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BSG 19.01.2017 - B 8 SO 82/16 B
BSG 19.01.2017 - B 8 SO 82/16 B - (Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verwerfung wegen Unzulässigkeit - Kostenentscheidung - Kostenprivilegierung nach 183 SGG - Rechtsnachfolgerin des verstorbenen Ehegatten - Möglichkeit einer Sonderrechtsnachfolge nach § 56 SGB 1)
Normen
§ 160a SGG, § 193 SGG, § 183 S 1 SGG, § 183 S 3 SGG, § 56 SGB 1
Vorinstanz
vorgehend VG Bremen, 1. September 2010, Az: S 6 K 97/07, Urteil
vorgehend VG Bremen, 1. September 2010, Az: S 6 K 98/07, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, 7. April 2016, Az: L 8 SO 19/12, Beschluss
vorgehend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, 7. April 2016, Az: L 8 SO 20/12, Beschluss
Tenor
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Die Beschwerden der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in den Beschlüssen des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 7. April 2016 - L 8 SO 19/12 und L 8 SO 20/12 - werden als unzulässig verworfen.
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Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
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I. Im Streit ist die zuschussweise Gewährung von Leistungen der Hilfe zur Pflege und von Bestattungskosten anstelle der jeweils nur gegen Aufwendungsersatz bewilligten Leistungen.
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Die Klägerin ist die Witwe des im Juli 2004 verstorbenen Hilfeempfängers (H), dem die Beklagte ab Februar 2004 Leistungen der Hilfe zur Pflege gegen Aufwendungsersatz bewilligt hatte. Der Klägerin selbst bewilligte sie nach dem Tod des H Bestattungskosten ebenfalls nur gegen Aufwendungsersatz. Die von der als Erbin (Hilfe zur Pflege) bzw als originäre Anspruchsinhaberin (Bestattungskosten) erhobenen Klagen blieben in beiden Instanzen ohne Erfolg (Urteile des Verwaltungsgerichts Bremen vom 1.9.2010; Beschlüsse des Landessozialgerichts <LSG> Niedersachsen-Bremen vom 7.4.2016). Zur Begründung seiner Entscheidungen hat das LSG ausgeführt, ein Anspruch auf Leistungen ohne Aufwendungsersatz bestehe in beiden Fällen nicht, sodass dahinstehen könne, ob Leistungen gegen Aufwendungsersatz hätten erbracht werden dürfen. Soweit die Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihres im Juli 2004 verstorbenen Ehemanns Hilfe zur Pflege für die Zeit von Februar 2004 bis zu Hs Tod geltend mache, stehe einem Anspruch schon die fehlende Hilfebedürftigkeit des Verstorbenen entgegen. Dieser sei zur Hälfte Miteigentümer eines Grundstücks in B. sowie anteilig Inhaber eines Schadensersatzanspruchs gegen die Gemeinde B. gewesen. Insbesondere sei das Haus nicht als Schonvermögen zu bewerten, weil es von der Klägerin und/oder ihrem Ehemann weder selbst bewohnt worden sei noch in absehbarer Zeit hätte bezogen werden sollen. Die Verwertung des Vermögens stelle auch keine Härte dar. Dies gelte selbst unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Klägerin und ihr Ehemann das Eigentum daran im Zusammenhang mit der Ausreise bzw Ausweisung aus der DDR zunächst verloren hätten; denn sie hätten das Eigentum 1993 wiedererlangt. Nachteile aus der Beschädigung des Wohnhauses seien durch rechtskräftig zuerkannte Schadensersatzansprüche ausgeglichen worden. Entsprechendes gelte für die Übernahme von Bestattungskosten. Der Anspruch setze voraus, dass die Kostentragung unzumutbar sei. Für die Klägerin als Alleinerbin sei dies bereits wegen der Möglichkeit, den Nachlass einzusetzen, zu verneinen. Der Einsatz des Nachlasses bedeute keine Härte.
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Mit ihrer Beschwerde macht die Klägerin eine grundsätzliche Bedeutung der jeweiligen Rechtssache geltend und rügt Verstöße gegen § 88 Abs 2 Nr 7 Bundessozialhilfegesetz (BSHG; jetzt § 90 Abs 2 Nr 8 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - <SGB XII>) und § 88 Abs 3 BSHG (jetzt § 90 Abs 3 SGB XII). Grundsätzlich bedeutsam sei die Rechtsfrage, ob ursprünglich selbstbewohntes Grundeigentum dadurch seine Eigenschaft als Schonvermögen iS des § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG verliere, dass es dem Betroffenen durch staatliches Handeln widerrechtlich entzogen und zerstört werde, und zwar unter besonderer Berücksichtigung des Umstands, dass ein von Seiten des Staates bzw der öffentlichen Hand zur Schadenswiedergutmachung gezahlter Geldbetrag erst nach Inanspruchnahme von Leistungen nach dem BSHG gezahlt worden sei, sodass der betroffene Leistungsbezieher während des Leistungsbezugs daran gehindert gewesen sei, das ursprünglich zum Schonvermögen zählende Hausgrundstück für sich und seine Angehörigen zu nutzen (1. Frage). Grundsätzlich bedeutsam sei zudem die Rechtsfrage, ob die widerrechtliche Entziehung von ursprünglich selbstbewohntem Eigentum durch staatliche Maßnahmen einen atypischen Härtefall iS des § 88 Abs 3 Satz 1 BSHG darstelle (2. Frage).
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Beide Rechtsfragen seien klärungsbedürftig, weil weder das Bundessozialgericht (BSG) noch Tatsachengerichte zur Frage des Entzugs der Schonvermögenseigenschaft durch rechtswidrige staatliche Maßnahmen Entscheidungen getroffen hätten. Sie, die Klägerin, und ihr verstorbener Ehemann hätten das Haus nicht freiwillig aufgegeben; sie seien in der DDR vielmehr dazu gezwungen worden. Würde dem Hausgrundstück nunmehr die Schonvermögenseigenschaft abgesprochen, wäre dies einer zweiten Enteignung gleichzustellen. Der von ihr durchgesetzte Schadensersatzanspruch habe der Wiederherstellung des Hauses dienen sollen und sei als Ersatz für dessen fehlende Nutzbarkeit anzusehen. Gleiches gelte für die durch den Hausverkauf erlöste Summe und die Eigentumswohnung, die sie sich davon gekauft habe. Diese seien Surrogate des Schonvermögens und deshalb ebenfalls geschützt. Jedenfalls aber liege eine besondere Härte vor. Werde eine Person durch Unrecht und Gewalt gehindert, ihr Eigentum zu bewohnen, dürfe sich das Schonvermögen darstellende Eigentum nicht in verwertbares Vermögen "auflösen".
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerden sind unzulässig, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise dargelegt worden ist. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerden ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG entscheiden.
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Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Um der Darlegungspflicht zu genügen, muss eine konkrete Rechtsfrage formuliert, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihr angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) dargelegt werden (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung aus mehreren Gründen nicht gerecht.
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Es kann dahinstehen, ob sich die aufgeworfene Rechtsfrage 1. überhaupt ernsthaft stellt und es insoweit nicht schon aus diesem Grund für diese Frage an der Darlegung der Klärungsfähigkeit mangelt. Jedenfalls ist bereits die Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfrage nicht dargelegt. Dies hätte eine Auseinandersetzung mit der zu § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG bzw § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII bereits ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung im Einzelnen erfordert. Allein die Behauptung, zu der aufgeworfenen Rechtsfrage in der vorliegenden Fallkonstellation sei noch keine Rechtsprechung ergangen, ersetzt dies nicht. Gleiches gilt für die aufgeworfene Frage 2 (Auslegung der Härteregelung des § 88 Abs 3 BSHG bzw § 90 Abs 3 SGB XII). Die Klägerin behauptet auch insoweit letztlich nur, das LSG habe in der Sache zu Unrecht entschieden. Der Vorwurf der inhaltlichen Unrichtigkeit einer Entscheidung vermag allerdings die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen.
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Soweit der Anspruch auf Leistungen der Hilfe zur Pflege im Streit ist, ist außerdem die Klärungsfähigkeit der beiden aufgeworfenen Rechtsfragen nicht dargelegt. Klärungsfähig ist eine Rechtsfrage nämlich nur dann, wenn sie für den zu entscheidenden Fall rechtserheblich ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Über die aufgeworfene Rechtsfrage müsste das Revisionsgericht also konkret-individuell sachlich entscheiden können (BSG SozR 1500 § 160a Nr 39 und 53). Hier fehlt es an jeglichem Vortrag zur Vererbbarkeit des Anspruchs auf Sozialhilfeleistungen (vgl dazu nur BSGE 106, 264 ff mwN = SozR 4-3500 § 19 Nr 2); dass die Klägerin Sonderrechtsnachfolgerin nach ihrem verstorbenen Ehemann geworden sei, behauptet sie nicht einmal.
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Soweit es die Übernahme von Bestattungskosten anbelangt, ist die Klärungsbedürftigkeit beider Rechtsfragen zudem nicht schlüssig dargelegt, weil die Klägerin sich nicht mit der vom LSG aufgeführten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 105, 51 ff) und des BSG (BSGE 109, 61 ff RdNr 24 = SozR 4-3500 § 74 Nr 2; BSGE 104, 219 ff RdNr 14 ff = SozR 4-3500 § 74 Nr 1) auseinandergesetzt, wonach die allgemeine Bedürftigkeitsprüfung "überlagert" wird von der in § 15 BSHG bzw § 74 SGB XII vorgesehenen besonderen Zumutbarkeitsprüfung. Es fehlen damit zwangsläufig auch Darlegungen zur Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfragen. Die Klägerin hat insbesondere nicht aufgezeigt, dass bzw weshalb angesichts dieser Rechtsprechung die Frage der Beurteilung des Hausgrundstücks als Schonvermögen für die Prüfung der Zumutbarkeit der Kostentragung im Hinblick auf das insgesamt ererbte Vermögen überhaupt von Bedeutung ist.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; es handelt sich um ein nach § 183 SGG kostenprivilegiertes Verfahren. Soweit es um die Übernahme von Bestattungskosten als originäre Sozialhilfe zugunsten der Klägerin geht, ergibt sich dies aus § 183 Satz 1 SGG (vgl: BSG, Beschluss vom 24.2.2016 - B 8 SO 103/15 B; BSG, Beschluss vom 8.10.2010 - B 8 SO 49/10 B); über § 183 Satz 3 SGG gilt die Privilegierung auch für den als Rechtsnachfolgerin geltend gemachten Anspruch auf Hilfe zur Pflege; insofern genügt es für die Anwendung des Satzes 1, dass die Möglichkeit für eine Sonderrechtsnachfolge nach § 56 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) besteht (vgl: BSGE 106, 264 ff RdNr 18 = SozR 4-3500 § 19 Nr 2 mwN; BSG SozR 4-1500 § 183 Nr 8). Dass sich die Klägerin hierauf nicht ausdrücklich, sondern auf eine Erbenstellung beruft, ist ohne Bedeutung.
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