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BFH 14.12.2021 - VII R 61/20
BFH 14.12.2021 - VII R 61/20 - (Teilweise inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 14.12.2021 VII R 15/19 - Wiederaufleben einer Steuerforderung nach § 144 Abs. 1 InsO; Schuldbeitritt des direkten Vertreters nach § 48 Abs. 2 AO)
Normen
§ 48 Abs 2 AO, § 218 Abs 2 AO, § 38 InsO, § 129 InsO, § 131 Abs 1 Nr 1 InsO, § 131 Abs 1 Nr 2 InsO, § 143 InsO, § 144 InsO, Art 114 Abs 1 ZK, Art 114 Abs 1 EWGV 2913/92, Art 195 ZK, Art 195 EWGV 2913/92, Art 201 Abs 1 Buchst a ZK, Art 201 Abs 1 Buchst a EWGV 2913/92, Art 201 Abs 3 S 1 ZK, Art 201 Abs 3 S 1 EWGV 2913/92, Art 109 EUV 952/2013, § 37 AO, § 143 Abs 1 InsO, § 47 AO, Art 288 AEUV
Vorinstanz
vorgehend FG Düsseldorf, 11. November 2020, Az: 4 K 1109/19 Z, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Bei einer Streitigkeit darüber, ob eine erloschene Abgabenschuld nach § 144 Abs. 1 InsO rückwirkend wieder aufgelebt ist, handelt es sich um eine Streitigkeit über die Verwirklichung eines Steueranspruchs i.S. von § 218 Abs. 2 AO.
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2. NV: Unter der Geltung des Zollkodex konnte sich ein Dritter im Wege des Schuldbeitritts vertraglich verpflichten, für die nach Art. 201 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 3 Satz 1 ZK entstandene Zollschuld eines anderen einzustehen; § 48 Abs. 2 AO war neben Art. 195 ZK anwendbar.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 11.11.2020 - 4 K 1109/19 Z aufgehoben.
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Die Sache wird an das Finanzgericht Düsseldorf zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
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Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.
Tatbestand
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I.
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Die Beteiligten streiten darüber, ob Abgabenforderungen des Beklagten und Revisionsbeklagten (Hauptzollamt --HZA--) gegen die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) infolge einer Anfechtung nach § 144 Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) wieder aufgelebt sind.
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Am 16.12.2014, 16.01., 16.03. und 16.04.2015 meldete die Klägerin, jeweils vertreten durch die A GmbH als direkte Stellvertreterin gemäß Art. 5 Abs. 2 1. Anstrich des Zollkodex (ZK), Waren zur Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr an und beantragte gleichzeitig Zahlungsaufschub. Die Einfuhrabgaben überwies sie auf ein Geschäftskonto der A GmbH.
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Das HZA hatte der A GmbH Zahlungsaufschub gewährt. Diese verfügte über zwei Aufschubkonten, eines für Einfuhrumsatzsteuer und ein weiteres für Einfuhrzölle. Die während eines Kalendermonats von der Zollstelle buchmäßig erfassten und aufgeschobenen Abgabenbeträge waren jeweils spätestens am 16. des Folgemonats zu entrichten. In dem Antrag zur Erteilung der Bewilligung hieß es den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) zufolge unter der Überschrift "14. bei Zahlungsaufschub für fremde Abgabenschulden" u.a.: "Sie verpflichten sich damit unwiderruflich, die jeweils angeschriebenen Beträge spätestens zum Fälligkeitstag für die Abgabenschuldner zu entrichten. (...) Bei verspäteter Zahlung werden Sie Verzugszinsen nach Art. 114 Abs. 1 UZK entrichten."
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Ab Januar 2015 konnte die A GmbH die fälligen Beträge nicht mehr fristgerecht zahlen. Daraufhin drohte das HZA mit Schreiben vom 07.01. und vom 30.01.2015 Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und den Widerruf der Bewilligung des Zahlungsaufschubs an und sperrte die Aufschubkonten. Die A GmbH leistete daraufhin von Januar bis März 2015 diverse Zahlungen auf die offenen Verbindlichkeiten.
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Am ...2015 beantragte der Geschäftsführer der A GmbH die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft. Das Amtsgericht … bestellte daraufhin mit Beschluss vom ...2015 einen vorläufigen Insolvenzverwalter und eröffnete mit Beschluss vom ...2015 das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der A GmbH.
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Mit Schreiben vom 21.08.2017 focht der Insolvenzverwalter die Zahlungen von Einfuhrzöllen und Einfuhrumsatzsteuer der A GmbH an das HZA aus der Zeit vom ... bis zum ...2015 in Höhe von insgesamt ... € nach § 129 Abs. 1 i.V.m. §§ 131 Abs. 1 Nrn. 1 und 2, 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 133 Abs. 1 InsO an. Hinsichtlich der Anfechtung gemäß § 131 InsO vertrat der Insolvenzverwalter die Auffassung, dass die A GmbH aufgrund der Schreiben des HZA vom 07.01. und vom 30.01.2015 alle Zahlungen ab dem 07.01.2015 zur Abwendung der Zwangsvollstreckung und zur Entsperrung der Aufschubkonten geleistet habe. Das HZA habe insoweit inkongruente Deckungen erhalten. Durch die Zahlungen, die von einem kreditorischen Konto getätigt worden seien, sei die Aktivmasse verkürzt worden. Dies habe zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt.
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Das HZA erkannte zunächst einen Anfechtungsanspruch nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO hinsichtlich der Zahlungen an, die innerhalb eines Monats vor Antragstellung, mithin ab dem ...2015, erfolgt waren, und zahlte ... € an die Insolvenzmasse zurück. Mit Schreiben an den Insolvenzverwalter vom 05.06.2018 erkannte das HZA die Anfechtung in Höhe von weiteren ... € an, weil es nunmehr wie der Insolvenzverwalter davon ausging, dass die A GmbH bereits am ...2015 zahlungsunfähig gewesen sei, und gewährte den entsprechenden Betrag an die Insolvenzmasse zurück. Der Anfechtung nach § 133 InsO trat das HZA weiterhin entgegen.
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Mit Bescheid vom 31.10.2018 forderte das HZA die Klägerin zur Zahlung von Einfuhrzoll und Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von ... € auf. Der Bescheid enthielt im Betreff den Hinweis "Zahlungsaufforderung über Einfuhrabgaben" und verwies in der Erläuterung darauf, dass die A GmbH als Aufschubnehmer die fälligen Abgaben trotz mehrfacher Aufforderung nicht entrichtet habe bzw. dass die Abgaben im Wege der Insolvenzanfechtung zurückgezahlt worden seien. In einer Anlage zum Bescheid wurden die zurückgeforderten Beträge den einzelnen Zollanmeldungen der Klägerin zugeordnet. Die Klägerin legte dagegen Einspruch ein.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 20.03.2019 reduzierte das HZA die Zahlungsaufforderung auf ... € und führte zur Begründung aus, dass es versehentlich auch Beträge mit Fälligkeit zum ...2014 und zum ...2015 erneut angefordert habe, obwohl diese nicht im Rahmen der Insolvenzanfechtung an den Insolvenzverwalter ausgezahlt worden seien. Hinsichtlich der verbleibenden Beträge sei der Einspruch jedoch unbegründet; denn die Abgabenforderungen seien nach § 144 Abs. 1 InsO wieder aufgelebt, weil der Insolvenzverwalter die Zahlungen der A GmbH wirksam nach § 131 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 InsO angefochten habe und weil die Leistungen nicht von einem Fremdgeld- oder Treuhandkonto der Insolvenzschuldnerin erbracht worden seien, sondern von deren Geschäftskonto.
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Die dagegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg. Das Urteil ist in der Zeitung für Wirtschaftsrecht (ZIP) 2021, 863 veröffentlicht.
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Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, der Abrechnungsbescheid vom 31.10.2018 sei nicht rechtmäßig. Sie habe das HZA bereits im Einspruchsverfahren um einen Nachweis gebeten, dass die Anfechtung durch den Insolvenzverwalter gerade auch die für die Klägerin gezahlten Einfuhrabgaben betroffen habe; bis heute sei dieser Nachweis nicht erbracht worden. Die Leistungen der A GmbH an das HZA seien auch nicht anfechtbar gewesen. Für den angenommenen Schuldbeitritt gebe es keine Anhaltspunkte; denn im Unionszollkodex (UZK) sei kein Schuldbeitritt geregelt und ein Rückgriff auf § 48 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) sei wegen des Anwendungsvorrangs und der Spezialität des Unionsrechts im Hinblick auf die in Art. 94 und Art. 109 Abs. 2 UZK getroffenen Regelungen nicht möglich. Das Interesse der Zollverwaltung an einer "zusätzlichen Sicherheit" reiche für die Annahme eines Schuldbeitritts nicht aus. Da somit kein Anfechtungsgrund gegeben sei, liege auch keine anfechtbare Leistung i.S. von § 144 Abs. 1 InsO vor. Soweit das FG auf eine "Ziff. 14" der Aufschubkontobedingungen verweise, habe diese dem Aufschubkonto der A GmbH nicht zugrunde gelegen; denn die unter dieser "Ziff. 14" in Bezug genommene Regelung des Art. 114 Abs. 1 UZK habe zum Zeitpunkt der hier maßgeblichen Lieferungen noch gar nicht gegolten. Es sei auch nicht erkennbar, auf welches Dokument sich das FG in diesem Zusammenhang bezogen habe. Ungeachtet dessen sei der Anspruch, der sich aus § 144 InsO ergebe, ohnehin ein zivilrechtlicher Anspruch, über den nicht durch Abrechnungsbescheid entschieden werden könne; insoweit werde auf die Ausführungen des FG Berlin-Brandenburg in seinem Urteil vom 13.12.2018 - 9 K 9117/16 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 674) Bezug genommen.
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Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des HZA vom 31.10.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.03.2019 sowie das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und das HZA zu verpflichten, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von ... € nebst Rechtshängigkeitszinsen gemäß § 236 AO zu zahlen.
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Das HZA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Der Nachweis, dass die strittigen ... € dem angefochtenen Betrag des Insolvenzverwalters der A GmbH zuzuordnen seien, sei im finanzgerichtlichen Verfahren vor dem FG erbracht worden und daher als Tatsachenfeststellung der Revision nicht zugänglich. Die von der Klägerin zitierte Ziff. 14 der Aufschubbewilligung stamme aus der ab dem 01.05.2016 gültigen Bewilligung. Dieser Text sei jedoch auch Bestandteil der vor dem 01.05.2016 gültigen Bewilligung gewesen.
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Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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Das Urteil des FG verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO).
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1. Der Senat entscheidet gemäß §§ 121 Satz 1, 90 Abs. 2 FGO mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
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2. Die Vorentscheidung ist aufzuheben. Die tatsächlichen Feststellungen des FG tragen nicht die Annahme, dass im Streitfall eine anfechtbare Leistung i.S. von § 144 InsO vorgelegen hat.
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a) Zutreffend ist allerdings die Annahme des FG, dass es sich bei einer Streitigkeit darüber, ob eine erloschene Abgabenschuld nach § 144 Abs. 1 InsO rückwirkend wieder aufgelebt ist, um eine Streitigkeit über die Verwirklichung eines Steueranspruchs i.S. von § 218 Abs. 2 AO handelt.
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aa) Gewährt der Empfänger einer anfechtbaren Leistung das Erlangte zurück, so lebt gemäß § 144 Abs. 1 InsO seine Forderung wieder auf.
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Bereits der Wortlaut der Vorschrift legt nahe, dass es sich bei der Forderung, die von der Rechtsfolge des § 144 Abs. 1 InsO erfasst wird, um die nämliche Forderung handelt, die aufgrund der zunächst erfolgten Leistung erloschen ist. Dafür sprechen zunächst das Verb "aufleben", das ausdrücklich an einen früheren Zustand anknüpft, und der Verbzusatz "wieder", der ebenfalls eine Rückbeziehung impliziert. In die gleiche Richtung weist das Possessivpronomen "seine"; denn wenn es in Bezug auf den Empfänger der anfechtbaren Leistung heißt, "seine" Forderung lebe wieder auf, dann verweist diese Formulierung ausdrücklich auf die ursprüngliche, zunächst erloschene Forderung, die aufgrund der Anfechtung wieder entsteht.
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Ein solches Verständnis entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 144 Abs. 1 InsO, der darauf abzielt, möglichst den Zustand wieder herzustellen, der ohne die anfechtbare Rechtshandlung bestand (vgl. Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 18.01.2007 - 12 U 185/06, ZIP 2007, 286; ebenso: Uhlenbruck/ Hirte/Borries, Insolvenzordnung, 15. Aufl., § 144 Rz 3a).
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bb) Dementsprechend geht auch der Bundesgerichtshof (BGH) davon aus, dass im Fall von Beiträgen, die ein Arbeitgeber für seine freiwillig gesetzlich versicherten Arbeitnehmer an eine gesetzliche Krankenkasse geleistet hat und die nach Anfechtung durch den Insolvenzverwalter an die Insolvenzmasse zurückgewährt werden, der Anspruch, der nach § 144 Abs. 1 InsO wieder auflebt, ein beitragsrechtlicher Versicherungsanspruch ist (s. BGH-Urteil vom 22.11.2012 - IX ZR 22/12, ZIP 2013, 81, Rz 12).
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Ebenso hat der BGH angenommen, dass im Fall der Tilgung von Steuerschulden durch eine insolvente GmbH nach Anfechtung dieser Leistung die "beglichenen Steuerforderungen" nach § 144 Abs. 1 InsO wieder aufleben (s. BGH-Beschluss vom 15.03.2012 - IX ZR 95/09, juris, Rz 5; vgl. auch Karsten Schmidt/Büteröwe, InsO, 19. Aufl., § 144 Rz 3; MüKoInsO/Kirchhof/ Piekenbrock, 4. Aufl., InsO § 144 Rz 14; Uhlenbruck/Hirte/Borries, a.a.O., § 144 Rz 3a; M. Huber in: Graf-Schlicker, InsO, 6. Aufl., § 144 Rz 1; Jacoby in Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 144 Rz 12a).
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War die angefochtene Forderung ursprünglich bedingt, befristet oder nicht einklagbar, dann soll sie dies auch nach dem Wiederaufleben nach § 144 Abs. 1 InsO sein (so MüKoInsO/Kirchhof/Piekenbrock, a.a.O., InsO § 144 Rz 14). Ist mit der Erfüllung der Hauptverbindlichkeit die Verpflichtung eines Bürgen erloschen, so lebt mit dem Wiederaufleben der Hauptverbindlichkeit auch die Verpflichtung des Bürgen wieder auf (BGH-Urteil vom 14.06.2016 - XI ZR 242/15, BGHZ 210, 348, Rz 25); und eine Grundschuld, die wegen der Erfüllung gelöscht worden ist, soll im Wege der Grundbuchberichtigung an der früheren Rangstelle wieder eingetragen werden (so Karsten Schmidt/Büteröwe, a.a.O., § 144 Rz 3).
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In gleicher Weise hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass gemäß § 144 Abs. 1 InsO mit der Erfüllung des Rückgewähranspruchs der Anspruch auf Arbeitsentgelt wiederauflebt (BAG-Urteil vom 26.10.2017 - 6 AZR 511/16, BAGE 161, 21, Rz 36). Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) schließlich führt aus, der Anfechtungsgegner müsse zwar die ihm vom Insolvenzschuldner erbrachte Leistung zurückgewähren, behalte aber nach § 144 Abs. 1 InsO "seine zunächst erfüllte, nunmehr wieder offene Forderung" (BVerwG-Urteil vom 26.04.2018 - 7 C 3/16, Deutsches Steuerrecht 2018, 2441, Rz 12).
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cc) Für das Steuerrecht hat der erkennende Senat bereits zum alten Konkursrecht entschieden, § 39 der Konkursordnung regle die Frage des rechtlichen Schicksals einer Forderung für den Fall, dass der Empfänger einer anfechtbaren Leistung das Empfangene zurückgewähre, dahingehend, dass die Forderung wieder in Kraft trete; der Wortlaut der Norm lege die Auslegung nahe, dass die alte Forderung wieder auflebe, mithin keine neue Forderung entstehe (Senatsbeschluss vom 02.07.2002 - VII B 292/01, BFH/NV 2002, 1338).
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In Bezug auf § 144 InsO hat der erkennende Senat entschieden, dass zwar die Zahlung der Steuerschuld regelmäßig zu ihrem Erlöschen und damit zur Beendigung dieses Steuerschuldverhältnisses führt, dass aber bei Steuerfälligkeiten, die in die insolvenzreife Zeit fallen, dieses Steuerschuldverhältnis selbst bei fristgerechter Zahlung wegen der gesetzlich vorgesehenen Anfechtungsmöglichkeiten des Insolvenzverwalters zunächst in der Schwebe bleibt. Die erfolgreiche Anfechtung und Rückgewähr nach § 143 InsO bewirkt also gemäß § 144 InsO, dass die Steuerschuld rückwirkend wieder auflebt. Die Beendigung des Steuerschuldverhältnisses ist insoweit auflösend bedingt (Senatsurteil vom 11.11.2008 - VII R 19/08, BFHE 223, 303, BStBl II 2009, 342, unter II.2. am Ende). Damit wird deutlich, dass der Rechtsgrund einer anfechtbaren Leistung von der Insolvenzanfechtung unberührt bleibt (Senatsbeschluss vom 05.09.2012 - VII B 95/12, BFHE 238, 325, BStBl II 2012, 854, Rz 9). Bei den Ansprüchen, die nach § 144 InsO wieder entstehen, handelt es sich folglich um die ursprünglichen Zahlungsansprüche (s. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29.03.2017 - XI R 5/16, BFHE 257, 465, BStBl II 2017, 738, Rz 20; vgl. auch BFH-Urteil vom 22.11.2017 - XI R 14/16, BFHE 260, 300, BStBl II 2018, 455, Rz 29).
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dd) Dabei gilt die Rechtsfolge, dass mit der Rückgewähr einer anfechtbaren Leistung durch den Empfänger dessen Forderung gemäß § 144 Abs. 1 InsO wieder auflebt, dem BGH zufolge auch in anfechtungsrechtlichen Drei-Personen-Verhältnissen; dass in diesem Fall der Schuldner der wieder auflebenden Forderung nicht mit dem Insolvenzschuldner identisch ist, ist dem BGH zufolge unerheblich (vgl. BGH-Urteile in ZIP 2013, 81, Rz 12; vom 08.01.2015 - IX ZR 300/13, ZIP 2015, 485, Rz 17, und vom 04.02.2016 - IX ZR 42/14, ZIP 2016, 478, Rz 29; s.a. Thole in: Kayser/Thole, Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 10. Aufl., § 144 Rz 3; Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, 5. Aufl., § 52 Rz 28).
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ee) Dass nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats der Anspruch des Insolvenzverwalters auf Rückgewähr in anfechtbarer Weise geleisteter Steuern nach § 143 Abs. 1 InsO kein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis i.S. des § 37 AO ist, über den durch Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 Satz 2 AO entschieden werden kann, sondern ein bürgerlich-rechtlicher Anspruch (s. Senatsurteil vom 12.11.2013 - VII R 15/13, BFHE 243, 309, BStBl II 2014, 359, Rz 6), steht dem zu § 144 Abs. 1 InsO gefundenen Ergebnis schon deshalb nicht entgegen, weil § 143 Abs. 1 InsO --anders als § 144 Abs. 1 InsO-- keinen früheren Anspruch wieder aufleben lässt.
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ff) Vor diesem Hintergrund ist eine Streitigkeit darüber, ob eine zunächst erloschene Steuerschuld gemäß § 144 Abs. 1 InsO rückwirkend wieder auflebt, ob also der auflösend bedingte Grund für die Beendigung des Steuerschuldverhältnisses weggefallen ist, eine Streitigkeit über die Verwirklichung eines Steueranspruchs i.S. von § 218 Abs. 2 AO. Über diese Streitigkeit ist daher durch Abrechnungsbescheid zu entscheiden. Dies gilt auch dann, wenn der Schuldner der wieder auflebenden Forderung nicht mit dem Insolvenzschuldner identisch ist, also in anfechtungsrechtlichen Drei-Personen-Verhältnissen.
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Bei Erteilung des Abrechnungsbescheids muss daher ggf. auch geprüft werden, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 144 Abs. 1 InsO erfüllt sind, ob also die betreffende Leistung tatsächlich von der Finanzbehörde zurückgewährt worden ist und ob es sich um eine anfechtbare Leistung i.S. von §§ 129 ff. InsO gehandelt hat.
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b) Ob es sich im vorliegenden Streitfall bei den Zahlungen, die die A GmbH auf die Schreiben des HZA vom 07.01. und vom 30.01.2015 hin geleistet hat, um anfechtbare Leistungen i.S. von § 144 Abs. 1 InsO handelt, kann auf der Grundlage der vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht entschieden werden.
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aa) Das FG hat die Anfechtbarkeit der von der A GmbH geleisteten Zahlungen nach § 131 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 InsO bejaht. Anfechtbar ist danach eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte, wenn (1.) die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, oder wenn (2.) die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war.
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Unklar ist im vorliegenden Streitfall, ob das HZA Insolvenzgläubiger i.S. von § 131 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 InsO war. Gemäß § 38 InsO sind Insolvenzgläubiger die persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben.
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bb) Im vorliegenden Streitfall tragen die tatsächlichen Feststellungen des FG die rechtliche Folgerung, dass das HZA einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen die A GmbH hatte, nicht.
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(1) Zutreffend ist die Rechtsansicht des FG, dass sich ein Dritter unter der Geltung des ZK im Wege des Schuldbeitritts vertraglich verpflichten konnte, für die nach Art. 201 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 3 Satz 1 ZK entstandene Zollschuld eines anderen einzustehen; § 48 Abs. 2 AO war neben Art. 195 ZK anwendbar.
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Wegen des grundsätzlichen Anwendungsvorrangs des Unionsrechts (Art. 288 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union) kann auf Regelungen des nationalen Abgabenrechts dann, wenn der ZK nicht ausdrücklich auf diese verweist oder den Mitgliedstaaten die Befugnis einräumt, bestimmte Einzelheiten zu regeln, nur insoweit zurückgegriffen werden, als das nationale Recht nicht durch die Regelungen des ZK verdrängt wird (vgl. etwa zum zollrechtlichen Vertretungsrecht Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union Sony Supply Chain Solutions vom 07.04.2011 - C-153/10, EU:C:2011:224, Rz 30, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2011, 149; s.a. Weymüller in Dorsch, Zollrecht [Stand: 01.09.2011], Art. 1 ZK Rz 23; Witte/Witte, Zollkodex, 6. Aufl., Vor Art. 1 Rz 16).
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Zwar ist § 48 Abs. 1 AO durch die entsprechende Regelung des Art. 231 ZK verdrängt worden. Für § 48 Abs. 2 AO, demzufolge Dritte sich vertraglich verpflichten können, für Leistungen aus dem Steuerschuldverhältnis einzustehen, gilt dies hingegen nicht; lediglich für die Bürgschaft erhielt Art. 195 ZK eine Sonderregelung, die aber die Möglichkeit eines Schuldbeitritts (kumulative Schuldübernahme) nach § 48 Abs. 2 AO ebenfalls nicht ausschloss (gleicher Ansicht: Gellert, Zollkodex und Abgabenordnung [2003], S. 61; ders. in Dorsch, Zollrecht [Stand: 01.08.2015], Art. 231 ZK Rz 4; Deimel in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp-- [Stand: 217. Lfg.], Art. 230-231 ZK Rz 9 f.; Boeker in HHSp, § 48 AO Rz 5; Kunz in Gosch, AO § 48 Rz 12; zur Abgrenzung gegenüber einer befreienden Schuldübernahme s. im Hinblick auf § 37 des Zollgesetzes bereits Senatsurteile vom 30.04.1980 - VII R 57/77, BFHE 131, 6; vom 10.02.1981 - VII R 54/77, und VII R 55/77, juris; vgl. auch Drüen in Tipke/Kruse, § 48 AO Tz 7; Boeker in HHSp, § 192 AO Rz 7).
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Ob dies auch in Bezug auf Art. 109 UZK gilt (so Deimel in Wolffgang/Jatzke, UZK, Art. 109 Rz 14; Gellert in Dorsch, Zollrecht, Art. 109 UZK Rz 17), muss der erkennende Senat für den vorliegenden Streitfall nicht entscheiden; denn der Schuldbeitritt ist ein punktuelles Ereignis, dessen rechtliche Wirksamkeit sich nach dem zum betreffenden Zeitpunkt geltenden Recht bestimmt (vgl. auch Senatsurteil vom 22.10.2019 - VII R 38/18, ZfZ 2020, 105, zum Beginn des Zinslaufs bei Prozesszinsen).
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(2) Somit konnte die A GmbH einen Schuldbeitritt nach § 48 Abs. 2 AO in Bezug auf die Abgabenschulden der Klägerin erklären.
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Das FG stützt jedoch seine Annahme, dass die A GmbH eine entsprechende Erklärung tatsächlich abgegeben hat, auf "Ziff. 14 der Bewilligung des Zahlungsaufschubs" (s. S. 9 des FG-Urteils, unter 3.b dd (2) der Entscheidungsgründe). Diese "Ziff. 14" nimmt den Feststellungen des FG zufolge ausdrücklich auf Art. 114 Abs. 1 UZK Bezug (s. S. 3 des FG-Urteils). Diese Vorschrift ist jedoch erst zum 01.05.2016 in Kraft getreten (Art. 288 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 UZK). Die in "Ziff. 14" aufgeführte und auf Art. 114 Abs. 1 UZK beruhende Verpflichtung des Antragstellers zur Entrichtung der jeweils angeschriebenen Beträge kann daher nicht der zwischen der A GmbH und dem HZA getroffenen Vereinbarung über die Einrichtung der Aufschubkonten für den hier maßgeblichen Zeitraum vom ... bis zum ...2015 zugrunde gelegen haben.
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Das FG wird im zweiten Rechtsgang klären müssen, welche Vereinbarung über den Zahlungsaufschub die A GmbH und das HZA für den hier maßgeblichen Zeitraum tatsächlich getroffen haben. Die Darlegung des HZA, den vor dem 01.05.2016 erteilten Bewilligungen habe eine entsprechende Regelung zugrunde gelegen, kann als neue, vom FG nicht festgestellte Tatsache im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden (§ 118 Abs. 2 FGO).
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3. Nur ergänzend weist der erkennende Senat darauf hin, dass, soweit nach den dargelegten rechtlichen Grundsätzen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 144 Abs. 1 InsO im vorliegenden Streitfall erfüllt sind, die ursprünglichen, nach Art. 201 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 3 ZK sowie § 21 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes entstandenen Zoll- und Einfuhrumsatzsteuerschulden wieder aufleben. Die Zahlungsaufforderung nach Art. 108 UZK ändert daran nichts.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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