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BAG 24.11.2022 - 2 AZR 11/22
BAG 24.11.2022 - 2 AZR 11/22 - Schwangerschaft - Beginn des Kündigungsverbots
Normen
§ 17 Abs 1 S 1 Nr 1 MuSchG, Art 6 Abs 4 GG, § 278 BGB, § 85 Abs 2 ZPO
Vorinstanz
vorgehend ArbG Heilbronn, 15. April 2021, Az: 8 Ca 327/20, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, 1. Dezember 2021, Az: 4 Sa 32/21, Urteil
Leitsatz
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Das Kündigungsverbot aus § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MuSchG beginnt 280 Tage vor dem voraussichtlichen Entbindungstermin.
Tenor
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1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 1. Dezember 2021 - 4 Sa 32/21 - aufgehoben.
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2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.
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Die Beklagte kündigte das seit dem 15. Oktober 2020 bestehende Arbeitsverhältnis mit einem der Klägerin am Folgetag zugegangenen Schreiben vom 6. November 2020 ordentlich. Mit einem am 12. November 2020 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz erhob die Klägerin Kündigungsschutzklage, mit der sie ua. die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats bestritt.
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Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 2. Dezember 2020, der am Folgetag beim Arbeitsgericht einging, teilte die Klägerin mit, in der sechsten Woche schwanger zu sein. Der am 7. Dezember 2020 der Beklagten zugegangenen Abschrift war eine Schwangerschaftsbestätigung ihrer Frauenärztin vom 26. November 2020 beigefügt. Die Klägerin legte im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens eine weitere Schwangerschaftsbescheinigung vor, in welcher der voraussichtliche Geburtstermin mit 5. August 2021 angegeben wurde.
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Die Klägerin hält die Kündigung wegen Verstoßes gegen das Kündigungsverbot des § 17 Abs. 1 MuSchG für unwirksam. Sie sei zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs am 7. November 2020 bereits schwanger gewesen. Von der Schwangerschaft habe sie erst am 26. November 2020 sichere Kenntnis erhalten. Die verspätete Mitteilung an die Beklagte sei unverschuldet und unverzüglich nach ihrer - der Klägerin - Kenntnis erfolgt.
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Die Klägerin hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - sinngemäß beantragt
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festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 6. November 2020 nicht aufgelöst worden ist.
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Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und das Vorliegen einer Schwangerschaft zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs bestritten. Die Klägerin habe sie schon früher über eine mögliche Schwangerschaft benachrichtigen müssen. Jedenfalls sei die Mitteilung der Klägerin nicht mehr unverzüglich erfolgt. Ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten bei der verspäteten Übermittlung der ärztlichen Bescheinigung müsse sich die Klägerin zurechnen lassen.
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Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat ihre Berufung gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil unter Verletzung einer Rechtsnorm zurückgewiesen (§ 73 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Das Berufungsurteil ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat kann aufgrund fehlender tatrichterlicher Feststellungen nicht über die Wirksamkeit der Kündigung vom 6. November 2020 entscheiden.
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I. Die Revision der Klägerin ist zulässig, unbeschadet des Umstands, dass das Landesarbeitsgericht in den Nebenentscheidungen seines Urteils von einer „Berufungszulassung“ spricht. Für die Frage, ob eine Revision vom Landesarbeitsgericht zugelassen worden ist, kommt es allein auf den verkündeten Tenor seiner Entscheidung an (vgl. BAG 28. Mai 2020 - 8 AZR 169/19 - Rn. 20). Entgegen der Ansicht der Beklagten ist das Rechtsmittel der Klägerin auch nicht mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
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1. Das Rechtsschutzinteresse stellt grundsätzlich keine besondere Zulässigkeitsvoraussetzung für die Revisionseinlegung dar. Vielmehr ist mit dem Erfordernis der Beschwer im Allgemeinen gewährleistet, dass das Rechtsmittel nicht ohne ein sachliches Bedürfnis des Rechtsmittelklägers eingelegt wird. Ein Rechtsmittel ist deshalb nur ausnahmsweise wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, wenn eine unnötige, zweckwidrige oder missbräuchliche Beschreitung des vom Gesetz vorgesehenen Rechtsmittelwegs anzunehmen ist. Dies kann der Fall sein, wenn die begehrte gerichtliche Entscheidung für die Parteien bzw. Beteiligten keine rechtliche Wirkung mehr entfalten kann (vgl. BAG 15. Juli 2021 - 6 AZR 460/20 - Rn. 20).
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2. Die Beklagte meint, der Revision fehle das Rechtsschutzinteresse, weil die Klägerin in den Vorinstanzen wahrheitswidrigen Vortrag gehalten habe. Allerdings fehlt es insoweit bereits an Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Eine darauf bezogene durchgreifende Verfahrensrüge (§ 564 Satz 1 ZPO) hat die Beklagte ebenso wenig erhoben.
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II. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht einen Verstoß gegen das Kündigungsverbot in § 17 Abs. 1 Satz 1 MuSchG nicht verneinen und die Kündigung vom 6. November 2020 für wirksam halten.
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1. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 MuSchG in der seit dem 1. Januar 2018 geltenden Fassung ist die Kündigung gegenüber einer Frau während ihrer Schwangerschaft unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung die Schwangerschaft bekannt ist oder wenn sie ihm innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird. Das Überschreiten dieser Frist ist unschädlich, wenn die Überschreitung auf einem von der Frau nicht zu vertretenden Grund beruht und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird.
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2. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, die Klägerin könne sich nicht auf das Kündigungsverbot aus § 17 Abs. 1 Satz 1 MuSchG berufen, da bei ihr zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs am 7. November 2020 keine Schwangerschaft vorgelegen habe. Das Bestehen einer Schwangerschaft und damit der Beginn des Kündigungsverbots werde bei natürlicher Empfängnis ausgehend von dem ärztlich festgestellten mutmaßlichen Entbindungstermin entgegen der ständigen Senatsrechtsprechung (seit BAG 27. Januar 1966 - 2 AZR 141/65 -; zuletzt BAG 26. März 2015 - 2 AZR 237/14 - Rn. 16, BAGE 151, 189) nicht durch eine Rückrechnung eines Zeitraums von 280 Tagen, sondern lediglich von 266 Tagen bestimmt. Abzustellen sei - so das Berufungsgericht - nicht auf die äußerste zeitliche Grenze für den möglichen Beginn einer Schwangerschaft (280 Tage), sondern nur auf die durchschnittliche Schwangerschaftsdauer (266 Tage).
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3. Der Senat sieht sich nicht veranlasst, seine ständige Rechtsprechung zu ändern. Die teilweise auch im Schrifttum (vgl. KR/Gallner 13. Aufl. § 17 MuSchG Rn. 96 mwN) vertretene Auffassung der Vorinstanzen berücksichtigt nur ungenügend die sich aus dem Unionsrecht und aus nationalem Verfassungsrecht ergebenden Vorgaben.
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a) Der Zeitpunkt für den Beginn des Kündigungsverbots während einer Schwangerschaft ist weder im Unionsrecht noch im MuSchG näher definiert. Aus Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 (im Folgenden Mutterschutzrichtlinie), deren Umsetzung das Mutterschutzgesetz dient, folgt keine eigenständige unionsrechtliche Bestimmung des Begriffs „Schwangerschaft“. Vielmehr bleibt dessen Festlegung den mitgliedstaatlichen Regelungen vorbehalten. Auch das Mutterschutzgesetz enthält keine Definition des Begriffs „Schwangerschaft“, auf den das Kündigungsverbot gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MuSchG aufbaut. § 3 Abs. 1 Satz 3 und Satz 4 MuSchG, der für die Berechnung der Schutzfrist vor der Entbindung auf den voraussichtlichen Tag der Entbindung auf das ärztliche Zeugnis oder das Zeugnis einer Hebamme oder eines Entbindungspflegers und damit ebenfalls auf eine Prognose abstellt, lässt aber erkennen, dass der (werdenden) Mutter und mittelbar dem Kind der Schutz des MuSchG auch dann zugutekommen sollen, wenn der tatsächliche Entbindungstermin von dem vorausberechneten Zeitpunkt abweicht.
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b) Nach der Senatsrechtsprechung wird der Beginn des Kündigungsverbots aus § 17 Abs. 1 Satz 1 MuSchG bei natürlicher Empfängnis in entsprechender Anwendung von § 15 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 MuSchG in der Weise bestimmt, dass von dem ärztlich festgestellten mutmaßlichen Tag der Entbindung um 280 Tage zurückgerechnet wird (vgl. zu § 9 Abs. 1 MuSchG in der bis 31. Dezember 2017 geltenden Fassung [aF] BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 384/10 - Rn. 33; 7. Mai 1998 - 2 AZR 417/97 - zu II 1 der Gründe, BAGE 88, 357). Dieser Zeitraum umfasst die mittlere Schwangerschaftsdauer, die bei einem durchschnittlichen Menstruationszyklus zehn Lunarmonate zu je 28 Tagen - gerechnet vom ersten Tag der letzten Regelblutung an - beträgt. Er markiert die äußerste zeitliche Grenze, innerhalb derer bei normalem Zyklus eine Schwangerschaft vorliegen kann. Damit werden auch Tage einbezogen, in denen das Vorliegen einer Schwangerschaft eher unwahrscheinlich ist (BAG 26. März 2015 - 2 AZR 237/14 - Rn. 16, BAGE 151, 189). Insoweit geht es nicht um die Bestimmung des tatsächlichen - naturwissenschaftlichen - Beginns der Schwangerschaft im konkreten Fall, sondern um eine Berechnungsmethode für die Bestimmung des Kündigungsverbots wegen Schwangerschaft, der prognostische Elemente innewohnen und die am verfassungsrechtlich gebotenen Schutzauftrag orientiert ist.
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c) Die vorgenannte Auslegung von § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MuSchG steht in Einklang mit Unionsrecht und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union.
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aa) Die Regelung in § 17 Abs. 1 Satz 1 MuSchG setzt Art. 10 Mutterschutzrichtlinie um (vgl. BAG 27. Februar 2020 - 2 AZR 498/19 - Rn. 14, BAGE 170, 74). Nach dessen Nr. 1 treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um die Kündigung der Arbeitnehmerinnen iSd. Art. 2 Mutterschutzrichtlinie während der Zeit vom Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende des Mutterschaftsurlaubs nach Art. 8 Abs. 1 Mutterschutzrichtlinie zu verbieten; davon ausgenommen sind die nicht mit ihrem Zustand in Zusammenhang stehenden Ausnahmefälle, die entsprechend den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten zulässig sind, wobei gegebenenfalls die zuständige Behörde ihre Zustimmung erteilen muss.
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bb) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union soll das in Art. 10 Nr. 1 Mutterschutzrichtlinie vorgesehene Kündigungsverbot verhindern, dass sich die Gefahr, aus Gründen entlassen zu werden, die mit dem Zustand der schwangeren Arbeitnehmerin in Verbindung stehen, schädlich auf ihre physische und psychische Verfassung auswirken kann. Aus diesem Grund sei es offensichtlich, dass vom frühestmöglichen Zeitpunkt des Vorliegens einer Schwangerschaft auszugehen ist, um die Sicherheit und den Schutz von schwangeren Arbeitnehmerinnen zu gewährleisten (EuGH 26. Februar 2008 - C-506/06 - [Mayr] Rn. 39 f.).
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cc) Diese Vorgaben berücksichtigt die vom Senat angewandte Berechnungsmethode von 280 Tagen vor dem mutmaßlichen Tag der Entbindung. Der Zeitraum stellt die äußerste zeitliche Grenze dar, innerhalb derer bei normalem Zyklus eine Schwangerschaft vorliegen kann. Der Senat verzichtet bewusst auf eine Wahrscheinlichkeitsrechnung, um zu gewährleisten, dass jede tatsächlich Schwangere den Schutz des § 17 Abs. 1 Satz 1 MuSchG in Anspruch nehmen kann (vgl. zu § 9 Abs. 1 MuSchG aF BAG 26. März 2015 - 2 AZR 237/14 - Rn. 17, BAGE 151, 189). Da sich - sofern nicht ausnahmsweise der Tag der Konzeption zweifelsfrei feststeht - Fehler und Ungenauigkeiten nicht vermeiden lassen, ist es geboten, zunächst von der der Arbeitnehmerin günstigsten Berechnungsmethode auszugehen. Dabei werden zwar auch Tage einbezogen, in denen das Vorliegen einer Schwangerschaft eher unwahrscheinlich, aber eben nicht generell ausgeschlossen ist. Nur diese Betrachtungsweise erstreckt den Beginn des Kündigungsverbots auf den „frühestmöglichen Zeitpunkt des Vorliegens einer Schwangerschaft“, während die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung, wonach die „durchschnittliche“ Dauer einer Schwangerschaft von 266 Tagen maßgeblich sein soll, in Kauf nimmt, dass Arbeitsverhältnisse von schwangeren Arbeitnehmerinnen, bei denen die Konzeption bereits zu einem vor dem 266. Tag liegenden Zeitpunkt erfolgt ist, nicht vom Kündigungsverbot erfasst würden. Das wäre mit dem von der Mutterschutzrichtlinie gewollten und nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs gebotenen umfassenden Schutz von schwangeren Arbeitnehmerinnen nicht zu vereinbaren.
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dd) Es bedurfte keines Vorabentscheidungsersuchens gemäß Art. 267 AEUV an den Gerichtshof der Europäischen Union. Durch dessen in Rn. 20 angeführte Rechtsprechung ist bereits geklärt, dass im Rahmen der Mutterschutzrichtlinie vom frühestmöglichen Zeitpunkt des Vorliegens einer Schwangerschaft auszugehen ist. Darüber hinaus enthält die Mutterschutzrichtlinie lediglich Mindestvorschriften und schließt es deshalb nicht aus, dass die Mitgliedstaaten schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen oder stillenden Arbeitnehmerinnen einen weitergehenden Schutz gewähren (EuGH 22. Februar 2018 - C-103/16 - [Porras Guisado] Rn. 73).
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d) Soweit der deutsche Gesetzgeber bei der Umsetzung von § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MuSchG über die Vorgaben des Unionsrechts hinausgegangen ist, ist dies verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
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aa) Art. 10 Nr. 1 Mutterschutzrichtlinie gestattet es den Mitgliedstaaten, eine Kündigung in Fällen für zulässig zu halten, die nicht mit dem Zustand der schwangeren Arbeitnehmerin in Zusammenhang stehen. Von dieser Möglichkeit hat der nationale Gesetzgeber bei der Normierung des Kündigungsverbots in § 17 MuSchG keinen Gebrauch gemacht.
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bb) Selbst wenn hierin die Gewährung eines unionsrechtlich nicht gebotenen Schutzes läge, wären das Kündigungsverbot in § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MuSchG und die dazu vom Senat für den Schwangerschaftsbeginn herangezogene Berechnungsweise verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Art. 6 Abs. 4 GG enthält nicht nur einen Programmsatz, sondern einen bindenden Auftrag an den Gesetzgeber, dessen Erfüllung nicht in seinem Belieben steht. Wenn Mutterschutz überhaupt Bedeutung haben soll, dann vor allem für die Zeit der Schwangerschaft (vgl. BVerfG 25. Januar 1972 - 1 BvL 3/70 - zu III 1 der Gründe, BVerfGE 32, 273). Dabei ist es nicht zu vermeiden, dass der besondere Schutz der werdenden Mutter eine entsprechende Einschränkung entgegenstehender Interessen des Arbeitgebers mit sich bringt (vgl. BVerfG 13. November 1979 - 1 BvL 24/77 ua. - zu C I der Gründe, BVerfGE 52, 357), die aber weitgehend zurückstehen müssen (vgl. BAG 27. Februar 2020 - 2 AZR 498/19 - Rn. 26, BAGE 170, 74). Die Arbeitnehmerin und mittelbar das Kind sollen nicht durch wirtschaftliche Existenzängste belastet (vgl. §§ 18 ff. MuSchG), seelische Zusatzbelastungen durch einen Kündigungsschutzprozess vermieden werden (vgl. BAG 27. Februar 2020 - 2 AZR 498/19 - Rn. 14, aaO; 31. März 1993 - 2 AZR 595/92 - zu II 3 c aa der Gründe). Ein solcher Schutz wird in besonderem Maße durch eine generalisierende Betrachtungsweise mit größtmöglichem Umfang des Kündigungsverbots erreicht. Nur so ist sichergestellt, dass ausnahmslos jeder schwangeren Arbeitnehmerin das Kündigungsverbot zugutekommt. Die Erstreckung des Kündigungsverbots auf einen Zeitraum von 280 Tagen vor dem mutmaßlichen Tag der Entbindung - statt der vom Landesarbeitsgericht angenommenen 266 Tage - wird im Übrigen nur eine geringe Zahl in diesem Zeitfenster gekündigter Arbeitnehmerinnen betreffen. Ein möglicher Eingriff in das Grundrecht des Arbeitgebers aus Art. 12 Abs. 1 GG wiegt daher nicht so schwer, dass demgegenüber der verfassungsrechtlich gewährte Schutz der werdenden Mutter zurücktreten muss (vgl. zum Fall der Einbeziehung Schwangerer in das Kündigungsverbot, die ihre Schwangerschaftsmitteilung unverzüglich nachholen: BVerfG 22. Oktober 1980 - 1 BvR 262/80 - zu C 1 der Gründe, BVerfGE 55, 154).
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e) Die Interessen der betroffenen Arbeitgeber werden überdies durch die Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen des Kündigungsverbots aus § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MuSchG in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise gewahrt.
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aa) Anders als im Schrifttum angenommen, zieht der Senat bei der Berechnung des Beginns des Kündigungsverbots keinen Anscheinsbeweis zugunsten der Arbeitnehmerin heran. Die schwangere Arbeitnehmerin trifft vielmehr die Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen einer Schwangerschaft und den voraussichtlichen Entbindungstermin, die regelmäßig mit einer ärztlichen Bescheinigung erfüllt wird und Ausgangspunkt für die dann durchzuführende Berechnung ist. Der Arbeitgeber kann den Beweiswert einer ärztlichen Bescheinigung über den mutmaßlichen Entbindungstermin erschüttern, indem er Umstände darlegt und beweist, aufgrund derer es wissenschaftlich gesicherter Erkenntnis widerspräche, vom Beginn der Schwangerschaft vor Kündigungszugang auszugehen. Die Arbeitnehmerin muss dann weiteren Beweis führen und ist gegebenenfalls gehalten, ihre Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden (BAG 7. Mai 1998 - 2 AZR 417/97 - zu II 3 c der Gründe, BAGE 88, 357). Werden im Verlauf der Schwangerschaft genauere Erkenntnisse über den Zeitpunkt ihres Beginns gewonnen, kann zudem eine korrigierte Bescheinigung erstellt werden (BAG 27. Oktober 1983 - 2 AZR 566/82 - zu A II 2 c dd der Gründe).
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bb) Die vom Senat angewendete Berechnungsmethode zur Bestimmung des Beginns des Kündigungsverbots wegen Schwangerschaft hat daher auch nichts mit einer „Vermutung“ oder „Fiktion“ zu tun, wie das Landesarbeitsgericht meint.
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4. Die Auslegung des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MuSchG in der vorstehend beschriebenen Weise steht nicht im Widerspruch zu einem erkennbaren Willen des Gesetzgebers. Dieser hat - trotz Kenntnis der jahrzehntelangen Senatsrechtsprechung - bei der Neufassung des Mutterschutzgesetzes im Jahr 2017 von einer Normierung des Beginns des Kündigungsverbots bei natürlicher Empfängnis oder einer Berechnungsmethode zur Bestimmung von dessen Beginn abgesehen.
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5. Die Klägerin kann sich danach gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 MuSchG grundsätzlich auf das Verbot der Kündigung schwangerer Arbeitnehmerinnen berufen. Ausgehend von dem in der ärztlichen Bescheinigung genannten voraussichtlichen Entbindungstermin am 5. August 2021 führt eine Rückrechnung um 280 Tage - ohne den Entbindungstag mitzuzählen - zu einem Beginn des Kündigungsverbots am 29. Oktober 2020.
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a) Das Landesarbeitsgericht ist unter Bezugnahme auf die vom Arbeitsgericht durchgeführte Beweisaufnahme und die Bewertung von Ultraschalluntersuchungen davon ausgegangen, dass der ärztlich festgestellte voraussichtliche Entbindungstermin der 5. August 2021 gewesen ist. Diese revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbare Überzeugungsbildung nach § 286 Abs. 1 ZPO (vgl. BAG 11. Juni 2020 - 2 AZR 442/19 - Rn. 62 f., BAGE 171, 66) lässt keinen erheblichen Rechtsfehler erkennen. Die Rüge der Beklagten, schon das Arbeitsgericht habe die Beweisaufnahme nicht durchführen dürfen, weil der Vortrag der Klägerin verspätet gewesen sei, so dass auch das Landesarbeitsgericht den Vortrag habe zurückweisen müssen, geht fehl. Hat das Berufungsgericht Vorbringen zugelassen, ist dies im Revisionsverfahren unanfechtbar, weil die von § 67 ArbGG bezweckte Beschleunigungswirkung nicht wieder herstellbar ist (BAG 18. Dezember 2019 - 10 AZR 141/18 - Rn. 25 mwN). Die weiter von der Beklagten erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).
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b) Die Beklagte hat auch keine Umstände darlegt, aufgrund derer es wissenschaftlich gesicherter Erkenntnis widerspräche, vom Beginn der Schwangerschaft vor dem Kündigungszugang auszugehen.
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c) Die erst am 7. November 2020 zugegangene Kündigung verstößt gegen das Verbot in § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MuSchG, was grundsätzlich deren Nichtigkeit gemäß § 134 BGB zur Folge hat (vgl. BAG 27. Februar 2020 - 2 AZR 498/19 - Rn. 9, BAGE 170, 74).
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III. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (vgl. § 561 ZPO). Die Kündigung gilt insbesondere nicht gemäß § 7 KSchG als wirksam, da die Klägerin innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG Klage erhoben hat.
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IV. Der Senat kann nicht gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden. Ob die Kündigung wegen Verstoßes gegen das Verbot in § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MuSchG unwirksam ist, steht noch nicht fest. Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 2 MuSchG getroffen.
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1. Der Beklagten war die Schwangerschaft der Klägerin bei Ausspruch der Kündigung nicht bekannt. Sie wurde ihr auch nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung am 7. November 2020 mitgeteilt, sondern erst am 7. Dezember 2020.
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2. Die Fristüberschreitung ist von der schwangeren Frau dann iSd. § 17 Abs. 1 Satz 2 MuSchG zu vertreten, wenn sie auf einem gröblichen Verstoß gegen das von einem ordentlichen und verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten zurückzuführen ist („Verschulden gegen sich selbst“; vgl. zu § 9 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 MuSchG aF: BAG 26. September 2002 - 2 AZR 392/01 - zu B I 2 a der Gründe). Die Arbeitnehmerin versäumt die rechtzeitige Mitteilung der Schwangerschaft infolgedessen schuldhaft, wenn sie die Mitteilung innerhalb der Zweiwochenfrist unterlässt, obwohl sie die Schwangerschaft kennt, oder wenn zwar noch keine positive Kenntnis besteht, aber gleichwohl zwingende Anhaltspunkte gegeben sind, die das Vorliegen einer Schwangerschaft praktisch unabweisbar erscheinen lassen. Das Untätigsein der Arbeitnehmerin beim Vorliegen einer bloßen, mehr oder weniger vagen Schwangerschaftsvermutung reicht dagegen regelmäßig nicht aus, ihr ein schuldhaftes Verhalten - mit der Folge des Verlusts des besonderen Kündigungsschutzes - vorzuwerfen (vgl. zu § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG aF: BAG 15. November 1990 - 2 AZR 270/90 - zu II 3 der Gründe; 6. Oktober 1983 - 2 AZR 368/82 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 43, 331).
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3. Die Klägerin hat behauptet, erst am 26. November 2020 aufgrund der ärztlichen Mitteilung Kenntnis von ihrer Schwangerschaft gehabt zu haben, also mehr als zwei Wochen nach Zugang der Kündigung. Die Beklagte hat das bestritten und ferner eingewandt, angesichts vorheriger Schwangerschaftsselbsttests habe die Klägerin sie früher vom Bestehen einer (möglichen) Schwangerschaft informieren müssen. Anders als vom Arbeitsgericht, das zu dieser Frage eine Beweisaufnahme durchgeführt hat, hat das Landesarbeitsgericht hierzu keine Feststellungen getroffen. Diese liegen insbesondere nicht in den allenfalls kursorischen Ausführungen in den Nebenentscheidungen des Berufungsurteils, wo von einem „Zeitraum von elf Tagen zwischen Kenntnis und Mitteilung der Schwangerschaft“ die Rede ist. Das Landesarbeitsgericht hat sich insoweit auch nicht das Ergebnis der Beweisaufnahme des Arbeitsgerichts zu eigen gemacht.
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4. Das Landesarbeitsgericht hat im fortgesetzten Berufungsverfahren Feststellungen zu der Frage der unverschuldeten Fristüberschreitung iSv. § 17 Abs. 1 Satz 2 MuSchG zu treffen. Sollte sich dabei die Behauptung der Klägerin als zutreffend erweisen, sie habe von ihrer Schwangerschaft erst am 26. November 2020 positiv gewusst und es habe auch früher keine zwingenden Anhaltspunkte gegeben, die das Bestehen einer Schwangerschaft praktisch unabweisbar erscheinen ließen, wäre die Mitteilung der Klägerin über das Bestehen ihrer Schwangerschaft noch unverzüglich iSv. § 17 Abs. 1 Satz 2 MuSchG nachgeholt worden.
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a) Soweit die schwangere Arbeitnehmerin die Mitteilungsfrist unverschuldet versäumt hat, liegt ein die Unverzüglichkeit der Nachholung der Mitteilung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 MuSchG ausschließendes Verschulden nicht darin, dass sie ihre Schwangerschaft dem Arbeitgeber nicht unmittelbar, sondern im Rahmen eines Schriftsatzes in einem Kündigungsschutzprozess mitteilt (vgl. zu § 9 Abs. 1 MuSchG aF BAG 6. Oktober 1983 - 2 AZR 368/82 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 43, 331), auch wenn § 167 ZPO in diesem Zusammenhang keine Anwendung findet (vgl. Schaub ArbR-HdB/Linck 19. Aufl. § 169 Rn. 6). Die Mitteilung hat dem Arbeitgeber gegenüber zu erfolgen. Aber auch bei einer dem Gesetz entsprechenden Sachbehandlung eingehender Schriftsätze durch das Arbeitsgericht ist gewährleistet, dass der Arbeitgeber innerhalb angemessener Frist von der Schwangerschaft Kenntnis erlangt (vgl. zu § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG aF BAG 27. Oktober 1983 - 2 AZR 214/82 - zu III 3 a der Gründe).
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b) Die Arbeitnehmerin trägt nicht allgemein das Risiko des rechtzeitigen Zugangs der Schwangerschaftsmitteilung. Hindernisse bei der Übermittlung, an denen sie kein Verschulden trifft, können ihr nicht zugerechnet werden. Das Bundesverfassungsgericht (13. November 1979 - 1 BvL 24/77 ua. - zu C I der Gründe, BVerfGE 52, 357) hat das Verbot an den Gesetzgeber, den Verlust des Kündigungsschutzes einer werdenden Mutter auch bei unverschuldet verspäteter und unverzüglich nachgeholter Mitteilung der Schwangerschaft eintreten zu lassen, aus dem Verfassungsauftrag des Art. 6 Abs. 4 GG hergeleitet, insbesondere auch der werdenden Mutter Schutz und Fürsorge der Gemeinschaft angedeihen zu lassen. Mit dieser verfassungsrechtlich gebotenen Beschränkung der Verwirkung des mutterschutzrechtlichen Kündigungsschutzes durch Versäumung der Mitteilungsfrist ist jedoch eine Haftung der Arbeitnehmerin für Mitteilungshindernisse, die von ihr nicht beeinflussbar sind und an deren Eintritt sie deshalb auch kein eigenes Verschulden treffen kann, nicht vereinbar (vgl. zu § 9 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 MuSchG aF BAG 27. Oktober 1983 - 2 AZR 214/82 - zu III 3 b der Gründe).
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c) Die Arbeitnehmerin haftet nicht für das Verschulden eines von ihr mit der Schwangerschaftsmitteilung beauftragten Boten oder allgemein zur Wahrnehmung ihrer Rechte gegenüber dem Arbeitgeber ermächtigten Vertreters.
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aa) In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass es bei der Schwangerschaftsmitteilung keine Zurechnung des Verschuldens Dritter unter dem Gesichtspunkt des § 278 BGB oder des § 85 Abs. 2 ZPO gibt (vgl. zu § 9 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 MuSchG aF BAG 27. Oktober 1983 - 2 AZR 214/82 - zu III 3 c der Gründe). Der vorliegende Fall gibt keinen Anlass hiervon abzurücken, zumal das auch nicht mit der aus Art. 6 Abs. 4 GG folgenden verfassungsrechtlich gebotenen Beschränkung der Verwirkung des mutterschutzrechtlichen Kündigungsschutzes durch Versäumung der Mitteilungsfrist (vgl. BVerfG 22. Oktober 1980 - 1 BvR 262/80 - zu C 1 der Gründe, BVerfGE 55, 154; 13. November 1979 - 1 BvL 24/77 ua. - zu C I der Gründe, BVerfGE 52, 357) zu vereinbaren wäre.
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bb) Diese Sichtweise entspricht dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz, wonach es schwangeren Arbeitnehmerinnen nicht übermäßig erschwert werden darf, ihre Rechte aus Art. 10 Mutterschutzrichtlinie durchzusetzen (vgl. zu Klagefristen: EuGH 29. Oktober 2009 - C-63/08 - [Pontin] Rn. 39 f., 67). Es muss gewährleistet sein, dass nicht durch - zu kurze - Fristen im mitgliedstaatlichen Verfahren der unionsrechtlich gewollte hohe Schutz der Schwangeren unterlaufen wird (zur besonderen Schutzbedürftigkeit Schwangerer vgl. auch EuGH 22. Februar 2018 - C-103/16 - [Porras Guisado] Rn. 45 f.).
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cc) Die Annahme einer planwidrigen, ausfüllungsbedürftigen Regelungslücke, die zu der von der Beklagten verlangten analogen Anwendung von § 278 BGB berechtigen könnte, liegt schon deshalb fern, da der Gesetzgeber, dem die langjährige Rechtsprechung des Senats bekannt war, bei der Neufassung des Mutterschutzgesetzes im Jahr 2017 keinen Handlungsbedarf für die Schaffung einer Zurechnungsregelung betreffend Verschulden Dritter gesehen hat.
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d) Eine unverzügliche Nachholung der Schwangerschaftsmitteilung liegt dagegen nicht vor, wenn die Arbeitnehmerin sich nicht alsbald nach Kenntniserlangung - ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) - an ihren Arbeitgeber oder Prozessbevollmächtigten wendet, oder wenn sie hinsichtlich des Boten oder Vertreters ein Auswahlverschulden trifft.
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e) Sollte die Klägerin von ihrer Schwangerschaft erst am 26. November 2020 positiv Kenntnis erlangt haben, ohne dass es früher zwingende Anhaltspunkte gegeben hat, die das Bestehen einer Schwangerschaft praktisch unabweisbar erscheinen ließen, wäre das Nachholen der Schwangerschaftsmitteilung noch unverzüglich iSv. § 17 Abs. 1 Satz 2 MuSchG gewesen. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts muss sich die Klägerin spätestens am 2. Dezember 2020 an ihren Prozessbevollmächtigten gewandt haben, der mit Schriftsatz von diesem Tag, der am Folgetag beim Arbeitsgericht einging, die Schwangerschaft mitteilte. In der gegebenen Situation ist ein Zeitraum von sechs Tagen, bis die Klägerin ihren Anwalt kontaktierte, noch als unverzüglich anzusehen. Ob es bei der Weiterleitung der Mitteilung durch den Anwalt zu schuldhaften Verzögerungen kam, ist schon deshalb rechtlich ohne Bedeutung, weil diese der Klägerin nicht zuzurechnen wären. Sie konnte davon ausgehen, dass die Mitteilung die Beklagte zeitnah erreicht, zumal hierfür keine besondere Form vorgeschrieben ist. Für ein Auswahlverschulden der Klägerin ist weder etwas vorgetragen noch objektiv ersichtlich.
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V. Die gegenüber der Klägerin ausgesprochene Kündigung erweist sich nicht schon aus anderen Gründen als unwirksam. Soweit die Klägerin mit der Klageschrift eine mangelnde soziale Rechtfertigung der Kündigung geltend gemacht hat, kann sie sich hierauf nicht berufen, da sie die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG noch nicht erfüllt hatte. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts, wonach der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung von der Beklagten ordnungsgemäß iSv. § 102 Abs. 1 BetrVG angehört wurde, lassen weder Rechtsfehler erkennen noch zeigt die Revision solche auf. Bei Kündigungen während der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG, die - wie hier - auf personenbezogenen Werturteilen beruhen, reicht die Mitteilung des Werturteils für eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung aus (vgl. BAG 19. November 2015 - 6 AZR 844/14 - Rn. 31, BAGE 153, 286; 22. September 2005 - 2 AZR 366/04 - Rn. 23).
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VI. Da das Berufungsurteil gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben war, bedurfte es keiner Berichtigung nach § 319 Abs. 1 ZPO wegen des dort im Tenor zu 1. falsch wiedergegebenen erstinstanzlichen Aktenzeichens. Das Landesarbeitsgericht hat im fortgesetzten Berufungsverfahren auch über die Kosten der Revision zu entscheiden.
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Koch
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