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BSG 23.06.2020 - B 2 U 13/18 R
BSG 23.06.2020 - B 2 U 13/18 R - (Gesetzliche Unfallversicherung - Beitragsrecht - Rechtmäßigkeit eines Beitragszuschlags nach § 162 SGB 7 - Rentennachzahlungen für weit zurückliegende Zeit - keine periodengerechten "Aufwendungen")
Normen
§ 162 Abs 1 S 3 SGB 7, § 162 Abs 1 S 4 SGB 7
Vorinstanz
vorgehend SG Landshut, 11. Dezember 2014, Az: S 9 U 339/11, Gerichtsbescheid
vorgehend Bayerisches Landessozialgericht, 23. Januar 2018, Az: L 3 U 29/15, Urteil
Leitsatz
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Rentennachzahlungen, die im Beitragsjahr für weit zurückliegende Jahre in einer Summe ausgezahlt werden, sind keine periodengerechten "Aufwendungen", nach denen sich die Höhe der Beitragszuschläge nach näherer Maßgabe der Satzung richten darf.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 23. Januar 2018 aufgehoben, der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 11. Dezember 2014 geändert und der Bescheid der Beklagten vom 23. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides in der Fassung des Ausführungsbescheides vom 4. Dezember 2015 aufgehoben, soweit das Sozialgericht die Klage abgewiesen hat.
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Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte für das Beitragsjahr 2010 noch einen Beitragszuschlag iHv 18 312,40 Euro erheben darf.
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Die Klägerin betreibt einen Profi-Eishockey-Club, der in der Deutschen Eishockeyliga spielt. Sie beschäftigte den Spieler K., der sich am 2.1.2007 während eines Eishockeyspiels verletzte, als er von einem gegnerischen Spieler gecheckt wurde. Die Beklagte gewährte ihm mit Bescheid vom 28.5.2010 "Rente für zurückliegende Zeit" ab dem 15.8.2007 bis zum 31.12.2009 und zahlte die aufgelaufenen Monatsbeträge im Kalenderjahr 2010 in einer Summe iHv 17 264,42 Euro aus.
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Die Beklagte veranlagte die Klägerin ab 2010 zu der Gefahrtarifstelle 32 "Sportunternehmen" ihres Gefahrtarifs und setzte für das Beitragsjahr 2010 die Eigenumlage auf 366 248,13 Euro fest (Beitragsbescheid vom 20.4.2011 idF des Änderungsbescheids vom 1.7.2011). Nach Anhörung erlegte sie der Klägerin für 2010 einen Beitragszuschlag iHv 36 624,81 Euro auf (Beitragszuschlagsbescheid vom 23.8.2011 und Widerspruchsbescheid ohne Datum), bei dem sie Unfälle von vier beschäftigten Spielern berücksichtigte. Später reduzierte sie die Forderung auf 18 312,40 Euro (Ausführungsbescheid vom 4.12.2015). Dabei legte sie neben dem Unfall des Spielers K. noch den des Spielers S. zugrunde, der am 12.1.2010 einen Arbeitsunfall mit im Beitragsjahr 2010 angefallenen Kosten iHv 10 816,89 Euro erlitten hatte.
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Klage und Berufung sind insoweit erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid des SG vom 11.12.2014 und Urteil des LSG vom 23.1.2018). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, der Beitragszuschlag sei satzungskonform festgesetzt und erhoben worden. Der Unfall des Spielers K. sei nicht auf ein alleiniges Fremdverschulden zurückzuführen. Die Entscheidung für ein reines Beitragszuschlagsverfahren und dessen Ausgestaltung in der Satzung sei von der Ermächtigungsnorm gedeckt. Das Abstellen auf eine Kombination von Zahl und Schwere der Unfälle als Berechnungsgrundlagen für die Höhe der Zuschläge sei ebenso wenig zu beanstanden wie das Belastungspunktesystem zur Beurteilung der Unfallschwere und die Einführung einer Mindestkostengrenze iHv 10 000 Euro. Gleiches gelte für die Abhängigkeit des Zuschlags von der Einzelbelastung des jeweiligen Unternehmens im Verhältnis zur Durchschnittsbelastung aller Unternehmen derselben Gefahrtarifstelle und für die nach Prozentsätzen abgestufte Höhe des Beitragszuschlags, die auf 10 vH des Beitrags gedeckelt sei. Grundrechtsverstöße seien nicht erkennbar.
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Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen (§ 103 SGG) und materiellen Rechts (§ 28 der Satzung, § 162 SGB VII, Art 3 Abs 1 GG, § 35 Abs 1 Satz 1 SGB X): Der Unfall des Spielers K. sei auf alleiniges Fremdverschulden zurückzuführen, wofür der Verletzte als Zeuge benannt, aber verfahrensfehlerhaft (§ 103 SGG) nicht vernommen worden sei. Die Auferlegung des Beitragszuschlags sei materiell rechtswidrig, weil die Beklagte die Bestimmungen in § 28 der Satzung zur grundsätzlichen Heranziehung Beitragspflichtiger und zum alleinigen Fremdverschulden (Abs 1 aaO), zur vermeintlichen Präklusion (Abs 2 aaO) und zu den Grundsätzen der Zuschlagsberechnung (Abs 3 aaO), insbesondere zum Beobachtungszeitraum (Nr 1), zur Berechnung der Einzel- und Durchschnittsbelastung (Nr 3) sowie zur Höhe des Beitragszuschlags (Nr 4), fehlerhaft angewendet habe. Überdies sei § 28 der Satzung keine taugliche Basis für den Beitragszuschlagsbescheid, weil die Vorschrift (teil-)nichtig sei. Denn sie sei weder mit ihrer Ermächtigungsgrundlage (§ 162 SGB VII) noch mit Freiheitsgrundrechten, dem Gleichheitssatz und dem Willkürverbot (Art 3 Abs 1 GG) sowie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Rückwirkungsverbot vereinbar. Schließlich sei der Zuschlagsbescheid aufgrund von Begründungsmängeln (§ 35 Abs 1 Satz 1 SGB X) auch formell rechtswidrig.
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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 23. Januar 2018 aufzuheben, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 11. Dezember 2014 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 23. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides in der Fassung des Ausführungsbescheids vom 4. Dezember 2015 aufzuheben, soweit das Sozialgericht die Klage abgewiesen hat.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen, hilfsweise die Satzungsregelungen der Beklagten für eine Übergangszeit zum 31. Dezember 2021 für weiterhin anwendbar zu erklären.
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Die Satzung sei mit § 162 Abs 1 SGB VII vereinbar, halte die Grenzen des Satzungsermessens ein und setze spürbare Anreize zur Prävention von Arbeitsunfällen. Der verbliebene Zuschlag iHv 5 vH des Beitrags verstoße nicht gegen die Eigentumsgarantie, weil er keine erdrosselnde Wirkung habe. Eine Verletzung des Rückwirkungsverbots liege mangels (echter) Rückwirkung nicht vor. Auch das Gleichbehandlungsgebot in der Ausprägung der Beitragsgerechtigkeit beachte die Satzung hinreichend, wobei die von der Revision geforderte Einzelfallbetrachtung einen unverhältnismäßigen Aufwand zur Folge hätte, der im Rahmen einer Massenverwaltung nicht geleistet werden könne bzw solle. Auch die Berechnungsgrundlagen für die Ermittlung des Beitragszuschlags seien nicht zu beanstanden. Der Unfall des Spielers K. sei nicht auf alleiniges Fremdverschulden zurückzuführen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Klägerin ist begründet, sodass der Senat die spruchreife Sache selbst zu entscheiden hat (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Das LSG hat die Berufung der Klägerin gegen den klageabweisenden Teil des Gerichtsbescheids vom 11.12.2014 zu Unrecht zurückgewiesen. Die isolierten Anfechtungsklagen (§ 54 Abs 1 Satz 1 Var 1, § 56 SGG) sind vollumfänglich begründet. Die Klägerin ist beschwert (§ 54 Abs 2 Satz 1 SGG), weil die Auferlegung eines Zuschlags zum Beitrag und das entsprechende Zahlungsgebot in dem Bescheid vom 23.8.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids (§ 95 SGG) materiell rechtswidrig sind. Der Bescheid vom 4.12.2015, mit dem die Beklagte den zusprechenden Teil des Gerichtsbescheids vom 11.12.2014 ausgeführt hat, setzt die Höhe der Zuschlagsforderung lediglich herab, lässt die Verwaltungsakte im Übrigen iHv 18 312,40 Euro aber ausdrücklich weiterbestehen.
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Der fortbestehende Verwaltungsakt über die Auferlegung des Zuschlags zum Beitrag ist rechtswidrig und daher aufzuheben, weil er mit den Satzungsregelungen nicht vereinbar ist. Aus § 28 Abs 3 Nr 1 und Nr 3 der Satzung der Beklagten (idF des 1. Nachtrags vom 12.11./10.12.2009; Genehmigung durch das Bundesversicherungsamt am 17.12.2009) iVm der Ermächtigungsnorm des § 162 SGB VII (idF des Art 3 des Gesetzes zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen vom 23.4.2004, BGBl I 606, 611) folgt, dass die Verletztenrente des Spielers K., die für einen Unfall aus dem Jahre 2007 im Jahr 2010 bewilligt wurde, nicht berücksichtigt werden darf (nachfolgend I.). Damit entfällt zugleich die Zuschlagspflicht aufgrund der Unfallkosten für den Spieler S., weshalb auch das entsprechende Zahlungsgebot rechtswidrig ist (nachfolgend II.). Über das weitere Vorbringen der Klägerin war damit ebenso wenig zu entscheiden wie über den Hilfsantrag der Beklagten, weil dieser nur aufschiebend bedingt für den Fall gestellt worden ist, dass der Senat Satzungsregelungen für nichtig hält (nachfolgend III.).
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I. Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung des Beitragszuschlags ist § 162 Abs 1 SGB VII iVm § 28 der Satzung der Beklagten. Deren Tatbestandsvoraussetzungen sind nicht erfüllt, weil die Klägerin nicht zuschlagspflichtig ist.
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1. Gemäß § 162 Abs 1 SGB VII haben die gewerblichen Berufsgenossenschaften unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen (Satz 1). Versicherungsfälle nach § 8 Abs 2 Nr 1 bis 4 SGB VII bleiben dabei außer Ansatz (Satz 2). Das Nähere bestimmt die Satzung; dabei kann sie Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten ausnehmen (Satz 3). Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale (Satz 4). Die Satzung kann bestimmen, dass auch die nicht anzeigepflichtigen Versicherungsfälle für die Berechnung von Zuschlägen oder Nachlässen berücksichtigt werden (Satz 5).
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Auf der Grundlage des § 162 Abs 1 Satz 3 Halbsatz 1 SGB VII bestimmt § 28 der Satzung Folgendes: Jedem Unternehmer mit Pflichtversicherten nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII werden unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle Zuschläge zum Beitrag auferlegt (Abs 1 Satz 1 Alt 1). Zuschlagspflichtig sind nur Beitragspflichtige gemäß § 3 Gruppe I bis V der Satzung, deren Belastung wesentlich von der Durchschnittsbelastung aller Unternehmen ihrer Tarifstelle abweicht (Abs 3 Nr 2.1). Wesentlich ist die Abweichung, wenn die Einzelbelastung um mehr als 25 vH über der Durchschnittsbelastung der Tarifstelle liegt (§ 28 Abs 3 Nr 2 Satz 2). Das Beitragszuschlagsverfahren wird jährlich nachträglich für das abgelaufene Geschäftsjahr (Beitragsjahr) durchgeführt unter Berücksichtigung der im Beitragsjahr bekannt gewordenen meldepflichtigen Arbeitsunfälle, der im Beitragsjahr festgestellten neuen Unfallrenten und der Todesfälle (§ 28 Abs 3 Nr 1). Jedes Unternehmen erhält für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfall mit Kosten bis 10 000 Euro null Punkte und mit Kosten über 10 000 Euro einen Punkt sowie für jede im Beitragsjahr festgestellte neue Arbeitsunfallrente mit Kosten bis 10 000 Euro null Punkte und mit Kosten über 10 000 Euro 50 Punkte (§ 28 Abs 3 Nr 3 Satz 2 Gliederungspunkte 1 und 2). Zur Berechnung der Einzelbelastung werden die Punkte jedes Unternehmens addiert (Belastungspunkte) und auf je 10 000 Euro Beitrag des Unternehmers für das Beitragsjahr bezogen (§ 28 Abs 3 Nr 3.1 Satz 1). Der Zuschlag zum Beitrag beträgt 5 vH des für das Beitragsjahr zu zahlenden Beitrags, wenn die Einzelbelastung um mehr als 25 vH bis einschließlich 100 vH über der Durchschnittsbelastung der Gefahrtarifstelle liegt (§ 28 Abs 3 Nr 4 Satz 1 Gliederungspunkt 1).
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Diese Satzungsregelungen der Beklagten, die grundsätzlich nicht zu beanstanden sind, stellen autonom gesetztes Recht dar, das die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nur daraufhin überprüfen, ob es mit der gesetzlichen Ermächtigung und höherrangigem Recht vereinbar ist (vgl BSG Urteil vom 24.1.1991 - 2 RU 62/89 - BSGE 68, 111, 112 = SozR 3-2200 § 809 Nr 1). Nicht zu kontrollieren haben die Gerichte, ob der Satzungsgeber die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Regelung getroffen hat (BSG Urteile vom 23.6.2020 - B 2 U 14/18 R; vom 11.4.2013 - B 2 U 8/12 R - BSGE 113, 192 = SozR 4-2700 § 157 Nr 5; vom 9.12.1993 - 2 RU 32/92 - BSGE 73, 253 = SozR 3-2200 § 809 Nr 2 mwN und vom 24.1.1991 - 2 RU 62/89 - BSGE 68, 111 = SozR 3-2200 § 809 Nr 1; vgl Spellbrink in Kass Komm, SGB VII, § 157 RdNr 5 mwN). Die Abwägung unter mehreren, für die eine oder andere Satzungsregelung sprechenden Gesichtspunkte und die Entscheidung hierüber obliegt dem zur autonomen Rechtsetzung berufenen Organ des Unfallversicherungsträgers (vgl BSG Urteile vom 12.12.1985 - 2 RU 40/85 - SozR 2200 § 731 Nr 2 und vom 24.1.1991 - 2 RU 62/89 - BSGE 68, 111 = SozR 3-2200 § 809 Nr 1).
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Der Senat ist befugt, die Satzung der Beklagten auszulegen, weil es sich dabei um revisibles Recht iS des § 162 SGG handelt. Nach dieser Vorschrift kann die Revision nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt. Da die Beklagte eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts ist (§ 1 Abs 2 Halbsatz 1 der Satzung iVm § 29 Abs 1 SGB IV), geht der Geltungsbereich ihrer Satzung über den Bezirk des LSG hinaus (vgl dazu BSG Urteil vom 27.2.1970 - 2 RU 151/68 - BSGE 31, 47, 48 = SozR Nr 1 zu § 543 RVO), sodass offenbleiben kann, ob es sich bei den Satzungsregelungen nicht ohnehin um "Bundesrecht" handelt (so Fichte/Jüttner, SGG, 3. Aufl 2020, § 162 RdNr 8; Kraft in Eyermann/Fröhler, VwGO, 15. Aufl 2019, § 137 RdNr 16; aA Heinz in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 162 RdNr 8, 17; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 13. Aufl 2020, § 162 RdNr 5; Röhl in jurisPK-SGG, 1. Aufl, Stand 20.3.2018, § 162 RdNr 35).
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2. Die gemäß § 3 Gruppe III der Satzung beitragspflichtige Klägerin ist nicht zuschlagspflichtig, weil ihre Einzelbelastung unterhalb der Durchschnittsbelastung aller Unternehmen ihrer Tarifstelle liegt, sodass keine wesentliche Abweichung besteht. Sie gehört der Gruppe III (Verwaltungen) mit der Unternehmensart 39 an, zu der ua Sportvereine und Sporteinrichtungen, Vereine und Einrichtungen zählen, die der Entspannung, Erholung, Belehrung, Unterhaltung, Geselligkeit dienen. Dabei kann offenbleiben, ob sie trotz ihrer Rechtsform als Kapitalgesellschaft ein (Sport-)"Verein" sein kann. Denn sie gehört entweder (aus der Perspektive ihrer Beschäftigten) zu den "Sporteinrichtungen" oder (aus der Perspektive der Zuschauer) zu den "Einrichtungen ... , die der Unterhaltung dienen". Da sie weder gemeinnützig ist noch ihr tatsächlich errechneter Beitrag unterhalb des Mindestbeitrags liegt, ist sie gemäß § 28 Abs 3 Nr 2 Satz 3 der Satzung auch nicht vom Beitragszuschlagsverfahren ausgenommen.
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3. Die neue Arbeitsunfallrente des Spielers K., die im Beitragsjahr 2010 rückwirkend für die Jahre 2007 bis 2009 festgestellt und 2010 in einer Summe ausgezahlt worden ist, rechtfertigt nicht die Auferlegung von 50 Belastungspunktengemäß § 28 Abs 3 Nr 3 Satz 2 Gliederungspunkt 2 der Satzung.
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Rentennachzahlungen für weit zurückliegende Jahre sind keine "Aufwendungen" iS des § 162 Abs 1 Satz 4 SGB VII, nach denen sich ua die Höhe der Zuschläge nach näherer Maßgabe der Satzung (§ 162 Abs 1 Satz 3 Halbsatz 1 SGB VII) richten darf. Das Hauptziel des Beitragszuschlagsverfahrens besteht darin, den Unternehmern ökonomische Anreize für eine verstärkte Unfallverhütung zu bieten. Hieraus folgt, dass § 162 Abs 1 Satz 4 SGB VII die Unfallversicherungsträger nur dazu ermächtigt, die in einem nahen Zeitabschnitt vor dem Beitragsausgleich entstandenen Aufwendungen zu berücksichtigen (vgl etwa Höller in Hauck/Noftz, SGB VII, Stand 1/17, § 162 RdNr 15). Durch die nach der Ermächtigungsnorm des § 162 Abs 1 Satz 4 SGB VII zulässigen Satzungsregelungen müssen folglich die durch die wirtschaftlichen Nachteile eines Beitragszuschlags beabsichtigten erhöhten Präventionsanstrengungen für den Unternehmer in einem erkenn- und berechenbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen stehen. Auf der Zeitachse können die Unfallversicherungsträger die "Aufwendungen für die Versicherungsfälle" (§ 162 Abs 1 Satz 4 SGB VII) von vornherein nur abschnittsweise berücksichtigen (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Mai 2020, § 162 Anm 7.3; Brandenburg/Palsherm, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl 2014, Stand 17.7.2017, § 162 RdNr 45; Burchardt in Krasney/Becker/Heinz/Bieresborn, SGB VII-Kommentar, Stand Februar 2020, § 162 RdNr 54; Höller in Hauck/Noftz, SGB VII, 01/17, § 162 RdNr 15; Leube in Kater/ders, SGB VII, 1997, § 162 RdNr 15; Platz in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 2 Unfallversicherungsrecht, 1996, § 58 RdNr 75; Schmitt, SGB VII, 4. Aufl 2009, § 162 RdNr 8; Spellbrink in Kass Komm, SGB VII, Stand März 2020, § 162 RdNr 18). Dabei wird auch in dem den Unfallversicherungsträgern nahe stehenden Schrifttum davon ausgegangen, dass bei einer zu großen Verlängerung des Beobachtungszeitraums das Beitragsausgleichverfahren an Aktualität verliere (vgl nur Schulz, Grundfragen des berufsgenossenschaftlichen Beitragsausgleichsverfahrens, 4. Aufl 1999, S 133). Der 8. Senat des BSG hat hierzu bereits entschieden, dass der Satzungsgeber zur Berücksichtigung von Aufwendungen und Kosten in der Regel einen Zeitraum von bis zu zwei Geschäftsjahren wählen darf (BSG Urteil vom 30.7.1981 - 8/8a RU 18/80 - SozR 2200 § 725 Nr 7 = juris RdNr 23). Es bedarf hier aber keiner weiteren Erörterung, ob aus § 162 Abs 1 Satz 4 SGB VII ein ganz konkreter zeitlicher Zurechnungszusammenhang zwischen dem Zeitpunkt des Unfalls und der Berücksichtigung der durch ihn verursachten Kosten gefordert werden kann.
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Es ist jedenfalls nicht zu beanstanden, dass die Vertreterversammlung der Beklagten im Rahmen ihrer Satzungsautonomie an einen solchen Zwei-Jahres-Zeitraum anknüpft, wenn sie in § 28 Abs 3 Nr 3 Satz 3 ihrer Satzung bestimmt, dass ein und derselbe Unfall in zwei verschiedenen Beitragsjahren bepunktet werden kann. Darüber hinaus beschränkt sie den Beobachtungszeitraum in § 28 Abs 3 Nr 1 der Satzung ermächtigungskonform auf das abgelaufene Beitragsjahr, sodass konsequenterweise auch bei der Mindestkostengrenze von 10 000 Euro nur die Ausgaben "jährlich nachträglich" berücksichtigt werden dürfen, die "für das abgelaufene (…) Beitragsjahr" und nicht lediglich periodenfremd "im" abgelaufenen Beitragsjahr "für" davorliegende Beitragsjahre aufgewendet wurden.
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Mithilfe der Mindestkostengrenze und des Belastungspunktesystems der Satzung lässt sich die "Unfallschwere" iS des § 162 Abs 1 Satz 4 SGB VII zuverlässig beurteilen, weil erhebliche Verletzungen regelmäßig höhere Kosten verursachen und somit ein tauglicher Indikator für die Schwere des Unfalls sind. Die Indikation der Unfallschwere gerade durch die angefallenen Kosten ist aber umso weniger aussagekräftig, je mehr periodenfremde Aufwendungen sich über längere Zeiträume aufsummieren, wie es hier der Fall war. Denn dann könnten auch leichte Unfälle mit vergleichbar niedrigen Rentenzahlbeträgen den Schwellenwert übersteigen, der dann infolge kumulierter, überjähriger Aufwendungen eine Unfallschwere anzeigen würde, die in Wirklichkeit - dh bei periodengerechter Betrachtung - gar nicht vorliegt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Mindestkostengrenze statisch und nicht dynamisch ausgestaltet ist, dh sie bleibt auch bei der Einbeziehung der Aufwendungen aus mehreren Perioden (Beitragsjahren) starr und wächst nicht entsprechend mit. Sieht die Satzung somit keine Dynamisierung der Mindestkostengrenze um die Zahl der betrachteten Jahresintervalle vor, so ist sie im Lichte der Ermächtigungsnorm des § 162 Abs 1 Satz 4 SGB VII vom Senat zulässigerweise so auszulegen, dass nur solche Aufwendungen berücksichtigt werden sollen, die periodengerecht im jeweils betreffenden Beitragsjahr entstanden sind.
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Für eine solche ermächtigungskonforme Auslegung der Satzungsregelungen spricht schließlich auch, dass der Kostenbegriff nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (siehe zur Kosten- und Leistungsrechnung § 69 Abs 4 SGB IV) nur periodenrichtige Aufwendungen erfasst, während Nachzahlungen für abgeschlossene Leistungszeiträume als perioden- bzw zeitraumfremde Aufwendungen definitionsgemäß keine "Kosten", sondern neutraler Aufwand sind (Clausius, Einführung in hierarchischen Modulen, Band 1, 1998, S 206; Ebert, Kosten- und Leistungsrechnung, 10. Aufl 2004, 3.1.1.3.1.2., S 36; Haberstock, Kostenrechnung 1, 13. Aufl 2008; Jensen, Bilanzen, 2013, S 45). Dies gewährleistet, dass sich verstärkte Präventionsanstrengungen in absehbarer Zeit für den Unternehmer wirtschaftlich auswirken, und verhindert zugleich, dass die beabsichtigten ökonomischen Anreize leerlaufen, weil trotz verstärkter Bemühungen um eine größere Arbeitssicherheit Versicherungsfälle aus der ferner zurückliegenden Vergangenheit - aufgrund kumulativer Effekte - zu erheblich später verhängten Beitragszuschlägen führen. Denn nur eine möglichst zeitnahe Entscheidung darüber, ob und wie ein Arbeitsunfall zu berücksichtigen ist, führt zur Konzentration des Beitragsausgleichsverfahrens auf das aktuelle Unfallgeschehen, schafft Rechtsklarheit, entlastet die Verwaltung und stärkt den Normzweck, die Prävention durch Beitragsanreize zu fördern (Spellbrink, SR 2012, 17, 28).
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II. Für die Berechnung der Einzelbelastung ist nur ein Belastungspunkt für den im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfall des Spielers S. zu berücksichtigen. Dieser Belastungspunkt führt zu einer Einzelbelastung von 0,0273, womit die Durchschnittsbelastungsziffer von 0,92 unterschritten wird, die die Beklagte für alle Unternehmen der Tarifstelle ermittelt hat, zu der die Klägerin veranlagt worden ist. Der Arbeitsunfall des Spielers S. ist mit einem Punkt zu bewerten, weil er der Beklagten im Beitragsjahr 2010 bekannt geworden ist und im Gesamtjahreszeitraum Kosten iHv 10 816,89 Euro (Heilverfahren und sonstige Kosten) verursacht hat( § 28 Abs 3 Nr 3 Satz 2 Gliederungspunkt 1 der Satzung). Dieser Belastungspunkt führt zu einer Einzelbelastung von 0,0273, womit die Durchschnittsbelastungsziffer von 0,92 zuschlagsfrei um - 97,03 vH (= [{0,0273 - 0,92} x 100] : 0,92) wesentlich unterschritten wird. Zur Berechnung der Einzelbelastung werden nach § 28 Abs 3 Nr 3.1 Satz 1 der Satzung die Punkte jedes Unternehmens addiert (Belastungspunkte) und auf je 10 000 Euro Beitrag des Unternehmers für das Beitragsjahr bezogen. Für die Berechnung des Beitrags des Unternehmers im Beitragsjahr wird gemäß § 28 Abs 3 Nr 4 Satz 3 der Satzung nur der Beitragsanteil herangezogen, der sich aus dem Umlagesoll für die Berufsgenossenschaft (§ 152 Abs 1 SGB VII) ergibt. Dies führt unter Zugrundelegung eines Belastungspunkts zu einer Einzelbelastung von 0,0273 (= [1 x 10 000] : 366 248,13). Diese Einzelbelastungsziffer unterschreitet die Durchschnittsbelastungsziffer, die die Beklagte mit 0,92 errechnet hat, sodass keine wesentliche Abweichung iS des § 28 Abs 3 Nr 2 Satz 2 der Satzung vorliegt und damit eine Zuschlagspflicht entfällt.
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Da der Arbeitsunfall des Spielers K. nicht zu berücksichtigen ist (soeben I.), steigt die Eigenbelastung der Klägerin nicht auf 1,3925 (= [51 x 10 000] : 366 248,13), sodass die Durchschnittsbelastungsziffer von 0,92 nicht um 51,36 vH (= [{1,3925 - 0,92} x 100] : 0,92) überschritten und gemäß § 28 Abs 3 Nr 4 Satz 1 Gliederungspunkt 1 der Satzung kein Zuschlag von 5 vH (18 312,40 Euro) des Beitrags aufzuerlegen ist, der für das Beitragsjahr zu zahlen war. Ist somit der Verwaltungsakt über die Auferlegung des Beitragszuschlags materiell rechtswidrig und deshalb aufzuheben, kann auch das entsprechende Zahlungsgebot keinen Bestand haben.
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III. Da die Revision in vollem Umfang Erfolg hat, war auf das weitere Vorbringen der Klägerin - keine Anhörung des Spielers K. usw - nicht mehr einzugehen. Ebenso war der Hilfsantrag der Beklagten auf Erlass einer Fortgeltungsanordnung nicht zu bescheiden, weil er - aufschiebend bedingt - nur für den Fall gestellt worden ist, dass der Senat Satzungsregelungen für rechtswidrig und damit nichtig hält. Folglich kann hier auch offenbleiben, ob die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit überhaupt befugt wären, eine zeitlich befristete Fortgeltung rechtswidriger Satzungen anzuordnen. Der Senat hat es zwar aus zwingenden Gründen ausnahmsweise zugelassen, gesetzes- oder verfassungswidrige Vorschriften einer Satzung für eine Übergangszeit weiter anzuwenden, wenn die Nichtanwendung der Norm zu untragbaren Ergebnissen führen würde, die von der gesetzes- und verfassungsmäßigen Ordnung noch weiter entfernt sind als ein Zustand, bei dem es dem Betroffenen zugemutet wird, die Anwendung einer rechtswidrigen Norm für eine begrenzte Zeit hinzunehmen (BSG Urteile vom 4.12.2007 - B 2 U 36/06 R - SozR 4-2700 § 182 Nr 3 RdNr 19 f und vom 7.12.2004 - B 2 U 43/03 R - BSGE 94, 38, 46 = SozR 4-2700 § 182 Nr 1 RdNr 18). An dieser Rechtsprechung bestehen allerdings Zweifel, weil es für die Anordnung der übergangsweisen Weitergeltung einer Satzungsnorm durch das BSG keine Rechtsgrundlage gibt (vgl schon BSG Urteil vom 4.12.2014 - B 2 U 11/13 R - BSGE 118, 9 = SozR 4-2700 § 161 Nr 1, RdNr 28 ff; dazu auch BVerwG Urteil vom 27.11.2019 - 9 C 4/19 - HFR 2020, 314 RdNr 20).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO.
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