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BSG 22.03.2022 - B 7/14 AS 393/21 B
BSG 22.03.2022 - B 7/14 AS 393/21 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Urteilsinhalt - Fehler bei der Abfassung des Tatbestands
Normen
§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 136 Abs 1 Nr 5 SGG
Vorinstanz
vorgehend SG Köln, 8. November 2018, Az: S 13 AS 2964/18, Urteil
vorgehend Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 8. September 2021, Az: L 12 AS 2077/18, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8. September 2021 - L 12 AS 2077/18 - wird als unzulässig verworfen.
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Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
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Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG).
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Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Die geltend gemachten Zulassungsgründe der Divergenz und des Verfahrensmangels hat die Klägerin in der Beschwerdebegründung nicht schlüssig bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
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Soweit die Klägerin sich auf eine (vermeintliche) Abweichung der Berufungsentscheidung (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) beruft, legt sie die Voraussetzungen für das Vorliegen eines solchen Zulassungsgrundes nicht hinreichend dar.
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Für die Bezeichnung einer Abweichung (Divergenz) ist aufzuzeigen, mit welcher genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angefochtene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage des BSG abweicht. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG aufgestellt hat (vgl BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72), weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt (BSG vom 29.5.2006 - B 2 U 391/05 B - SozR 4-1500 § 193 Nr 3 RdNr 4).
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Diese Voraussetzung erfüllt die Beschwerdebegründung nicht. In ihr wird schon kein konkreter Rechtssatz wiedergegeben, den das LSG in seiner Entscheidung aufgestellt haben soll. Vielmehr beschränken sich die Darlegungen zur Divergenz darauf, Entscheidungen des BSG zu Verfahrensmängeln im Zusammenhang mit dem Umfang des Tatbestands in den schriftlichen Urteilsgründen zu benennen und rügen das Vorgehen des LSG, das den in diesen Entscheidungen aufgestellten Grundsätzen widersprochen haben soll. Die in diesem Vorgehen liegende bloße Gestaltung des Entscheidungsinhalts ist indes nicht der Divergenzrüge zugänglich, sondern eröffnet die Verfahrensrüge.
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Auch ein Verfahrensmangel ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen, auf dem iS des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann.
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Die Klägerin rügt als Verfahrensmangel einen Verstoß gegen § 136 Abs 1 Nr 5, Abs 2 SGG, weil die Entscheidung des LSG nicht die gedrängte Darstellung des Tatbestands beinhalte sowie die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG, weil ihr nicht hinreichend Gelegenheit gegeben worden sei, zu ihrer Hilfebedürftigkeit vorzutragen.
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Die Rüge der Verletzung von § 136 Abs 1 Nr 5, Abs 2 SGG erfüllt die Anforderungen an die schlüssige Bezeichnung eines Verfahrensmangels nicht. Die Klägerin macht wegen des Inhalts des Urteils geltend, das SG habe seine Entscheidung auf einen fehlenden Leistungsantrag gestützt. Demgegenüber sei das LSG davon ausgegangen, dass ein solcher Antrag vorgelegen habe, die Klägerin aber nicht hilfebedürftig gewesen sei. Dazu komme im streitigen Teil des Tatbestands des LSG nur folgende Passage vor: "Die Klägerin behauptet, ihren Lebensunterhalt habe sie im streitigen Zeitraum mit Bargeld bestritten, das sie im Leistungsantrag in der Anlage 'VM' angegeben habe. Mietzahlungen seien ihr gestundet worden." und der Tatbestand enthalte wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands Bezugnahmen auf die Gerichtsakte, Akten zum Parallelverfahren, beigezogene Akten des SG Köln zu drei Verfahren sowie des Beklagten.
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Diese Ausführungen genügen für die Bezeichnung eines Verfahrensmangels iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG durch Verstoß gegen § 136 Abs 1 Nr 5 SGG nicht, weil sich aus ihnen nicht ergibt, dass die Fehler, die dem LSG bei der Abfassung des Tatbestands unterlaufen sein sollen, auch schwerwiegend sind. Die Schwere eines Verstoßes gegen § 136 Abs 1 Nr 5 SGG entscheidet darüber, ob er als Verfahrensmangel im Rahmen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG erfolgreich gerügt werden kann. Ob ein Fehler schwerwiegend ist, ist ausgehend von der Funktion des Tatbestands zu beurteilen, der ua die Grundlage für die Nachprüfung des Berufungsurteils in der Revisionsinstanz bildet (BSG vom 7.2.2017 - B 5 R 308/16 B - RdNr 15 unter Hinweis auf § 163 SGG). Grundlage der Nachprüfung des Berufungsurteils in der Revisionsinstanz sind indes nicht nur die im Tatbestand der Entscheidung getroffenen Feststellungen. Vielmehr können Feststellungen auch den Entscheidungsgründen zu entnehmen sein (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 163 RdNr 3). Insofern hätte es der Darlegung bedurft, dass sich auch die Entscheidungsgründe des Urteils des LSG nicht zum der Entscheidung zugrundeliegenden, festgestellten Sachverhalt verhalten. Davon geht indes auch die Beschwerdebegründung nicht aus, weil sie verlangt, dass sich das LSG in Tatbestand und Entscheidungsgründen in korrespondierender Art und Weise mit seinen Feststellungen und daraus abgeleiteten juristischen Folgerungen zur Frage der Hilfebedürftigkeit der Klägerin hätte auseinandersetzen müssen. Darauf, dass ausschließlich der Tatbestand Feststellungen enthalten darf und den Entscheidungsgründen allein die - korrespondierende - Würdigung derselben vorbehalten ist, kommt es bei einem im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren beachtlichen Verstoß gegen § 136 Abs 1 Nr 5 SGG indes nicht an. Weil insoweit nicht aufgezeigt worden ist, dass die Entscheidung mit ihren ausdrücklichen Tatsachenfeststellungen ungeeignet ist, Grundlage für die Nachprüfung des Urteils des LSG in der Revisionsinstanz zu sein, ist ohne Belang, ob die dargestellte Bezugnahme auf beigezogene Akten die im Rahmen des § 136 Abs 2 SGG einzuhaltenden Anforderungen erfüllen kann.
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Soweit mit der Beschwerde geltend gemacht wird, der Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) sei verletzt worden, weil ihr nicht hinreichend Gelegenheit gegeben worden sei, zu ihrer Hilfebedürftigkeit vorzutragen, legt die Beschwerdebegründung nicht dar, dass diese Frage nicht Gegenstand der Erörterung (vgl § 128 Abs 2 SGG) gewesen ist. Die Ausführungen in der Beschwerdebegründung zur Gehörsrüge beschränken sich vielmehr darauf, dass die Antragstellung Schwerpunkt des Verfahrens gewesen sei. Sie zeigt aber nicht auf, dass nach dieser - notwendig zu klärenden - Vorfrage die Hilfebedürftigkeit der Klägerin nicht thematisiert worden sei, zumal die in der Beschwerdebegründung als streitiger Teil wiedergegebene Passage des Urteils des LSG Einzelheiten des Vortrags der Klägerin zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts enthält.
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Die Verwerfung der Beschwerden erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
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Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
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