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BSG 30.01.2017 - B 10 ÜG 28/16 B
BSG 30.01.2017 - B 10 ÜG 28/16 B - Nichtzulassungsbeschwerde - Divergenz - Gegenüberstellung von abweichenden Rechtssätzen - isolierte Aussage - Loslösung vom tatsächlichen Bezugsrahmen - Darstellung des Zusammenhangs einzelner Sätze - Darlegungsanforderungen
Normen
§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 198 Abs 2 S 2 GVG, § 11 Abs 8 RVG
Vorinstanz
vorgehend SG Neubrandenburg, 22. Mai 2014, Az: XX, Beschluss
vorgehend Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, 8. Juni 2016, Az: L 12 SF 41/14 EK AS, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 8. Juni 2016 wird als unzulässig verworfen.
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Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
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Der Streitwert wird für die Kläger auf 900 Euro festgesetzt.
Gründe
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I. Die Kläger begehren die Feststellung der unangemessenen Dauer eines Vergütungsfestsetzungsverfahrens beim SG Neubrandenburg. Diesen Anspruch hat das LSG Mecklenburg-Vorpommern mit Urteil vom 8.6.2016 verneint, weil eine unangemessene Dauer des Ausgangsverfahrens iS von § 198 GVG nicht vorliege. Auch wenn dieses Verfahren zehn Monate angedauert habe und der Senat ansonsten von einer angemessenen Bedenkzeit von lediglich bis zu drei Monaten bei Kostenfestsetzungen ausgehe, stelle sich das Begehren auf Feststellung einer unangemessenen Dauer vorliegend als mutwillig dar, weil es bei einem normalen prozessualen Umgang der Beteiligten untereinander aller Voraussicht nach einer gerichtlichen Kostenfestsetzung nicht bedurft hätte. Denn der Beklagte des Hauptsacheverfahrens habe nach beantragter Kostenfestsetzung binnen drei Wochen die begehrten Kosten in voller Höhe anerkannt mit dem Vermerk, dass ein weiteres Kostenfestsetzungsverfahren damit entbehrlich sein dürfte. Trotz dieses Anerkenntnisses habe die Prozessbevollmächtigte der Kläger auf wiederholte Nachfrage des SG nicht reagiert und damit eine eigentlich überflüssige Kostenfestsetzungsentscheidung notwendig gemacht. Dies betreffe auch die Festsetzung der Verzinsung, da gemäß § 104 Abs 1 S 2 ZPO auf Antrag ab Eingang eines Festsetzungsantrages zwingend eine solche vorzunehmen ist, sodass ein entsprechender Hinweis ausreichend und auch zumutbar gewesen wäre. Folglich fehle es an einem dem SG zuzurechnenden (Nicht-)Handeln und es erscheine daher eine Entschädigung wegen unangemessener Verfahrensdauer - auch in Form einer Feststellung nach § 198 Abs 4 S 1 GVG - als fernliegend.
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Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung haben die Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt, mit der sie rügen, das LSG sei von der Rechtsprechung des BSG abgewichen und habe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verkannt.
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, da keiner der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).
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1. Soweit die Kläger das Vorliegen einer Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) rügen, genügt die Beschwerde nicht den Darlegungsanforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG. Zur formgerechten Rüge eines Zulassungsgrundes der Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist in der Beschwerdebegründung die Entscheidung, von der das Urteil des LSG abweichen soll, zumindest so zu bezeichnen, dass sie ohne Schwierigkeiten auffindbar ist. Ferner ist deutlich zu machen, worin eine Abweichung zu sehen sein soll. Der Beschwerdeführer muss also darlegen, zu welcher konkreten Rechtsfrage eine die LSG-Entscheidung tragende Abweichung in deren rechtlichen Ausführungen enthalten sein soll. Sie muss einen abstrakten Rechtssatz des vorinstanzlichen Urteils und einen abstrakten Rechtssatz aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung so bezeichnen, dass die Divergenz erkennbar wird. Es reicht dagegen nicht aus, auf eine bestimmte höchstrichterliche Rechtsprechung mit der Behauptung hinzuweisen, dass angegriffene Urteil weiche hiervon ab. Schließlich ist darzulegen, dass die LSG-Entscheidung auf der gerügten Divergenz beruhe (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29).
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Diese Begründungserfordernisse haben die Kläger nicht ausreichend berücksichtigt. Sie tragen im Wesentlichen vor, es liege eine Abweichung des LSG von der Entscheidung des BVerfG vom 8.10.2014 (1 BvR 2186/14) vor, weil das LSG den Rechtssatz aufgestellt habe, dass keine Untätigkeit des SG iS des § 198 GVG vorliege, wenn der Kläger auf zumutbare Nachfragen nicht reagiere. Mit diesem Rechtssatz weiche das LSG von dem vom BVerfG in der genannten Entscheidung aufgestellten Rechtssatz ab, dass das SG nur dann nicht untätig sei, wenn es den Kläger zu einer erforderlichen Mitwirkung aufgefordert habe. Auf dieser Abweichung beruhe auch die Entscheidung des LSG. Damit haben die Kläger allerdings nicht in ausreichendem Maße aus dem angefochtenen Urteil des LSG einen abstrakten Rechtssatz herausgearbeitet, mit dem sich das LSG in Gegensatz zur Rechtsprechung des BVerfG gesetzt hätte. Insbesondere dürfen bei einer Divergenzbeschwerde die Rechtssätze nicht losgelöst von ihrem jeweiligen tatsächlichen normativen Kontext bzw Bezugsrahmen einander gegenübergestellt werden, weil durch eine solche isolierte Wiedergabe nicht deutlich wird, inwieweit es sich um einen tragenden höchstrichterlichen Rechtssatz handelt. Deshalb darf keinesfalls isoliert auf einzelne Sätze der angefochtenen oder herangezogenen Entscheidung abgestellt werden, sondern es ist der Kontext darzustellen, in dem die zitierten Rechtssätze jeweils stehen (Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, § 160a RdNr 75 ff mwN; etwa BSG Beschluss vom 7.2.2007 - B 6 KA 56/06 B - BeckRS 2007, 41946 RdNr 10). An dieser Darstellung fehlt es in Bezug auf die von der Beschwerde herangezogene Entscheidung des BVerfG.
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Gleiches gilt auch für die behauptete Abweichung des LSG von der Entscheidung des BSG vom 2.12.2014 (B 14 AS 60/13 R) in dem dieses den Rechtssatz aufgestellt habe, der Kostenerstattungsanspruch gegen die Behörde setze nicht voraus, dass der Rechtsanwalt des Klägers zuvor an diesen persönlich keine Abrechnung übersandt habe. Die Beschwerde setzt sich in keiner Weise damit auseinander, dass die letztgenannte Entscheidung anders als der Fall der Kläger die Kostenerstattung im Widerspruchsverfahren betrifft.
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Eine hinreichend substantiierte Darlegung divergierender Rechtssätze fehlt ebenso hinsichtlich der behaupteten Abweichung von der Entscheidung des BSG vom 10.7.2014 (B 10 ÜG 8/13 R), in dem das BSG den Rechtssatz aufgestellt habe, dass für einen Beteiligten ein Kostenfestsetzungsverfahren im allgemeinen eine untergeordnete Bedeutung habe und eine Wiedergutmachung auf sonstige Weise ausreichend sei. Die Beschwerde legt nicht dar, was die vom BSG regelmäßig angenommene untergeordnete Bedeutung des Kostenfestsetzungsverfahrens mit der Frage einer Abrechnung im Innenverhältnis zwischen Mandant und Rechtsanwalt zu tun haben könnte.
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Die Beschwerde legt insgesamt nicht substantiiert dar, welche Rechtssätze das LSG genau im Einzelnen aufgestellt haben sollte, mit denen es sich ausdrücklich in Gegensatz zu der benannten oberstgerichtlichen Rechtsprechung stellt. Selbst wenn das LSG einen höchstrichterlichen Rechtssatz in der Rechtsprechung des BSG oder BVerfG missverstanden oder übersehen haben und deshalb das Recht fehlerhaft angewendet haben sollte, so kann daraus nicht geschlossen werden, es habe einen divergierenden Rechtssatz aufstellen wollen. Die Bezeichnung einer Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG setzt vielmehr die Darlegung voraus, dass das LSG die höchstrichterliche Rechtsprechung im angefochtenen Urteil in Frage stellt und demgegenüber einen eigenen Rechtssatz hat aufstellen wollen. Dies ist nicht der Fall, wenn es eine höchstrichterliche Rechtsprechung in ihrer Tragweite für den entschiedenen Fall lediglich verkannt haben sollte (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 73 mwN). Tatsächlich hat das LSG in der angefochtenen Entscheidung keine der von den Klägern benannten oberstgerichtlichen Entscheidungen auch nur angesprochen. Dieses hat lediglich im Rahmen seiner tatrichterlichen Würdigung geprüft, ob nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalles für das vorliegend durchgeführte Kostenfestsetzungsverfahren iS von § 198 GVG eine unangemessene Dauer festgestellt werden kann.
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2. Soweit die Kläger als Zulassungsgrund eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) geltend machen, genügt die Beschwerdebegründung ebenfalls nicht den Anforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG. Grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung erforderlich ist, und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
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Die Kläger halten folgende Frage für eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung:
"Kann der Entschädigungsanspruch nach § 198 GVG (schon dem Grunde nach) davon abhängig gemacht werden, dass der Kläger einer Kostenforderung seines Prozessvertreters ausgesetzt war, wenn materiell-rechtlich für die Geltendmachung des Freistellungsanspruches eine (gesonderte) Rechnungslegung des Prozessvertreters gegenüber dem Kläger (Mandanten) nicht erforderlich ist?"
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Soweit man ungeachtet des Umstandes, ob es sich bei dieser Frage überhaupt um eine ordnungsgemäße Rechtsfrage handelt, die auf die Auslegung eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals abzielt, dem Vorbringen die Frage entnehmen wollte, ob bei der Prüfung der Umstände des Einzelfalles nach § 198 Abs 2 S 2 GVG auch zu berücksichtigen ist, ob der Rechtsanwalt vor der Beantragung einer Vergütungsfestsetzung nach § 11 Abs 8 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) die Kosten bei dem Auftraggeber außergerichtlich geltend gemacht hat, fehlt es bereits an einer Auseinandersetzung der Kläger mit der gesetzlichen Regelung in § 198 Abs 2 S 2 GVG. Denn nach § 198 Abs 2 S 2 GVG kann eine Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Abs 4 der Vorschrift ausreichend ist. In diesem Zusammenhang hätten sich die Kläger insbesondere mit der Rechtsprechung des BSG auseinandersetzen müssen, nach der ein maßgebendes Kriterium im Rahmen der Umstände des Einzelfalles die Bedeutung des Ausgangsverfahrens für die jeweiligen Kläger ist (vgl BSG Urteil vom 12.2.2015 - B 10 ÜG 1/13 R - BSGE 118, 91 = SozR 4-1720 § 198 Nr 7). Hiermit haben sich die Kläger jedoch nicht auseinandergesetzt. Soweit die Kläger eine fehlerhafte Rechtsanwendung des LSG im Einzelfall rügen, so können sie hierauf ihre Nichtzulassungsbeschwerde nicht stützen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10).
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3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.
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5. Die Streitwertentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 52 Abs 1 und 3 S 1, § 47 Abs 1 S 2, Abs 3 GKG und berücksichtigt, dass die Kläger von einer neunmonatigen Überlänge des Kostenfestsetzungsverfahrens ausgegangen sind. Für jeden Monat ist somit ein Wert von 100 Euro anzusetzen, insgesamt also 900 Euro.
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Zugunsten der Kläger geht der Senat insoweit mangels anderer Anhaltspunkte davon aus, dass wirtschaftlich hier nur ein Anspruch iS des § 39 Abs 1 GKG geltend gemacht wurde und deshalb keine Wertaddition stattfindet (vgl zB BSG Beschluss vom 14.9.2006 - B 6 KA 24/06 B - Juris). Dabei entspricht der Streitwert bei Feststellungsanträgen in ÜG-Verfahren dem Streitwert bei Entschädigungsanträgen in ÜG-Verfahren (vgl BSG Urteil vom 15.12.2015 - B 10 ÜG 1/15 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 13 mwN). Zwar hat das LSG den Streitwert lediglich auf 225 Euro festgesetzt. Hiervon darf jedoch abgewichen werden, weil nach § 47 Abs 2 GKG der objektiv angemessene Streitwert maßgeblich ist (vgl BSG Beschluss vom 19.9.2006 - B 6 KA 30/06 B - Juris).
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