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BFH 17.07.2012 - VII R 21/09
BFH 17.07.2012 - VII R 21/09 - Keine Steuerbefreiung für Flüge im Werkverkehr
Normen
§ 4 Abs 1 Nr 3 Buchst a MinöStG 1993, § 50 Abs 1 MinöStV 1993, § 27 Abs 2 Nr 1 EnergieStG, § 60 Abs 4 Nr 1 EnergieStV, § 60 Abs 4 Nr 2 EnergieStV, Art 14 Abs 1 Buchst b EGRL 96/2003
Vorinstanz
vorgehend FG Düsseldorf, 13. Mai 2009, Az: 4 K 4390/08 VM,VE, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Setzt ein Unternehmen ein angemietetes Flugzeug für Flüge des Vorstands zu Tochtergesellschaften, Kunden oder Geschäftspartnern ein, steht ihm für diese Werkflüge kein Anspruch auf Entlastung der dabei verbrauchten Luftfahrtbetriebsstoffe von der Mineralöl- bzw. Energiesteuer zu.
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2. NV: Die in Art. 14 Abs. 1 Buchst b Richtlinie 2003/96/EG normierte Steuerbefreiung steht nur Luftfahrtunternehmen oder Unternehmen zu, die Luftfahrt-Dienstleistungen erbringen.
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), die Muttergesellschaft eines europaweit operierenden Konzerns der Logistikbranche war, hatte von einer dritten Firma ein Flugzeug ohne Gestellung von Luftfahrtbetriebsstoffen angemietet, das sie ausschließlich zu ihren geschäftlichen Zwecken, insbesondere zu Flügen des Vorstands zu Tochtergesellschaften, Kunden oder Geschäftspartnern einsetzte.
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Mit ihrem beim Beklagten und Revisionskläger (Hauptzollamt --HZA--) am 31. Dezember 2007 eingegangenen Antrag beantragte die Klägerin für das Kalenderjahr 2006 die Vergütung von … € Mineralölsteuer nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG 1993) und von … € Energiesteuer nach § 52 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) für den auf den geschäftlichen Flügen verwendeten Flugturbinenkraftstoff (Kerosin). Mit der Begründung, das Luftfahrzeug sei nicht zur gewerbsmäßigen Beförderung von Personen oder Sachen durch ein Luftfahrtunternehmen genutzt worden, lehnte das HZA den Antrag ab. Den Einspruch wies das HZA als unbegründet zurück.
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Die daraufhin erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass der Klägerin hinsichtlich der betrieblich veranlassten Flüge ein Anspruch auf Vergütung der Mineralölsteuer unmittelbar aus Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Satz 1 der Richtlinie 2003/96/EG (EnergieStRL) des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 283/51) zustehe. Eine Beschränkung der Steuerbefreiung auf Luftfahrtunternehmen oder ein Ausschluss des Werkverkehrs sei dieser Vorschrift nicht zu entnehmen. Infolgedessen habe Deutschland das Gemeinschaftsrecht nur unvollständig umgesetzt, da gemäß § 50 Abs. 1 der Mineralölsteuer-Durchführungsverordnung (MinöStV) i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a MinöStG 1993 sowie nach § 52 Abs. 1 Satz 1 und § 27 Abs. 2 Nr. 1 EnergieStG i.V.m. § 60 Abs. 4 der Verordnung zur Durchführung des Energiesteuergesetzes (EnergieStV) --jeweils in den im Streitjahr geltenden Fassungen-- nur Luftfahrtunternehmen eine Entlastung beantragen könnten. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zur Steuerbefreiung für Schiffsbetriebsstoffe (Urteil vom 1. April 2004 C-389/02, Slg. 2004, I-3537) auf Art. 14 EnergieStRL übertragen werden könne. Bei Werkflügen werde das Flugzeug zu kommerziellen Zwecken genutzt.
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Mit seiner Revision rügt das HZA, die Entscheidung des FG widerspreche dem klaren Wortlaut der nationalen Vorschriften. Die Beschränkung der Steuerbefreiung für Luftfahrtbetriebsstoffe auf Luftfahrtunternehmen und der Ausschluss des Werkverkehrs entsprächen den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben. Die in Art. 14 Abs. 1 EnergieStRL festgelegte Begünstigung trage den Regelungen in internationalen Abkommen --insbesondere dem Abkommen über die internationale Zivilluftfahrt vom 7. Dezember 1944 (Chicagoer Abkommen)-- Rechnung und erfasse mit dem Ziel der Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen nur die Luftverkehrsbranche.
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Das HZA beantragt, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Sie schließt sich weitgehend der Auffassung des FG an.
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Der erkennende Senat hat das Revisionsverfahren in analoger Anwendung des § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ausgesetzt und in einem anderen Verfahren dem EuGH mit Beschluss vom 1. Dezember 2009 VII R 9, 10/09 (BFHE 227, 564, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2010, 80) gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Auf die erste Frage hat der EuGH mit Urteil vom 1. Dezember 2011 C-79/10 (ZfZ 2012, 20) Folgendes geantwortet:
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"Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom ist dahin auszulegen, dass die in dieser Vorschrift vorgesehene Steuerbefreiung für Kraftstoff, der für die Luftfahrt verwendet wird, einem Unternehmen wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, das zur Anbahnung von Geschäften ein ihm gehörendes Flugzeug nutzt, um Mitarbeiter zu Kunden und Messen zu befördern, nicht zugutekommt, da diese Beförderung nicht unmittelbar der entgeltlichen Erbringung von Luftfahrt-Dienstleistungen durch dieses Unternehmen dient."
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision des HZA ist begründet und führt zur Aufhebung des Urteils des FG und zur Abweisung der Klage. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Befreiung von der Mineralölsteuer bzw. Energiesteuer zu, denn sie betreibt kein Luftfahrtunternehmen, dessen Gegenstand die gewerbsmäßige Beförderung von Personen oder Sachen ist. Auch erbringt sie selbst keine Luftfahrt-Dienstleistungen.
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1. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a MinöStG 1993 i.V.m. § 50 Abs. 1 MinöStV wird eine steuerliche Begünstigung nur für Luftfahrtbetriebsstoffe gewährt, die von Luftfahrtunternehmen für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen oder Sachen oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen eingesetzt werden. Nach § 27 Abs. 2 Nr. 1 EnergieStG darf u.a. Flugbenzin steuerfrei in Luftfahrzeugen für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt verwendet werden. Als private nichtgewerbliche Luftfahrt in diesem Sinne gilt nach § 60 Abs. 4 Nr. 1 und 2 EnergieStV die Nutzung eines Luftfahrzeugs durch seinen Eigentümer oder den durch Anmietung oder aus sonstigen Gründen Nutzungsberechtigten u.a. zu anderen Zwecken als zur gewerbsmäßigen Beförderung von Personen oder Sachen durch Luftfahrtunternehmen und zur Erbringung von Dienstleistungen. Die Klägerin besitzt keine luftverkehrsrechtliche Genehmigungen nach § 20 Abs. 1 i.V.m. § 21 Abs. 1 des Luftverkehrsgesetzes. Sie ist daher kein Luftfahrtunternehmen, das der EuGH hinsichtlich der Beförderung von Personen oder Sachen als begünstigt angesehen hat.
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2. Auch dient das Flugzeug nicht unmittelbar der entgeltlichen Erbringung von Luftfahrt-Dienstleistungen. Nach den mit der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des FG befördert die Klägerin Vorstandsmitglieder zu Tochtergesellschaften, Kunden und Geschäftspartnern. Damit setzt sie das Luftfahrzeug ausschließlich für eigene Zwecke ein. In diesem Fall kommt nach dem Urteil des EuGH eine Entlastung nicht in Betracht.
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3. Ein Anspruch auf die mineralöl- bzw. energiesteuerliche Freistellung von Werkflügen ergibt sich auch nicht aus der unmittelbaren Anwendung von Unionsrecht.
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Nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Satz 1 EnergieStRL sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, unter den Voraussetzungen, die sie zur Sicherstellung der korrekten und einfachen Anwendung der Steuerbegünstigung und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung und -vermeidung oder Missbrauch festlegen, Lieferungen von Energieerzeugnissen zur Verwendung als Kraftstoff für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt von der Steuer zu befreien. Nach der Rechtsprechung des EuGH sind nur Luftfahrtunternehmen oder solche Unternehmen zu begünstigen, die Luftfahrt-Dienstleistungen erbringen. Dies ist jedoch --wie bereits ausgeführt-- bei der Klägerin nicht der Fall, weshalb sich ein unmittelbarer Anspruch auf die begehrte Steuerbefreiung aus der genannten Richtlinienbestimmung nicht ableiten lässt.
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Da das FG zu einer davon abweichenden Rechtsauffassung gelangt ist, war das erstinstanzliche Urteil insoweit aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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