöhe Erfolg. Das FG ging demgegenüber im Grundtatbestand davon aus, dass die Antragstellerin umsatzsteuerpflichtige Vermittlungsleistungen an H. erbracht habe. Eine Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 9 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) bestehe nicht. Zwar liege eine Grunderwerbsteuerpflicht nach § 1 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) vor, da die Antragstellerin als atypische Maklerin aufgrund der ihr notariell erteilten Verkaufsvollmachten und ihrer Erlösbeteiligung eine Verwertungsbefugnis erlangt habe. Dies begründe aber keine Umsatzsteuerfreiheit, da sich die gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG geschuldete Grunderwerbsteuer nach dem an H. auszukehrenden Mindestkaufpreis bestimme, während sich die Umsatzsteuer für die Vermittlung nach dem Mehrerlös richte. Damit fehle es an einer grunderwerbsteuerrechtlichen Belastung der umsatzsteuerrechtlichen Vermittlungsleistung. Es liege kein Zwischenerwerb vor, da die Antragstellerin im Namen von H. gehandelt habe.
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Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der vom FG zugelassenen Beschwerde, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt. Die grunderwerbsteuerrechtliche Fiktion des Zwischenerwerbs begründe für sie eine wirtschaftliche Verfügungsmacht i.S. von § 39 Abs. 2 der Abgabenordnung. Sie führe Umsätze aus, die unter das GrEStG fielen. Insoweit sei auf den Gesamtumsatz abzustellen, wie er beim Grundstückserwerber als Leistungsempfänger ankomme. Auch in Höhe ihrer Kaufpreisanteile liege ein grunderwerbsteuerrechtlicher Vorgang vor. Das FA habe die an sie ausgekehrten Kaufpreisanteile zu Unrecht der Umsatzsteuer unterworfen. Zweifel ergeben sich auch aus einer Revisionszulassung durch das FG Köln.
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Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung des FG-Beschlusses die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 2007 bis 2009 vom 3. September 2013, geändert durch Bescheid vom 10. Dezember 2013, in Höhe von 11.990,48 € (2007), 125.870,75 € (2008) und 56.187,83 € (2009) ab Fälligkeit bis zur Entscheidung im Einspruchsverfahren ohne Sicherheitsleistung auszusetzen.
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Das FA beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
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Die Antragstellerin habe Vermittlungsleistungen erbracht, die nicht nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei seien.
Entscheidungsgründe
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II. Die gemäß § 128 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet und im Übrigen unzulässig; sie ist daher durch Beschluss zurückzuweisen (§ 132 FGO).
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1. Nach § 128 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO ist die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsaktes bestehen.
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Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheids neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (vgl. dazu z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11. Juli 2013 XI B 41/13, BFH/NV 2013, 1647, Rz 16; vom 2. Juli 2014 XI S 8/14, BFH/NV 2014, 1601, Rz 24; vom 26. September 2014 XI S 14/14, BFH/NV 2015, 158, jeweils m.w.N.). Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom 7. September 2011 I B 157/10, BFHE 235, 215, BStBl II 2012, 590, Rz 12; in BFH/NV 2013, 1647, Rz 16; in BFH/NV 2014, 1601, Rz 24; in BFH/NV 2015, 158, jeweils m.w.N.). Zur Gewährung der AdV ist es nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen (ständige Rechtsprechung, vgl. dazu z.B. BFH-Beschlüsse vom 20. Juli 2012 V B 82/11, BFHE 237, 545, BStBl II 2012, 809, Rz 9; vom 3. April 2013 V B 125/12, BFHE 240, 447, BStBl II 2013, 973, Rz 12; in BFH/NV 2013, 1647, Rz 16, jeweils m.w.N.).
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2. Im Streitfall ist das FG zu Recht von Vermittlungsleistungen der Klägerin ausgegangen, da sie bei den Grundstücksverkäufen im fremden Namen gehandelt hat, so dass ein Zwischenerwerb nicht in Betracht kommt. Zudem hat das FG ernstliche Zweifel an der Steuerpflicht dieser Vermittlungsleistungen dem Grunde nach zu Recht verneint.
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a) § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG befreit von der Umsatzsteuer die Umsätze, die unter das GrEStG fallen. Die Vorschrift beruht unionsrechtlich auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. j und k sowie auf Art. 371 i.V.m. Anhang X Teil B Nr. 9 der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG. Danach besteht für die Mitgliedstaaten die Befugnis, die Lieferung von Gebäuden und Gebäudeteilen von der Umsatzsteuer zu befreien.
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b) Der Grunderwerbsteuer unterliegen nach § 1 Abs. 2 GrEStG auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Dabei wendet der BFH diese Vorschrift auch auf Rechtsvorgänge an, bei denen ein sog. atypischer Makler aufgrund besonderer Abreden in einem Vermittlungsauftrag über Grundstückseigentum eine Rechtsstellung erhält, die es ihm als eine "Chance zur Beteiligung an der Substanz des Grundstücks" einräumt und ihm ermöglicht, das Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten, da der Grundstückseigentümer zum Abschluss von Kaufverträgen mit vom Makler benannten Käufern verpflichtet ist und dem Makler der über den festgelegten Mindestkaufpreis hinausgehende Betrag als Vermittlungsprovision zusteht (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17. Oktober 1990 II R 55/88, BFH/NV 1991, 556).
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c) Der nach § 1 Abs. 2 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegende Rechtsvorgang des atypischen Maklervertrages ist nicht identisch mit der von der Antragstellerin erbrachten Vermittlungsleistung. Die Vermittlungsleistung ergibt sich aus dem der Antragstellerin erteilten Vermittlungsauftrag, während der sich aus § 1 Abs. 2 GrEStG ergebende Steuertatbestand darauf beruht, dass der Vermittler zusätzlich zum Vermittlungsauftrag besondere Befugnisse erhält, die ihm eine Verwertung auf eigene Rechnung ermöglichen.
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Bestätigt wird die Trennung zwischen Vermittlung und Verwertungsbefugnis dadurch, dass sich die Grunderwerbsteuerpflicht gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG nach dem Mindestverkaufspreis (vgl. BFH-Urteil vom 26. Juli 2000 II R 33/98, BFH/NV 2001, 206, unter II.1.b), nicht aber nach dem Mehrerlös als Entgelt für die Vermittlung richtet.
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d) Gegen die Umsatzsteuerpflicht der von der Antragstellerin erbrachten Leistungen bestehen keine unionsrechtlichen Bedenken. Denn das Unionsrecht gestattet die Anwendung der Steuerfreiheit nur für Lieferungen (s. oben II.2.a), nicht aber auch für Vermittlungsleistungen als sonstige Leistungen (Dienstleistungen).
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e) Abweichendes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des FG Köln vom 26. Juni 2014 3 K 2924/11, das für den atypischen Makler gleichfalls von einer Steuerpflicht der Vermittlung ausgeht. Die Zulassung der Revision durch ein FG begründet für sich allein noch keine ernstlichen Zweifel an einem Steueranspruch.
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3. Es liegt keine unionsrechtlich unzulässige Doppelbesteuerung vor. Wie der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) bereits ausdrücklich entschieden hat, weist die Grunderwerbsteuer nicht die Merkmale einer Umsatzsteuer auf (EuGH-Beschluss Vollkommer vom 27. November 2008 C-156/08, EU:C:2008:663, UR 2009, 136, Rz 33). Eine Doppelbesteuerung mit Umsatzsteuer und Grunderwerbsteuer verstößt daher nicht gegen Art. 33 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern. Hiervon geht auch die ständige Rechtsprechung des BFH aus (Urteile vom 2. April 2008 II R 53/06, BFHE 220, 550, BStBl II 2009, 544, unter II.2.d aa, und vom 3. September 2008 XI R 54/07, BFHE 222, 153, BStBl II 2009, 499, unter II.3.d).
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4. Die Beschwerde hat auch insoweit keinen Erfolg, als sie betragsmäßig nicht die durch das FG bereits gewährte Vollziehungsaussetzung berücksichtigt, die insoweit zur Unzulässigkeit mangels Rechtsschutzbedürfnis führt.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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