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BFH 21.05.2014 - I R 41/13
BFH 21.05.2014 - I R 41/13 - Gewerbesteuerliche Hinzurechnung der Gewinnanteile eines stillen Gesellschafters
Normen
§ 8 Nr 3 GewStG 1999, § 8 Nr 3 GewStG 2002
Vorinstanz
vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 24. April 2013, Az: 1 K 1668/09, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Der Begriff "Gewinnanteile des stillen Gesellschafters" setzt nicht notwendig einen tatsächlich erwirtschafteten Gewinn voraus, sondern erfasst auch Mindestbeträge, die in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Vermögenseinlage in Verlustjahren an den stillen Gesellschafter zu zahlen sind .
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2. NV: An den stillen Gesellschafter geleistete Einmalzahlungen, wie z.B. eine Bearbeitungsgebühr oder eine Risikoprämie, unterliegen nur dann der Hinzurechnung, wenn sie als Gegenleistung für die Kapitalüberlassung zu qualifizieren sind. Dies hängt maßgeblich davon ab, inwiefern die Zahlung im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses vom Kapitalempfänger anteilig zurückgefordert werden kann .
Tatbestand
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I. Streitig ist, ob Beteiligungsentgelte einer stillen Gesellschafterin dem Gewinn aus Gewerbebetrieb gemäß § 8 Nr. 3 des Gewerbesteuergesetzes 1999 und des Gewerbesteuergesetzes 2002 i.d.F. vor dem Inkrafttreten des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912, BStBl I 2007, 630) --GewStG 1999/2002 a.F.-- hinzuzurechnen sind.
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Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, schloss im Jahr 2000 mit der gemäß § 3 Nr. 24 GewStG 1999/2002 a.F. von der Gewerbesteuer befreiten M-GmbH einen "Beteiligungsvertrag ... über die Gründung einer typisch stillen Gesellschaft". Danach beteiligte sich die M-GmbH an der Klägerin als stille Gesellschafterin mit einer Bareinlage von … DM. Die M-GmbH sollte ein festes Entgelt (7,4 % der Einlage pro Jahr), ein gewinnabhängiges Entgelt (2,0 % der Einlage, höchstens in Höhe des Gewinns; bei fehlendem oder zu geringem Gewinn sollte sich der Anspruch im nächsten oder in den nachfolgenden Jahren entsprechend erhöhen), eine Bearbeitungsgebühr (einmalig 1 % der Einlage) und eine Risikoprämie (einmalig 1 % der Einlage) erhalten. Weiter war vorgesehen, dass die M-GmbH mit ihrer Einlage am laufenden Verlust der Klägerin nicht teilnimmt. Die Bearbeitungsgebühr war für die Prüfung und Bearbeitung des Antrages, die Risikoprämie für das im Eigenobligo von der M-GmbH übernommene Risiko zu zahlen. In Höhe von 80 % übernahm eine Bürgschaftsbank eine Ausfallgarantie für die Zahlung der Entgelte und die Rückzahlung der Beteiligung. Der Klägerin stand das Recht zu, die Beteiligung unter Einhaltung einer Frist ganz oder teilweise zu kündigen. Der M-GmbH wurde ein solches ordentliches Kündigungsrecht ausdrücklich nicht eingeräumt. Ihr Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund sollte davon unberührt bleiben. Die Risikoprämie und die Bearbeitungsgebühr wurden dem Vertrag entsprechend unmittelbar bei der Auszahlung der Einlage im Jahr 2000 von der M-GmbH einbehalten. Es war nicht vorgesehen, dass diese Beträge bei einer vorzeitigen Beendigung der Gesellschaft an die Klägerin zurückzuerstatten waren. Im Jahr 2003 kam ein zweiter Beteiligungsvertrag über eine Einlage von … € zu im Wesentlichen gleichen Konditionen zustande.
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Die Klägerin, die in den Streitjahren 2000 bis 2003 jeweils Gewinne aus Gewerbebetrieb in siebenstelliger Höhe erzielte, leistete die vertraglich geschuldeten Zahlungen an die M-GmbH. In ihren Gewerbesteuererklärungen rechnete sie allerdings lediglich das gewinnabhängige Entgelt dem Gewerbeertrag nach § 8 Nr. 3 GewStG 1999/2002 a.F. hinzu. Dem folgte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) nicht. Im Gewerbesteuermessbescheid 2000 erfasste er daher das Bearbeitungsentgelt und die Risikoprämie, in den Bescheiden für 2001 und 2002 das Festentgelt und im Bescheid für 2003 das Festentgelt und die Einmalleistungen aus dem zweiten Beteiligungsvertrag. Das daraufhin angerufene Finanzgericht (FG) schloss sich der Rechtsauffassung der Klägerin an. Es ging davon aus, dass der Gesetzeswortlaut "Gewinnanteil" eindeutig sei und eine vom Vorhandensein eines Gewinns unabhängige feste Verzinsung nicht erfasst werde (Urteil des Sächsischen FG vom 24. April 2013 1 K 1668/09, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 1949).
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Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Die streitige Hinzurechnungsvorschrift erfasse auch gewinnunabhängige Mindestvergütungen, Bearbeitungsgebühren und Risikoprämien.
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Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin hat sich im Revisionsverfahren nicht zur Sache geäußert.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision des FA ist überwiegend begründet. Sie führt hinsichtlich der Streitjahre 2001 bis 2003 zur Aufhebung des FG-Urteils und zur weitgehenden Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das in diesen Jahren von der Klägerin geleistete Festentgelt unterliegt der Hinzurechnung, die im Jahr 2003 geleisteten Einmalbeträge (Risikoprämie und Bearbeitungsgebühr) aber nicht. Im Übrigen ist die Revision unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat im Ergebnis zutreffend entschieden (§ 126 Abs. 4 FGO), dass es für die im Jahr 2000 allein streitige Hinzurechnung der Bearbeitungsgebühr und der Risikoprämie keine Rechtsgrundlage gibt.
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1. Nach § 8 Nr. 3 GewStG 1999/2002 a.F. sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7 GewStG 1999/2002 a.F.) die Gewinnanteile eines stillen Gesellschafters hinzuzurechnen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und wenn sie beim Empfänger nicht zur Steuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen sind.
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Der Begriff "Gewinnanteile des stillen Gesellschafters" umfasst alle gewinnabhängigen Bezüge des stillen Gesellschafters, die nach den Vorstellungen der Beteiligten den Charakter einer Gegenleistung für die vom stillen Gesellschafter in Erfüllung des Gesellschaftsverhältnisses erbrachten Leistungen haben (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 1. Juni 1978 IV R 139/73, BFHE 125, 386, BStBl II 1978, 570). Er setzt indes nicht notwendig einen tatsächlich erwirtschafteten Gewinn voraus, sondern erfasst auch Mindestbeträge, die in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Vermögenseinlage in Verlustjahren an den stillen Gesellschafter zu zahlen sind. Die Hinzurechnung ist in einem solchen Fall vorzunehmen, weil der Mindestbetrag ein Entgelt für die Bereitstellung von Fremdkapital darstellt und deshalb die gewerbesteuerrechtliche Gleichbehandlung mit Darlehenszinsen geboten ist (BFH-Urteil vom 17. Februar 1972 IV R 40/68, BFHE 105, 391, BStBl II 1972, 586, unter Buchst. a der Gründe).
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2. Diesen Rechtsgrundsätzen entspricht die Entscheidung der Vorinstanz nur teilweise. Das FG geht zu Unrecht von einer --keine Auslegungsmöglichkeit mehr zulassenden-- Eindeutigkeit des Begriffs "Gewinnanteil" aus, sieht deshalb nur solche Vergütungsbestandteile des stillen Gesellschafters als hinzurechenbar an, die streng vom Vorhandensein und der Höhe des jeweiligen laufenden Gewinns eines einzelnen Jahres abhängen, und hat deshalb zu Unrecht die vom FA vorgenommene Hinzurechnung des festen Entgelts beanstandet. Im Hinblick auf die geleisteten Einmalbeträge liegt das FG hingegen im Ergebnis richtig.
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a) Die im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegende Würdigung des FG, dass im Streitfall jeweils eine stille Gesellschaft und kein partiarisches Darlehensverhältnis begründet wurde, ist möglich, verstößt nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze und ist deshalb aus revisionsrichterlicher Sicht nicht zu beanstanden (vgl. Senatsurteil vom 19. Oktober 2005 I R 48/04, BFHE 211, 524, BStBl II 2006, 334). Im Übrigen teilen die Beteiligten diese Einschätzung der Vorinstanz.
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b) Das feste Entgelt und das gewinnabhängige Entgelt stellen Gewinnanteile i.S. des § 8 Nr. 3 GewStG 1999/2002 a.F. dar. Im Streitfall erhält die stille Gesellschafterin in Gewinnjahren für ihre Beteiligung ein Gesamtentgelt von 9,4 % p.a. (bzw. 9,5 % nach dem zweiten Beteiligungsvertrag) der Einlage, in Verlustjahren reduziert sich dieses auf einen Mindestbetrag von 7,4 % bzw. 7,5 % der Einlage. Dieser Mindestbetrag ist nach den oben dargestellten Maßstäben als Gewinnanteil des stillen Gesellschafters vom Hinzurechnungstatbestand erfasst. In den verschiedenen Entgelthöhen zeigt sich, dass die für die Kapitalüberlassung geschuldete Vergütung vom geschäftlichen Erfolg des Unternehmens abhängt. Darin liegt auch der Unterschied zum Sachverhalt, der dem vom FG zur Stützung seiner Rechtsauffassung herangezogenen Urteil des Reichsgerichts (RG) zugrunde lag (RG-Urteil vom 6. Dezember 1928 IV 93/28, RGZ 122, 387). Dort war zwischen den Vertragsschließenden ausschließlich eine vierprozentige Verzinsung der Einlage, also eine "feste, von den wechselnden Geschäftsergebnissen unabhängige Vergütung ausgemacht".
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c) Dagegen unterliegen die Bearbeitungsgebühr und die Risikoprämie nicht der Hinzurechnung. Diese Entgeltbestandteile können nicht als Gegenleistung für die Kapitalüberlassung qualifiziert werden. Soweit dem Senatsurteil in BFHE 211, 524, BStBl II 2006, 334 Gegenteiliges zu entnehmen sein sollte, wird daran nicht festgehalten.
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aa) Für die Beantwortung der Frage, ob geleistete Einmalzahlungen bei wirtschaftlicher Betrachtung als Gegenleistung für die Kapitalüberlassung anzusehen sind, kommt es nach neuerer Senatsrechtsprechung maßgeblich darauf an, inwiefern eine zu Vertragsbeginn geleistete Zahlung im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses vom Kapitalempfänger anteilig zurückgefordert werden kann. Ist das nicht der Fall, liegt keine Gegenleistung für die Kapitalüberlassung vor, es sei denn, das Vertragsverhältnis kann nur aus wichtigem Grund gekündigt werden und die Beteiligten haben eine solche Kündigung bei Vertragsschluss nur als theoretische Möglichkeit angesehen (vgl. im Einzelnen Senatsurteile vom 22. Juni 2011 I R 7/10, BFHE 234, 168, BStBl II 2011, 870; vom 27. Juli 2011 I R 77/10, BFHE 234, 301, BStBl II 2012, 284). Diese Rechtsprechung ist zur Rechnungsabgrenzung bei Darlehensverträgen ergangen. Sie befasst sich allerdings mit der grundsätzlichen Frage, welche Leistungen in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zur darlehensweisen Kapitalüberlassung stehen, und ist folglich auf die vergleichbare Konstellation der Kapitalüberlassung durch einen stillen Gesellschafter übertragbar.
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bb) Da im Streitfall der Klägerin nach § 18 Abs. 1 der Verträge ein ordentliches Kündigungsrecht zustand und eine anteilige Rückerstattung der geleisteten Risikoprämie und der Bearbeitungsgebühr für den Fall der Kündigung vertraglich nicht vorgesehen war (vgl. § 19 Abs. 2 und 3 der Verträge), können diese Entgeltbestandteile nicht als Gegenleistung für die Kapitalüberlassung der M-GmbH betrachtet werden. Die ausdrücklich getroffene Regelung für den Erlass der halben Risikoprämie und der Bearbeitungsgebühr --nur-- bei nicht fristgerechtem Abruf der Einlage (§ 10 Abs. 4 der Verträge) lässt auch keinen Raum für eine Vertragsauslegung entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Anspruch auf anteilige Rückerstattung eines einbehaltenen Disagios (BGH-Urteil vom 29. Mai 1990 XI ZR 231/89, BGHZ 111, 287), die ohnehin nur bei auf dem allgemeinen Markt aufgenommenen Krediten und nicht bei öffentlich geförderten Darlehen zum Tragen kommt (zur Abgrenzung vgl. BGH-Urteile vom 12. Mai 1992 XI ZR 258/91, Betriebs-Berater --BB-- 1992, 1305, und vom 19. Oktober 1993 XI ZR 49/93, BB 1994, 28; Senatsurteil in BFHE 234, 168, BStBl II 2011, 870).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO.
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