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BFH 20.08.2014 - X R 26/12
BFH 20.08.2014 - X R 26/12 - (Kein Sonderausgabenabzug von Bestattungskosten als Unterhaltsleistungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG)
Normen
§ 2 Abs 1 S 1 Nr 7 EStG 2002, § 10 Abs 1 Nr 1 EStG 2002, § 10 Abs 1 Nr 1a EStG 2002, § 22 Abs 1 Nr 1a EStG 2002, § 33 EStG 2002, § 1586 Abs 2 BGB, § 1615 Abs 2 BGB, § 1968 BGB, § 74 SGB 12, § 126 Abs 4 FGO, EStG VZ 2008, Art 3 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 27. Juni 2012, Az: 9 K 10295/11, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Übernimmt der geschiedene unterhaltspflichtige Ehegatte die Bestattungskosten des Unterhaltsberechtigten, so sind diese nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG abziehbar (Abgrenzung zu den Senatsurteilen vom 19. Januar 2010 X R 17/09 und X R 32/09, BFHE 228, 77, BStBl II 2010, 544 und BFHE 228, 291, BStBl II 2011, 162) .
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2. NV: Die Berücksichtigungsmöglichkeit nach § 33 EStG bleibt unberührt .
Tatbestand
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I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurde im Streitjahr zusammen mit seiner jetzigen Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Bis zu ihrem Tode im Streitjahr leistete er laufenden Unterhalt an seine geschiedene Ehefrau. Die leiblichen Kinder schlugen die Erbschaft aus. Der Kläger trug daher die Bestattungskosten, deren Höhe unstreitig ist.
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In der Einkommensteuererklärung des Streitjahres machte der Kläger für die laufenden Zahlungen sowie die Bestattungskosten den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt) lehnte den Antrag hinsichtlich der Bestattungskosten ab. Er sah darin außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG, die sich jedoch steuerlich nicht auswirkten, da sie die zumutbare Belastung nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG nicht überstiegen.
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Das Finanzgericht (FG) hat mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 2277 veröffentlichten Urteil die Klage abgewiesen. Der Begriff der "Unterhaltsleistungen" in § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG entspreche dem in § 33a EStG verwendeten Begriff "Aufwendungen für den Unterhalt" und umfasse wie dort lediglich die typischen Aufwendungen zur Bestreitung der Lebensführung. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Abziehbarkeit von Beerdigungskosten als dauernde Last i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG sei nicht übertragbar. Zudem sei bei den Beerdigungskosten die materiell-rechtliche Korrespondenz zwischen Abziehbarkeit und Steuerbarkeit nicht mehr gewährleistet.
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Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Für die Unterhaltsleistungen habe er den Abzug als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG beantragt und erhalten. Die Bestattungskosten hätten zwar nach § 1968 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) die Erben zu tragen. Die leiblichen Kinder der Verstorbenen hätten das Erbe jedoch ausgeschlagen. Er habe daher die Bestattungskosten als Folgeverpflichtung aus den Unterhaltszahlungen nach § 1615 Abs. 2 BGB i.V.m. § 74 des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch zu übernehmen. Mit Urteil vom 19. Januar 2010 X R 17/09 (BStBl II 2010, 544) habe der BFH zu § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG entschieden, dass es sich bei Beerdigungskosten um Sonderausgaben handele, wenn sie auf einer Unterhaltsverpflichtung beruhten und der Zahlende nicht Erbe sei. Dieses Urteil sei auf § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG übertragbar.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des FG aufzuheben, und den Einkommensteuerbescheid vom 31. März 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Juni 2011 dahingehend zu ändern, dass die Bestattungskosten als Unterhaltsleistungen berücksichtigt werden und das zu versteuernde Einkommen von … € auf … € herabgesetzt wird.
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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Mit dem Tod der Unterhaltsberechtigten sei der Unterhaltsanspruch gegen den geschiedenen Ehemann erloschen (§ 1586 Abs. 1 BGB). Das BFH-Urteil in BStBl II 2010, 544 behandele die Abziehbarkeit von Beerdigungskosten als dauernde Last im Rahmen einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen, die hier nicht gegeben sei.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass die Bestattungskosten nicht gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG als Sonderausgaben abziehbar sind.
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1. Sonderausgaben sind u.a. nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten bis zu 13.805 € im Kalenderjahr, wenn der Geber dies mit Zustimmung des Empfängers beantragt. Die Zustimmung ist nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG mit Ausnahme der nach § 894 Abs. 1 der Zivilprozessordnung als erteilt geltenden bis auf Widerruf wirksam. Korrespondierend hierzu sind nach § 22 Satz 1 Nr. 1a EStG Einkünfte aus Unterhaltsleistungen, soweit sie nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG vom Geber abgezogen werden, als sonstige Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG steuerpflichtig.
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Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob --wie das FG meint-- die streitbefangenen Bestattungskosten schon begrifflich nicht "Unterhaltsleistungen" i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG sind, da sie atypische Aufwendungen sind (in diesem Sinne allerdings BFH-Entscheidungen vom 12. April 2000 XI R 127/96, BFHE 192, 75, BStBl II 2002, 130, unter II.1.; vom 17. Mai 2006 XI B 128/05, BFH/NV 2006, 2053; vom 18. Oktober 2006 XI R 42/04, BFH/NV 2007, 1283, unter II.1.a; ebenso Rindermann in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 10 Rz 23a; Blümich/Hutter, § 10 EStG Rz 60; a.A. Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 10 Rz C 19a; ausdrücklich offen gelassen im Senatsbeschluss vom 8. März 1989 X B 203/88, BFH/NV 1989, 779).
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Der Kläger hat seine Leistungen jedenfalls nicht, wie es § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG fordert, "an den geschiedenen ... Ehegatten" erbracht (dazu 2.). Die Rechtslage ist insoweit mit derjenigen bei § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG nicht vergleichbar (dazu 3.).
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2. Die Wendung in § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG "an den geschiedenen ... Ehegatten" verlangt eine Leistung an den geschiedenen Ehegatten und setzt damit schon begrifflich Leistungen zu Lebzeiten voraus. Der Kläger hat die Bestattungskosten möglicherweise im weitesten Sinne gedanklich "für" die verstorbene geschiedene Ehefrau erbracht. Empfängerin der Leistung konnte sie aber nach ihrem Tode nicht mehr sein.
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Es besteht weder aus systematischen noch aus verfassungsrechtlichen Gründen Anlass zu einer teleologischen Extension dieses Tatbestandsmerkmals.
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a) Da tauglicher Empfänger der Unterhaltsleistungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG nur der geschiedene oder dauernd getrennt lebende und --vor allem-- unbeschränkt steuerpflichtige Ehegatte sein kann, ist der Empfänger mit denjenigen Unterhaltsleistungen, die der Geber abziehen kann, seinerseits stets nach § 22 Satz 1 Nr. 1a EStG steuerpflichtig. Dieses Tatbestandsmerkmal stellt sicher, dass das Korrespondenzprinzip gewahrt bleibt. Damit ist es systemgerecht, nicht systemfremd.
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b) Unter verfassungsrechtlichen Aspekten hat der Senat keine Bedenken gegen dieses Ergebnis. Dem Umstand, dass die streitigen Aufwendungen zwangsläufig gewesen sein dürften, trägt das EStG mit § 33 EStG hinreichend Rechnung.
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3. Eine Übertragung der Senatsrechtsprechung zur Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG ist schon aufgrund der unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschriften nicht möglich.
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Der Senat hat in seinen Urteilen vom 19. Januar 2010 X R 17/09 und X R 32/09 (BFHE 228, 77, BStBl II 2010, 544 bzw. BFHE 228, 291, BStBl II 2011, 162) erkannt, dass Beerdigungskosten, die der Vermögensübernehmer aufgrund entsprechender Verpflichtung in dem Vermögensübergabevertrag übernimmt, als dauernde Last i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehbar sind, soweit nicht der Vermögensübernehmer, sondern ein Dritter Erbe ist. Während § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG explizit Leistungen an den Ehegatten fordert, enthält Nr. 1a eine vergleichbare Beschränkung auf Leistungen etwa "an den Vermögensübergeber" --was den Abzug der Beerdigungskosten allerdings ausgeschlossen hätte-- gerade nicht. Nr. 1a fordert lediglich die unbeschränkte Steuerpflicht des Empfängers.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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