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BFH 18.04.2011 - VIII B 140/10
BFH 18.04.2011 - VIII B 140/10 - Terminkollision - Pflicht zur Verlegung eines Verhandlungstermins
Normen
§ 227 Abs 1 ZPO, § 96 Abs 2 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 155 FGO, Art 103 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 4. August 2010, Az: 2 K 70/10, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Ein erheblicher Grund für die Verlegung eines Termins kann vorliegen, wenn der Kläger einen Verhandlungstermin bei einem anderen Gericht wahrzunehmen hat.
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2. NV: Unter besonderen Umständen kann das Finanzgericht verpflichtet sein, seinen Termin tageszeitlich zu verlegen, auch wenn es seinen Termin früher anberaumt hatte.
Gründe
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Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung des Rechtsstreits (§ 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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1. Der von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) mit der Beschwerde geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) der Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 2 FGO i.V.m. Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) liegt vor. Das Finanzgericht (FG) hat zu Unrecht den Antrag der Klägerin auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung abgelehnt und das rechtliche Gehör der Klägerin verletzt, indem es in ihrer Abwesenheit mündlich verhandelt hat.
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a) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt werden, § 227 Abs. 1 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 155 FGO. Ein erheblicher Grund kann insbesondere vorliegen, wenn der Prozessbevollmächtigte des Klägers einen anderen, insbesondere einen früher anberaumten Gerichtstermin wahrzunehmen hat (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 12. Januar 2004 VII B 122/03, BFH/NV 2004, 654; dasselbe gilt, soweit der Beteiligte --z.B. als Rechtsanwalt-- selbst einen anderen Termin wahrzunehmen hat, vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 91 Rz 4, m.w.N.).
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Entgegen der Ansicht des FG lag im Streitfall ein erheblicher Grund im Sinne einer Terminkollision vor. Die Klägerin war als beigeordnete Rechtsanwältin verpflichtet, am Terminstag um 9:10 Uhr in einer Familiensache bei dem Amtsgericht (AG) X zu erscheinen. Sie hat dies unter Vorlage der Ladung glaubhaft gemacht. Das FG hat darüber hinaus von Amts wegen bei dem AG X Erkundigungen eingezogen, wobei offenbar die Angaben der Klägerin bestätigt worden sind. Unter Berücksichtigung der gerichtsbekannten Unwägbarkeiten hinsichtlich des pünktlichen Beginns und des zeitlichen Ablaufs von Gerichtsterminen im Allgemeinen sowie einer zwischen den Beteiligten unstreitigen Fahrzeit von etwa einer Stunde zwischen dem AG X und dem FG in Hannover war es ihr daher nicht zumutbar, den auf 10:45 Uhr anberaumten Termin bei dem FG wahrzunehmen.
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b) Die Terminkollision war auch nicht deshalb unerheblich, weil das FG den Termin zur mündlichen Verhandlung früher anberaumt hatte. Zwar entspricht es einhelliger Meinung, dass grundsätzlich der früher anberaumte Termin den Vorrang genießt. Die Klägerin hat hingegen unter Angabe von Tatsachen vorgetragen, dass eine weitere Verlegung des bereits einmal verlegten Termins beim AG X im Interesse ihrer Mandantschaft nicht in Betracht gekommen wäre. Im Streitfall ist vor allem zu berücksichtigen, dass das FG der Klägerin mehrfach zur Vermeidung der Terminkollision eine Verlegung des Termins auf eine spätere Tageszeit angeboten und dies auch noch einmal im Urteil betont hat. Daraus ist ersichtlich, dass einer tageszeitlichen Verlegung des Termins bei dem FG aus dienstlicher Sicht Hinderungsgründe nicht entgegenstanden. Eine tageszeitliche Verlegung des Termins hätte auch die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögert. Es bestanden überdies keine Anhaltspunkte, dass der Termin vor dem FG der wichtigere war, dem die Klägerin aus diesem Grund den Vorzug hätte geben müssen. Da die Klägerin als Einzelanwältin tätig ist, konnte sie auch nicht auf die Bestellung eines Vertreters für den Termin vor dem AG oder vor dem FG verwiesen werden. Das FG hätte vielmehr unter Berücksichtigung der besonderen Bedeutung der mündlichen Verhandlung vor der einzigen Tatsacheninstanz im finanzgerichtlichen Verfahren (vgl. Gräber/Koch, a.a.O., § 91 Rz 3, m.w.N.) sowie der verfassungsrechtlichen Garantie des rechtlichen Gehörs dem Antrag der Klägerin stattgeben und den Termin zur mündlichen Verhandlung auf eine spätere Tageszeit verlegen müssen, um die Terminkollision zu beseitigen. Das in Aussichtstellen einer einvernehmlichen Terminsverlegung genügte insoweit nicht.
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2. Da die Beschwerde aus den dargelegten Gründen Erfolg hat, ist auf die weiteren von der Klägerin gerügten Verfahrensmängel nicht mehr einzugehen.
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