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BSG 08.12.2020 - B 4 AS 280/20 B
BSG 08.12.2020 - B 4 AS 280/20 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - Rücknahmestreit über Beendigung eines Berufungsverfahrens (hier: durch Berufungsrücknahmefiktion) - Entscheidung des Gerichts - Betreibensaufforderung - Nichtvorlage der Berufungsbegründung - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Normen
§ 156 Abs 2 S 1 SGG, § 156 Abs 2 S 3 SGG, § 67 SGG, § 102 Abs 2 SGG, § 151 Abs 3 SGG, § 153 Abs 4 SGG, § 160a SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 92 Abs 2 S 1 VwGO
Vorinstanz
vorgehend SG Cottbus, 1. August 2012, Az: S 2 AS 2095/09, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 19. Juni 2020, Az: L 5 AS 883/16 WA, Beschluss
Tenor
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Die Beschwerden der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 19. Juni 2020 werden zurückgewiesen.
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Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
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I. Das Beschwerdeverfahren betrifft die Frage der Beendigung eines Rechtsstreites durch eine Berufungsrücknahmefiktion.
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Der Beklagte bewilligte den Klägern Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende für September 2009 bis Februar 2010. Das SG hat den auf die Gewährung höherer Leistungen gerichteten Klagen teilweise stattgegeben (Urteil vom 1.8.2012).
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Die Kläger haben am 17.8.2012 beim SG Berufung eingelegt und die Zulassung der Berufung beantragt; einen Berufungsantrag oder eine Begründung enthielt der Schriftsatz nicht. Das LSG hat die Kläger mit Eingangsbestätigung vom 6.9.2012 zur Begründung der Berufungen binnen vier Wochen aufgefordert und, nachdem die Kläger nicht reagiert hatten, sie hieran mit Schreiben vom 12.11.2012 und 14.1.2013 erinnert. Nachdem die Kläger hierauf weiterhin nicht reagiert hatten, hat der Berichterstatter sie mit Schreiben vom 18.2.2013 zum Betreiben des Verfahrens durch Übersendung einer Berufungsbegründung aufgefordert und auf die Rechtsfolgen eines Nichtbetreibens hingewiesen. Das Schreiben ist den Klägern am 25.2.2013 zugestellt worden. Nachdem hierauf weiterhin keine Reaktion der Kläger zu verzeichnen war, hat der Berichterstatter festgestellt, dass die Berufungen als zurückgenommen gelten (Beschluss vom 5.6.2013). Am 17.6.2013 ist beim LSG eine Berufungsbegründung der Kläger eingegangen.
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Am 21.1.2016 haben die Kläger die Fortführung des Berufungsverfahrens beantragt. Das LSG hat daraufhin festgestellt, dass die Berufungen der Kläger als zurückgenommen gelten (Beschluss vom 19.6.2020).
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Mit ihren Nichtzulassungsbeschwerden rügen die Kläger einen Verfahrensmangel durch eine Verletzung des § 156 Abs 2 Satz 1 SGG. Die Betreibensaufforderung sei unwirksam gewesen. In erster Instanz sei das Klagebegehren umfassend dargelegt worden und ein Klageantrag gestellt worden. Die Behauptung des LSG, es habe das Berufungsbegehren nicht erkennen können, liege neben der Sache. Denn ohne weiteren Vortrag hätte das LSG davon ausgehen müssen, dass das Klagebegehren der ersten Instanz mit Ausnahme derjenigen Leistungen, die durch das SG bereits ausgeurteilt worden seien, ohne Einschränkungen weiterverfolgt werde. Es sei nicht ersichtlich und werde auch vom LSG nicht weiter begründet, dass das Klagebegehren in irgendeiner Weise unklar gewesen wäre.
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II. 1. Die zulässigen Beschwerden sind unbegründet. Der von den Klägern allein geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor.
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a) Gemäß § 156 Abs 2 Satz 1 SGG gilt die Berufung als zurückgenommen, wenn der Berufungskläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Der Berufungskläger ist in der Aufforderung auf die Rechtsfolgen hinzuweisen, die sich aus Satz 1 und gegebenenfalls aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 155 Abs 2 VwGO ergeben (§ 156 Abs 2 Satz 2 SGG). Das Gericht stellt durch Beschluss fest, dass die Berufung als zurückgenommen gilt (§ 156 Abs 2 Satz 3 SGG). Hierfür ist gemäß § 155 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGG der Berichterstatter zuständig, wenn - wie hier - ein solcher bestellt ist. Der Beschluss ist deklaratorischer Natur (zur Klagerücknahme BSG vom 15.12.1982 - GS 2/80 - BSGE 54, 223, 225 = SozR 1300 § 44 Nr 3 S 4 = juris RdNr 9; zu § 92 Abs 2 Satz 4 VwGO BVerwG vom 1.10.1990 - 4 NB 17/90 - juris RdNr 5 f; im hiesigen Kontext etwa Sommer in Roos/Wahrendorf, BeckOGK SGG, § 156 RdNr 18, Stand 1.9.2019), da die Rücknahmefiktion bei Vorliegen der Voraussetzungen ipso iure eintritt. Beantragt ein Kläger die Fortsetzung des Rechtsstreites, hat das Gericht hierüber zu entscheiden (zur Klagerücknahmefiktion BSG vom 19.3.2020 - B 4 AS 4/20 R - RdNr 18 mwN - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen); dies kann durch Urteil oder - bei Vorliegen der dortigen Voraussetzungen - gemäß § 153 Abs 4 SGG durch Beschluss geschehen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 156 RdNr 6). Ob der (nicht fristgebundene) Antrag auf Fortführung des Verfahrens der Verwirkung unterliegen kann (so LSG Niedersachsen-Bremen vom 11.6.2020 - L 15 AS 281/18 - juris RdNr 20 f), bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, weil sich dies im Ergebnis nicht auswirkt.
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Die Rücknahmefiktion beruht auf der Annahme, dass der Berufungskläger kein objektives Rechtsschutzbedürfnis und/oder kein (subjektives) Rechtsschutzinteresse (mehr) hat (BSG vom 19.3.2020 - B 4 AS 4/20 R - RdNr 20 mwN - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; vgl zur Klagerücknahmefiktion BVerfG [Kammer] vom 27.10.1998 - 2 BvR 2662/95 - juris RdNr 18). Es geht dabei also nicht (allein) um die Frage, ob (noch) ein objektives Rechtsschutzbedürfnis im Sinne einer belastenden Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidung vorliegt (vgl BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 105/16 B - SozR 4-1500 § 156 Nr 1 RdNr 9 f). Die Berufungsrücknahmefiktion kann auch dann greifen, wenn zweifelsohne eine Belastung des Berufungsklägers vorliegt, sich aus seinem Verhalten jedoch schließen lässt, dass er kein Interesse (mehr) an der gerichtlichen Durchsetzung ihrer Beseitigung hat. Auf die Gründe dieses fehlenden Interesses kommt es dabei nicht an; es kann beispielsweise auf den als gering erkannten Erfolgsaussichten beruhen (BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 105/16 B - SozR 4-1500 § 156 Nr 1 RdNr 10) oder auf einer Abwägung von Aufwand und Nutzen. Die Rücknahmefiktion ist aber kein Hilfsmittel zur bequemen Erledigung lästiger Verfahren oder zur vorsorglichen Sanktionierung prozessleitender Verfügungen (zur Klagerücknahmefiktion BSG vom 1.7.2010 - B 13 R 74/09 R - juris RdNr 51; BVerwG vom 5.7.2000 - 8 B 119/00 - Buchholz 310 § 92 VwGO Nr 12 - juris RdNr 3 mwN; BVerwG vom 12.4.2001 - 8 B 2/01 - Buchholz 310 § 92 VwGO Nr 13 - juris RdNr 5).
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Der Gesetzgeber hat mit der ausdrücklichen Verankerung der Berufungsrücknahmefiktion in § 156 Abs 2 SGG auf die Rechtsprechung des BSG reagiert, wonach die Klagerücknahmefiktion des § 102 Abs 2 SGG nicht im Berufungsverfahren im Sinne einer Berufungsrücknahmefiktion angewendet werden darf (BSG vom 1.7.2010 - B 13 R 58/09 R - BSGE 106, 254 = SozR 4-1500 § 102 Nr 1, RdNr 16 ff). Die Regelung soll der Verfahrensbeschleunigung dienen und damit zur Entlastung der Landessozialgerichte beitragen (Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung, BT-Drucks 17/6764, S 27). Die Berufungsrücknahmefiktion des § 156 Abs 2 SGG hat ihr Vorbild damit in der Klagerücknahmefiktion des § 102 Abs 2 SGG, die wiederum an die seit 1997 geltenden Regelungen des § 92 Abs 2 VwGO und § 126 Abs 2 VwGO anknüpft, die ihrerseits ihren Vorläufer in § 81 AsylVfG (jetzt AsylG) haben. Daran und an der dazu ergangenen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung hat sich der Gesetzgeber bei der Einführung der Klagerücknahmefiktion in das sozialgerichtliche Verfahren orientiert (Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung, BT-Drucks 16/7716, S 19), so dass hieran für die Auslegung auch der Berufungsrücknahmefiktion angeknüpft werden kann.
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b) Die Voraussetzungen der Berufungsrücknahmefiktion lagen hier vor.
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aa) Die Berufungsrücknahmefiktion setzt zunächst voraus, dass die Dreimonatsfrist durch eine gerichtliche Betreibensaufforderung in Gang gesetzt worden ist.
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(1) Zum Zeitpunkt der Betreibensaufforderung müssen bestimmte, sachlich begründete Anhaltspunkte für einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses des Berufungsklägers bestehen (vgl BVerfG [Kammer] vom 19.5.1993 - 2 BvR 1972/92 - juris RdNr 14; BSG vom 1.7.2010 - B 13 R 58/09 R - BSGE 106, 254 = SozR 4-1500 § 102 Nr 1, RdNr 46; BSG vom 4.4.2017 - B 4 AS 2/16 R - BSGE 123, 62 = SozR 4-1500 § 102 Nr 3, RdNr 27; BSG vom 28.11.2019 - B 7 AY 2/18 B - juris RdNr 8). Anhaltspunkte für einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses können sich etwa aus dem fallbezogenen Verhalten des Berufungsklägers oder der Verletzung prozessualer Mitwirkungspflichten ergeben (zur Klagerücknahmefiktion BVerwG vom 5.7.2000 - 8 B 119/00 - Buchholz 310 § 92 VwGO Nr 12 - juris RdNr 3; BVerwG vom 12.4.2001 - 8 B 2/01 - Buchholz 310 § 92 VwGO Nr 13 - juris RdNr 5; BVerwG vom 7.7.2005 - 10 BN 1/05 - juris RdNr 4).
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Unter anderem kann die Nichtvorlage einer Berufungsbegründung Anlass für und die Aufforderung zur Vorlage einer solchen Gegenstand einer Betreibensaufforderung sein. Bei der Klärung des Gegenstands der Berufung und der wesentlichen Einwendungen ist der Kläger nicht von Mitwirkungsobliegenheiten freigestellt (zur Klagerücknahmefiktion BSG vom 4.4.2017 - B 4 AS 2/16 R - BSGE 123, 62 = SozR 4-1500 § 102 Nr 3, RdNr 29). Dass die Vorlage einer Berufungsbegründung eine regelhafte Obliegenheit des Berufungsklägers ist, ergibt sich schon aus der Soll-Vorschrift des § 151 Abs 3 SGG. Auch das BVerfG hat die Aufforderung, eine Klage bzw eine Berufung zu begründen, als einen zulässigen Inhalt einer Betreibensaufforderung erachtet (BVerfG [Dreierausschuss] vom 7.8.1984 - 2 BvR 187/84 - NVwZ 1985, 33 [34]; BVerfG [Dreierausschuss] vom 15.8.1984 - 2 BvR 357/84 - BayVBl 1984, 658 [659]). Ebenso hat das BSG bereits entschieden, dass eine fehlende Berufungsbegründung Anlass für eine Betreibensaufforderung sein kann (BSG vom 1.7.2010 - B 13 R 58/09 R - BSGE 106, 254 = SozR 4-1500 § 102 Nr 1, RdNr 47). Dies entspricht auch der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zu § 92 Abs 2 VwGO, nach der unter Umständen die Nichtvorlage einer Klagebegründung Anlass für eine Betreibensaufforderung sein kann (BVerwG vom 15.1.1991 - 9 C 96/89 - Buchholz 402.25 § 33 AsylVfG Nr 11 - juris RdNr 11; BVerwG vom 5.7.2000 - 8 B 119/00 - Buchholz 310 § 92 VwGO Nr 12 - juris RdNr 4; BVerwG vom 12.4.2001 - 8 B 2/01 - Buchholz 310 § 92 VwGO Nr 13 - juris RdNr 6; BVerwG vom 18.9.2002 - 1 B 103/02 - Buchholz 310 § 92 VwGO Nr 16, juris RdNr 7). Die fehlende Vorlage einer Berufungsbegründung kann insbesondere dann Anlass für eine Betreibensaufforderung sein, wenn die Berufungsbegründung trotz Ankündigung (zur Klagerücknahmefiktion BVerwG vom 15.1.1991 - 9 C 96/89 - Buchholz 402.25 § 33 AsylVfG Nr 11 - juris RdNr 11) oder trotz Fristsetzung nicht vorgelegt wird (zur Klagerücknahmefiktion BVerwG vom 18.9.2002 - 1 B 103/02 - Buchholz 310 § 92 VwGO Nr 16 - juris RdNr 7).
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(2) Diese Voraussetzungen für eine Betreibensaufforderung lagen vor. Die Kläger waren vom LSG unter Fristsetzung zur Vorlage einer Berufungsbegründung aufgefordert worden und hieran zweimal erinnert worden, ohne hierauf in irgendeiner Weise zu reagieren. Die Kläger haben sich damit zwischen der Berufungseinlegung am 17.8.2012 und der Betreibensaufforderung vom 18.2.2013, also über einen Zeitraum von einem halben Jahr, gegenüber dem LSG nicht geäußert. Solange eine Berufungsbegründung nicht vorgelegt wird und auch sonst klägerseits keine Äußerungen vorliegen, kann das Berufungsgericht nicht wissen, ob die Berufungseinlegung nur vorsorglich zur Fristwahrung erfolgt ist oder ob und welches Berufungsbegehren tatsächlich verfolgt wird. Dies gilt im vorliegenden Fall in besonderem Maße, weil die Kläger mit der Berufungseinlegung zugleich einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt haben, also bei sachgerechter Auslegung eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung eingelegt haben. Daher musste das LSG erst recht Zweifel haben, ob und welches dieser beiden Rechtsmittel tatsächlich verfolgt wird.
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Wenn das Berufungsgericht die Kläger - wie hier - wiederholt und unter Fristsetzung zur Vorlage einer Berufungsbegründung auffordert, ohne hierauf irgendeine Reaktion verzeichnen zu können, liegt der Gedanke nahe, dass die Kläger an der Fortführung des Berufungsverfahrens kein Interesse (mehr) haben. Das Berufungsgericht ist dann zur Klärung dieser Frage durch Aufforderung zur Vorlage einer Berufungsbegründung berechtigt, bevor es eine Sachprüfung aufnimmt. Die personellen Ressourcen der Justiz müssen so eingesetzt werden, dass möglichst viele Verfahren einerseits zeitsparend, andererseits in einem rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden Rahmen behandelt und entschieden werden (BVerfG [Kammer] vom 27.11.2018 - 1 BvR 957/18 - juris RdNr 7). Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, warum es den Klägern nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen wäre, eine zumindest kurze Berufungsbegründung vorzulegen. Es stellt keine unzumutbare, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigende Erschwerung des Rechtsschutzes dar, wenn einem Berufungsführer angesonnen wird, die Gründe für die Einlegung seines Rechtsmittels darzutun, und das Verfahren als erledigt angesehen wird, wenn er innerhalb einer Frist von drei Monaten diesem Ansinnen nicht nachgekommen ist und auch nicht dargetan hat, warum er untätig geblieben ist (so ausdrücklich BVerfG [Dreierausschuss] vom 7.8.1984 - 2 BvR 187/84 - NVwZ 1985, 33 [34]). Eine Berufungsbegründung wird auch nicht dadurch entbehrlich, dass bereits eine erstinstanzliche Entscheidung vorliegt, denn gerade diese Entscheidung bewirkt eine Zäsur und gibt den Beteiligten Anlass und Gelegenheit, die Argumente des SG zu wägen und über die Fortführung des Verfahrens zu befinden, zumal wenn - wie hier - die Kläger in erster Instanz teilweise obsiegt haben.
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bb) Die Betreibensaufforderung genügte auch den an sie zu stellenden Anforderungen.
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Die Betreibensaufforderung muss den Anlass hierfür benennen und deutlich machen, welche Schritte erforderlich sind, um die Zweifel am Fortbestand des Rechtsschutzinteresses zu beseitigen. Der Berufungskläger ist in der Betreibensaufforderung zudem auf die Rechtsfolge der fingierten Berufungsrücknahme im Falle des Nichtbetreibens und in gerichtskostenpflichtigen Verfahren auch auf die sich aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 155 Abs 2 VwGO ergebende Folge, dass er die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, hinzuweisen. Weitere Ausführungen muss die Betreibensaufforderung nicht enthalten. Die Betreibensaufforderung muss aber konkret und klar sein (BSG vom 4.4.2017 - B 4 AS 2/16 R - BSGE 123, 62 = SozR 4-1500 § 102 Nr 3, RdNr 24).
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Diesen Anforderungen genügte die Betreibensaufforderung vom 18.2.2013. Sie benannte den Anlass - die fehlende Berufungsbegründung -, forderte zur Vorlage derselben auf und wies auf die Rechtsfolgen - nämlich die Berufungsrücknahmefiktion - im Fall der Nichtvorlage innerhalb der Frist von drei Monaten nach Zugang des Schreibens hin. Eines Hinweises auf eine Kostenfolge bedurfte es nicht, da es sich nicht um ein nach § 197a Abs 1 Satz 1 SGG kostenpflichtiges Verfahren handelt (BSG vom 4.4.2017 - B 4 AS 2/16 R - BSGE 123, 62 = SozR 4-1500 § 102 Nr 3, RdNr 25).
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Auch die Formerfordernisse einer Betreibensaufforderung (hierzu BSG vom 4.4.2017 - B 4 AS 2/16 R - BSGE 123, 62 = SozR 4-1500 § 102 Nr 3, RdNr 23 ff) sind gewahrt. Insofern haben die Kläger im Beschwerdeverfahren auch keine Einwände erhoben.
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Die Betreibensaufforderung setzt eine gesetzliche Frist in Gang und ist daher gemäß § 63 Abs 1 Satz 1 SGG zuzustellen (BSG vom 1.7.2010 - B 13 R 58/09 R - BSGE 106, 254 = SozR 4-1500 § 102 Nr 1, RdNr 49). Dies ist hier geschehen. Die Betreibensaufforderung ist den Klägern mit Empfangsbekenntnis am 25.2.2013 zugestellt worden. Die Dreimonatsfrist endete mithin gemäß § 64 Abs 2 Satz 1, Abs 3 SGG mit Ablauf des 27.5.2013, einem Montag.
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cc) Die Kläger haben das Verfahren binnen der durch die Betreibensaufforderung in Gang gesetzten Frist nicht betrieben. Ob das weitere Verhalten des Berufungsklägers nach der Betreibensaufforderung als Betreiben zu qualifizieren ist, ist anhand der Umstände des Einzelfalles zu beurteilen (BVerwG vom 7.7.2005 - 10 BN 1/05 - juris RdNr 7). Den Maßstab bildet insofern insbesondere die Betreibensaufforderung selbst (BVerwG vom 7.7.2005 - 10 BN 1/05 - juris RdNr 7). Je konkreter die Betreibensaufforderung war, desto konkreter muss der Berufungskläger vortragen. Schweigen stellt nie Betreiben dar.
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Nach diesen Maßstäben haben die Kläger das Verfahren nicht betrieben. Bis zum Ablauf der Frist am 27.5.2013 haben sie sich nicht geäußert. Den Klägern war auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Bei der Frist des § 156 Abs 2 Satz 1 SGG handelt es sich um eine Ausschlussfrist; eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt deswegen allenfalls in Fällen höherer Gewalt in Betracht, also bei Naturereignissen und anderen unabwendbaren Ereignissen (so zu § 92 Abs 2 Satz 1 VwGO etwa BVerwG vom 25.11.2002 - 8 B 112/02 - Buchholz 310 § 92 VwGO Nr 17 - juris RdNr 2 f; BVerwG vom 6.7.2007 - 8 B 51/07 - juris RdNr 4 f mwN). Vorliegend sind derartige Wiedereinsetzungsgründe weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Vorlage der Berufungsbegründung erfolgte erst am 17.6.2013 und damit nach Fristablauf. Die ipso iure eingetretene Berufungsrücknahmefiktion konnte hierdurch nicht beseitigt werden.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG.
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