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BAG 20.03.2024 - 5 AZR 161/23
BAG 20.03.2024 - 5 AZR 161/23 - Vertraglicher Anspruch auf ein 13. Monatsgehalt
Vorinstanz
vorgehend ArbG Hamburg, 7. Juni 2022, Az: 14 Ca 22/22, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Hamburg, 17. November 2022, Az: 3 Sa 31/22, Urteil
Tenor
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1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 17. November 2022 - 3 Sa 31/22 - wird zurückgewiesen.
-
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
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Die Parteien streiten über eine Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung eines 13. Monatsgehalts.
- 2
-
Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 13. Juni 1987 auf Basis eines schriftlichen Formulararbeitsvertrags vom 15. Juni 1987 zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt durchschnittlich 4.263,04 Euro beschäftigt. Der Arbeitsvertrag wurde mit der Konzernmuttergesellschaft der Beklagten, der Deutschen Lufthansa AG, geschlossen. Er sieht ua. folgende Regelungen vor:
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„3.
Die Rechte und Pflichten des Mitarbeiters ergeben sich aus den jeweils gültigen Tarifverträgen, den Betriebsvereinbarungen und Dienstvorschriften der DLH. Im Hinblick auf die vorgesehene Tätigkeit erfolgt eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe 6. …
4.
Entsprechend der in Ziffer 3 vorgenommenen Eingruppierung belaufen sich die monatlichen Bezüge auf:
…
Gesamtvergütung
2.641,-- DM
…
5.
Die Bezüge werden 13 mal jährlich bargeldlos gezahlt.“
- 3
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Die Beklagte ist Mitglied des Arbeitgeberverbandes Luftverkehr e.V. (im Folgenden: AGVL). Sie war im streitgegenständlichen Zeitraum - den Jahren 2020 und 2021 - an den Manteltarifvertrag Nr. 14 für das Bodenpersonal (im Folgenden: MTV Nr. 14 Boden) gebunden und zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags an den Manteltarifvertrag Nr. 12 für das Bodenpersonal (im Folgenden: MTV Nr. 12 Boden). Beide Tarifverträge enthalten - wie auch der Manteltarifvertrag Nr. 13 für das Bodenpersonal (vgl. dazu BAG 28. Juni 2023 - 5 AZR 9/23 - Rn. 3) - nahezu wortgleich jeweils in § 26 eine Regelung zur bargeldlosen Zahlung der „feststehenden monatlichen Vergütungsbestandteile“ jeweils zum 27. eines Monats. Weiter sehen sie im Rahmen der „Sozialbezüge“ in § 30 nahezu inhaltsgleich ein jährliches Urlaubs- und Weihnachtsgeld in Höhe von je einer halben Grundvergütung zuzüglich bestimmter Zulagen vor. § 30 MTV Nr. 14 Boden lautet auszugsweise:
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„§ 30 Urlaubs- und Weihnachtsgeld
(1)
Alle Mitarbeiter erhalten jährlich Urlaubs- und Weihnachtsgeld in Höhe von je einer halben Grundvergütung zuzüglich des halben Betrages eventuell zustehender Lehr-, Fremdsprachen- und Schleppzulagen. Die Berechnung des Urlaubsgeldes richtet sich nach der für Monat Mai, des Weihnachtsgeldes nach der für Monat November des betreffenden Jahres zugrunde liegenden vollen Vergütung (Grundvergütung zuzüglich eventueller Lehr-, Fremdsprachen- und Schleppzulagen).
(2)
Beginnt oder endet das Arbeitsverhältnis im laufenden Kalenderjahr, erwirbt der Mitarbeiter für jeden Kalendertag der Beschäftigung Anspruch auf 1/360 des Urlaubs- bzw. Weihnachtsgeldes.
Bei Arbeitsbefreiung ohne Fortzahlung der Vergütung ... und Ruhen des Arbeitsverhältnisses wird das Urlaubs- bzw. Weihnachtsgeld für jeden Arbeitstag ohne Vergütungsanspruch um 1/360 und für je fünf Arbeitstage ohne Vergütungsanspruch zusätzlich um 2/360 gekürzt.
...“
- 4
-
Nach § 30 Abs. 4 MTV Nr. 14 Boden wird das Urlaubsgeld mit der Maivergütung und das Weihnachtsgeld mit der Novembervergütung gezahlt.
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Seit April 2020 befand sich der AGVL wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Luftverkehr in Verhandlungen mit der Gewerkschaft ver.di über Maßnahmen zur Reduzierung der Personalkosten. Dazu veröffentlichte die Konzernmuttergesellschaft der Beklagten am 25. Mai 2020 in eBase, einem Intranet, auf das alle Beschäftigten des Konzerns Zugriff haben, einen Artikel über die Gespräche mit ver.di. Darin wird das Erfordernis geschildert, Personalkosten einzusparen und ausgeführt, dass die Arbeitgeberseite in den Verhandlungen unter anderem den Verzicht auf das Urlaubs- und Weihnachtsgeld fordere. Unter dem 16. Dezember 2020 schloss die Beklagte als Mitglied des AGVL mit ver.di einen Tarifvertrag zur Bewältigung des Corona-Krisenfalls für das Bodenpersonal (im Folgenden: TV Corona-Krise). Dieser sah für seine Laufzeit vom 10. November 2020 bis zum 31. Dezember 2021 in § 4 Abs. 1 vor, dass kein Urlaubs- und Weihnachtsgeld gemäß § 30 MTV Nr. 14 Boden gezahlt wird.
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Der Kläger erhielt seit Beginn des Arbeitsverhältnisses jeweils mit dem Gehaltslauf für Mai und November eine zusätzliche Leistung, deren Höhe den Regelungen zum tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubs- und Weihnachtsgeld entsprach. Im November 2020 und im Mai und November 2021 erfolgten diese Zahlungen, wie im TV Corona-Krise vorgesehen, nicht. Ein (weiteres) 13. Monatsgehalt zu einem von den zwölf regulären Gehaltsläufen abweichenden Termin zahlte die Beklagte während des Arbeitsverhältnisses zu keinem Zeitpunkt an den Kläger.
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Der Kläger hat gemeint, er habe jährlich Anspruch auf 13 Monatsgehälter. Zur Begründung der Klageforderung hat er sich in den Vorinstanzen auf Ziffern 4 und 5 des Arbeitsvertrags gestützt. Ziffer 5 sei als eine konstitutive Klausel zu verstehen, die ihm einen Anspruch auf die 13-malige Auszahlung seiner Monatsbezüge gewähre. Der TV Corona-Krise stehe diesem Anspruch nicht entgegen, da dort nur die Aussetzung des in § 30 MTV Nr. 14 Boden vorgesehenen Urlaubs- und Weihnachtsgeldes geregelt sei. Bei diesen Leistungen handele es sich um echte Gratifikationszahlungen und solche erhalte er nicht. Der Arbeitsvertrag vom 15. Juni 1987 sehe nur eine partielle Bezugnahme auf Tarifverträge vor und verweise jedenfalls nicht auf § 30 MTV Nr. 14 Boden. In der Revisionsbegründung hat der Kläger ausgeführt, einem rückwirkenden Eingriff in bereits entstandene tarifliche Ansprüche stünde jedenfalls hinsichtlich des Weihnachtsgeldes für das Jahr 2020 der Grundsatz des Vertrauensschutzes entgegen.
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Der Kläger hat vorinstanzlich zuletzt sinngemäß beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.394,56 Euro brutto nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2020 auf 2.131,52 Euro brutto, seit dem 1. Juni 2021 auf weitere 2.131,52 Euro brutto sowie seit dem 1. Dezember 2021 auf weitere 2.131,52 Euro brutto zu zahlen.
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In der Revision hat er zuletzt zusätzlich hilfsweise beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.131,52 Euro brutto nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2020 zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, Ziffer 5 des Arbeitsvertrags enthalte lediglich eine deklaratorische Regelung. Der Vertrag verschaffe dem Kläger keinen vertraglichen Anspruch auf ein 13. Monatsgehalt unabhängig von den tarifvertraglichen Regelungen. Dies ergebe die Auslegung des Arbeitsvertrags. Der mit der Revision hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf das tarifliche Weihnachtsgeld für das Jahr 2020 sei bislang nicht Streitgegenstand des Verfahrens gewesen und könne in der Revision nicht neu eingeführt werden.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat nachträglich zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Anspruch auf Zahlung eines 13. Monatsgehalts weiter. Hilfsweise macht er für das Jahr 2020 einen Anspruch auf das im MTV Nr. 14 Boden geregelte Weihnachtsgeld iVm. einer arbeitsvertraglichen Bezugnahme geltend. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass dem Kläger kein Anspruch auf Zahlung eines 13. Monatsgehalts aus § 611a BGB iVm. Ziffern 4 und 5 des Arbeitsvertrags vom 15. Juni 1987 zusteht. Soweit der Kläger in der Revision hilfsweise einen durch eine arbeitsvertragliche Bezugnahme vermittelten Anspruch auf das in § 30 MTV Nr. 14 Boden geregelte Weihnachtsgeld für das Jahr 2020 geltend machen will, handelt es sich um eine im Revisionsverfahren nicht zulässige Einführung eines neuen Streitgegenstands.
- 13
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I. Dem Kläger steht nach den Regelungen des Arbeitsvertrags vom 15. Juni 1987 kein eigenständiger vertraglicher Anspruch auf ein 13. Monatsgehalt zu. Ziffer 5 des Vertrags ist deklaratorisch und begründet, auch in Zusammenschau mit den weiteren Bestimmungen des Vertrags, keinen von § 30 MTV Nr. 14 Boden unabhängigen Anspruch ( vgl. BAG 28. Juni 2023 - 5 AZR 9/23 - Rn. 18 ff.). Das haben die Vorinstanzen zutreffend erkannt.
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1. Auf die Regelungen des Arbeitsvertrags vom 15. Juni 1987 finden die Auslegungsmaßstäbe für Allgemeine Geschäftsbedingungen Anwendung. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass es sich bei ihnen um von der Rechtsvorgängerin der Beklagten für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen handelte, die sie dem Kläger bei Abschluss des Vertrags gestellt hat. Der im Jahr 1987 geschlossene Arbeitsvertrag ist nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB einer AGB-Kontrolle am Maßstab der §§ 305 ff. BGB zu unterziehen.
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2. Ausgehend von den für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen geltenden Grundsätzen (vgl. hierzu und zum revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstab BAG 28. Juni 2023 - 5 AZR 9/23 - Rn. 20 ff.) begründet Ziffer 5 des Arbeitsvertrags vom 15. Juni 1987 - auch in Zusammenschau mit Ziffer 4 - keinen vertraglichen Anspruch auf ein 13. Monatsgehalt.
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a) Der Senat hat für ein gleichlautendes Vertragsmuster bereits entschieden, dass Ziffer 5 der vorformulierten Bedingungen keine eigenständige und konstitutive Regelung eines Anspruchs auf ein 13. Monatsgehalt darstellt (sh. BAG 28. Juni 2023 - 5 AZR 9/23 - Rn. 23 ff.).
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b) Die vom Kläger für das Vorliegen einer konstitutiven Regelung ergänzend vorgebrachten Argumente überzeugen nicht. Sie basieren im Wesentlichen auf der unzutreffenden Annahme, der Vertrag sehe keine oder allenfalls eine „partielle“ Bezugnahme auf tarifvertragliche Regelungen vor.
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aa) Der Arbeitsvertrag vom 15. Juni 1987 enthält jedoch in Ziffer 3 Satz 1 - unmittelbar nach der Regelung des Vertragsbeginns und Arbeitsortes (Ziffer 1) und der Probezeit (Ziffer 2) - eine uneingeschränkte (zeit-)dynamische Bezugnahmeklausel. Die verwendete Formulierung, nach der sich die „Rechte und Pflichten des Mitarbeiters [...] aus den jeweils gültigen Tarifverträgen, den Betriebsvereinbarungen und Dienstvorschriften der DLH“ ergeben, ist geradezu idealtypisch für diese Form einer Bezugnahme auf Tarifverträge. Sie steht am Beginn des kurzen Vertrags und ist nicht Bestandteil etwaiger Schlussbestimmungen. Sie verweist - vorangestellt - auf die Regelungen, nach denen das Arbeitsverhältnis durchgeführt werden soll. Die dynamische Bezugnahmeklausel enthält auch keine Einschränkungen hinsichtlich ihres Geltungsumfangs. Es handelt sich gerade nicht um eine eingeschränkte Bezugnahme „im Übrigen“ oder „soweit im Arbeitsvertrag nichts anderes geregelt ist“. All dies spricht erkennbar für den Willen, ausschließlich und umfassend die tariflichen Regelungen anzuwenden (sh. auch BAG 28. Juni 2023 - 5 AZR 9/23 - Rn. 28 ff.).
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bb) Wenn - wie vorliegend - ein tarifgebundener Arbeitgeber in einem Formulararbeitsvertag den bei ihm geltenden Tarifvertrag mit einer uneingeschränkten Bezugnahmeklausel in das Arbeitsverhältnis einbezieht, wird damit für die beteiligten Verkehrskreise erkennbar, dass das Arbeitsverhältnis umfassend nach den entsprechenden tariflichen Regelungen gestaltet werden soll. In solchen Fällen - und das berücksichtigt die Revision nicht ausreichend - bedarf es für die Annahme, mit weiteren Regelungen des Arbeitsvertrags solle eine konstitutive Besser- oder Schlechterstellung gegenüber diesen tariflichen Regelungen vereinbart werden, besonderer Anhaltspunkte (vgl. BAG 28. Juni 2023 - 5 AZR 9/23 - Rn. 28; 10. Juli 2013 - 10 AZR 898/11 - Rn. 21, 23).
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cc) Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass gerade Ziffer 5 des Arbeitsvertrags konstitutiv gelten sollte und insoweit tarifvertragliche Regelungen - seien sie günstiger oder ungünstiger - keine Anwendung finden sollten, sind nicht ersichtlich. Der Arbeitsvertrag ist in seiner Kürze logisch aufgebaut. Ziffer 3 regelt die Bezugnahme auf den Tarifvertrag und die daraus folgende Eingruppierung, Ziffer 4 informiert darüber, welche „Bezüge“ aus dieser Eingruppierung folgen und Ziffer 5 erläutert, wie diese gezahlt werden. Zwar mag die Formulierung in Ziffer 5 des Vertrags mit ihrem Verweis auf die 13-malige Zahlung missglückt sein, sie ist aber - zumal unter Berücksichtigung der beteiligten Verkehrskreise - nicht unverständlich. Die Information, die Bezüge würden „13mal“ gezahlt, war im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit Blick auf die (damals) in § 30 MTV Nr. 12 Boden vorgesehene Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld für die rechnerische Höhe der Jahresbezüge zutreffend, auch wenn diese Summe in zwölf Teilbeträgen überwiesen wurde.
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c) Auch nach der erkennbaren Interessenlage der Beteiligten sollten sich nach dem Arbeitsvertrag vom 15. Juni 1987 die Ansprüche auf Vergütung nach den tarifvertraglichen Bestimmungen in ihrer jeweils geltenden Fassung richten, was zudem der jahrzehntelangen Vertragspraxis entsprach (vgl. BAG 28. Juni 2023 - 5 AZR 9/23 - Rn. 31 ff.).
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3. Nach den vorstehenden Ausführungen sind die vertraglichen Regelungen nicht mehrdeutig iSd. § 305c Abs. 2 BGB. Bei Berücksichtigung der anerkannten Auslegungsmethoden bestehen im Entscheidungsfall keine erheblichen Zweifel (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Fall BAG 10. Juli 2013 - 10 AZR 898/11 - Rn. 24).
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II. Soweit der Kläger mit dem im Revisionsverfahren neu gestellten Hilfsantrag die Zahlung des Weihnachtsgeldes für das Jahr 2020 nach § 30 MTV Nr. 14 Boden iVm. Ziffer 3 des Arbeitsvertrags geltend macht, handelt es sich um eine in der Revisionsinstanz grundsätzlich unzulässige Klageerweiterung. Das Einbringen eines weiteren Streitgegenstands stellt eine Klageerweiterung dar oder steht ihr zumindest gleich (vgl. BAG 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 16, BAGE 130, 202).
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1. Der Gegenstand des Verfahrens bestimmt sich nach dem auch für das arbeitsgerichtliche Urteilsverfahren geltenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff durch den gestellten Antrag (Klageantrag) und dem ihm zugrunde liegenden Lebenssachverhalt (Klagegrund). Der Lebenssachverhalt umfasst das ganze, dem Klageantrag zugrunde liegende tatsächliche Geschehen, das bei natürlicher, vom Standpunkt der Parteien ausgehender Betrachtungsweise zu dem durch den Vortrag des Klägers zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehört oder gehört hätte (vgl. BAG 24. Mai 2018 - 6 AZR 215/17 - Rn. 21; 18. Mai 2011 - 4 AZR 457/09 - Rn. 15; ebenso bereits BGH 19. Dezember 1991 - IX ZR 96/91 - zu II 2 a der Gründe, BGHZ 117, 1). Das Vorbringen der Beklagten oder eigenes Verteidigungsvorbringen des Klägers gegenüber dem Beklagtenvortrag verändern den mit Antrag und Klagevorbringen festgelegten Streitgegenstand nicht (BAG 20. Februar 2018 - 1 AZR 787/16 - Rn. 12; 18. November 2014 - 1 AZR 257/13 - Rn. 15 mwN, BAGE 150, 50).
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2. Ausgehend hiervon stellen der (unterstellt) vertraglich individuell und konstitutiv vereinbarte Anspruch auf ein 13. Gehalt und der (unterstellt) durch eine Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag vermittelte Anspruch auf tarifvertragliche Sonderzahlungen in gleicher Höhe zwei Streitgegenstände dar (vgl. BAG 28. Juni 2023 - 5 AZR 9/23 - Rn. 15). Beide Ansprüche haben in tatsächlicher Hinsicht unterschiedliche Anspruchsvoraussetzungen.
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3. Nur ein vertraglicher Anspruch auf ein 13. Monatsgehalt aus Ziffern 4 und 5 des Arbeitsvertrags war Streitgegenstand des Berufungsverfahrens und der zugelassenen Revision.
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a) Der Kläger hat schon in der Klageschrift ausdrücklich nur einen Anspruch auf ein 13. Monatsgehalt aus Ziffern 4 und 5 des Arbeitsvertrags geltend gemacht und dieses vom Urlaubs- und Weihnachtsgeld nach § 30 MTV Nr. 14 Boden abgegrenzt. Ebenso hat er in der Berufungsbegründung argumentiert, Ziffer 3 des Arbeitsvertrags stelle nur eine partielle Bezugnahmeklausel auf Tarifverträge dar und jedenfalls § 30 MTV Nr. 14 Boden sei nicht arbeitsvertraglich in Bezug genommen. Es handele sich bei dem Urlaubs- und Weihnachtsgeld nach § 30 MTV Nr. 14 Boden und dem dem Kläger zustehenden 13. Monatsgehalt, das Gegenstand des Verfahrens sei, um unterschiedliche Regelungssachverhalte.
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b) Das Landesarbeitsgericht ist dieser vom Kläger vorgenommenen Differenzierung gefolgt. Es hat festgehalten, dass ein Anspruch auf das tarifliche Urlaubs- und Weihnachtsgeld aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme nicht Gegenstand des Verfahrens war. Folgerichtig hat es ausdrücklich nicht über einen solchen Anspruch entschieden (vgl. S. 13 und 18 f. der Entscheidungsgründe). Dies hat der Kläger weder mit einem Tatbestandberichtigungsantrag noch mit einer durchgreifenden Verfahrensrüge angegriffen.
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c) Die von der Revision erhobene Verfahrensrüge hinsichtlich einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch das Übergehen von Vortrag ist jedenfalls unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den in der Rüge angeführten Vortrag des Klägers zum TV Corona-Krise nicht übergangen. Es hat ihn - wie die Revision selbst ausführt - im Tatbestand berücksichtigt, aber wegen der vom Kläger vorgegebenen Differenzierung zwischen dem allein auf arbeitsvertragliche Regelungen (Ziffern 4 und 5 des Arbeitsvertrags) gestützten Anspruch auf ein 13. Monatsgehalt und dem Anspruch auf tarifliches Urlaubs- und Weihnachtsgeld für unerheblich gehalten. Es ist damit im Ergebnis der Argumentation des Klägers gefolgt, dass der TV Corona-Krise den vom ihm geltend gemachten Anspruch aus Ziffern 4 und 5 des Arbeitsvertrags nicht betrifft.
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4. Soweit der Kläger mit dem Hilfsantrag in der Revision nun die Zahlung von 2.131,52 Euro brutto wegen einer unzulässigen Rückwirkung des TV Corona-Krise verlangt, stützt er seine Klageforderung nicht mehr auf ein vertragliches vereinbartes 13. Gehalt, sondern auf einen durch die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag vermittelten vertraglichen Anspruch auf das tarifliche Weihnachtsgeld. Nur auf einen solchen Anspruch bezieht sich nämlich der TV Corona-Krise. Die hierin liegende Einführung eines neuen Streitgegenstands ist im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht zulässig. Die Voraussetzungen einer ausnahmsweise zulässigen Klageänderung in der Revisionsinstanz und die ihr gleichstehende Einführung eines neuen Streitgegenstands liegen ersichtlich schon deshalb nicht vor, weil sich das rechtliche Prüfprogramm mit Blick auf die neu aufgeworfene Problematik der Rückwirkung von Tarifverträgen und der Gewährung von Vertrauensschutz wesentlich ändern würde (vgl. dazu BAG 28. Mai 2014 - 5 AZR 794/12 - Rn. 14 mwN).
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III. Ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin: Selbst wenn der weitere Streitgegenstand in das Revisionsverfahren hätte eingeführt werden können, wäre allerdings nach Aktenlage davon auszugehen, dass dem Kläger für das Jahr 2020 auch kein durch die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag vermittelter Anspruch auf das Weihnachtsgeld nach § 30 MTV Nr. 14 Boden zustand. Denn die Regelungen in § 4 Abs. 1 iVm. § 9 TV Corona-Krise würden - auch hinsichtlich des Ausschlusses des Weihnachtsgeldes für das Jahr 2020 - nicht gegen das Rückwirkungsverbot verstoßen.
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1. Tarifvertragliche Regelungen tragen den immanenten Vorbehalt ihrer nachträglichen Abänderung durch Tarifvertrag in sich. Die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien zur rückwirkenden Änderung tarifvertraglicher Regelungen ist allerdings durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes der Normunterworfenen begrenzt; es gelten insoweit die gleichen Regelungen wie nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der Rückwirkung von Gesetzen (st. Rspr., vgl. BAG 30. November 2022 - 5 AZR 27/22 - Rn. 44 mwN).
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Zu unterscheiden ist danach zwischen echter und unechter Rückwirkung. Eine Rechtsnorm entfaltet echte Rückwirkung, wenn sie in einen abgeschlossenen Sachverhalt nachträglich eingreift (BAG 25. März 2015 - 5 AZR 458/13 - Rn. 38; 27. März 2014 - 6 AZR 204/12 - Rn. 42 ff., BAGE 147, 373). Um eine unechte Rückwirkung handelt es sich demgegenüber, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition entwertet („tatbestandliche Rückanknüpfung“, vgl. BVerfG 7. Juli 2010 - 2 BvL 14/02 ua. - Rn. 55, BVerfGE 127, 1; BAG 20. Juni 2018 - 7 AZR 737/16 - Rn. 24 mwN).
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2. Ausgehend hiervon würde es sich nach Aktenlage im Streitfall auch hinsichtlich des Weihnachtsgeldes für 2020 um eine unechte Rückwirkung handeln. Die Tarifvertragsparteien haben nicht für einen abgeschlossenen Sachverhalt nachträglich andere Regelungen vorgesehen. Die damit vorliegende unechte Rückwirkung ist zulässig.
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a) In der Regel müssen Arbeitnehmer zwar nicht damit rechnen, dass in bereits entstandene Ansprüche eingegriffen wird, auch wenn sie noch nicht erfüllt oder noch nicht fällig sind. Etwas anderes gilt nur dann, wenn bereits vor der Entstehung des Anspruchs hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Tarifvertragsparteien diesen Anspruch zu Ungunsten der Arbeitnehmer ändern werden (BAG 11. Oktober 2006 - 4 AZR 486/05 - Rn. 28, BAGE 119, 374).
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b) Unter Zugrundelegung dieser Anforderungen hätten die Tarifvertragsparteien die Zahlung des Weihnachtsgeldes für das Jahr 2020 ausschließen können. Ausgehend von den Regelungen in § 30 Abs. 2 MTV Nr. 14 Boden handelt es sich bei den dort vorgesehenen Sonderzahlungen um eine zusätzliche Vergütung der Arbeitsleistung im Bezugsjahr. Schon beim Entstehen des Anspruchs auf das Weihnachtsgeld (pro rata temporis) hätte aber kein schützenswürdiges Vertrauen des betroffenen Personenkreises in den Fortbestand dieser Leistung mehr bestanden. Dem stand in der krisenhaften Ausnahmesituation im Konzern der Beklagten im Jahr 2020 die Veröffentlichung im Intranet am 25. Mai 2020 entgegen. Mit Blick auf die dadurch bekannt gemachten Forderungen der Arbeitgeberseite hätte der betroffene Personenkreis mit Blick auf den pandemiebedingten Stillstand des Luftverkehrs mit einer „Aussetzung“ der tariflichen Regelungen rechnen müssen. Damit hätten in der zweiten Jahreshälfte und jedenfalls vor Entstehen des Anspruchs auf das Weihnachtsgeld, konkrete Anhaltspunkte dafür bestanden, dass die Tarifvertragsparteien den Anspruch zu Ungunsten der Arbeitnehmer ändern würden. Der Wegfall des Vertrauensschutzes hat dabei nicht zur Voraussetzung, dass der einzelne Tarifunterworfene positive Kenntnis von den maßgeblichen Umständen hat. Entscheidend und ausreichend ist vielmehr die Kenntnis der betroffenen Kreise (vgl. BAG 11. Oktober 2006 - 4 AZR 486/05 - Rn. 27, BAGE 119, 374).
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IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Linck
Neumann
Bubach
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