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BFH 05.10.2011 - VI R 91/10
BFH 05.10.2011 - VI R 91/10 - Nutzung eines Büroarbeitsplatzes für Fortbildungsmaßnahmen
Normen
§ 4 Abs 5 S 1 Nr 6b EStG 2002, § 9 Abs 5 EStG 2002, § 9 Abs 1 S 3 Nr 6 EStG 2002
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 22. Juni 2010, Az: 12 K 482/08, Urteil
Leitsatz
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1. Steht einem Arbeitnehmer ein Büroarbeitsplatz auch für betrieblich gewünschte Fortbildungsmaßnahmen (hier Sprachkurs) zur Verfügung, schließt dies die steuerliche Berücksichtigung von Kosten für ein zur Fortbildung genutztes häusliches Arbeitszimmer aus.
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2. Ob ein "anderer Arbeitsplatz" zur Verfügung steht, hängt nicht davon ab, in welchem Umfang der Arbeitnehmer die ihm am Büroarbeitsplatz zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel nutzen darf.
Tatbestand
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I. Streitig ist die Abziehbarkeit von Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer.
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Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war in den Streitjahren 2005 und 2006 bei der B GmbH in S als Elektrotechniker beschäftigt. Er verfügte dort in einem Großraumbüro über einen eigenen Arbeitsplatz.
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In seiner ca. 80 qm großen Wohnung in H nutzte er ein ca. 10 qm großes Zimmer als häusliches Arbeitszimmer. Die hieraus entstandenen Aufwendungen in Höhe von 1.177 € und 1.206 € machte er mit den Einkommensteuer-Erklärungen 2005 und 2006 als Werbungskosten geltend. Zur Begründung führte er an, dass er aus beruflichen Gründen das häusliche Arbeitszimmer zur Verbesserung seiner englischen Sprachkenntnisse benötige. Er habe zu diesem Zweck zu Hause einen interaktiven Computersprachkurs absolviert. Die Installierung der entsprechenden Software auf seinem dienstlichen PC in den Räumen des Arbeitgebers sei nicht zulässig gewesen. Deshalb habe für die berufliche Fortbildung "ein anderer Arbeitsplatz" nicht zur Verfügung gestanden.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte die Kosten nicht an. Das Finanzgericht (FG) wies aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 602 veröffentlichten Gründen die Klage ab.
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Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
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Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Niedersächsischen FG vom 22. Juni 2010 sowie die Einspruchsentscheidung vom 25. November 2008 aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide für 2005 und 2006 dahingehend zu ändern, dass weitere Werbungskosten in Höhe von 1.177 € und 1.206 € berücksichtigt werden, und die Zuziehung von Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
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Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet und gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten zum Abzug zugelassen.
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1. Nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. der Streitjahre (EStG) kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung nicht als Werbungskosten abziehen. Dies gilt nach Satz 2 der letztgenannten Vorschrift u.a. dann nicht, wenn dem Steuerpflichtigen für die berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesen Fällen wird nach Satz 3 Halbsatz 1 der Vorschrift die Höhe der abziehbaren Aufwendungen regelmäßig auf 1.250 € begrenzt.
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a) Ein "anderer Arbeitsplatz" im Sinne der Abzugsbeschränkung ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist. Er steht aber nur dann "für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit ... zur Verfügung", wenn ihn der Steuerpflichtige in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann. Übt der Steuerpflichtige nur eine berufliche Tätigkeit aus, muss geprüft werden, ob der --an sich vorhandene-- andere Arbeitsplatz tatsächlich für alle Aufgabenbereiche der Erwerbstätigkeit zur Verfügung steht. Es genügt jedoch nicht, dass nach Feierabend oder am Wochenende im häuslichen Arbeitszimmer Arbeiten verrichtet werden, die grundsätzlich auch an dem anderen Arbeitsplatz verrichtet werden könnten (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH--; grundlegend BFH-Urteil vom 7. August 2003 VI R 17/01, BFHE 203, 130, BStBl II 2004, 78; s. auch BFH-Urteile vom 7. August 2003 VI R 41/98, BFHE 203, 119, BStBl II 2004, 80; VI R 162/00, BFHE 203, 124, BStBl II 2004, 83; VI R 16/01, BFHE 203, 128, BStBl II 2004, 77; VI R 118/00, BFHE 203, 122, BStBl II 2004, 82; vom 20. November 2003 IV R 30/03, BFHE 204, 176, BStBl II 2004, 775; Senatsbeschlüsse vom 10. Februar 2005 VI B 113/04, BFHE 209, 211, BStBl II 2005, 488; vom 5. März 2008 VI B 95/07, BFH/NV 2008, 956).
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b) Dem danach weiten Verständnis des Begriffs "anderer Arbeitsplatz" liegt der Gedanke zugrunde, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer (nur) dann steuerlich berücksichtigt werden sollen, wenn ein solches für die Erwerbstätigkeit erforderlich ist (Senatsurteile in BFHE 203, 130, BStBl II 2004, 78; vom 13. November 2002 VI R 82/01, BFHE 201, 93, BStBl II 2004, 62; jeweils m.w.N.). Zwar ist die Erforderlichkeit keine allgemeine Voraussetzung für die Qualifikation von Erwerbsaufwendungen, und zwar ausweislich der Angemessenheitsregel des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG auch dann nicht, wenn solche Aufwendungen die Lebensführung des Steuerpflichtigen berühren. Die erkennbar gegebene Erforderlichkeit fungiert in diesem Fall aber als legitimes Hilfsmittel einer typisierenden Abgrenzung von Erwerbs- und Privatsphäre (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Juli 2010 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268; BFH-Urteil in BFHE 204, 176, BStBl II 2004, 775).
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c) Soweit nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die "Kosten der Ausstattung" den Gewinn nicht mindern dürfen, betrifft dies nicht die Kosten für Arbeitsmittel. Die in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG getroffene Regelung hat Vorrang vor der die Kosten der Ausstattung eines häuslichen Arbeitszimmers betreffenden Regelung in § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG (BFH-Urteil vom 21. November 1997 VI R 4/97, BFHE 184, 532, BStBl II 1998, 351; Schmidt/Heinicke, EStG, 30. Aufl., § 4 Rz 591).
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2. Nach diesen Grundsätzen, an denen der Senat festhält, ist die vorinstanzliche Entscheidung zutreffend. Der Arbeitsplatz des Klägers bei seinem Arbeitgeber ist als Büroarbeitsplatz ein "anderer Arbeitsplatz" im Sinne der Abzugsbeschränkung. Dieser stand dem Kläger auch für seine sämtlichen beruflichen Zwecke zur Verfügung. Die Frage, ob ein Steuerpflichtiger seinen anderen Arbeitsplatz in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise nutzen kann, betrifft die Tatsachenfeststellung. Sie muss von den Finanzgerichten anhand der objektiven Umstände des konkreten Einzelfalls beantwortet werden. An die entsprechende Tatsachenwürdigung ist das Revisionsgericht grundsätzlich gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO).
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Nach den insoweit bindenden Feststellungen des FG stand dem Kläger der Büroarbeitsplatz für berufliche Fortbildungsmaßnahmen und damit auch für die "berufsbedingte Fortbildung in der englischen Sprache" grundsätzlich zur Verfügung. Zwar konnte der Kläger nach seinem Vorbringen am Arbeitsplatz nicht die von ihm für nützlich erachtete konkrete Bildungsmaßnahme, nämlich den interaktiven Computersprachkurs, durchführen. Soweit das FG jedoch diesen Umstand als persönlichen Beweggrund und als nicht erforderlich gewertet hat, sieht sich der Senat auch an diese Würdigung gebunden.
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Im Übrigen kommt es bei der Frage, ob ein "anderer Arbeitsplatz" im Betrieb des Arbeitgebers zur Verfügung steht, nicht darauf an, in welchem Umfang der Arbeitnehmer dort die ihm zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel, wie beispielsweise einen Computer, nutzen darf. Wie oben dargestellt, ist zwischen Arbeitsplatz (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG) und Arbeitsmittel (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG) zu unterscheiden.
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3. Für die vom Kläger behauptete Verletzung rechtlichen Gehörs i.S. von Art. 103 des Grundgesetzes i.V.m. § 119 Nr. 3 FGO gibt es keine Anhaltspunkte.
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4. Der Antrag, die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, ist als unzulässig zu verwerfen, weil dieser Antrag im Revisionsverfahren nicht statthaft ist. Die Entscheidung nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO gehört sachlich zum Kostenfestsetzungsverfahren. Zuständig ist daher das FG als Gericht des ersten Rechtszuges (vgl. BFH-Urteil vom 14. Mai 2009 IV R 47/07, BFHE 225, 116, BStBl II 2009, 900, m.w.N.).
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