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BSG 08.02.2013 - B 10 EG 18/12 B
BSG 08.02.2013 - B 10 EG 18/12 B - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - analoge Anwendung der Regelungen zum Elterngeld auf die Pflege eines Elternteils - Darlegung der Klärungsbedürftigkeit - sozialgerichtliches Verfahren - rechtliches Gehör - Nichtbeachtung einer ergänzenden Argumentation
Normen
§ 1 BEEG, § 37 SGB 11, § 62 SGG, § 128 Abs 2 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, Art 103 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend SG Kiel, 15. Februar 2011, Az: S 4 EG 16/10, Gerichtsbescheid
vorgehend Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, 24. September 2012, Az: L 1 EG 2/11, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 24. September 2012 wird als unzulässig verworfen.
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Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
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Mit Urteil vom 24.9.2012 hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) einen Anspruch der Klägerin auf Leistungen in analoger Anwendung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) für die Pflege ihres Vaters verneint. Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin beim Bundessozialgericht (BSG) Beschwerde eingelegt, die sie mit dem Vorliegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und von Verfahrensmängeln (Zulassungsgründe gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 und 3 SGG) begründet.
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Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht ordnungsgemäß dargetan worden (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).
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Grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine bestimmte Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17; BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 13, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht.
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Die Klägerin hält es für eine in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsbedürftige und klärungsfähige sowie über den Einzelfall hinausgehende bedeutsame Rechtsfrage, "ob Kinder, die einen pflegebedürftigen Elternteil betreuen, Anspruch auf Leistungen in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Abschnitts 1. des BEEG haben". Zwar hat die Klägerin die höchstrichterliche Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfrage nicht nur behauptet, sondern zu der Frage einer analogen Anwendung der Vorschriften des BEEG auch auf Kinder, die ihre Eltern pflegen, eine nähere Begründung gegeben. Diese Begründung ist indes nicht ausreichend. Insoweit gilt, dass die Klärungsbedürftigkeit zu verneinen ist, wenn die Rechtsfrage bereits höchstrichterlich beantwortet ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 51; BSG SozR 1500 § 160a Nr 13 und 65) oder wenn die Antwort unmittelbar aus dem Gesetz zu ersehen ist (BSG SozR 1300 § 13 Nr 1; BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 7), wenn sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17), wenn sie praktisch außer Zweifel steht (BSGE 40, 40 = SozR 1500 § 160a Nr 4) oder wenn sich für die Antwort in anderen höchstrichterlichen Entscheidungen bereits ausreichende Anhaltspunkte ergeben (BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2 und § 160 Nr 8).
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Bei der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der von ihr aufgeworfenen Frage hat die Klägerin die Voraussetzungen für eine Analogie nicht ausreichend berücksichtigt. Diese liegen vor, wenn 1. eine (anfängliche oder nachträgliche) Gesetzeslücke besteht, 2. der nicht geregelte Tatbestand dem gesetzlich festgelegten ähnlich ist und 3. beide Tatbestände wegen ihrer Ähnlichkeit gleich zu bewerten sind (vgl BSG Urteil vom 4.5.1999 - B 4 RA 55/98 R - SozR 3-2600 § 34 Nr 1 unter Hinweis auf BSG SozR 4100 § 107 Nr 4 S 4 f; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl 1995, S 202 ff). Die Klägerin behauptet zwar eine verdeckte Regelungslücke. Sie zeigt jedoch nicht auf, warum die von ihr vermissten Leistungen für Personen, die einen pflegebedürftigen Elternteil betreuen, gerade im BEEG fehlen sollen. Vielmehr räumt sie ein, dass die Förderung von Pflegepersonen im Pflegezeitgesetz und im SGB XI vorgesehen ist. Da das Pflegegeld nach § 37 SGB XI gerade dazu dient, die häusliche Pflege sicherzustellen, also auch pflegenden Angehörigen zugutekommen soll, hätte es näherer Darlegung dazu bedurft, inwiefern gleichwohl eine klärungsbedürftige Lücke im BEEG vorhanden sein soll. Jedenfalls wird nicht deutlich, warum der Gesetzgeber seine umfangreichen familienpolitischen Aufgaben nicht durch ein aus mehreren Gesetzen gebildetes Leistungssystem erfüllen kann. Soweit die Klägerin für pflegende Angehörige Entgeltersatzleistungen in Höhe des Elterngeldes beansprucht, rügt sie im Kern eine Unzulänglichkeit der Leistungen des SGB XI. Darüber wäre in einem anderen Verfahren zu befinden.
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Die Klägerin hat versucht, eine Ähnlichkeit zwischen der Gruppe der Eltern, die ihr Kind betreuen, und der Gruppe der erwachsenen Kinder, die einen pflegebedürftigen Elternteil versorgen, zu begründen. Soweit sie dabei das Alter als wesentliches Unterscheidungsmerkmal herausstellt, klammert sie das von ihr selbst bei dem betreuten Elternteil vorausgesetzte Kriterium der Pflegebedürftigkeit aus. Darüber hinaus lässt sie bei ihrer Argumentation, warum die von ihr angenommene Lücke im Leistungssystem gerade durch eine analoge Anwendung des BEEG geschlossen werden müsse, unberücksichtigt, dass der Gesetzgeber den Fall der Pflegebedürftigkeit bereits schwerpunktmäßig im SGB XI geregelt hat.
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Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde - wie hier - darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels zunächst die diesen (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 34, 36). Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 36), es sei denn, es werden absolute Revisionsgründe gerügt, bei denen gemäß § 202 SGG iVm § 547 ZPO der Einfluss auf die Entscheidung unwiderlegbar vermutet wird (BSGE 4, 281, 288; BSG SozR 1500 § 136 Nr 8). Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 (Anhörung eines bestimmten Arztes) und 128 Abs 1 S 1 SGG (freie richterliche Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Diesen Kriterien hat die Klägerin nicht hinreichend Rechnung getragen.
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Zunächst sieht die Klägerin eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs (§§ 62, 128 Abs 2 SGG) durch das LSG darin, dass dieses die Anspruchsvoraussetzungen des BEEG auch deshalb verneint habe, weil sich ihr Vater ab April/Mai 2009 im Pflegeheim aufgehalten habe und sie ab Frühjahr 2009 selbstständig erwerbstätig gewesen sei.
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Unabhängig davon, ob die Klägerin die betreffenden Gehörsverstöße selbst hinreichend bezeichnet hat, fehlt es jedenfalls an genügenden Ausführungen dazu, inwiefern das angegriffene Urteil auf derartigen Verfahrensmängeln beruhen kann. Die Klägerin hat sich insbesondere nicht damit befasst, ob es sich bei den betreffenden Darlegungen des LSG in dem von ihr angegriffenen Berufungsurteil um eigenständig tragende Gründe handelt. Da die Verneinung von Anspruchsvoraussetzungen des BEEG eine (analoge) Anwendung dieses Gesetzes im vorliegenden Fall voraussetzt, die vom LSG unter Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil gerade abgelehnt wird, kann es sich nur um Hilfserwägungen handeln. Mängel in diesem Bereich können mithin für sich genommen nicht zur Revisionszulassung führen.
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Schließlich rügt die Klägerin als Verletzung des rechtlichen Gehörs, dass die Vorinstanz ihren Vortrag nicht erwogen habe, wonach eine analoge Anwendung des BEEG im vorliegenden Fall durch Art 6 Abs 1 GG geboten sei.
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Im sozialgerichtlichen Verfahren konkretisiert § 62 SGG den verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG). Die Vorschrift soll verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten (s § 128 Abs 2 SGG; vgl BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 12; BVerfGE 84, 188, 190), und sicherstellen, dass ihr Vorbringen vom Gericht zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen miteinbezogen wird (BVerfGE 22, 267, 274; 96, 205, 216 f). Das Gericht muss jedoch nicht ausdrücklich jedes Vorbringen der Beteiligten bescheiden. Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Berücksichtigung von Vorbringen ist nur dann anzunehmen, wenn sich dies aus den besonderen Umständen des Falles ergibt (BVerfGE aaO), zB wenn ein Gericht das Gegenteil des Vorgebrachten - ohne entsprechende Beweisaufnahme - annimmt oder den Vortrag eines Beteiligten als nicht existent behandelt (vgl BVerfGE 22, 267, 274), oder wenn das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, nicht eingeht, sofern der Tatsachenvortrag nach der Rechtsauffassung des Gerichts nicht unerheblich ist (BVerfGE 86, 133, 146). Art 103 Abs 1 GG schützt indes nicht davor, dass ein Gericht die Rechtsansicht eines Beteiligten nicht teilt (BVerfGE 64, 1, 12; 76, 93, 98).
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Den sich daraus ergebenden Anforderungen ist die Beschwerdebegründung nicht gerecht geworden. Mit der lediglich pauschal angebrachten Behauptung, das LSG habe sich mit dem auf Art 6 Abs 1 GG gestützten Argument nicht auseinandergesetzt, ist eine Verletzung des § 62 SGG nicht ausreichend dargestellt. Nach dem Beschwerdevorbringen der Klägerin handelt es sich noch nicht einmal um einen zentralen Gesichtspunkt, sondern nur um eine Ergänzung ihrer Argumentation, die im Wesentlichen auf eine Gleichbehandlung von erwachsenen Kindern, die pflegebedürftige Eltern betreuen, mit den nach dem BEEG berechtigten Elternteilen abzielt.
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Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG).
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Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
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