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EuGH 09.03.2023 - C-571/21
EuGH 09.03.2023 - C-571/21 - URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer) - 9. März 2023 ( *1) - „Vorlage zur Vorabentscheidung – Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom – Richtlinie 2003/96/EG – Art. 14 Abs. 1 Buchst. a – Art. 21 Abs. 3 Sätze 2 und 3 – Elektrischer Strom, der bei der Stromerzeugung und zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, verwendet wird – Steuerbefreiung – Umfang – Tagebaue – Elektrischer Strom, der zum Betrieb von Brennstoffbunkern und Transportmitteln verwendet wird“
Leitsatz
In der Rechtssache C-571/21
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Finanzgericht Düsseldorf (Deutschland) mit Entscheidung vom 6. September 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 16. September 2021, in dem Verfahren
RWE Power Aktiengesellschaft
gegen
Hauptzollamt Duisburg
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter D. Gratsias, M. Ilešič, I. Jarukaitis und Z. Csehi (Berichterstatter),
Generalanwalt: A. Rantos,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
der RWE Power Aktiengesellschaft, vertreten durch Rechtsanwälte L. Freiherr von Rummel und R. Stein,
des Hauptzollamts Duisburg, vertreten durch S. Imhof als Bevollmächtigte,
der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Armenia und R. Pethke als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 13. Oktober 2022
folgendes
Entscheidungsgründe
Urteil
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 14 Abs. 1 Buchst. a und Art. 21 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl. 2003, L 283, S. 51).
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der RWE Power Aktiengesellschaft (im Folgenden: RWE Power) und dem Hauptzollamt Duisburg (Deutschland) wegen dessen Weigerung, den elektrischen Strom, den RWE Power in den Jahren 2003 und 2004 in ihren Tagebauen und Kraftwerken im Rahmen ihrer Tätigkeit der Erzeugung von elektrischem Strom verwendet hat, von der Steuer zu befreien.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Die Erwägungsgründe 2 bis 5 und 24 der Richtlinie 2003/96 lauten:
Das Fehlen von Gemeinschaftsbestimmungen über eine Mindestbesteuerung für elektrischen Strom und Energieerzeugnisse mit Ausnahme der Mineralöle kann dem reibungslosen Funktionieren des Binnenmarktes abträglich sein.
Das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes und die Erreichung der Ziele der anderen Gemeinschaftspolitiken erfordern die Festsetzung von gemeinschaftlichen Mindeststeuerbeträgen für die meisten Energieerzeugnisse einschließlich elektrischen Stroms, Erdgas und Kohle.
Erhebliche Abweichungen zwischen den von den einzelnen Mitgliedstaaten vorgeschriebenen nationalen Energiesteuerbeträgen könnten sich als abträglich für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes erweisen.
Durch die Festsetzung angemessener gemeinschaftlicher Mindeststeuerbeträge lassen sich die derzeit bestehenden Unterschiede bei den nationalen Steuersätzen möglicherweise verringern.
…
Den Mitgliedstaaten sollte die Möglichkeit eingeräumt werden, bestimmte weitere Steuerbefreiungen oder -ermäßigungen anzuwenden, sofern dies nicht das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes beeinträchtigt oder zu Wettbewerbsverzerrungen führt.“
Art. 1 der Richtlinie bestimmt:
„Die Mitgliedstaaten erheben nach Maßgabe dieser Richtlinie Steuern auf Energieerzeugnisse und elektrischen Strom.“
Nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie gelten als Energieerzeugnisse im Sinne dieser Richtlinie u. a. die Erzeugnisse des KN-Codes 2702, der „Braunkohle, auch agglomeriert, ausgenommen Gagat (Jett)“ betrifft.
In Art. 14 der Richtlinie heißt es:
„(1) Über die allgemeinen Vorschriften für die steuerbefreite Verwendung steuerpflichtiger Erzeugnisse gemäß der Richtlinie 92/12/EWG [des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (ABl. 1992, L 76, S. 1) in der durch die Richtlinie 2000/47/EG des Rates vom 20. Juli 2000 (ABl. 2000, L 193, S. 73) geänderten Fassung] hinaus und unbeschadet anderer Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Voraussetzungen, die sie zur Sicherstellung der korrekten und einfachen Anwendung solcher Befreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung und -vermeidung oder Missbrauch festlegen, die nachstehenden Erzeugnisse von der Steuer:
bei der Stromerzeugung verwendete Energieerzeugnisse bzw. verwendeter elektrischer Strom sowie elektrischer Strom, der zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, verwendet wird. Es steht den Mitgliedstaaten allerdings frei, diese Erzeugnisse aus umweltpolitischen Gründen zu besteuern, ohne die in der Richtlinie vorgesehenen Mindeststeuerbeträge einhalten zu müssen. In diesem Fall wird die Besteuerung dieser Erzeugnisse in Bezug auf die Einhaltung der Mindeststeuerbeträge für elektrischen Strom im Sinne von Artikel 10 nicht berücksichtigt;
…
Lieferungen von Energieerzeugnissen zur Verwendung als Kraftstoff für die Schifffahrt in Meeresgewässern der Gemeinschaft (einschließlich des Fischfangs), mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Schifffahrt, und an Bord von Schiffen erzeugter elektrischer Strom.
…
(2) Die Mitgliedstaaten können diese in Absatz 1 Buchstaben b) und c) vorgesehenen Steuerbefreiungen auf internationale oder innergemeinschaftliche Transporte beschränken. In den Fällen, wo ein Mitgliedstaat ein bilaterales Abkommen mit einem anderen Mitgliedstaat geschlossen hat, kann von den in Absatz 1 Buchstaben b) und c) vorgesehenen Befreiungen abgesehen werden. In diesen Fällen können die Mitgliedstaaten einen Steuerbetrag vorschreiben, der die in dieser Richtlinie festgesetzten Mindestbeträge unterschreitet.“
Art. 21 Abs. 3 der Richtlinie bestimmt:
„Der Verbrauch von Energieerzeugnissen innerhalb des Betriebsgeländes eines Betriebes, der Energieerzeugnisse herstellt, gilt nicht als einen Steueranspruch begründender Steuerentstehungstatbestand, sofern es sich bei dem Verbrauch um Energieerzeugnisse handelt, die innerhalb des Betriebsgeländes dieses Betriebes hergestellt worden sind. Die Mitgliedstaaten können auch den Verbrauch von elektrischem Strom und von anderen Energieerzeugnissen, die nicht innerhalb des Betriebsgeländes eines solchen Betriebes hergestellt worden sind, sowie den Verbrauch von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom innerhalb des Betriebsgeländes eines Betriebes, der Kraftstoffe für die Erzeugung von elektrischem Strom herstellt, als nicht einen Steueranspruch begründenden Steuerentstehungstatbestand ansehen. Erfolgt der Verbrauch jedoch zu Zwecken, die nicht mit der Herstellung von Energieerzeugnissen im Zusammenhang stehen, und zwar insbesondere zum Antrieb von Fahrzeugen, so gilt dies als einen Steueranspruch begründender Steuerentstehungstatbestand.“
Art. 21 Abs. 5 Unterabs. 3 der Richtlinie lautet:
„Eine Einheit, die elektrischen Strom zur eigenen Verwendung erzeugt, gilt als Verteiler. Unbeschadet des Artikels 14 Absatz 1 Buchstabe a) können die Mitgliedstaaten kleine Stromerzeuger von der Steuer befreien, sofern sie die zur Erzeugung dieses Stroms verwendeten Energieerzeugnisse besteuern.“
Deutsches Recht
In Deutschland ist die Stromsteuer insbesondere im Stromsteuergesetz vom 24. März 1999 (BGBl. 1999 I S. 378 und BGBl. 2000 I S. 147) in der Fassung des Gesetzes vom 23. Dezember 2002 (BGBl. 2002 I S. 4602) und des Gesetzes vom 29. Dezember 2003 (BGBl. 2003 I S. 3076), die für die Steuerjahre 2003 und 2004 gelten (im Folgenden: StromStG), geregelt.
§ 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG bestimmt, dass Strom, der zur Stromerzeugung entnommen wird, von der Stromsteuer befreit ist.
Mit § 11 StromStG wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, durch Rechtsverordnung Bestimmungen u. a. zur Durchführung der Steuerbegünstigungen gemäß § 9 StromStG zu erlassen.
Die entsprechende Rechtsverordnung dieses Ministeriums, die Verordnung zur Durchführung des Stromsteuergesetzes vom 31. Mai 2000 (BGBl. 2000 I S. 794), bestimmt in § 12 Abs. 1 Nr. 1, dass mit dem Ausdruck „Strom, der zur Stromerzeugung entnommen wird“, im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG der Strom erfasst wird, der in den Neben- und Hilfsanlagen einer Stromerzeugungseinheit insbesondere zur Wasseraufbereitung, Dampferzeugerwasserspeisung, Frischluftversorgung, Brennstoffversorgung oder Rauchgasreinigung zur Erzeugung von Strom im technischen Sinne verbraucht wird.
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
RWE Power unterhielt im Rheinischen Braunkohlerevier drei voneinander räumlich getrennte Tagebaue, in denen sie Braunkohle im überwiegenden Umfang zur Verstromung in ihren Kraftwerken und zu rund 10 % zur Produktion von Braunkohlebriketts und -staub in ihren Fabriken gewann.
2004 entnahm RWE Power insgesamt 2847925,939 Megawattstunden (MWh) Tagebaustrom, den sie im Wesentlichen erstens in Wasserpumpen zur Senkung des Grundwasserspiegels, zweitens in Großgeräten wie Schaufelradbaggern, die Braunkohle und Abraum abgruben, und Absetzern, die den Tagebau in einem anderen Teil des Tagebaus wieder mit Abraum verfüllten, drittens zur Beleuchtung des Tagebaus und viertens zum Transport der Braunkohle mit elektrisch angetriebenen Güterzügen auf eigenen Strecken und in elektrisch betriebenen Bandanlagen, die sowohl Braunkohle als auch Abraum beförderten, einsetzte.
Der Betrieb der Kraftwerke von RWE Power war auf eine ununterbrochene Stromerzeugung ausgelegt. Zu deren Sicherung unterhielt RWE Power Braunkohlebunker, aus denen die Kohle nach und nach den Kesseln in den Kraftwerken zugeführt wurde. Die Braunkohle wurde im jeweiligen Tagebau gelagert. Sodann wurde sie von diesen Tagebauen über eine Bandanlage oder über die betriebseigene elektrische Eisenbahn zu den Kraftwerksbunkern gebracht. Von dort verluden elektrisch betriebene Bekohlungsbagger die Braunkohle auf ein Bunkerband, das die Braunkohle in Kohlezerkleinerungsanlagen transportierte. Die zerkleinerte Kohle wurde schließlich in die Kesselbunker eingelagert.
Im Rahmen einer vom Hauptzollamt Duisburg angeordneten Steuerprüfung wurde in einem Bericht vom 20. Mai 2009 festgestellt, dass die Aufbereitung der Braunkohle als „Herstellung eines Brennstoffs“ einzustufen sei und daher der Stromsteuer unterliege. Steuerpflichtig seien auch sämtliche der Förderung und dem Transport der Braunkohle dienenden Stromentnahmen, so dass auch der für die Verwendung von Bekohlungsbaggern, Bekohlungsbändern und Kohlemühlen verbrauchte elektrische Strom der Stromsteuer unterliege.
Nachdem der von RWE Power gegen den nach dieser Steuerprüfung vom Hauptzollamt Duisburg erlassenen Steuerbescheid vom 8. Oktober 2009 eingelegte Einspruch zurückgewiesen worden war, erhob RWE Power Klage bei dem vorlegenden Gericht, dem Finanzgericht Düsseldorf (Deutschland).
Vor diesem Gericht wiederholte RWE Power ihre Auffassung, dass nach der Richtlinie 2003/96 die Steuerbefreiung für den gesamten elektrischen Strom gelten müsse, der für den Stromerzeugungsvorgang notwendig sei. Die Befreiung von der Stromsteuer müsse grundsätzlich für alle Neben- und Hilfseinrichtungen gelten, ohne die eine Stromerzeugungsanlage nicht betrieben werden könne. Die Braunkohle sei als Brennstoff anzusehen, so dass auch der elektrische Strom, der für ihre Förderung und ihren Transport im Tagebau entnommen werde, von der Stromsteuer befreit sei.
Das vorlegende Gericht hegt Zweifel hinsichtlich des genauen Umfangs der in Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2003/96 vorgesehenen Befreiung.
Unter diesen Umständen hat das Finanzgericht Düsseldorf beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Kann Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der Richtlinie 2003/96, soweit er bestimmt, dass Strom, der bei der Stromerzeugung verwendet wird, von der Steuer befreit wird, unter Berücksichtigung des Art. 21 Abs. 3 Satz 2 derselben Richtlinie dahin ausgelegt werden, dass diese Befreiung auch Vorgänge umfasst, bei der Energieerzeugnisse im Tagebau gewonnen werden, in den Kraftwerken für den Einsatz in Kraftwerken geeigneter gemacht werden, wie Brechen, Abscheiden von Fremdteilen und ein Zerkleinern bis zu der im Kessel betriebsbedingt erforderlichen Größe?
Kann Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der Richtlinie 2003/96, soweit er bestimmt, dass Strom, der zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, verwendet wird, von der Steuer befreit wird, unter Berücksichtigung des Art. 21 Abs. 3 Satz 3 der Richtlinie 2003/96 dahin gehend ausgelegt werden, dass damit auch die Verwendung von Strom zum Betrieb von Bunkeranlagen und Transportmitteln, die für den dauerhaften Betrieb der Kraftwerke erforderlich sind, von der Steuer zu befreien ist?
Zu den Vorlagefragen
Zur ersten Frage
Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 in Verbindung mit Art. 21 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 2003/96 dahin auszulegen ist, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Steuerbefreiung für „elektrischen Strom, der zur Stromerzeugung verwendet wird“, den elektrischen Strom umfasst, der bei der Förderung eines Energieerzeugnisses wie Braunkohle im Tagebau und der anschließenden Umwandlung und Aufbereitung dieses Energieerzeugnisses in Kraftwerken zum Zwecke der Stromerzeugung verwendet wird.
Aus Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der Richtlinie 2003/96 ergibt sich, dass die Mitgliedstaaten unter den Voraussetzungen, die sie zur Sicherstellung der korrekten und einfachen Anwendung solcher Befreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung und -vermeidung oder Missbrauch festlegen, bei der Stromerzeugung verwendete Energieerzeugnisse bzw. verwendeten elektrischen Strom sowie elektrischen Strom, der zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, verwendet wird, von der Besteuerung befreien.
Nach Art. 21 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2003/96 gilt der Verbrauch von Energieerzeugnissen innerhalb des Betriebsgeländes eines Betriebs, der Energieerzeugnisse herstellt, nicht als ein den Anspruch auf die Steuer auf Energieerzeugnisse begründender Steuerentstehungstatbestand, sofern es sich bei dem Verbrauch um Energieerzeugnisse handelt, die innerhalb des Betriebsgeländes dieses Betriebs hergestellt worden sind. Nach Art. 21 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 2003/96 können die Mitgliedstaaten auch den Verbrauch von elektrischem Strom und von anderen Energieerzeugnissen, die nicht innerhalb des Betriebsgeländes eines solchen Betriebs hergestellt worden sind, sowie den Verbrauch von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom innerhalb des Betriebsgeländes eines Betriebs, der Kraftstoffe für die Erzeugung von elektrischem Strom herstellt, als nicht einen Steueranspruch begründenden Steuerentstehungstatbestand ansehen.
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 2003/96, wie sich aus ihren Erwägungsgründen 3 bis 5 und ihrem Art. 1 ergibt, die Festlegung eines harmonisierten Besteuerungssystems für Energieerzeugnisse und elektrischen Strom zum Gegenstand hat, in dessen Rahmen die Besteuerung nach den in dieser Richtlinie festgelegten Modalitäten die Regel ist (Urteil vom 3. Dezember 2020, Repsol Petróleo, C-44/19, EU:C:2020:982, Rn. 21).
Nach ständiger Rechtsprechung sind darüber hinaus die in der Richtlinie 2003/96 vorgesehenen Bestimmungen über die Befreiungen unter Berücksichtigung ihres Wortlauts sowie der Systematik dieser Richtlinie und der mit ihr verfolgten Ziele autonom auszulegen (Urteil vom 7. März 2018, Cristal Union, C-31/17, EU:C:2018:168, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Was erstens den Wortlaut von Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der Richtlinie 2003/96 betrifft, geht aus der in dieser Bestimmung enthaltenen Wendung „bei der Stromerzeugung verwendete Energieerzeugnisse bzw. verwendeter elektrischer Strom“ hervor, dass sich die Verwendung elektrischen Stroms durch zwei Aspekte auszeichnet.
Zum einen muss die Verwendung von elektrischem Strom im Rahmen der Stromerzeugung erfolgen, indem sie unmittelbar zum technologischen Prozess der Stromerzeugung beiträgt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Dezember 2020, Repsol Petróleo, C-44/19, EU:C:2020:982, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung). Daraus folgt, wie der Generalanwalt in den Nrn. 53 bis 55 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, dass die Verwendung von elektrischem Strom für die Umwandlung und Aufbereitung eines Energieerzeugnisses wie Braunkohle, wie das Brechen, das Abscheiden von Fremdteilen, das Zerkleinern und das Trocknen, unter die in Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der Richtlinie 2003/96 vorgesehene Befreiung fallen kann, wenn diese Vorgänge für den Prozess der Stromerzeugung unentbehrlich sind und hierzu unmittelbar beitragen. Demgegenüber umfasst die Steuerbefreiung nach dieser Bestimmung, wie der Generalanwalt in Nr. 39 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, nicht die Verwendung elektrischen Stroms, die lediglich im Zusammenhang mit dem Prozess der Stromerzeugung vorkommt, wie dies etwa bei dem elektrischen Strom, der in den Verwaltungsgebäuden eines Kraftwerks verbraucht wird, der Fall ist.
Zum anderen setzt die Steuerbefreiung voraus, dass der elektrische Strom zur Erzeugung von elektrischem Strom und nicht zur Herstellung eines Energieerzeugnisses wie Braunkohle verwendet wird. Daraus folgt, dass, wie der Generalanwalt in den Nrn. 50 und 51 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, dieser Verbrauch, soweit der elektrische Strom im Rahmen der Vorgänge im Zusammenhang mit der Produktion von Braunkohle, insbesondere ihrer Förderung und ihres Transports zum Zweck der Lagerung, verwendet wird, nicht unter die Befreiung nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der Richtlinie 2003/96 fällt.
Insoweit ist es unerheblich, dass ein Rohstoff wie Braunkohle im Tagebau gewonnen wird, um anschließend in einem integrierten Prozess der Stromerzeugung verwendet zu werden, der an derselben Produktionsstätte oder zumindest in der Nähe des Ortes der Förderung stattfindet, so dass die Förderung der Braunkohle und ihr Transport Zwischenschritte wären, die zwangsläufig mit dieser besonderen Methode der Stromerzeugung verbunden sind. Denn allein der Umstand, dass der verwendete elektrische Strom nur über ein Energieerzeugnis, das grundsätzlich selbst Gegenstand der in der Richtlinie 2003/96 vorgesehenen Besteuerung ist, zur Erzeugung von elektrischem Strom führt, zeigt, dass dieser Strom entgegen dem sich aus Rn. 27 des vorliegenden Urteils ergebenden Erfordernis nicht „unmittelbar“ zum technologischen Prozess der Stromerzeugung beiträgt.
Zweitens ist hinsichtlich der Systematik der Richtlinie 2003/96 darauf hinzuweisen, dass diese keine allgemeinen Steuerbefreiungen einführen will. Da zudem Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2003/96 die für die Mitgliedstaaten im Rahmen der Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom geltenden zwingenden Ausnahmen abschließend aufzählt, darf er nicht weit ausgelegt werden, weil sonst der durch diese Richtlinie eingeführten harmonisierten Besteuerung jede praktische Wirksamkeit genommen würde (Urteile vom 7. März 2018, Cristal Union, C-31/17, EU:C:2018:168, Rn. 24 und 25, sowie vom 7. November 2019, Petrotel-Lukoil, C-68/18, EU:C:2019:933, Rn. 40).
Es ist daher zwar denkbar, dass mancher Stromverbrauch, unabhängig von der Stufe der Stromerzeugung, auf der er stattfindet, in einem Zusammenhang mit dem letztlich erzeugten Strom steht, um aber die praktische Wirksamkeit des Ausnahmecharakters der Steuerbefreiung zu wahren, ist davon auszugehen, dass nur eine Verwendung, die unmittelbar zum technologischen Prozess der Stromerzeugung beiträgt, unter die Steuerbefreiung nach dieser Bestimmung fällt, wobei insbesondere jede Stromerzeugung ausgeschlossen ist, die in einem früheren Stadium zur Herstellung eines Energiezwischenerzeugnisses erfolgt, das seinerseits in einem zweiten Schritt zur Erzeugung von Strom verwendet wird.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof im Hinblick auf die in Art. 14 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/96 vorgesehene Steuerbefreiung, wonach Lieferungen von Energieerzeugnissen zur Verwendung als Kraftstoff für die Schifffahrt in Meeresgewässern der Gemeinschaft (einschließlich des Fischfangs), mit Ausnahme der privaten nicht gewerblichen Schifffahrt, und an Bord von Schiffen erzeugter elektrischer Strom von der Steuer befreit sind, entschieden hat, dass die Anwendung dieser Befreiung voraussetzt, dass die Schifffahrttätigkeiten unmittelbar, und nicht in irgendeiner Weise, der entgeltlichen Erbringung einer Dienstleistung dienen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juli 2017, Vakarų Baltijos laivų statykla, C-151/16, EU:C:2017:537, Rn. 29 und 30).
Diese Auslegung wird durch Art. 21 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 2003/96 gestützt, wonach die Mitgliedstaaten u. a. den Verbrauch von elektrischem Strom, der nicht innerhalb des Betriebsgeländes eines Betriebs, der Energieerzeugnisse herstellt, hergestellt worden ist, sowie den Verbrauch von elektrischem Strom innerhalb des Betriebsgeländes eines Betriebs, der Kraftstoffe für die Erzeugung von elektrischem Strom herstellt, ausnahmsweise als nicht einen Steueranspruch begründenden Steuerentstehungstatbestand ansehen können.
Wie der Generalanwalt in Nr. 59 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, würde dieser fakultativen Steuerbefreiung nämlich ihre praktische Wirksamkeit genommen, wenn der elektrische Strom, der bei der Herstellung eines Energieerzeugnisses verwendet wird, das seinerseits zur Stromerzeugung verwendet wird, bereits allein aufgrund der Nähe der beiden Produktionsstätten unter die in Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 dieser Richtlinie vorgesehene obligatorische Steuerbefreiung fiele. Im vorliegenden Fall hat die Bundesrepublik Deutschland jedoch nach den Angaben in der Vorlageentscheidung von der in Art. 21 Abs. 3 Satz 2 vorgesehenen Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht.
Drittens ist hinsichtlich der Ziele der Richtlinie 2003/96 zunächst darauf hinzuweisen, dass diese Richtlinie, indem sie ein harmonisiertes System der Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom vorsieht, ausweislich ihrer Erwägungsgründe 2 bis 5 und 24 das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts im Energiesektor insbesondere durch Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen fördern soll (Urteil vom 7. März 2018, Cristal Union, C-31/17, EU:C:2018:168, Rn. 29).
Zu diesem Zweck hat sich der Unionsgesetzgeber in Bezug auf die Stromerzeugung, wie insbesondere aus S. 5 der Begründung des Vorschlags für eine Richtlinie des Rates zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen (ABl. 1997, C 139, S. 14) hervorgeht, dazu entschieden, den Mitgliedstaaten in Art. 1 der Richtlinie 2003/96 die Besteuerung des erzeugten Stroms vorzuschreiben, wobei die für die Erzeugung dieses Stroms verwendeten Energieerzeugnisse dementsprechend von der Besteuerung auszunehmen sind, was darauf abzielt, die Doppelbesteuerung von elektrischem Strom zu vermeiden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. März 2018, Cristal Union, C-31/17, EU:C:2018:168, Rn. 30).
Würde aber elektrischer Strom, der in einer Anlage wie der des Ausgangsverfahrens zur Stromerzeugung verwendet wird, nicht nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der Richtlinie 2003/96 von der Besteuerung befreit, ergäbe sich daraus gerade die Gefahr der Doppelbesteuerung, da der so erzeugte Strom gemäß Art. 1 dieser Richtlinie ebenfalls besteuert würde.
Die Richtlinie 2003/96 schließt zwar nicht jegliche Gefahr der Doppelbesteuerung aus, da es einem Mitgliedstaat gemäß ihrem Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 freisteht, bei der Stromerzeugung verwendete Energieerzeugnisse aus umweltpolitischen Gründen zu besteuern (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Juni 2015, Kernkraftwerke Lippe-Ems, C-5/14, EU:C:2015:354, Rn. 51).
Wie die Beklagte des Ausgangsverfahrens und die Europäische Kommission zu Recht geltend gemacht haben, würden jedoch, wenn der für die Förderung und den Transport von Braunkohle verwendete Strom mit Ausnahme der in Art. 21 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 2003/96 genannten Fälle nicht der Besteuerung unterläge, Unternehmen, die wie RWE Power Kraftwerke betreiben und Braunkohle zur Stromerzeugung abbauen, einerseits und Unternehmen, die Braunkohle zur Stromerzeugung von Dritten erwerben, andererseits aufgrund der unterschiedlichen steuerlichen Belastung ungleich behandelt, was zu einer Wettbewerbsverzerrung führen würde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Juni 2018, Turbogás, C-90/17, EU:C:2018:498, Rn. 42).
RWE Power macht zwar geltend, dass ein Braunkohlekraftwerk mangels eines nationalen und internationalen Liefermarkts für Braunkohle nur betrieben werden könne, wenn es sich in der Nähe eines Tagebaus befinde. Da die Lieferung von Braunkohle aus größeren Entfernungen nicht durchgeführt werde, erfordere nämlich jeder wirtschaftlich effiziente Betrieb ein Betriebsmodell, das auf einem Konzept eines einheitlichen Prozesses beruhe, das sowohl die Förderung und den Transport der Braunkohle als Rohstoff für die Feuerung der Kessel als auch die daraus resultierende Stromerzeugung umfasse.
Diese Erwägungen, selbst wenn sie erwiesen wären, stellen jedoch die Beurteilung in Rn. 39 des vorliegenden Urteils nicht in Frage, da die Steuerbefreiung von Strom, der zur Braunkohleförderung verwendet wird, durch die Begünstigung integrierter Unternehmen wie RWE Power in jedem Fall zu einer Wettbewerbsverzerrung auf dem Strommarkt führen würde.
Daher ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 in Verbindung mit Art. 21 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 2003/96 dahin auszulegen ist, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Steuerbefreiung für „elektrischen Strom, der zur Stromerzeugung verwendet wird“, nicht den elektrischen Strom umfasst, der bei der Förderung eines Energieerzeugnisses wie Braunkohle im Tagebau verwendet wird, wenn dieser elektrische Strom nicht im Rahmen des technologischen Prozesses der Stromerzeugung, sondern zur Herstellung eines Energieerzeugnisses verwendet wird. Demgegenüber kann sich diese Steuerbefreiung auf die anschließende Umwandlung und Aufbereitung dieses Energieerzeugnisses in Kraftwerken zum Zwecke der Stromerzeugung erstrecken, wenn diese Vorgänge für den technologischen Prozess der Stromerzeugung unentbehrlich sind und hierzu unmittelbar beitragen.
Zur zweiten Frage
Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 in Verbindung mit Art. 21 Abs. 3 Satz 3 der Richtlinie 2003/96 dahin auszulegen ist, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Befreiung von der Steuer auf „elektrischen Strom, der zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, verwendet wird“, den elektrischen Strom umfasst, der für den Betrieb von Anlagen zur Lagerung eines Energieerzeugnisses wie Braunkohle und von Transportmitteln bestimmt ist, mit denen dieses Erzeugnis aus den Tagebauen zu den Kraftwerken transportiert werden kann.
Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Steuerbefreiung für elektrischen Strom, der zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, verwendet wird, in Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der Richtlinie 2003/96 in gleicher Weise aufgeführt wird wie die Steuerbefreiung für bei der Stromerzeugung verwendete Energieerzeugnisse bzw. verwendeten elektrischen Strom.
Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass diese Bestimmung zwei Fallgestaltungen vorsieht, deren jeweilige Anwendungsbereiche nicht verwechselt werden dürfen, da sonst der einen oder der anderen dieser Fallgestaltungen ihre praktische Wirksamkeit genommen würde.
Zudem wird diese Auslegung, wie der Generalanwalt in Nr. 67 seiner Schlussanträge erläutert hat, durch die Entstehungsgeschichte der Richtlinie 2003/96 bestätigt. In ihrem ursprünglichen Vorschlag hatte die Kommission nur eine Steuerbefreiung vorgesehen, die im Wesentlichen der ersten Alternative entspricht (vgl. Art. 13 Abs. 1 Buchst. b des Vorschlags der Kommission [ABl. 1997, C 139, S. 14]). Die zweite Alternative wurde vom Rat der Europäischen Union erst in einer späteren Phase des Gesetzgebungsverfahrens hinzugefügt. Daraus ist zu schließen, dass der Unionsgesetzgeber mit dieser Ergänzung einen zusätzlichen Steuerbefreiungstatbestand schaffen wollte, der einen anderen Sachverhalt erfasst als den, der durch die erste Alternative abgedeckt wird.
Daraus folgt, dass die in der zweiten Alternative vorgesehene Steuerbefreiung nicht auf Tätigkeiten im Bereich der Stromerzeugung abzielt, sondern auf die Verwendung von elektrischem Strom, die dieser Erzeugung vor- oder nachgelagert ist, wenn diese Verwendung zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, dient.
Entsprechend den Ausführungen zur ersten Alternative in den Rn. 26 bis 42 des vorliegenden Urteils ist in Bezug auf die Steuerbefreiung für elektrischen Strom, der zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, verwendet wird, festzustellen, dass diese Steuerbefreiung ebenfalls restriktiv auszulegen ist, ihre Anwendung also voraussetzt, dass der elektrische Strom verwendet wird, um die Fähigkeit des technologischen Prozesses der Stromerzeugung unmittelbar aufrechtzuerhalten.
Wie sich aus dem Vorlagebeschluss ergibt, war der Betrieb der Kraftwerke von RWE Power im vorliegenden Fall auf eine ununterbrochene Stromerzeugung ausgelegt. Zur Sicherung dieser ununterbrochenen Stromerzeugung unterhielt RWE Power Bunker in drei unterschiedlichen Größen und mit drei unterschiedlichen Funktionen, aus denen die Braunkohle nach und nach den Kesseln in den Kraftwerken zugeführt wurde. Die Braunkohle wurde zunächst im jeweiligen Tagebau in einem Bunker mit einem Fassungsvermögen für einen Betrieb von bis zu sechs Tagen gelagert und dann zu den Bunkern der Kraftwerke gebracht, die ein Fassungsvermögen für einen Betrieb von ein bis zwei Tagen boten.
Auf der Grundlage dieser Sachverhaltsbeschreibung zeigt sich vorbehaltlich der Prüfung durch das vorlegende Gericht, dass nur die im Kraftwerk stattfindenden Vorgänge der Lagerung und des Transports der Braunkohle als für die Aufrechterhaltung der Fähigkeit des technologischen Prozesses, elektrischen Strom zu erzeugen, unentbehrlich und hierzu unmittelbar beitragend angesehen werden könnten, da diese Vorgänge erforderlich wären, um die Aufrechterhaltung der Fähigkeit einer ununterbrochenen Stromerzeugung zu gewährleisten, so dass solche Vorgänge nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der Richtlinie 2003/96 von der Steuer befreit werden könnten.
Demgegenüber scheinen die Vorgänge der Lagerung von Braunkohle im Tagebau eher mit dem Prozess der Braunkohleförderung als mit dem technologischen Prozess der Stromerzeugung verbunden zu sein, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist. Insoweit würde elektrischer Strom, der zur Lagerung von Braunkohle in diesen Tagebauen verwendet wird, nicht unter diese Steuerbefreiung fallen.
In diesem Zusammenhang ist noch darauf hinzuweisen, dass der vom vorlegenden Gericht erwähnte Art. 21 Abs. 3 Satz 3 der Richtlinie 2003/96, wonach der Verbrauch elektrischen Stroms zu Zwecken, die nicht mit der Herstellung von Energieerzeugnissen im Zusammenhang stehen, wie insbesondere zum Antrieb von Fahrzeugen, als einen Steueranspruch begründender Steuerentstehungstatbestand gilt, im vorliegenden Fall nicht einschlägig ist. Soweit sich Art. 21 Abs. 3 Satz 3 nämlich auf die Verwendung elektrischen Stroms im Sinne von Art. 21 Abs. 3 Satz 2 bezieht, betrifft er eine fakultative Regelung, die, wie in Rn. 34 des vorliegenden Urteils ausgeführt, von der Bundesrepublik Deutschland nicht umgesetzt worden ist. Darüber hinaus besteht der Zweck von Art. 21 Abs. 3 Satz 3 allein darin, den Anwendungsbereich der in Art. 21 Abs. 3 Sätze 1 und 2 genannten Steuerbefreiungen einzuschränken.
Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der Richtlinie 2003/96 dahin auszulegen ist, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Befreiung von der Steuer auf „elektrischen Strom, der zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, verwendet wird“, den elektrischen Strom umfassen kann, der für den Betrieb von Anlagen zur Lagerung eines Energieerzeugnisses wie Braunkohle und von Transportmitteln bestimmt ist, mit denen dieses Erzeugnis transportiert werden kann, wenn diese Vorgänge innerhalb von Kraftwerken stattfinden, sofern sie für die Aufrechterhaltung der Fähigkeit des technologischen Prozesses, elektrischen Strom zu erzeugen, unentbehrlich sind und hierzu unmittelbar beitragen, weil diese Vorgänge erforderlich sind, um die Aufrechterhaltung der Fähigkeit einer ununterbrochenen Stromerzeugung zu gewährleisten.
Kosten
Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 in Verbindung mit Art. 21 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom
ist dahin auszulegen, dass
die in dieser Bestimmung vorgesehene Steuerbefreiung für „elektrischen Strom, der zur Stromerzeugung verwendet wird“, nicht den elektrischen Strom umfasst, der bei der Förderung eines Energieerzeugnisses wie Braunkohle im Tagebau verwendet wird, wenn dieser elektrische Strom nicht im Rahmen des technologischen Prozesses der Stromerzeugung, sondern zur Herstellung eines Energieerzeugnisses verwendet wird. Demgegenüber kann sich diese Steuerbefreiung auf die anschließende Umwandlung und Aufbereitung dieses Energieerzeugnisses in Kraftwerken zum Zwecke der Stromerzeugung erstrecken, wenn diese Vorgänge für den technologischen Prozess der Stromerzeugung unentbehrlich sind und hierzu unmittelbar beitragen.
Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der Richtlinie 2003/96
ist dahin auszulegen, dass
die in dieser Bestimmung vorgesehene Befreiung von der Steuer auf „elektrischen Strom, der zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, verwendet wird“, den elektrischen Strom umfassen kann, der für den Betrieb von Anlagen zur Lagerung eines Energieerzeugnisses wie Braunkohle und von Transportmitteln bestimmt ist, mit denen dieses Erzeugnis transportiert werden kann, wenn diese Vorgänge innerhalb von Kraftwerken stattfinden, sofern sie für die Aufrechterhaltung der Fähigkeit des technologischen Prozesses, elektrischen Strom zu erzeugen, unentbehrlich sind und hierzu unmittelbar beitragen, weil diese Vorgänge erforderlich sind, um die Aufrechterhaltung der Fähigkeit einer ununterbrochenen Stromerzeugung zu gewährleisten.
Regan
Gratsias
Ilešič
Jarukaitis
Csehi
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 9. März 2023.
Der Kanzler
A. Calot Escobar
Der Kammerpräsident
E. Regan
( *1)Verfahrenssprache: Deutsch.
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