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BFH 13.12.2012 - X B 104/12
BFH 13.12.2012 - X B 104/12 - Zusammenwirken von Einkommensteuer und Gewerbesteuer: Keine Beschränkung der Gesamtsteuerbelastung auf einen "Halbteilungsgrundsatz" - Unbeachtlichkeit einer in der Beschwerdebegründung enthaltenen Bezugnahme auf die Klagebegründung
Normen
Art 14 Abs 1 GG, § 32a EStG 1987, § 11 GewStG 1984, § 62 Abs 4 S 1 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO
Vorinstanz
vorgehend FG Nürnberg, 26. April 2012, Az: 4 K 651/10, Urteil
Leitsatz
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NV: Nach der Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 18. Januar 2006 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97) ist eine verfassungsrechtliche Obergrenze zumutbarer Steuerbelastung selbst dann nicht erreicht, wenn sich im Zusammenwirken von Einkommensteuer und Gewerbesteuer eine Gesamtsteuerbelastung von 59,95% des Einkommens ergibt. Daher kann allein mit dem Hinweis, die Gesamtsteuerbelastung überschreite die Hälfte des Einkommens, die Verfassungswidrigkeit der maßgebenden Tarifnormen nicht dargelegt werden .
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erzielte im Streitjahr 1988 aus einem Einzelunternehmen Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Der Gewerbesteuermessbescheid für 1988 war im Hinblick auf das seinerzeit noch beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängige Verfassungsbeschwerdeverfahren 2 BvR 2194/99 für teilweise vorläufig hinsichtlich der Anwendung des Halbteilungsgrundsatzes erklärt worden.
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Nachdem das BVerfG die Verfassungsbeschwerde mit Beschluss vom 18. Januar 2006 2 BvR 2194/99 (BVerfGE 115, 97) zurückgewiesen hatte, hob der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) mit dem angefochtenen Gewerbesteuermessbescheid vom 4. Juli 2006 den Vorläufigkeitsvermerk auf.
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Im Klageverfahren hat die Klägerin vorgetragen, die Gesamtbelastung aus Einkommensteuer 1988, Gewerbesteuer 1988 (für sie und ihren Ehemann), Kirchensteuer 1987 (gezahlt im Jahr 1988) und Vermögensteuer auf den 1. Januar 1988 liege bei 60,28 % des um die Gewerbesteuer erhöhten zu versteuernden Einkommens. Hinzu kämen Spenden, Versicherungsbeiträge, Kinderfreibeträge, Grundsteuer, Grunderwerbsteuer, Beiträge zur Kammer und Berufsgenossenschaft, Rundfunkgebühren, Mineralölsteuer, Umsatzsteuer und weitere staatliche Zwangsabgaben. Sie hat vor dem Finanzgericht (FG) beantragt, die Gewerbesteuer und die --in diesem Verfahren nicht angefochtene-- Vermögensteuer in Höhe von 115.058 DM "zurückzuzahlen".
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Das FG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es hinsichtlich der kumulierten Belastungswirkung aus Einkommen- und Gewerbesteuer auf den BVerfG-Beschluss in BVerfGE 115, 97 verwiesen. Zudem könne eine vermeintlich verfassungswidrige Überbelastung nicht in einem Verfahren gegen den Gewerbesteuermessbescheid, sondern allenfalls durch Anfechtung des Gewerbesteuerbescheids, aus dem sich erst die tatsächliche Steuerbelastung ergebe, gerügt werden (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. März 2005 IV B 91/04, BFHE 209, 128, BStBl II 2005, 647, unter 2.b). Hinsichtlich der Belastungswirkung aus Einkommen- und Vermögensteuer hat das FG auf den Ausspruch im BVerfG-Beschluss vom 22. Juni 1995 2 BvL 37/91 (BVerfGE 93, 121, unter C.III.3.) Bezug genommen, wonach das bisherige Recht bis zum 31. Dezember 1996 --und damit auch im Streitjahr 1988-- weiter anwendbar sei.
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Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, zur Rechtsfortbildung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
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Das FA hält die Beschwerde für unzulässig.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde ist unzulässig.
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Die Klägerin hat die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) entsprechenden Weise dargelegt.
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1. Dies gilt zunächst für den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
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a) Die Darlegung der Voraussetzungen dieses Zulassungsgrundes setzt voraus, dass die Beschwerdebegründung konkrete Rechtsfragen bezeichnet und auf deren Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit im angestrebten Revisionsverfahren sowie auf deren über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht (BFH-Beschluss vom 18. November 2010 VII B 12/10, BFH/NV 2011, 406, unter II.1., m.w.N.). Dabei erfordert die schlüssige Darlegung der Klärungsbedürftigkeit ein konkretes und substantiiertes Eingehen darauf, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist (Senatsbeschlüsse vom 5. Mai 2011 X B 149/10, BFH/NV 2011, 1348, unter II.1.b, und vom 18. Mai 2011 X B 124/10, BFH/NV 2011, 1838, unter II.1.b aa, beide m.w.N.). Hat der BFH bereits früher über die Rechtsfrage entschieden, muss dargelegt werden, welche neuen Gesichtspunkte zu der aufgezeigten Rechtsfrage vorgebracht werden, so dass eine erneute Entscheidung des BFH über diese Frage im Interesse der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung erforderlich ist (BFH-Beschluss vom 29. Dezember 2010 IV B 46/09, BFH/NV 2011, 634, unter 2.). Gleiches gilt für den Fall, dass zu der Rechtsfrage bereits eine Entscheidung des BVerfG vorliegt.
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b) Die Beschwerdebegründung erschöpft sich weitgehend in dem Vorbringen, der BVerfG-Beschluss in BVerfGE 115, 97 sei "nicht einschlägig", weil die Gesamtsteuerbelastung im dortigen Verfahren unter 50 % gelegen habe. Abgesehen davon, dass allein in der Behauptung, eine bestimmte Entscheidung sei nicht einschlägig, noch keine Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache liegt, schöpft die Klägerin den rechtlichen Gehalt der bezeichneten Entscheidung des BVerfG nicht aus. Denn das Gericht hat ausdrücklich ausgeführt (unter C.II.2.c der Gründe), dass eine verfassungsrechtliche Obergrenze zumutbarer Steuerbelastung selbst dann nicht erreicht wäre, wenn man für die Berechnung der Höhe der Steuerbelastung das Vorbringen des dortigen Beschwerdeführers zugrunde legen würde. Dieser hatte aber eine Gesamtsteuerbelastung von 57,58 % bzw. 59,95 % ermittelt (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 115, 97, unter B.I.1.).
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Auf die --von der Vorinstanz herangezogene-- Rechtsprechung des BFH, wonach eine verfassungswidrige Überbelastung allein im Verfahren gegen den Gewerbesteuerbescheid, nicht aber durch Anfechtung des Gewerbesteuermessbescheids gerügt werden kann (BFH-Beschluss in BFHE 209, 128, BStBl II 2005, 647, unter 2.b), geht die Beschwerdebegründung nicht ein. Dies wäre indes zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung erforderlich gewesen.
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Auch mit der bloßen Behauptung, der Hinweis des FG auf die Weitergeltungsanordnung hinsichtlich der Vermögensteuer (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 93, 121) sei "nicht richtig", wird kein Zulassungsgrund dargelegt. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Vermögensteuer nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, in dem nur ein Gewerbesteuermessbescheid angefochten ist.
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Die in der Beschwerdebegründung enthaltene Bezugnahme auf die Klagebegründung ist vorliegend schon deshalb gemäß § 62 Abs. 4 Satz 1 FGO unbeachtlich, weil die Klagebegründung durch die nicht postulationsfähige Klägerin persönlich erstellt worden ist, und nicht erkennbar ist, dass der erst im Beschwerdeverfahren aufgetretene Prozessbevollmächtigte den Streitstoff des Klageverfahrens selbst durchgearbeitet hätte (vgl. zu diesem Erfordernis BFH-Beschluss vom 30. Juni 2005 III B 176/04, BFH/NV 2005, 2018).
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2. Bei dem Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) handelt es sich um einen speziellen Unterfall des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache. Für seine Darlegung gelten daher regelmäßig die an eine auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO gestützte Beschwerdebegründung zu stellenden Anforderungen (ständige Rechtsprechung; vgl. aus jüngerer Zeit nur BFH-Beschluss vom 30. November 2010 VI B 100/10, BFH/NV 2011, 574, unter 2.). Da das Vorbringen der Klägerin insoweit über ihren Vortrag zur grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht hinausgeht, kann eine Zulassung im Streitfall auch nicht auf das Erfordernis einer Rechtsfortbildung gestützt werden.
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3. Weshalb eine Revisionszulassung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) erforderlich sein könnte, wird aus der Beschwerdebegründung nicht einmal andeutungsweise erkennbar.
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