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BSG 05.09.2019 - B 8 SO 14/18 R
BSG 05.09.2019 - B 8 SO 14/18 R - Sozialhilfe - Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - Einkommens- und Vermögenseinsatz - Einsatzgemeinschaft - eheähnliche Gemeinschaft mit einem (noch) verheirateten Partner
Normen
§ 41 Abs 1 SGB 12 vom 21.12.2015, § 41 Abs 1 S 1 SGB 12 vom 24.03.2011, § 41 Abs 1 S 1 SGB 12 vom 20.04.2007, § 41 Abs 1 Nr 1 SGB 12 vom 27.12.2003, § 41 Abs 2 S 1 SGB 12 vom 20.04.2007, § 41 Abs 2 S 1 SGB 12 vom 27.12.2003, § 19 Abs 2 S 1 SGB 12 vom 24.03.2011, § 19 Abs 2 S 1 SGB 12 vom 20.04.2007, § 19 Abs 2 S 1 SGB 12 vom 27.12.2003, § 19 Abs 2 S 2 SGB 12 vom 27.12.2003, § 43 Abs 1 S 2 SGB 12 vom 21.12.2015, § 43 Abs 1 Halbs 1 SGB 12 vom 24.03.2011, § 43 Abs 1 Halbs 1 SGB 12 vom 21.03.2005, § 20 S 1 SGB 12 vom 20.07.2006, Art 6 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend SG Berlin, 28. Juli 2016, Az: S 88 SO 2516/13, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 20. Juli 2017, Az: L 23 SO 236/16, Urteil
Leitsatz
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Das formale Bestehen einer Ehe schließt eine Bedarfsgemeinschaft mit einer dritten Person nicht aus.
Tenor
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Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. Juli 2017 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Im Streit ist ein Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) ab Juni 2007.
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Der 1936 geborene Kläger ist verheiratet und lebt seit 1982 von seiner Ehefrau getrennt. Seit November 1982 lebt er zusammen mit Frau B. W. (W) in einer rund 70 qm großen Zweizimmerwohnung, deren Mieterin W ist. Es liegt ein "Untermietvertrag" zwischen dem Kläger und W aus dem Jahr 2002 vor, nach dessen Inhalt der Kläger die Hälfte der gesamten Mietkosten zu zahlen habe und darüber hinaus vereinbart sei, dass alle weiteren, die Wohnung betreffenden Kosten und der Lebensunterhalt jeweils hälftig getragen würden. Im Jahr 2007 war eine Gesamtmiete von 634,74 Euro monatlich zu zahlen, ab Oktober 2011 730,23 Euro. Der Kläger erhält eine Altersrente, die sich bis Juni 2007 auf 535,80 Euro belief, ab Juli 2007 auf 538,67 Euro und ab Juli 2011 auf 565,49 Euro. Die Rente wird auf ein Konto der W überwiesen; der Kläger selbst verfügt nicht über ein Bankkonto.
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Nachdem der Beklagte einen Antrag auf Leistungen nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (GSiG) wegen den Bedarf übersteigenden, eigenen Einkommens bestandskräftig abgelehnt hatte (Bescheid vom 28.5.2003), beantragte der Kläger im Juni 2007 formlos erneut Grundsicherungsleistungen und gab ua an, seine Vermieterin W lehne die Offenlegung ihrer finanziellen Verhältnisse weiterhin ab. Die Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab, es liege nach den ua aus einem Hausbesuch gewonnenen Erkenntnissen eine eheähnliche Lebensgemeinschaft zwischen dem Kläger und W vor. Das Einkommen beider übersteige nach überschlägiger Berechnung aber den gemeinsamen Bedarf (Bescheid vom 13.9.2007; Widerspruchsbescheid vom 14.1.2008). Die dagegen gerichtete Klage ist ohne Erfolg geblieben (Urteil des Sozialgerichts <SG> Berlin vom 10.10.2011). Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg hob der Beklagte die angefochtenen Bescheide auf und verpflichtete sich, über den Antrag vom 18.6.2007 erneut zu entscheiden. Der Kläger nahm die Berufung im Übrigen zurück.
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Bereits am 30.10.2011 hatte der Kläger erneut erfolglos Grundsicherungsleistungen beantragt (bestandskräftiger Bescheid vom 13.1.2012; ablehnender Überprüfungsbescheid vom 18.7.2013; Widerspruchsbescheid vom 9.9.2013). Während des hiergegen gerichteten Klageverfahrens vor dem SG (S 88 SO 2516/13) entschied der Beklagte über den Antrag vom 18.6.2007 abschlägig (Bescheid vom 11.9.2014; Widerspruchsbescheid vom 8.12.2014). Hiergegen wandte sich der Kläger (mit Schreiben vom 17.12.2014), das er zum Verfahren S 88 SO 2516/13 übersandte. Schließlich hob der Beklagte auch die Bescheide vom 13.1.2012 und 18.7.2013 sowie den Widerspruchsbescheid vom 9.9.2013 auf (Bescheid vom 24.4.2015).
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Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 28.7.2016); die Berufung ist ohne Erfolg geblieben (Urteil des LSG vom 20.7.2017). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, Gegenstand des Verfahrens sei der Bescheid vom 11.9.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8.12.2014, worüber das SG auf zulässige Klageänderung hin zutreffend allein entschieden habe. Aufgrund der erneuten Antragstellung des Klägers im Oktober 2011 sei streitbefangen allerdings nur die Zeit bis 30.9.2011. Da der Kläger mit W in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebe, sei bei der Prüfung seiner Hilfebedürftigkeit das Einkommen von W zu berücksichtigen. Der Umstand, dass der Kläger noch verheiratet sei, hindere nicht, vom Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft mit W auszugehen. Der Einwand des Klägers, dass die Entscheidung des Beklagten und des SG nur auf Indizien beruhten, verfange nicht. Es sei allein auf Basis objektiv vorliegender Tatsachen zu ermitteln, ob der Schluss auf eine innere Bindung im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft gerechtfertigt sei. Was die Beteiligten selbst angeben würden, etwa dass sie - wie hier - entgegen objektiv feststellbarer Umstände nicht bereit seien, füreinander einzustehen, sei deshalb unbeachtlich. Aus diesen Gründen sei auch die vom Kläger beantragte Vernehmung der W als Zeugin entbehrlich gewesen.
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Mit seiner Revision rügt der Kläger ua einen Verstoß gegen Art 6 Abs 1 Grundgesetz (GG) sowie gegen den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Eine eheähnliche Gemeinschaft sei aus verfassungsrechtlichen Gründen (Schutz von Ehe und Familie) ausgeschlossen, wenn daneben noch eine Ehe bestehe. Beide Lebensformen schlössen sich aus. Jedenfalls habe das LSG seine Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen verletzt, weil es den von ihm im Termin zur mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag, W als Zeugin zu vernehmen, übergangen habe. Deren Vernehmung wäre aber zwingend gewesen und hätte den Nachweis erbracht, dass kein Einstandswille bestehe.
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Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. Juli 2017 und des Sozialgerichts Berlin vom 28. Juli 2016 sowie den Bescheid vom 11. September 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Dezember 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm ab dem 1. Juni 2007 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu gewähren.
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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Er hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Ob dem Kläger ab Juni 2007 Grundsicherungsleistungen zustehen, kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Zwar steht der Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft zwischen ihm und W, die zur Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens der Partnerin bei Prüfung seiner Hilfebedürftigkeit führt, nicht schon entgegen, dass der Kläger mit einer anderen Frau verheiratet ist. Die Feststellung des LSG, es liege hier eine solche eheähnliche Gemeinschaft vor, ist aber - wie der Kläger zutreffend rügt - verfahrensfehlerhaft zustande gekommen (Verletzung des § 103 SGG). Das LSG wird die von ihm beantragte, notwendige Beweisaufnahme nachzuholen und sodann eine abschließende Entscheidung zu treffen haben.
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Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 11.9.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8.12.2014 (§ 95 SGG), gegen den sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage wendet (§ 54 Abs 1, 4 SGG), hier zulässigerweise gerichtet auf den Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG). Dabei wendet sich der Kläger - entsprechend dem zeitlich unbefristeten Klageantrag - zulässigerweise gegen die Ablehnung von Grundsicherungsleistungen für die gesamte Zeit von Juni 2007 bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz (Bundessozialgericht <BSG> vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R - SozR 4-3500 § 21 Nr 1 RdNr 8 mwN).
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Der streitbefangene Zeitraum ist - entgegen der Auffassung des LSG - nicht infolge der weiteren Antragstellung im Oktober 2011 auf die Zeit bis zum 30.9.2011 beschränkt. Denn der Bescheid vom 11.9.2014 ist nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden, weil er die Zeit ab 1.10.2011 betrifft und insoweit den Überprüfungsbescheid vom 18.7.2013 ersetzt hat. Seine Regelungswirkung beschränkt sich schon nach seinem Verfügungssatz und der dazu gegebenen Begründung nicht auf eine - weitere - Entscheidung über den Leistungsanspruch für die Zeit von Juni 2007 bis 30.9.2011; denn er enthält weder ausdrücklich noch seinem sonstigen Erklärungsgehalt nach eine entsprechende Befristung. Der Beklagte selbst hat (mit Schreiben vom 17.9.2014) dem SG den Bescheid vom 11.9.2014 nicht nur zur Kenntnis übersandt, sondern zudem erklärt, er halte wegen dieser Entscheidung auch an "seiner Ausgangsentscheidung vom 18.7.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.09.2013" fest. Damit hat er deutlich zu verstehen gegeben, dass er (erneut) auch eine inhaltliche Überprüfung des bestandskräftigen Bescheids vom 13.1.2012 vorgenommen und insoweit die Überprüfungsentscheidung vom 18.7.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.9.2013 nach § 96 SGG ersetzt hat. Die spätere "Aufhebung" der Bescheide vom 13.1.2012 und vom 18.7.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.9.2013 (Bescheid vom 24.4.2015) ging damit ins Leere.
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Im Übrigen sind SG und LSG zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger mit seinem Schreiben an das Gericht vom 17.12.2014 die bereits gegen den Bescheid vom 18.7.2013 gerichtete Klage im Wege einer zulässigen Klageänderung (§ 99 Abs 2 SGG) erweitert hat und damit auch der Zeitraum vom 1.7.2007 bis zum 30.9.2011 Streitgegenstand geworden ist. Eine Einbeziehung nach § 96 SGG scheidet hier schon deshalb aus, weil der Überprüfungsbescheid vom 18.7.2013 keine Regelung für die Zeit vor dem 1.10.2011 enthält. Die insoweit geänderte Klage war auch zulässig; insbesondere ist die Klageänderung rechtzeitig, dh noch innerhalb der mit Zustellung des Widerspruchsbescheids vom 8.12.2014 am 11.12.2014 in Lauf gesetzten Klagefrist erklärt worden. Der Kläger hat mit seinem Schreiben vom 17.12.2014 (eingegangen beim SG am 19.12.2014), auf den es insoweit maßgeblich ankommt, ausdrücklich einerseits Klage gegen den Bescheid vom 11.9.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8.12.2014 erhoben und andererseits insbesondere durch die Bezugnahme auf das Aktenzeichen des dem vorliegenden Rechtsstreit zugrundeliegenden Klageverfahrens (S 88 SO 2516/13) deutlich gemacht, dass er eine Einbeziehung der (weiteren) Klage in das vorliegende Verfahren wünscht. Diesen Wunsch, dass die Verfahren im Ergebnis gemeinsam geführt werden, hatte er bereits während des Widerspruchsverfahrens (Schreiben vom 30.9.2014) zum Ausdruck gebracht.
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Prüfungsmaßstab für den geltend gemachten Anspruch auf Grundsicherungsleistungen in der Sache bilden § 19 Abs 2 Satz 1 SGB XII (bis 31.12.2007 in der Fassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022; bis 31.12.2010 in der Fassung des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007 - BGBl I 554; ab 1.1.2011 in der Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 - BGBl I 453) iVm § 41 SGB XII (hier zunächst in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - BGBl I 2670 ab 1.1.2016 in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und weiterer Vorschriften vom 21.12.2015 - BGBl I 2557). Danach sind Grundsicherungsleistungen auf Antrag ua Personen zu leisten, die - wie der Kläger - die maßgebliche Altersgrenze erreicht haben und ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen (§§ 82 bis 84 und 90 SGB XII) bestreiten können. Einkommen und Vermögen ua des nicht getrennt lebenden Ehegatten sowie des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft, die dessen notwendigen Lebensunterhalt nach dem SGB XII übersteigen, sind zu berücksichtigen (hier zunächst § 43 Abs 1 Halbsatz 1 SGB XII in der Normfassung des Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht vom 21.3.2005 - BGBl I 818; ab 1.11.2011 in der Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 - BGBl I 453; ab 1.1.2013 in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 20.12.2012 - BGBl I 2783; ab 1.1.2016 in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und weiterer Vorschriften vom 21.12.2015 - BGBl I 2557 und ab 1.7.2017 in der Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen sowie zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 22.12.2016 - BGBl I 3159).
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Der Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft, der im SGB XII vorausgesetzt wird (vgl § 20 Satz 1 SGB XII hier in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 - BGBl I 1706), gesetzlich aber nicht definiert ist, ist bereits zu den Vorgängerregelungen im Arbeitsförderungsrecht (zuletzt § 193 Abs 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - <SGB III> in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung) und § 122 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) und das BSG mit Blick auf das gesetzgeberische Ziel, eine verfassungswidrige Schlechterstellung der Ehe gegenüber gleichartigen Lebensgemeinschaften zu vermeiden, nach Maßgabe der Art 3 Abs 1 iVm Art 6 Abs 1 GG näher konturiert worden. Ein Verstoß gegen Art 6 Abs 1 GG läge nämlich vor, wenn in einem gemeinsamen Haushalt lebende Ehegatten gegenüber gleichartigen Lebensgemeinschaften bei der Gewährung von einkommens- und vermögensabhängigen Sozialhilfeleistungen benachteiligt werden, obwohl sich die Bedürftigkeit gleich darstellt (vgl etwa BVerfG vom 10.7.1984 - 1 BvL 44/80 - BVerfGE 67, 186, 196).
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Bei einer gleichartigen ("eheähnlichen") Lebensgemeinschaft handelt es sich dabei um eine solche, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehung in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgeht (vgl nur BVerfG vom 17.11.1992 - 1 BvL 8/87 - BVerfGE 87, 234, 265; zum Ganzen zuletzt BSG vom 18.7.2019 - B 8 SO 6/18 R - RdNr 15 mwN). Nur dann, wenn das Zusammenleben zweier Personen über eine reine Haushalts- oder Wirtschaftsgemeinschaft hinausgeht, darf der Gesetzgeber typisierend von einer wechselseitigen Unterstützung ausgehen, zu der keiner der Partner rechtlich verpflichtet ist. Dabei kommt es, anders als der Kläger meint, aber nicht darauf an, ob die Partner ledig, verwitwet oder geschieden sind oder - wie im vorliegenden Fall - mit einer dritten Person verheiratet sind. Für die Annahme, dass eine Partnerschaft "keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben zulässt", ist der jeweilige Familienstand unerheblich; entscheidend ist allein, dass nach einer Scheidung eine Heirat rechtlich möglich ist (Voelzke in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl 2014, § 20 RdNr 24; Apidopoulos in Adolph, § 20 SGB XII, Stand Mai 2013, RdNr 20; Neumann in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand September 2015, K § 20 RdNr 12). Insoweit schützen die Merkmale einer "gewissen Ausschließlichkeit der Beziehung" und "keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben zulässt" lediglich vor einem ausufernden Verständnis des Begriffs der eheähnlichen Gemeinschaft, die - wie die Ehe - damit nur im Verhältnis zu einer Person denkbar ist.
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Diese Auslegung verletzt Verfassungsrecht nicht, auch wenn der besondere Schutz der Ehe nach Art 6 Abs 1 GG auch der gescheiterten Ehe gilt (vgl dazu nur BVerfG vom 21.10.1980 - 1 BvR 1284/79 - BVerfGE 55, 134, 142). Mit der Aufgabe der ehelichen Lebensgemeinschaft nach einer dauerhaften Trennung der Ehepartner (zum anzuwendenden Beurteilungsmaßstab vgl nur BSG vom 6.12.2018 - B 8 SO 2/17 R - SozR 4-3500 § 19 Nr 6 - RdNr 16; auch für BSGE vorgesehen) wird Einkommen und Vermögen des getrennt lebenden Ehepartners bei der Prüfung der Bedürftigkeit seines neuen Partners in eheähnlicher Gemeinschaft zwar berücksichtigt. Dies benachteiligt die fortbestehende, dauerhaft getrennte Ehe aber nicht bei der Gewährung von einkommens- und vermögensabhängigen Sozialhilfeleistungen, weil gerade wegen der dauerhaften Trennung in dieser Ehe nicht mehr "aus einem Topf" gewirtschaftet wird und eine gemeinsame Bedürftigkeitsprüfung also entfällt. Erfüllt die neue Lebensgemeinschaft die Kriterien an eine Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft, ist die wechselseitige Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen in dieser Partnerschaft nur eine rechtliche Folge der dem staatlichen Zugriff entzogenen Entscheidung der Trennung vom Ehegatten und der Zuwendung zu einem neuen Partner.
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Ob zwischen dem Kläger und W eine eheähnliche Gemeinschaft besteht, konnte der Senat jedoch nicht abschließend beurteilen. Die entsprechenden Feststellungen des LSG binden ihn nicht; denn der vom Kläger gerügte Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) liegt vor (vgl § 163 SGG). Dieser verlangt, von allen Ermittlungsmöglichkeiten, die vernünftigerweise zur Verfügung stehen, Gebrauch zu machen (vgl zu diesem Maßstab BSG vom 22.11.2011 - B 4 AS 138/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 14 RdNr 16 mwN). Auch wenn sich das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft in der Verwaltungspraxis nur anhand von Indizien feststellen lässt (BVerfG vom 17.11.1992 - 1 BvL 8/87 - BVerfGE 87, 234, 265), sind für die Entscheidung über das Vorliegen der eheähnlichen Gemeinschaft alle Anknüpfungstatsachen zu ermitteln, die den Schluss darauf zulassen, ob die Personen, die sich eine Wohnung teilen, auch füreinander einstehen wollen und sie also zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwenden. Hierzu gehören die Angaben der Betroffenen ebenso wie andere Hinweistatsachen, zB die Dauer des Zusammenlebens, die konkrete Wohnsituation oder die Verfügungsmöglichkeit über das Einkommen und Vermögen des anderen Partners. Es ist auf dieser ermittelten Grundlage erst bei der von der Behörde bzw dem Gericht vorzunehmenden abschließenden Beweiswürdigung zu entscheiden, ob den genannten objektiven Hinweistatsachen eine Bedeutung zukommt, die nicht allein durch das Behaupten des Gegenteils entkräftet werden kann. Rechtsfehlerhaft ist das LSG deshalb auch von seinem Rechtsstandpunkt aus, der sich wegen des Begriffs der eheähnlichen Gemeinschaft mit den oben dargestellten Kriterien deckt, davon ausgegangen, auf eine Befragung der W, deren Vernehmung als Zeugin der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem LSG ordnungsgemäß beantragt hatte, könne schon deshalb verzichtet werden, weil deren Aussage als Zeugin - wie ihre schriftliche Erklärung, nicht für den Kläger einstehen zu wollen - für die abschließende Entscheidung über das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft "unbeachtlich" sei. Die schriftliche Erklärung (zur Abgrenzung einer Auskunft von einer schriftlichen Zeugenaussage vgl nur B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 106 RdNr 11) befreit von ihrer Vernehmung nicht. Ohnehin sind weder die Verwendung der Rente des Klägers, die auf ein Konto der W fließt, das Existenzminimum des Klägers aber allein nicht deckt, noch die Frage, warum der Kläger weiterhin bei W wohnt bzw wohnen kann, und schließlich die Umstände seiner mehrmonatigen Auslandsaufenthalte während der Wintermonate durch die schriftliche Einlassung der W geklärt.
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Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
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