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BFH 28.04.2010 - III R 71/07
BFH 28.04.2010 - III R 71/07 - Wegfall des Veranlagungswahlrechts von Ehegatten - Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft
Normen
§ 26 Abs 1 S 1 EStG 1997, § 26b EStG 1997
Vorinstanz
vorgehend FG Berlin, 25. Oktober 2006, Az: 2 K 2570/04, Urteil
Leitsatz
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NV: Das Ende der ehelichen Lebensgemeinschaft muss aufgrund äußerer Umstände erkennbar sein, z.B. durch das Abholen der persönlichen Gegenstände aus der früheren gemeinsamen Wohnung und den Umzug in eine neue Wohnung. Die Bekundung der Trennungsabsicht genügt nicht. Die eheliche Lebensgemeinschaft wird deshalb auch dann nicht bereits während der kurbedingten Abwesenheit eines Ehegatten beendet, wenn es nach der Rückkehr tatsächlich zur Trennung kommt .
Tatbestand
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I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war von Februar 1975 bis November 2003 mit der Beigeladenen verheiratet. Im November 2000 teilte diese dem Kläger mit, dass sie sich von ihm trennen wolle. Bis zum 3. Dezember 2000 lebten beide Ehegatten in der gemeinsamen Wohnung. Vom 4. Dezember 2000 bis zum 24. Januar 2001 war der Kläger wegen einer Kur abwesend. Nach seiner Rückkehr holte er den wesentlichen Teil seiner persönlichen Gegenstände ab und zog in eine andere Wohnung.
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In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2001 (Streitjahr) beantragte der Kläger die Zusammenveranlagung mit der Beigeladenen. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) führte jedoch für ihn und die Beigeladene Einzelveranlagungen durch und erließ entsprechende Einkommensteuerbescheide. Gegen den an ihn gerichteten Bescheid legte der Kläger Einspruch ein, zu dessen Begründung er vortrug, er lebe nicht bereits seit November 2000 von der Beigeladenen getrennt, vielmehr sei es erst im Januar 2001, nach seiner Rückkehr vom Kuraufenthalt, zu einer tatsächlichen Trennung gekommen.
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Der Rechtsbehelf hatte keinen Erfolg. In der Einspruchsentscheidung setzte das FA die Einkommensteuer herauf, da nach seiner Ansicht die an die Beigeladene geleisteten Unterhaltszahlungen nicht mit dem geltend gemachten Betrag als Sonderausgaben berücksichtigt werden durften.
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Im anschließenden Klageverfahren beteiligte das Finanzgericht (FG) die Beigeladene am Verfahren, die nunmehr einer Zusammenveranlagung zustimmte. Das FG gab der Klage statt und setzte die Einkommensteuer auf den Betrag herab, der sich bei Anwendung des Splittingtarifs und ohne Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen an die Beigeladene ergab (Urteil vom 25. Oktober 2006 2 K 2570/04, Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 212). Nach Ansicht des FG lag ein dauerndes Getrenntleben erst ab dem 24. Januar 2001 vor, als der Wille, die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft nicht mehr aufrecht zu erhalten, durch äußere Umstände erkennbar geworden sei.
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Mit der Revision rügt das FA die Verletzung von § 26 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) komme es auch auf die innere Einstellung zur Trennung an. Eine eheliche Lebensgemeinschaft müsse weiter angestrebt werden. Eine Zusammenveranlagung komme deshalb nicht mehr in Betracht, wenn einer der Ehepartner nicht mehr die Absicht habe, die Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft fortzusetzen, so wie dies die Beigeladene mehrfach eindeutig und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht habe. Nachdem der Kläger in der Kur eine neue Partnerin kennengelernt habe, habe er keinen Versuch unternommen, die Lebensgemeinschaft wieder herzustellen.
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Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
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Die Beigeladene hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet und wird zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung nach § 26 Abs. 1 EStG im Streitjahr 2001 erfüllt waren.
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1. Ehegatten, die beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig i.S. des § 1 Abs. 1 oder Abs. 2 EStG oder des § 1a EStG sind und die nicht dauernd getrennt leben und bei denen diese Voraussetzungen zu Beginn des Veranlagungszeitraums vorgelegen haben oder im Laufe des Veranlagungszeitraums eingetreten sind, können nach § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG zwischen getrennter Veranlagung (§ 26a EStG) und Zusammenveranlagung (§ 26b EStG) wählen. Sie leben dauernd getrennt, wenn die zum Wesen der Ehe gehörende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft nach dem Gesamtbild der Verhältnisse nicht mehr besteht (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 15. Juni 1973 VI R 150/69, BFHE 109, 363, BStBl II 1973, 640; vom 13. Dezember 1985 VI R 190/82, BFHE 145, 549, BStBl II 1986, 486; Senatsbeschluss vom 7. Dezember 2001 III B 129/01, BFH/NV 2002, 483, m.w.N.).
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2. Der Begriff der ehelichen Lebensgemeinschaft umfasst die räumliche, persönliche und geistige Gemeinschaft der Ehegatten. Dazu gehört die gemeinsame Erledigung der sie gemeinsam berührenden wirtschaftlichen Fragen des Zusammenlebens (BFH-Urteil in BFHE 109, 363, BStBl II 1973, 640, m.w.N.). Das Bestehen einer ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft beruht zwar auch auf inneren Vorgängen und persönlichen Einstellungen der Eheleute. Diese sind aber in erster Linie aufgrund objektiver Umstände, nach dem Gesamtbild der äußerlich erkennbaren Merkmale zu beurteilen, wobei dem räumlichen Zusammenleben oder einer räumlichen Trennung besondere Bedeutung zukommt (vgl. BFH-Urteile in BFHE 109, 363, BStBl II 1973, 640, m.w.N.; in BFHE 145, 549, BStBl II 1986, 486; in BFH/NV 2002, 483).
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3. Nach diesen Grundsätzen lebten der Kläger und die Beigeladene nicht an allen Tagen des Streitjahres 2001 dauernd getrennt. Zu Beginn dieses Jahres, als sich der Kläger außerhalb der gemeinsamen Wohnung zur Kur aufhielt, war nicht aufgrund äußerer Umstände erkennbar, dass die beiden Ehegatten die Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft nicht wieder herstellen würden. Die bloße Ankündigung der Beigeladenen im November 2000, sich vom Kläger trennen zu wollen, war für eine Beendigung der Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft nicht ausreichend. Diese endete vielmehr erst, als der Kläger nach der Kur, im Januar 2001, seine persönlichen Gegenstände aus der Wohnung abholte und in eine andere Wohnung zog.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 1, § 135 Abs. 2 FGO. Für eine Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen i.S. von § 139 Abs. 4 FGO besteht kein Anlass. Die Beigeladene ist im Revisionsverfahren nicht vertreten und es ist auch nicht erkennbar, dass ihr besondere außergerichtliche Kosten entstanden sind (vgl. BFH-Urteil vom 9. Februar 2009 III R 38/07, BFH/NV 2009, 1107, m.w.N.).
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