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BFH 27.04.2022 - IX B 21/21
BFH 27.04.2022 - IX B 21/21 - Grundsätzliche Bedeutung: Aufwendungen für Besuche zwischen nahen Angehörigen als außergewöhnliche Belastung; Darlegungsanforderungen bei Divergenz
Normen
§ 33 Abs 1 EStG 2009, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 2 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, EStG VZ 2009, EStG VZ 2010, EStG VZ 2011
Vorinstanz
vorgehend FG Münster, 1. März 2021, Az: 9 K 1651/18 E, Urteil
nachgehend BFH, 25. Oktober 2022, Az: IX S 6/22, Beschluss
Leitsatz
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1. NV: Es ist in der Rechtsprechung sowie im Schrifttum geklärt, dass Aufwendungen für Besuche zwischen nahen Angehörigen zwecks Kinderbetreuung in der Regel nicht als außergewöhnlich i.S. des § 33 EStG, sondern typisierend als durch allgemeine Freibeträge (Grundfreibetrag, kindbedingte Freibeträge) und andere steuerliche Ermäßigungen abgegolten anzusehen sind, es sei denn, die Fahrten werden ausschließlich zum Zwecke der Heilung oder Linderung einer Krankheit unternommen.
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2. NV: Für die schlüssige Rüge einer Divergenz sind gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO die angeblichen Divergenzentscheidungen genau --mit Datum und Aktenzeichen oder Fundstelle-- zu bezeichnen sowie tragende, abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits gegenüberzustellen, um die Abweichung deutlich zu machen.
Tenor
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Die Beschwerde der Kläger wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 01.03.2021 - 9 K 1651/18 E wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Gründe
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Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
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Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind nicht gegeben.
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1. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) vorgebrachte grundsätzliche Bedeutung der Sache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) liegt nicht vor.
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a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig sein (vgl. Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 115 Rz 100, m.w.N.).
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b) Daran fehlt es hier. Es ist in der Rechtsprechung sowie im Schrifttum geklärt, dass Aufwendungen für Besuche zwischen nahen Angehörigen zwecks Kinderbetreuung in der Regel nicht als außergewöhnlich i.S. des § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG), sondern typisierend als durch allgemeine Freibeträge (Grundfreibetrag, kindbedingte Freibeträge) und andere steuerliche Ermäßigungen abgegolten anzusehen sind, es sei denn, die Fahrten werden ausschließlich zum Zwecke der Heilung oder Linderung einer Krankheit unternommen (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22.10.1996 - III R 265/94, BFHE 182, 352, BStBl II 1997, 558, unter 1.; vom 27.09.2007 - III R 28/05, BFHE 219, 119, BStBl II 2008, 287, unter B.II.1.b und B.II.1.c, m.w.N., und vom 05.03.2009 - VI R 60/07, BFH/NV 2009, 1111; BFH-Beschluss vom 25.02.2009 - VI B 147/08, BFH/NV 2009, 930; Mellinghoff in Kirchhof/Seer, EStG, 20. Aufl., § 33 Rz 54, Stichwort "Fahrtkosten"; Schmidt/Loschelder, EStG, 40. Aufl. § 33 Rz 90, Stichwort "Besuchsreisen"; KKB/Bleschick, § 33 EStG, 6. Aufl., Rz 150, Stichwort "Besuchsfahrten"; Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, § 33 EStG Rz 70). Es ist daher geklärt, dass Aufwendungen der Großeltern für Besuche bei ihrem oder ihren Enkelkindern nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 1111, unter II.2.). Dies gilt erst recht für die von den Klägern geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen, die nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nur bei einer betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit geltend gemacht werden können (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG). Soweit die Kläger sich unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschlüsse vom 29.05.1990 - 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86, BVerfGE 82, 60, und vom 10.11.1998 - 2 BvR 1057/91, 2 BvR 1226/91, 2 BvR 980/91, BVerfGE 99, 216, BStBl II 1999, 182) darauf berufen, das Existenzminimum müsse steuerlich freigestellt bleiben, lässt sich den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) nicht entnehmen, dass dieses im Streitfall gefährdet ist.
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Für die von den Klägern aufgeworfene Frage der Berücksichtigung ihrer Aufwendungen nach Maßgabe des § 33a EStG ist ebenfalls das Vorliegen grundsätzlicher Bedeutung nicht erkennbar. Insoweit folgt bereits aus dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes in § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG, dass eine Geltendmachung nur dann möglich ist, wenn u.a. weder der Steuerpflichtige noch eine andere Person Anspruch auf Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag hat. Nach den unstreitigen und auch nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffenen Feststellungen des FG war jedoch die Tochter der Kläger kindergeldberechtigt.
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2. Die Kläger haben zudem nicht schlüssig dargelegt, dass die Revision wegen Divergenz zuzulassen ist (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO).
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a) Die schlüssige Rüge einer Divergenz erfordert die Darlegung, dass das FG bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der BFH oder ein anderes FG. Gleiches gilt für Entscheidungen eines anderen obersten Bundesgerichts. Dabei muss das FG seinem Urteil einen entscheidungserheblichen (tragenden) abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den ebenfalls tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 08.04.2020 - IX B 88/19, BFH/NV 2020, 897, Rz 4).
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Im Einzelnen sind für die schlüssige Rüge einer Divergenz gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO die angeblichen Divergenzentscheidungen genau --mit Datum und Aktenzeichen oder Fundstelle-- zu bezeichnen sowie tragende, abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits gegenüberzustellen, um die Abweichung deutlich zu machen. Dies erfordert auch die Darlegung, dass es sich im Streitfall um einen gleichen oder vergleichbaren Sachverhalt handelt, so dass sich in der angefochtenen Entscheidung und in der Divergenzentscheidung dieselbe Rechtsfrage stellt (Senatsbeschluss in BFH/NV 2020, 897, Rz 5).
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b) Diesen Anforderungen genügt die Nichtzulassungsbeschwerde nicht. Die Kläger berufen sich auf eine Divergenz zum Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21.09.2009 - GrS 1/06 (BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672). Sie legen aber keinen abstrakten Rechtssatz aus der angefochtenen Entscheidung des FG dar und stellen diesen einem abweichenden abstrakten Rechtssatz der vorgenannten BFH-Entscheidung gegenüber. Vielmehr bringen die Kläger vor, das FG habe den Sachverhalt verkürzt bewertet, die in der Divergenzentscheidung angeführten Rechtsgrundsätze ausgeblendet und die streitigen Aufenthalte als allein privat veranlasst eingeordnet. Die rechtliche Bewertung durch das FG beruhe damit auf falschen Annahmen und Unterscheidungen. Damit wenden sich die Kläger gegen die rechtliche und tatsächliche Würdigung des FG. Mit der Behauptung einer fehlerhaften Rechtsanwendung im Einzelfall ist eine Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO jedoch nicht dargelegt (vgl. Senatsbeschluss vom 21.03.2017 - IX B 132/16, BFH/NV 2017, 913, Rz 2).
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3. Von einer weiter gehenden Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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