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BVerfG 07.10.2019 - 2 BvR 721/19
BVerfG 07.10.2019 - 2 BvR 721/19 - Stattgebender Kammerbeschluss: Keine Überstellung Asylsuchender in den gem Dublin III-VO zuständigen Mitgliedsstaat, wenn dem Betroffenen dort nach späterer Zuerkennung internationalen Schutzes eine Behandlung iSd Art 4 EUGrdRCh droht - Verpflichtung der Fachgerichte zur Prüfung eines solchen Risikos - Verletzung des Willkürverbots (Art 3 Abs 1 GG) durch unvertretbare fachgerichtliche Würdigung des Urteils des EuGH in der Rechtssache "Jawo" (EuGH, 19.03.2019, C-163/17) - Gegenstandswertfestsetzung
Normen
Art 3 Abs 1 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, Art 4 EUGrdRCh, Art 3 Abs 2 UAbs 2 EUV 604/2013
Vorinstanz
vorgehend BVerfG, 9. Mai 2019, Az: 2 BvR 721/19, Einstweilige Anordnung
vorgehend VG Magdeburg, 16. April 2019, Az: 5 B 105/19 MD, Beschluss
vorgehend VG Magdeburg, 16. April 2019, Az: 5 B 102/19 MD, Beschluss
vorgehend VG Magdeburg, 29. März 2019, Az: 5 B 353/18 MD, Beschluss
Tenor
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Die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 29. März 2019 - 5 B 353/18 MD - und vom 16. April 2019 - 5 B 102/19 MD, 5 B 105/19 MD - verletzen das Recht des Beschwerdeführers aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes. Die Entscheidungen werden aufgehoben und die Sache an das Verwaltungsgericht Magdeburg zurückverwiesen.
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Das Land Sachsen-Anhalt hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren und für das - im Beschluss vom 9. Mai 2019 beschiedene - Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erstatten.
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Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 10.000 (in Worten: zehntausend) Euro und für den - im Beschluss vom 9. Mai 2019 beschiedenen - Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf 5.000 (in Worten: fünftausend) Euro festgesetzt.
Gründe
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I.
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1. Der am … geborene Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger. Er verließ Afghanistan im November 2017 und wurde im Juni 2018 in Griechenland als Asylsuchender registriert. Am 1. August 2018 reiste er nach Deutschland ein, wo er am 15. August 2018 einen (weiteren) Asylantrag stellte.
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Am 23. August 2018 richtete das Bundesamt ein Übernahmeersuchen an die griechischen Behörden, welches diese am 6. September 2018 akzeptierten. Sie sicherten zu, den Beschwerdeführer unter Einhaltung der Aufnahmerichtlinie (2013/33/EU) in einer Empfangseinrichtung unterzubringen und ihn bezüglich des mit der Verfahrensrichtlinie (2013/32/EU) in Einklang stehenden Asylverfahrens über den weiteren Ablauf zu informieren.
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2. Mit Bescheid vom 6. September 2018 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nicht vorliegen, ordnete die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Italien an - was auf einem Schreibfehler beruhte - und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung. Der Asylantrag sei aufgrund der Zuständigkeit Griechenlands für die Durchführung des Asylverfahrens gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1a) AsylG unzulässig. Abschiebungsverbote lägen nicht vor. Insbesondere bestünden keine Anhaltspunkte, dass dem Beschwerdeführer in Griechenland eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 3 EMRK oder Art. 4 GR-Charta drohe. Außergewöhnliche humanitäre Umstände, die Deutschland veranlassen könnten, das Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 der Dublin III-Verordnung (Dublin III-VO) auszuüben, seien nicht ersichtlich.
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3. Am 26. September 2018 erhob der Beschwerdeführer gegen den Bescheid vom 6. September 2018 Klage. Er habe einen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts durch Deutschland. Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Griechenland wiesen systemische Schwachstellen auf, die die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GR-Charta mit sich brächten. Darüber hinaus stelle sich die Frage, ob die nach wie vor bestehenden systemischen Mängel bei den Lebensbedingungen international Schutzberechtigter in Griechenland auf die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung von Asylantragstellern durchschlügen. Die entsprechende Vorlagefrage des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Beschluss vom 15. März 2017 - A 11 S 2151/16 -, juris) habe der Europäische Gerichtshof noch nicht beantwortet.
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4. Durch Bescheid vom 15. Oktober 2018 ersetzte das Bundesamt die Anordnung der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Italien durch die Anordnung einer Abschiebung nach Griechenland und verwies im Übrigen auf den Bescheid vom 6. September 2018. Diesen Bescheid bezog der Beschwerdeführer in seine Klage ein und beantragte, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bescheid vom 15. Oktober 2018 enthaltene Abschiebungsanordnung anzuordnen. Weiter wies er auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. März 2019 (C-163/17 - "Jawo" -) hin. Es sei nunmehr geklärt, dass eine Überstellung nach der Dublin III-VO auch dann ausscheide, wenn die unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK zwar nicht schon im Asylverfahren, wohl aber nach Zuerkennung internationalen Schutzes zu erwarten sei.
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5. Mit Beschluss vom 29. März 2019 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ab. Griechenland sei für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Dem Beschwerdeführer drohe in Griechenland schon deshalb keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung, weil Griechenland eine individuelle Zusicherung abgegeben habe. Soweit sich der Beschwerdeführer auf die schwierigen Lebensbedingungen von anerkannt international Schutzberechtigten in Griechenland beziehe, habe der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 19. März 2019 eine Prüfung im laufenden Asylverfahren, ob im Falle einer möglichen Zuerkennung internationalen Schutzes eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK zu erwarten sei, nicht verlangt.
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6. Mit Schriftsatz vom 8. April 2019 erhob der Beschwerdeführer Anhörungsrüge und beantragte die Abänderung des Beschlusses vom 29. März 2019 (§ 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO). Weiter regte er an, den Beschluss von Amts wegen abzuändern (§ 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO). Zur Anhörungsrüge führte er aus, das Verwaltungsgericht erwähne das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. März 2019 zwar, berücksichtige es jedoch inhaltlich nicht. Wenn es der Entscheidung nicht folgen wolle, müsse es die Frage dem Europäischen Gerichtshof erneut vorlegen. Den Abänderungsantrag begründete er mit dem Hinweis auf einen Bericht von Pro Asyl zu den Lebensbedingungen international Schutzberechtigter vom 7. Januar 2019.
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7. Mit Beschluss vom 16. April 2019 wies das Verwaltungsgericht die Anhörungsrüge zurück. Das Gericht habe sich im Beschluss vom 29. März 2019 mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers und mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs auseinandergesetzt; dass es zu einem anderen Ergebnis gekommen sei als der Beschwerdeführer, stelle keine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG dar. Selbst wenn es die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs falsch ausgelegt haben sollte, so begründe dies keine Gehörsverletzung.
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8. Mit weiterem Beschluss vom 16. April 2019 lehnte das Verwaltungsgericht auch den Abänderungsantrag ab. Veränderte oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachte Umstände lägen nicht vor.
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II.
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1. Der Beschwerdeführer hat gegen die Beschlüsse vom 29. März 2019 und vom 16. April 2019 am 23. April 2019 Verfassungsbeschwerde erhoben und den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt.
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Die Beschlüsse verletzten ihn in seinen Rechten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG), auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) und auf willkürfreie Entscheidung (Art. 3 Abs. 1 GG). Das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG sei verletzt, weil die nationalen Gerichte verpflichtet seien, der bindenden Auslegung des Unionsrechts durch den Europäischen Gerichtshof zu folgen; sachliche Gründe, den Beschwerdeführer anders als andere Asylantragsteller in ein Land zu überstellen, in dem ihm im Falle der Zuerkennung internationalen Schutzes eine Verletzung der Art. 4 GR-Charta, Art. 3 EMRK drohe, lägen nicht vor.
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2. Durch Beschluss vom 9. Mai 2019 hat die Kammer dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stattgegeben.
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3. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen. Das Bundesministerium des Innern, das Ministerium für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt und das Bundesamt hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Das Bundesministerium des Innern hat ausgeführt, systemische Schwachstellen im griechischen Asylverfahren seien nicht dargelegt, und im Übrigen auf die individuelle Zusicherung der griechischen Behörden vom 6. September 2018 verwiesen.
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III.
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Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Durchsetzung des Rechts des Beschwerdeführers aus Art. 3 Abs. 1 GG angezeigt. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt. Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet.
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1. Die angegriffenen Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG.
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Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 1, 14 52>; 98, 365 385>; stRspr). Aus ihm ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für die Ausübung öffentlicher Gewalt, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. BVerfGE 88, 5 12>; 88, 87 96>; 101, 54 101>; 107, 27 45>). Der allgemeine Gleichheitssatz wendet sich nicht nur an den Gesetzgeber, sondern bindet auch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Allerdings zieht Art. 3 Abs. 1 GG der Rechtsprechung bei der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts - im Sinne eines Willkürverbots - nur gewisse äußerste Grenzen (vgl. BVerfGE 42, 64 73>; 62, 189 192>).
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Ein Richterspruch verstößt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Verbot objektiver Willkür (Art. 3 Abs. 1 GG), wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht objektiv willkürlich. Schlechterdings unhaltbar ist eine fachgerichtliche Entscheidung vielmehr erst dann, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt, der Inhalt einer Norm in krasser Weise missverstanden oder sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird (vgl. BVerfGE 89, 1 13 f.>; 96, 189 203>). Übertragen auf die Auslegung einer Entscheidung des Europäischen Gerichthofs durch das Fachgericht bedeutet dies: Schlechterdings unhaltbar ist ein Richterspruch, wenn er eine - entscheidungserhebliche - Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs so auslegt, dass die Auslegung im krassen Widerspruch zum Wortlaut der Entscheidung steht und nicht mehr nachvollziehbar ist.
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Nach diesen Maßstäben verletzen die angegriffenen Beschlüsse den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG in der Ausprägung als Willkürverbot.
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Das Verwaltungsgericht hat zwar geprüft, ob dem Beschwerdeführer bei Durchführung seines Asylverfahrens in Griechenland eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht, weil es wesentliche Gründe für die Annahme systemischer Schwachstellen gibt (Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin III-VO). Es ist jedoch nicht der Frage nachgegangen, ob dem Beschwerdeführer im Falle einer späteren Zuerkennung internationalen Schutzes eine Art. 4 GR-Charta widersprechende Behandlung droht. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, letztere - zusätzliche - Prüfpflicht ergebe sich aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. März 2019 in der Sache C-163/17 - "Jawo" -, ist es ausdrücklich nicht gefolgt. Diese Würdigung stellt sich als rechtlich unvertretbar dar. Sie lässt sich der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs schlechterdings nicht entnehmen.
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Der Europäische Gerichtshof hat die Frage, ob eine Überstellung des Asylbewerbers in den zuständigen Mitgliedstaat unzulässig ist, wenn er für den Fall einer Zuerkennung internationalen Schutzes dort im Hinblick auf die dann zu erwartenden Lebensumstände einem ernsthaften Risiko ausgesetzt wäre, eine Behandlung im Sinne des Art. 4 GR-Charta zu erfahren (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15. März 2017 - A 11 S 2151/16 -, juris), mit Urteil vom 19. März 2019 in der Sache C-163/17 eindeutig bejaht (so auch: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. Mai 2019 - A 4 S 1329/19 -, juris, Rn. 5; Lübbe, EuR 2019, 352 356>; Hruschka, NVwZ 2019, 712 713>).
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In seiner Entscheidung verweist der Europäische Gerichtshof auf seine ständige Rechtsprechung, wonach die Überstellung eines Asylsuchenden in den zuständigen Mitgliedstaat ausscheidet, wenn ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme sprechen, dass ihm dort aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen eine Art. 4 GR-Charta widersprechende Behandlung droht. Sodann führt er aus:
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"Zwar bezieht sich Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 der Dublin-III-Verordnung nur auf die Situation, die dem Urteil vom 21. Dezember 2011, N. S. u. a. (C-411/10 und C-493/10, EU:C:2011:865), zugrunde liegt, nämlich die, in der sich die tatsächliche Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta aus systemischen Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Personen, die internationalen Schutz beantragen, in dem Mitgliedstaat ergibt, der nach dieser Verordnung als für die Prüfung des Antrags zuständig bestimmt ist. Aus den Rn. 83 und 84 des vorliegenden Urteils sowie aus dem allgemeinen und absoluten Charakter des Verbots in Art. 4 der Charta geht jedoch hervor, dass die Überstellung eines Antragstellers in diesen Mitgliedstaat in all jenen Situationen ausgeschlossen ist, in denen ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme vorliegen, dass der Antragsteller bei seiner Überstellung oder infolge seiner Überstellung eine solche Gefahr laufen wird.
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Folglich ist es für die Anwendung von Art. 4 der Charta gleichgültig (im Original nicht hervorgehoben), ob es zum Zeitpunkt der Überstellung, während des Asylverfahrens oder nach dessen Abschluss dazu kommt, dass die betreffende Person aufgrund ihrer Überstellung an den zuständigen Mitgliedstaat im Sinne der Dublin-III-Verordnung einem ernsthaften Risiko ausgesetzt wäre, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erfahren.
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Das Gemeinsame Europäische Asylsystem und der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens beruhen nämlich […] auf der Zusicherung, dass die Anwendung dieses Systems in keinem Stadium und in keiner Weise zu einem ernsthaften Risiko von Verstößen gegen Art. 4 der Charta führt. In dieser Hinsicht wäre es widersprüchlich, wenn das Vorliegen eines solchen Risikos im Stadium des Asylverfahrens eine Überstellung verhindern würde, während dasselbe Risiko dann geduldet würde, wenn dieses Verfahren durch die Zuerkennung von internationalem Schutz zum Abschluss kommt.
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Insoweit ist das mit einem Rechtsbehelf gegen eine Überstellungsentscheidung befasste Gericht in dem Fall, dass es über Angaben verfügt, die die betreffende Person zum Nachweis des Vorliegens eines solchen Risikos vorgelegt hat, verpflichtet, auf der Grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter Angaben und im Hinblick auf den durch das Unionsrecht gewährleisteten Schutzstandard der Grundrechte zu würdigen, ob entweder systemische oder allgemeine oder aber bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen vorliegen" (Urteil vom 19. März 2019, C-163/17 - "Jawo" -, Rn. 87 ff.).
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Aus diesen Ausführungen ergibt sich zweifelsfrei, dass das Gericht, das die Überstellung eines Asylantragstellers nach der Dublin III-VO zu überprüfen hat, nicht nur in den Blick zu nehmen hat, ob ihm im Abschiebungszielstaat während des laufenden Asylverfahrens eine Art. 4 GR-Charta widersprechende Behandlung droht, sondern auch, wie sich seine Situation nach Zuerkennung des internationalen Schutzstatus im zuständigen Mitgliedstaat darstellen wird. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Asylantragsteller - wie im vorliegenden Verfahren - konkrete Anhaltspunkte dafür benannt hat, dass ihm nach Zuerkennung internationalen Schutzes in dem zuständigen Mitgliedstaat eine Art. 4 GR-Charta widersprechende Behandlung droht. Die entgegenstehende Auffassung des Verwaltungsgerichts entbehrt jeder sachlichen Grundlage und lässt sich der angeführten Entscheidung schlechterdings nicht entnehmen.
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2. Hat die Verfassungsbeschwerde schon wegen des Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG Erfolg, bedarf es keiner Entscheidung, ob die weiter geltend gemachten Grundrechtsverstöße vorliegen.
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3. Die angegriffenen Entscheidungen beruhen auf dem festgestellten Grundrechtsverstoß. Es ist nicht auszuschließen, dass das Verwaltungsgericht unter Berücksichtigung der relevanten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung gelangt wäre. Die Kammer hebt deshalb gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG die angegriffenen Beschlüsse auf und verweist die Sache an das Verwaltungsgericht zurück.
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IV.
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Das Land Sachsen-Anhalt hat dem Beschwerdeführer gemäß § 34a Abs. 2 BVerfGG die notwendigen Auslagen sowohl für das Verfassungsbeschwerde- als auch für das einstweilige Anordnungsverfahren zu erstatten. Die Festsetzung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 366 ff.>).
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