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BSG 15.06.2016 - B 6 KA 27/15 R
BSG 15.06.2016 - B 6 KA 27/15 R - Vertragsärztliche Versorgung - Richtlinie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Durchführung des bundeseinheitlichen Zahlungsausgleichsverfahrens (Fremdkassenzahlungsausgleich) mit den Kassenärztlichen Vereinigungen - Zulässigkeit der Geltendmachung der Rechtswidrigkeit durch die Kassenärztlichen Vereinigungen - Berücksichtigung der Begrenzung der Gesamtvergütung auf den vereinbarten Behandlungsbedarf bei der Berechnung des Fremdkassenzahlungsausgleichs - Rückwirkung - kein Verstoß gegen Rechtsstaatsprinzip
Normen
§ 75 Abs 7 S 1 Nr 2 SGB 5, § 75 Abs 7 S 2 SGB 5, § 75 Abs 7a S 2 SGB 5, § 81 Abs 3 Nr 2 SGB 5, § 87a Abs 2 S 6 SGB 5 vom 26.03.2007, § 87a Abs 2 S 1 SGB 5 vom 26.03.2007, § 87a Abs 2 S 2 SGB 5 vom 26.03.2007, § 87a Abs 2 S 3 SGB 5 vom 26.03.2007, § 87a Abs 2 S 4 SGB 5 vom 26.03.2007, § 87a Abs 3 S 1 SGB 5, § 87a Abs 3 S 2 SGB 5, § 87a Abs 3 S 3 SGB 5 vom 26.03.2007, § 87a Abs 3 S 4 SGB 5 vom 26.03.2007, § 87a Abs 3a S 1 SGB 5, § 87a Abs 3a S 2 SGB 5, § 87a Abs 4 S 1 Nr 1 SGB 5, Nr 1.3.1 FKZRL, Nr 1.3.2 FKZRL, Nr 1.3.3 FKZRL, Nr 1.3.4 FKZRL, Nr 2.1 Abs 2 FKZRL, Nr 3 FKZRL, § 55 Abs 1 Nr 1 SGG, Art 20 Abs 3 GG
Vorinstanz
vorgehend SG Berlin, 28. Januar 2015, Az: S 22 KA 195/10, Urteil
Leitsatz
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1. Kassenärztliche Vereinigungen können die Rechtswidrigkeit der „Richtlinie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Durchführung des bundeseinheitlichen Zahlungsausgleichsverfahrens (Fremdkassenzahlungsausgleich) mit den Kassenärztlichen Vereinigungen“ im Wege einer unmittelbar gegen die Norm gerichteten Feststellungsklage geltend machen.
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2. Die Begrenzung der Gesamtvergütung auf den vereinbarten Behandlungsbedarf ist auch bei der Berechnung des Fremdkassenzahlungsausgleichs zu berücksichtigen.
Tenor
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Die Revisionen der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Januar 2015 werden zurückgewiesen.
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Die Klägerinnen tragen auch die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu je 1/5.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Regelung der von der Beklagten erlassenen "Richtlinie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Durchführung des bundeseinheitlichen Zahlungsausgleichsverfahrens (Fremdkassenzahlungsausgleich) mit den Kassenärztlichen Vereinigungen" (im Folgenden: FKZ-RL).
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Im Zusammenhang mit der Änderung des Systems zur ärztlichen Vergütung zum 1.1.2009 (§ 87a, § 87b SGB V idF des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-WSG - vom 26.3.2007, BGBl I 378 - im Folgenden: aF) änderte die Beklagte ihre FKZ-RL (Version 1.04). Maßgebend für die Berechnung der Höhe des Fremdkassenzahlungsausgleichs (FKZ) waren nach dem Inhalt der geänderten Richtlinie die Preise nach der Euro-Gebührenordnung. Eine Regelung zur Quotierung im Falle der Überschreitung des vereinbarten Behandlungsbedarfs enthielt diese Richtlinie nicht.
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Nach Herstellung des Benehmens mit dem zu 2. beigeladenen Spitzenverband Bund der Krankenkassen änderte die Beklagte die FKZ-RL am 19.1.2010 mWv 1.1.2009 (Version 1.05). Danach war der FKZ grundsätzlich nicht auf der Basis der vollen Preise nach der Euro-Gebührenordnung, sondern auf der Basis quotierter Preise zu berechnen, wenn die innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) abgerechneten Leistungen insgesamt (Abrechnung der Ärzte aus dem eigenen KÄV-Bezirk zuzüglich der Abrechnung aus fremden KÄV-Bezirken) den vereinbarten Behandlungsbedarf überstiegen. Auch die in der Zeit vom 1.1.2011 bis zum 31.12.2011 geltende Fassung der FKZ-RL (Version 1.06) sah eine solche Quotierung vor.
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Das SG hat die Klagen der Kassenärztlichen Vereinigungen (<KÄVen> Hamburg, Bremen, Berlin, Bayern und Baden-Württemberg), mit denen diese die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Regelungen zur Quotierung mit der Neufassung der FKZ-RL (Versionen 1.05 und 1.06) geltend gemacht haben, abgewiesen. Die unmittelbar gegen die FKZ-RL und damit gegen eine Rechtsnorm gerichteten Feststellungsklagen seien zulässig, aber nicht begründet. Die Regelungen zur Berechnung des FKZ auf der Basis quotierter Preise stünden nicht im Widerspruch zu den gesetzlichen Vorgaben. Etwas anderes folge insbesondere nicht aus § 87a Abs 3a Satz 1 SGB V, der für den Fall der überbezirklichen Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung bestimme, dass die Leistungen abweichend von § 87a Abs 3 Satz 3 und 4 SGB V von den Krankenkassen mit den Preisen zu vergüten seien, die in der KÄV gelten, deren Mitglied der Leistungserbringer ist. Die in § 87a Abs 3a Satz 1 SGB V angesprochenen abweichenden Preise seien nur solche, die durch die Vereinbarung von Zu- oder Abschlägen durch die Vertragspartner gemäß § 87a Abs 3 Satz 2 und 3 SGB V aF auf der Grundlage des Orientierungswertes nach § 87 Abs 2e SGB V aF vereinbart würden. Die FKZ-RL in der Version 1.05 sei auch nicht wegen Verstoßes gegen das sog Rückwirkungsverbot unwirksam.
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Mit ihren Revisionen rügen die Klägerinnen eine Verletzung von Bundesrecht. In der Änderung der FKZ-RL im Januar 2010 mWv 1.1.2009 liege eine unzulässige Rückwirkung. Entgegen der Auffassung des SG handele es sich um eine sog echte und nicht um eine unechte Rückwirkung. Die echte Rückwirkung verstoße gegen Art 20 Abs 1 und 3 GG. Gründe, die die Rückwirkung der Richtlinie rechtfertigen könnten, lägen nicht vor. Entgegen der Auffassung des SG könne aus dem Protokoll einer Sitzung des Arbeitskreises der KÄVen vom 7.5.2009 nicht geschlossen werden, dass die rückwirkende Änderung von vornherein in Betracht gezogen worden und dies den KÄVen auch bekannt gewesen sei. Die im Rahmen des FKZ erhaltene Vergütung sei Bestandteil der von der Leistungserbringer-KV im Wege der Honorarverteilung zu verteilenden Gesamtvergütung. Eine Rückwirkung der FKZ-RL würde deshalb zur Folge haben, dass sich die zur Verfügung stehende Gesamtvergütung nach bereits erfolgter Verteilung zulasten aller Vertragsärzte der Leistungserbringer-KV reduziert.
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Das Urteil beruhe ferner auf einer Verletzung des § 87a SGB V. Nach § 87a Abs 3a Satz 1 SGB V seien die Leistungen für den Fall der überbezirklichen Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung abweichend von § 87a Abs 3 Satz 3 und 4 SGB V von den Krankenkassen mit den Preisen zu vergüten, die in der KÄV gelten, deren Mitglied der Leistungserbringer ist. Darin liege eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass eine Honorierung innerhalb der vereinbarten Gesamtvergütung zu erfolgen habe. Maßgebend für die Berechnung des FKZ seien danach die sich aus dem Orientierungswert nebst Zu- und Abschlägen ergebenden Punktwerte und die sich daraus in Verbindung mit dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab für die ärztlichen Leistungen (EBM-Ä) ergebenden Preise der Euro-Gebührenordnung. Diese Berechnung sei abschließend. Die Berücksichtigung einer Überschreitung des vereinbarten Behandlungsbedarfs sei nicht vorgesehen. Aufgrund der getrennten Rechtskreise komme es auch nicht auf den für die Vergütung der einzelnen Ärzte in der Leistungserbringer-KV geltenden Auszahlungspunktwert, sondern nur auf die in der Leistungserbringer-KV geltenden Preise an. § 87 Abs 3 Satz 3 SGB V aF, der bestimme, dass die "im Rahmen des Behandlungsbedarfs" erbrachten Leistungen mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung zu vergüten seien, beziehe sich ausschließlich auf die Vereinbarung zwischen der einzelnen KÄV und den Krankenkassen. Dagegen stelle die den FKZ betreffende Regelung des § 87a Abs 3a Satz 1 SGB V nicht lediglich auf die "im Rahmen des Behandlungsbedarfs" erbrachten Leistungen ab. Daher seien im Rahmen des FKZ sämtliche Leistungen von den Krankenkassen mit den in der Leistungserbringer-KÄV geltenden Preisen nach der Euro-Gebührenordnung zu vergüten. Die davon abweichenden Regelungen der FKZ-RL in den Versionen 1.05 und 1.06 verstießen gegen diese gesetzlichen Vorgaben. Dass die Auffassung des SG zur Rechtmäßigkeit der Quotierungsregelung nicht zutreffend sein könne, ergebe sich auch aus dem Umstand, dass genehmigungspflichtige psychotherapeutische Leistungen in voller Höhe zu vergüten seien. Eine Quotierung des FKZ hätte zur Folge, dass die Leistungserbringer-KÄV diese Leistungen subventionieren müssten. Gleiches würde für den Bereich der Kostenerstattungen an Ärzte gelten, die nicht der Begrenzung durch arzt- und praxisbezogene Regelleistungsvolumina (RLV) unterlägen.
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Die FKZ-RL verstoße ferner gegen § 75 Abs 7, Abs 7a SGB V. Nach § 75 Abs 7 Satz 2 SGB V müsse die FKZ-RL sicherstellen, dass die für die erbrachten Leistungen zur Verfügung stehende Vergütung die KÄV erreiche, in deren Bezirk die Leistung erbracht wurde. Dieser Vorgabe würden die hier angegriffenen Richtlinien der Beklagten nicht gerecht. Mit der Annahme, dass die geltenden Abstaffelungs- und Quotierungsregelungen beim FKZ zu berücksichtigen seien, vermische das SG die getrennten Rechtskreise, innerhalb derer sich die Zahlungen der Krankenkassen an die KÄVen einerseits (§ 87a SGB V) und die Verteilung der Vergütung an die einzelnen Vertragsärzte andererseits (§ 87b SGB V) vollzögen. Aus § 75 Abs 7 Satz 2 SGB V folge, dass für den FKZ allein die Preise zum Zeitpunkt der Vereinbarung der Euro-Gebührenordnung und nicht die sich später aufgrund von Mehrleistungen ergebenden abgestaffelten Beträge maßgebend sein könnten. Dementsprechend bestimme § 75 Abs 7a Satz 1 SGB V für die Zeit ab dem 1.1.2009, dass die Leistungserbringer-KV, von der KÄV, in deren Bezirk der Versicherte seinen Wohnort hat (Wohnort-KV), für die erbrachten Leistungen jeweils die entsprechenden Vergütungen der in der Leistungserbringer-KV geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87 Abs 2 SGB V erhalte. Auch die in der Entscheidung des SG zitierten Beschlüsse des Bewertungsausschusses, die die überbezirkliche Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung zum Gegenstand haben, könnten die Wertung des SG nicht stützen.
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Die Klägerinnen beantragen,
das Urteil des SG Berlin vom 28.1.2015 aufzuheben und festzustellen, dass die unter Ziffer 2.1 der "Richtlinie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Durchführung des bundeseinheitlichen Zahlungsausgleichsverfahrens (Fremdkassenzahlungsausgleich) mit den Kassenärztlichen Vereinigungen" vom 19.1.2010 in der Version 1.05 und vom 28.7.2011 in der Version 1.06 getroffenen Regelungen rechtswidrig sind, soweit sie eine Quotierung für den Fall vorsehen, dass die Summe der von Vertragsärzten mit Sitz im Bezirk der Wohnort-KV und aus Bezirken fremder Kassenärztlicher Vereinigungen innerhalb der morbiditätsorientierten Gesamtvergütung abgerechneten Leistungen den von der Wohnort-KV mit der Krankenkasse für das Abrechnungsquartal vereinbarten Zahlbetrag der morbiditätsorientierten Gesamtvergütung überschreitet.
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Die Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.
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Die Neuregelung durch die Versionen 1.05 und 1.06 der FKZ-RL verstoße nicht gegen das Rückwirkungsverbot. Eine echte Rückwirkung liege nicht vor, weil der Ausgleich für das Quartal I/2009 im Zeitpunkt der Beschlussfassung und Bekanntgabe der geänderten FKZ-RL noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Selbst eine echte Rückwirkung würde keinen rechtlichen Bedenken begegnen, weil die Klägerinnen nicht auf den Fortbestand der zunächst eingeführten Richtlinie (Version 1.04) vertrauen konnten. Es sei von Anfang an vereinbart worden, nach zwei Quartalen der Erprobung zu entscheiden, ob die Richtlinie ggf rückwirkend zu ändern sei. Zudem sei sie verpflichtet gewesen, die Richtlinie entsprechend einer Weisung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) vom 28.10.2009 anzupassen. Ferner sei zu berücksichtigen, dass es sich bei der FKZ-RL nicht um eine Rechtsnorm mit Außenwirkung, sondern um Verwaltungsinnenrecht handele.
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Der zu 2. beigeladene Spitzenverband Bund der Krankenkassen stellt keinen Antrag und trägt vor: Die in Ziffer 2.1. Abs 3 bis 6 enthaltenen Regelungen der FKZ-RL Version 1.05 und 1.06, gegen die sich die Klägerinnen wenden, ließen eine Quotierung zu, um die Vergütung für bereichseigene und für bereichsfremde MGV-Leistungen in Einklang mit der tatsächlich zur Verfügung stehenden MGV der Wohnort-KV zu bringen. Hierzu würden die angeforderten bereichseigenen und bereichsfremden Vergütungen addiert und ins Verhältnis zu der in der Wohnort-KV vereinbarten MGV gesetzt. Wenn die Summe der bereichseigenen und bereichsfremden Vergütungen die zur Verfügung stehende MGV der Wohnort-KV übersteige, komme es zu einer Quotierung. Diese umfasse dann sowohl die bereichseigenen Leistungen der Wohnort-KV als auch die von anderen KÄVen in Rechnung gestellten bereichsfremden Leistungen. Entgegen der Darstellung der Klägerinnen habe die Quotierung nichts mit dem in der Wohnort-KV geltenden Honorarverteilungsmaßstab zu tun, sondern trage dem Umstand Rechnung, dass die Gesamtvergütung gemäß § 87a Abs 3 Satz 1 SGB V für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Versicherten mit Wohnort im Bezirk der KÄV mit befreiender Wirkung gezahlt werde. Die Durchführung des FKZ sei für die Krankenkassen grundsätzlich ausgabenneutral.
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Entgegen der Auffassung der Klägerinnen liege in dem rückwirkenden Inkrafttreten der Version 1.05 der FKZ-Richtlinie vom 19.1.2010 zum 1.1.2009 keine unzulässige Rückwirkung. Da der Ausgleich für das erste Quartal 2009 im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Version 1.05 der FKZ-Richtlinie durch die Beklagte noch nicht abgeschlossen gewesen sei, könne allenfalls eine zulässige unechte Rückwirkung vorgelegen haben. Selbst wenn man mit den Klägerinnen davon ausginge, dass dem rückwirkenden Inkraftsetzen eine echte Rückwirkung zukomme, würde dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Richtlinie führen, weil die Klägerinnen nicht darauf hätten vertrauen können, dass die Version 1.04 der FKZ-Richtlinie, die die streitgegenständliche Quotierung noch nicht vorgesehen habe, Bestand haben würde. Zudem habe die rückwirkende Inkraftsetzung der Version 1.05 der FKZ-Richtlinien der Bereinigung eines durch die Version 1.04 geschaffenen rechtswidrigen Zustands gedient.
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Die zu 7. beigeladene KÄV Nordrhein vertritt - ebenfalls ohne einen Antrag zu stellen - die Auffassung, dass die Klagen aufgrund des Grundsatzes der Subsidiarität der Feststellungsklage bereits unzulässig seien. Leistungsklagen der Klägerinnen, die Zahlungsansprüche nach der streitgegenständlichen FKZ-RL zum Gegenstand hätten, seien anhängig und im Rahmen dieser Klageverfahren sei inzident auch die Rechtmäßigkeit der im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Regelungen zu prüfen. In der Sache habe das SG die FKZ-RL in den Versionen 1.05 und 1.06 zu Recht und mit zutreffenden Gründen als rechtmäßig beurteilt.
Entscheidungsgründe
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Die Revisionen der Klägerinnen sind nicht begründet. Das SG hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Die die Quotierung betreffenden Regelungen aus den in der Zeit vom 1.1.2009 bis zum 31.12.2011 geltenden FKZ-RL in den Versionen 1.05 und 1.06 sind nicht zu beanstanden.
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1. Die Klagen sind als Feststellungsklagen gemäß § 55 Abs 1 Nr 1 SGG statthaft. In der Rechtsprechung des BSG ist geklärt, dass juristische und natürliche Personen, die durch untergesetzliche Normen in ihren rechtlich geschützten Belangen betroffen sind, Klage direkt gegen diese richten können, wenn sie ansonsten keinen effektiven Rechtsschutz erreichen können (BSGE 116, 15 = SozR 4-2500 § 140f Nr 2, RdNr 11; BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2, RdNr 10 ff; BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 3 RdNr 14; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 20 ff; BSGE 105, 243 = SozR 4-2500 § 116b Nr 2, RdNr 22; vgl BVerfGE 115, 81, 91 ff = SozR 4-1500 § 55 Nr 3, RdNr 36 ff). Eine unmittelbar gegen eine Rechtsnorm gerichtete Feststellungsklage ist danach in der Rechtsprechung als zulässig angesehen worden, wenn ein Vollzugsakt nicht vorgesehen ist oder wenn der Rechtsschutz ausnahmsweise wegen besonderer Umstände nicht effektiv oder das Abwarten des Vollzugsakts unzumutbar ist (BSGE 71, 42, 52 = SozR 3-2500 § 87 Nr 4 S 19 f; BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 3 RdNr 14).
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Die genannten Voraussetzungen liegen hier vor. Bei den FKZ-RL nach § 75 Abs 7 Satz 1 Nr 2 SGB V handelt es sich um Rechtsnormen (vgl Hess in Kasseler Kommentar, Stand der Nachlieferung August 2012, § 75 RdNr 46). Die Richtlinien entfalten Wirkung unmittelbar gegenüber den klagenden KÄVen und gegenüber ihren Mitgliedern. Dies folgt aus § 81 Abs 3 Nr 2 SGB V. Danach müssen die Satzungen der KÄVen Bestimmungen enthalten, nach denen ua die Richtlinien nach § 75 Abs 7 SGB V für die KÄVen und ihre Mitglieder verbindlich sind. Die FKZ-RL schafft damit auch gegenüber den Klägerinnen unmittelbar geltendes Recht. Die Verpflichtung der Klägerinnen, die Richtlinie in ihren Satzungen für verbindlich zu erklären, tritt ohne einen weiteren Vollzugsakt ein.
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Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der FKZ nicht bilateral zwischen zwei KZVen erfolgt, sondern zentral über ein sog Clearingverfahren bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) berechnet wird (vgl dazu bereits BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 16 S 103). Im Rahmen dieses Verfahrens ermittelt die KÄBV die auszugleichenden Gut- und Lastschriftbeträge auf der Grundlage der von den einzelnen KÄVen übermittelten Daten (vgl Ziffer 3 FKZ-RL). Dabei berücksichtigt die KÄBV die unterschiedlichen Quoten, die vom Grad der Überschreitung des vereinbarten Behandlungsbedarfs in den verschiedenen KÄV-Bezirken abhängen. Entsprechend der unterschiedlichen Quoten würde sich die von den Klägern geltend gemachte unquotierte FKZ in den verschiedenen KÄV-Bezirken in unterschiedlichem Maße auswirken. Auch wenn die Auswirkungen der Unwirksamkeit der Regelungen zur Quotierung des FKZ auf bestehende Zahlungsverpflichtungen isoliert bezogen auf das Verhältnis zweier KÄVen betragsmäßig berechnet werden können, hätte die erforderlich werdende Neuberechnung jedenfalls unmittelbar Folgewirkungen im Verhältnis zu den anderen KÄVen und auch der anderen KÄVen untereinander. Zu jedem Klageverfahren, mit dem eine KÄV Zahlungsansprüche gegenüber einer der anderen KÄVen geltend macht, müssten deshalb jeweils alle anderen KÄVen notwendig beigeladen werden. Zudem machen die Kläger Auswirkungen der Quotierung auf die Höhe der Gesamtvergütung geltend, sodass die Interessen der Krankenkassen iS des § 75 Abs 1 SGG berührt werden. Auch im vorliegenden Verfahren hat das SG diesem Umstand mit der Beiladung aller nicht bereits als Kläger in das Verfahren einbezogenen KÄVen sowie von Krankenkassen und ihrer Verbände Rechnung getragen. Für die zu erhebenden Leistungsklagen wären unterschiedliche SG zuständig, weil § 57a Abs 4 SGG nicht in Fällen der nur inzidenten Prüfung der Wirksamkeit einer auf Bundesebene erlassenen Richtlinie eingreift (zur entsprechenden Klarstellung durch das Gesetz zur Neuorganisation der bundesunmittelbaren Unfallkassen, zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze vom 19.10.2013, BGBl I 3836, vgl BT-Drucks 17/12297 S 39, zu Art 7 Nr 5; ebenso bereits zur Rechtslage vor der Gesetzesänderung vgl BSG Beschluss vom 5.1.2012 - B 12 SF 4/11 S - Juris RdNr 10). Die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ist vor diesem Hintergrund nicht von der Hand zu weisen. Jede beigeladene KÄV und jede beigeladene Krankenkasse hätte gemäß § 141 Abs 1 SGG die Bindungswirkung der Entscheidung aus jedem Verfahren zu beachten.
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Unter den dargestellten Umständen ist nach Auffassung des Senats nicht gewährleistet, dass die Ausgleichspflichten im Rahmen von Leistungsklagen zwischen den einzelnen KÄVen effektiv geklärt werden können. Der Zulässigkeit der Feststellungsklagen steht daher auch nicht entgegen, dass diese gegenüber einer möglichen Anfechtungs-, Verpflichtungs- oder Leistungsklage grundsätzlich subsidiär ist (vgl § 43 Abs 2 VwGO und dessen entsprechende Geltung im Sozialgerichtsprozess: BSGE 90, 215, 220 = SozR 3-5868 § 98 Nr 1 S 6 f; zur Frage der eingeschränkten Geltung dieses Grundsatzes in Fällen, in den der Beklagte eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist: Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 55 RdNr 19 c, mwN).
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Weitere Voraussetzung der Zulässigkeit einer Normenkontrolle im Wege der Feststellungsklage ist, dass aus konkretem Anlass über Rechte und Pflichten des Klägers gestritten wird, deren Bestehen oder Nichtbestehen unmittelbar von der Gültigkeit der umstrittenen Rechtsvorschrift abhängt. Gegenstand der Überprüfung ist dann ein konkretes Rechtsverhältnis, nämlich die Anwendung bzw Anwendbarkeit der Norm auf einen bestimmten, schon eingetretenen und überschaubaren Lebenssachverhalt (BSGE 78, 91, 92 = SozR 3-5540 § 25 Nr 2 S 4; BSGE 83, 118, 122 = SozR 3-2500 § 145 Nr 1 S 5 f; vgl Axer, NZS 1997, 10, 12 f). Nach ihrem Vorbringen geht es den Klägerinnen nicht um die Frage der Rechtmäßigkeit der gesamten FKZ-RL, sondern allein um die Frage der Rechtmäßigkeit der Quotierung, die Ziffer 2.1 FKZ-RL in den Versionen 1.05 und 1.06 für den Fall vorsieht, dass die Summe der von Vertragsärzten aus dem eigenen Bereich und aus fremden KÄV-Bezirken abgerechneten MGV-Leistungen den von der Wohnort-KV mit den Krankenkassen für das Abrechnungsquartal vereinbarten Zahlbetrag der MGV überschreitet. Insoweit ist ein konkreter und bereits eingetretener Lebenssachverhalt betroffen, weil von dieser Frage die Höhe der Zahlungen für die Zeit vom 1.1.2009 bis 31.12.2011 abhängt, die die Klägerinnen im Rahmen des FKZ beanspruchen können. Zu einer Unterschreitung des vereinbarten Zahlbetrags der MGV (die ebenfalls Gegenstand der in Ziffer 2.1 FKZ-RL geregelten Quotierung ist) ist es in dem hier maßgebenden Zeitraum nicht gekommen und auch über die Rechtmäßigkeit anderer Regelungen der FKZ-RL streiten die Beteiligten nicht. Dementsprechend haben die Klägerinnen ihren Klageantrag im Revisionsverfahren in der gebotenen Weise konkretisiert.
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2. Das SG hat zutreffend entschieden, dass die Feststellungsklagen nicht begründet sind. Die streitgegenständlichen Regelungen der FKZ-RL sind rechtmäßig.
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a) Die Regelungen zur Quotierung des FKZ sind nicht aus formellen Gründen zu beanstanden. Insbesondere hat die KÄBV vor der Beschlussfassung über die entsprechende Änderung der FKZ-RL das nach § 75 Abs 7a Satz 2 SGB V erforderliche Benehmen mit dem zu 2. beigeladenen Spitzenverband Bund der Krankenkassen hergestellt.
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b) Die Regelungen sind auch in der Sache rechtmäßig. Sie betreffen die Höhe der Vergütungsbeträge, die der Berechnung des FKZ zugrunde zu legen sind, wenn die für die Versicherten mit Wohnort im Bezirk einer KÄV abgerechneten Leistungen den zwischen Krankenkassen und KÄVen vereinbarten Behandlungsbedarf überschreiten, auf dessen Grundlage die MGV vereinbart worden ist.
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Soweit eine Überschreitung des Behandlungsbedarfs nicht vorliegt, richtet sich die Höhe der Vergütung für die - unter Ziffer 1.31 bis 1.3.4 definierten, im Rahmen des FKZ berechnungsfähigen vertragsärztlichen Leistungen - nach Ziffer 2.1 Abs 2 FKZ-RL. Danach ergibt sich die von der Wohnort-KV geschuldete Vergütung grundsätzlich aus der Bewertung der erbrachten Leistungen mit den am Ort der Leistungserbringung geltenden Preisen. Maßgebend ist also im Grundsatz die Euro-Gebührenordnung der Leistungserbringer-KV. Die Rechtmäßigkeit dieser Regelung wird von den Klägerinnen nicht in Frage gestellt.
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Für den Fall, dass der für die Versicherten mit Wohnort im Bezirk der KÄV auf gesamtvertraglicher Ebene vereinbarte Behandlungsbedarf überschritten wird, sehen die Abs 3 ff der Ziffer 2.1 FKZ-RL indes eine Quotierung vor. Dazu werden die für die Behandlung der Versicherten mit Wohnort im KÄV-Bezirk angeforderten bereichseigenen und bereichsfremden Vergütungen addiert und ins Verhältnis zu der mit der Wohnort-KV vereinbarten MGV gesetzt. Bei Gegenüberstellung von vereinbartem Behandlungsbedarf und tatsächlich angeforderten Leistungen werden also alle für Versicherte mit Wohnort im Bezirk der KÄV erbrachten innerhalb der MGV vergüteten Leistungen berücksichtigt, auch wenn sie von einem Vertragsarzt im Bezirk einer fremden KÄV erbracht worden sind. Die Quotierung bewirkt damit, dass die angeforderten Vergütungen, die Grundlage der Berechnung des FKZ sind, unabhängig vom Sitz des Arztes, der die Leistung für den Versicherten erbracht hat, in Übereinstimmung mit der Höhe der der Wohnort-KV zur Verfügung stehenden Gesamtvergütung gebracht werden. Wenn also die für Versicherte mit Wohnort im Bezirk einer KÄV erbrachten ärztlichen Leistungen wegen der Überschreitung des vereinbarten Behandlungsbedarfs insgesamt zB nur zu 90 % vergütet werden können, dann wird diese Quote auch der Berechnung des Zahlungsausgleichs zugrunde gelegt, den die Wohnort-KV für die im Bezirk einer anderen KÄV (Leistungserbringer-KV) erbrachten ärztlichen Behandlungen zu leisten hat.
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c) Die genannten Regelungen der FKZ-RL finden ihre gesetzliche Grundlage in § 75 Abs 7 Satz 1 Nr 2, Satz 2 SGB V (idF des Gesetzes zur Einführung des Wohnortprinzips bei Honorarvereinbarungen für Arzte und Zahnärzte vom 11.12.2001, BGBl I 3526) und § 75 Abs 7a SGB V. Nach § 75 Abs 7 Satz 1 Nr 2 SGB V haben die KÄBVen in Richtlinien die überbezirkliche Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung und den Zahlungsausgleich hierfür zu regeln, soweit nicht in Bundesmantelverträgen besondere Vereinbarungen getroffen sind. Dem Regelungsgegenstand der FKZ-RL entsprechende bundesmantelvertragliche Bestimmungen existieren nicht (allgemein zur Einführung und zur Umsetzung des Wohnortprinzips vgl Anl 14, 16 und 21 BMV-Ä). Die Richtlinie muss nach § 75 Abs 7 Satz 2 SGB V sicherstellen, dass die für die erbrachte Leistung zur Verfügung stehende Vergütung die KÄV erreicht, in deren Bezirk die Leistung erbracht wurde. Für den hier maßgebenden Zeitraum ab dem 1.1.2009 wird § 75 Abs 7 Satz 2 SGB V durch § 75 Abs 7a SGB V (idF des GKV-WSG mit lediglich redaktionellen Anpassungen durch das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung <GKV-VStG> vom 22.12.2011, BGBl I 2983) modifiziert. Danach muss die für die ärztliche Versorgung geltende Richtlinie zum FKZ abweichend von § 75 Abs 7 Satz 2 SGB V sicherstellen, dass die KÄV, in deren Bezirk die Leistungen erbracht wurden (Leistungserbringer-KV), von der KÄV, in deren Bezirk der Versicherte seinen Wohnort hat (Wohnort-KV), für die erbrachten Leistungen jeweils die entsprechenden Vergütungen der in der Leistungserbringer-KV geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs 2 SGB V erhält. Dabei ist das Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen herzustellen.
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Ausgangspunkt des gesetzlichen Auftrags zur Regelung des FKZ ist der Umstand, dass einerseits die Gesamtvergütung seit den Änderungen durch das Gesetz zur Einführung des Wohnortprinzips bei Honorarvereinbarungen für Ärzte und Zahnärzte vom 11.12.2001 (BGBl I 3526) mit befreiender Wirkung für die Versicherten mit Wohnort im Bezirk einer KÄV an diese KÄV gezahlt wird (sog Wohnortprinzip, vgl § 83 Satz 1, § 87a Abs 3 Satz 1 SGB V; zur Gesetzesbegründung vgl BT-Drucks 14/5960 S 5, zu Nr 2 und 3) und dass andererseits der Vertragsarzt seine Vergütung allein gegenüber der KÄV abrechnet, in deren Bezirk er seinen Sitz hat (vgl - allerdings noch zur Rechtslage vor der Einführung des Wohnortprinzips - BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 16 S 102). Wenn ein Versicherter (zB als Urlauber oder Pendler, vgl BT-Drucks 14/5960 S 5, zu Nr 2) in Ausübung des Rechts der freien Arztwahl (§ 76 Abs 1 Satz 1 SGB V; vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 1 RdNr 7; BSG Beschluss vom 23.3.2011 - B 6 KA 74/10 B - Juris RdNr 13) einen Arzt aufsucht, der seinen Sitz nicht im Bezirk der Wohnort-KV des Versicherten hat, hat dies zur Folge, dass die ärztliche Vergütung von einer anderen KÄV (Leistungserbringer-KV) zu entrichten ist als der KÄV, der die für die Behandlung dieses Versicherten berechnete Gesamtvergütung zugeflossen ist (Wohnort-KV). Der aus diesem Grund erforderlich werdende Zahlungsausgleich ist Gegenstand der von der KÄBV auf der Grundlage des § 75 Abs 7 Satz 1 Nr 2 SGB V erlassenen FKZ-RL.
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d) § 75 Abs 7 Satz 1 Nr 2 SGB V verpflichtet die KÄBV, in Richtlinien einen Zahlungsausgleich zwischen den KÄVen zu regeln. Die von der KÄBV zu treffenden Regelungen zu Ausgleichszahlungen können sich nur auf die tatsächlich zur Verfügung stehende Vergütung beziehen (nachfolgend 1>). Die Höhe der MGV, die Krankenkassen an die KÄVen zu zahlen haben, ist nicht Gegenstand der von der KÄBV zu erlassenden Richtlinie nach § 75 Abs 7 Satz 1 Nr 2 SGB V, sondern richtet sich nach § 87a SGB V und der auf der Grundlage dieser Vorschrift zu schließenden Vereinbarungen der Partner der Gesamtverträge, sodass bei einer Überschreitung des vereinbarten Behandlungsbedarfs auch der FKZ nur quotiert erfolgen kann (2). Dem steht weder die in § 87a Abs 3a Satz 1 und 2 SGB V vorgeschriebene Vergütung mit den Preisen der Leistungserbringer-KV (3) noch der Umstand entgegen, dass die ärztlichen Honoraransprüche die im Rahmen des FKZ auszugleichende Vergütung im Einzelfall übersteigen können (4).
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(1) Dass ein Zahlungsausgleich wie der FKZ an tatsächlich geleistete Zahlungen anzuknüpfen hat, ist bereits nach der Bezeichnung der Richtlinie naheliegend, weil es sich um einen Zahlungsausgleich handelt und im Rahmen eines solchen Ausgleichs grundsätzlich nur zur Verfügung stehende Mittel umverteilt werden können. Dem entspricht die ausdrückliche gesetzliche Regelung in § 75 Abs 7 Satz 2 SGB V, nach der die KÄBVen in ihren Richtlinien zum FKZ sicherzustellen haben, dass die für die erbrachte Leistung "zur Verfügung stehende Vergütung" die Leistungserbringer-KV erreicht. Durch die mit dem GKV-WSG eingeführte Regelung des § 75 Abs 7a Satz 1 SGB V, die für die Zeit seit dem 1.1.2009 eine von § 75 Abs 7 Satz 2 SGB V abweichende Regelung trifft, wird dieser Grundsatz nicht in Frage gestellt (vgl 3>). Dies wird auch in der Begründung der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses (BT-Drucks 16/4247 S 38, zu Nr 48 Buchst c) betont, auf die die Einführung des § 75 Abs 7a SGB V zurückgeht. Unter Bezugnahme auf die im Gesetzentwurf (§ 85a Abs 3 Satz 6 des Entwurfs, BT-Drucks 16/4247 S 18) ursprünglich vorgesehene einheitliche Regelung auch der Änderungen zum FKZ in der Vorschrift zur Gesamtvergütung wird in der Begründung klargestellt, dass die sich im Falle der überbezirklichen Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung ergebenden Zahlungswirkungen für die Krankenkassen "systematisch im Regelungszusammenhang der regionalen Euro-Gebührenordnung und der MGV (vgl § 87a Abs 3a Satz 1 und 2)" bleiben.
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Dass die KÄBV in den Richtlinien nach § 75 Abs 7 Satz 1 Nr 2 SGB V allein die Verteilung der tatsächlich zur Verfügung stehenden Vergütung und nicht die Höhe der von den Krankenkassen zu zahlenden Vergütung regeln kann, folgt auch aus dem Umstand, dass die Richtlinien zum FKZ nach § 81 Abs 3 Nr 2 SGB V zwar für die KÄVen und ihre Mitglieder, nicht jedoch für die Krankenkassen verbindlich sind (vgl Hesral, jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 75 SGB V RdNr 187 f). Dementsprechend wird die überbezirkliche Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung und des Zahlungsausgleichs hierfür - anders als die MGV - nicht mit den Krankenkassen vereinbart, sondern durch die KÄBV einseitig in der Form einer Richtlinie geregelt. Die nach § 75 Abs 7a Satz 2 SGB V erforderliche Herstellung des Benehmens mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen ändert daran nichts, weil diese nicht wie die "Zustimmung" oder das "Einvernehmen" eine Willensübereinstimmung voraussetzt (vgl BSGE 75, 37 = SozR 3-2500 § 85 Nr 7, Juris RdNr 21; BSGE 29, 111, 113 = SozR Nr 12 zu § 368f RVO). Damit kann die Richtlinie auch gegen den Willen des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen zustande kommen.
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Danach wäre eine Richtlinie, die einen Zahlungsausgleich ohne Rücksicht auf die in § 87a SGB V geregelten Beschränkungen der Höhe der Gesamtvergütung normiert, rechtswidrig. Weil die FKZ-RL die Krankenkassen nicht binden und zur Zahlung einer höheren als der zwischen den Partnern der Gesamtverträge vereinbarten Gesamtvergütung verpflichten kann, würden KÄVen durch Regelungen, die den Zahlungsausgleich allein auf der Basis der erbrachten und abgerechneten ärztlichen Leistungen und ohne die gesetzlich vorgegebenen Begrenzungen zur Höhe der Gesamtvergütung (vgl dazu nachfolgend 2>) regeln würden, zu Ausgleichszahlungen auf der Basis einer fiktiven Gesamtvergütung verpflichtet, die sie nicht erhalten haben und die ihnen auch nicht zusteht.
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Dem können die Klägerinnen nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die bei der Berechnung des FKZ zu berücksichtigende Quote durch das Ergebnis von Vergütungsverhandlungen der Wohnort-KV mit den Krankenkassen beeinflusst wird, auf die sie keinen Einfluss nehmen können. Zwar trifft es zu, dass die zur Verfügung stehende Gesamtvergütung von dem Ergebnis der Verhandlungen abhängt, die die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen allein mit der Wohnort-KV führen. Neben dem vereinbarten Behandlungsbedarf und der daraus folgenden Höhe der MGV ist für die Quotierung allerdings auch die Menge der abgerechneten Leistungen maßgebend. Dabei werden auch die im Rahmen der überbezirklichen Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung abgerechneten Leistungen berücksichtigt. Insofern beeinflusst auch das Abrechnungsverhalten der Vertragsärzte mit Sitz im Bezirk der Leistungserbringer-KV die Quote, die der Berechnung des FKZ zugrunde gelegt wird. Zudem gilt dieselbe Quote auch für die MGV, die die Krankenkassen an die Wohnort-KV zu zahlen haben, sodass das Abrechnungsverhalten der Ärzte mit Sitz im Bezirk der Leistungserbringer-KV nicht ganz ohne Einfluss auf die Höhe der für die Ärzte mit Sitz in der Wohnort-KV zur Verfügung stehenden MGV bleibt. Das führt indes nicht dazu, dass die Leistungserbringer-KV an den Vergütungsvereinbarungen zu beteiligen wäre, die die Wohnort-KV mit den Krankenkassen führt, oder dass die Wohnort-KV über die Honorarverteilung im Bezirk der Leistungserbringer-KV mitzubestimmen hätte, um so das Abrechnungsverhalten der dortigen Ärzte beeinflussen zu können. Dies wäre bereits praktisch kaum umzusetzen, weil die überbezirkliche Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen nicht auf benachbarte KÄVen begrenzt ist und damit jeder KÄV die Möglichkeit eingeräumt werden müsste, Einfluss auf die Vergütungsverhandlungen und auf die Honorarverteilung aller anderen KÄVen zu nehmen. Ausschlaggebend ist indes, dass das Gesetz den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen die Aufgabe zuweist, die Gesamtvergütung mit nur einer KÄV für die Versicherten mit Wohnort im Bezirk dieser KÄV zu vereinbaren und dass eine Beteiligung anderer KÄVen im Hinblick auf die mittelbaren Auswirkungen dieser Vereinbarung auf den FKZ nicht vorgesehen ist.
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Wie der Senat bereits bezogen auf das Verhältnis der einzelnen Krankenkasse zu den für die Vereinbarung der Gesamtvergütung zuständigen Krankenkassenverbänden entschieden hat, binden die Gesamtverträge auch nicht am Vertragsschluss beteiligte Dritte. Grundrechte von Körperschaften des öffentlichen Rechts können dadurch schon deshalb nicht verletzt werden, weil sie jedenfalls bezogen auf die ihnen zugewiesene Erfüllung sozialstaatlicher Aufgaben als Teil der mittelbaren Staatsverwaltung keine Träger von Grundrechten iS des § 19 Abs 3 GG sind (BVerfG SozR 4-2500 § 266 Nr 7; BSGE 95, 141 RdNr 19 = SozR 4-2500 § 83 Nr 2 RdNr 27 mwN). Für die klagenden KÄVen gilt insofern nichts anderes als für Krankenkassen (vgl nachfolgend e> RdNr 45). Dementsprechend können die Klägerinnen nicht verlangen, bei der Berechnung des FKZ von mittelbaren Folgewirkungen solcher Vereinbarungen zur Gesamtvergütung freigestellt zu werden, auf die sie keinen Einfluss nehmen konnten (zur fehlenden Befugnis des einzelnen Vertragsarztes, das Ergebnis des Aushandlungsprozesses der Partner der Gesamtverträge hinsichtlich der Höhe der Gesamtvergütungen zur gerichtlichen Überprüfung zu stellen vgl BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 5 RdNr 11; BSGE 95, 86 = SozR 4-2500 § 85 Nr 21). Das Gesetz sieht eine Beteiligung der nur über den FKZ mittelbar betroffenen KÄVen an der Vereinbarung der Gesamtvergütung für die vertragsärztliche Behandlung der Versicherten mit Wohnort im Bezirk einer anderen KÄV nicht vor.
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(2) Ausgangspunkt für die Regelungen zu Ausgleichszahlungen, die in der Richtlinie der KÄBV nach § 75 Abs 7 Satz 1 Nr 2 SGB V zu treffen sind, muss danach die Gesamtvergütung sein, die den KÄVen nach Maßgabe des § 87a SGB V und der auf dieser Grundlage mit den Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen getroffenen Vereinbarungen gezahlt wird. Faktoren für die Berechnung der Gesamtvergütung, die die Krankenkassen nach § 87a Abs 3 Satz 1 SGB V "für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Versicherten mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung" mit befreiender Wirkung an die jeweilige KÄV zu zahlen haben, sind der nach § 87a Abs 2 Satz 1 SGB V aF vereinbarte Punktwert sowie das nach § 87a Abs 3 Satz 2 SGB V vereinbarte Punktzahlvolumen.
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Grundlage der Vereinbarung des Punktwerts sind bundeseinheitliche Orientierungswerte, von denen die Gesamtvertragspartner unter den in § 87a Abs 2 Satz 2 bis 4 SGB V aF näher geregelten Voraussetzungen abweichen können (zur Abweichungsbefugnis vgl BSGE 110, 258 = SozR 4-2500 § 87a Nr 1, RdNr 32 ff; BSGE 111, 114 = SozR 4-2500 § 87 Nr 26, RdNr 78 mwN). Aus den vereinbarten Punktwerten ist nach § 87a Abs 1 Satz 6 SGB V eine regionale Euro-Gebührenordnung zu erstellen. Maßgebend für das auf der Grundlage des EBM-Ä zu vereinbarende Punktzahlvolumen ist nach § 87a Abs 2 Satz 3 SGB V aF die Zahl und die Morbiditätsstruktur der Versicherten. Nach § 87a Abs 3 Satz 3 SGB V aF werden jedenfalls im Grundsatz nur die im Rahmen des Behandlungsbedarfs erbrachten Leistungen mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung vergütet. Ausnahmen gelten nach § 87a Abs 3 Satz 4 SGB V aF bei einem nicht vorhersehbaren Anstieg des morbiditätsbedingten Behandlungsbedarfs.
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Da für die Höhe der Gesamtvergütung mithin grundsätzlich der vereinbarte Behandlungsbedarf und nicht das Punktzahlvolumen der tatsächlich abgerechneten Leistungen maßgebend ist (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 29 RdNr 26), kann eine Vergütung mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung nur in dem "Idealfall" erfolgen, dass die abgerechneten Leistungen mit dem vereinbarten Behandlungsbedarf übereinstimmen oder diesen jedenfalls nicht überschreiten. Anderenfalls - und das ist der Regelfall - können die abgerechneten Leistungen auf gesamtvertraglicher Ebene nicht mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung, sondern nur quotiert vergütet werden. Auch eine nachträgliche Erhöhung der Gesamtvergütung kommt nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht (vgl BSGE 111, 114 = SozR 4-2500 § 87 Nr 26, RdNr 59 ff; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 29 RdNr 28). So schreibt § 87a Abs 3 Satz 4 SGB V eine Vergütung der über den vereinbarten Behandlungsbedarf hinausgehenden Leistungen im Falle eines nicht vorhersehbaren Anstiegs des morbiditätsbedingten Behandlungsbedarfs vor. Für den Regelfall sind jedoch auch nach der grundlegenden Umgestaltung der Vergütungsbestimmungen durch das GKV-WSG ab dem 1.1.2009 die klassischen Elemente des zuvor geltenden Vergütungsrechts, nämlich die Vereinbarung einer die Gesamtheit der vertragsärztlichen Leistungen abgeltenden Vergütung, die befreiende Wirkung der Zahlung sowie die Geltung des Wohnortprinzips beibehalten worden (BSGE 111, 114 = SozR 4-2500 § 87 Nr 26, RdNr 59). Auf der Ebene der Honorarverteilung hat das zur Folge, dass eine Vergütung ärztlicher Leistungen mit festen Preisen nicht garantiert werden kann (vgl BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 4 RdNr 26; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 29 RdNr 29; BSG Urteil vom 23.03.2016 - B 6 KA 33/15 R - zur Veröffentlichung für SozR vorgesehen, RdNr 19). Selbst Kostenpauschalen und Kostenerstattungen, für die im EBM-Ä feste Euro-Beträge vorgesehen sind, unterliegen danach der Quotierung, soweit sie Bestandteil der MGV sind (BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 7, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen).
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Auch der FKZ kann nicht unabhängig von einer Quotierung erfolgen. Die MGV wird nach § 87a Abs 3 Satz 1 SGB V für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Versicherten mit Wohnort im Bezirk der KÄV gezahlt. In Übereinstimmung damit wird bei der Anpassung des Behandlungsbedarfs entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der Versicherten (§ 87a Abs 3 Satz 1 und 2, Abs 4 Nr 1 SGB V) auf den Wohnort der Versicherten und nicht auf den Ort abgestellt, an dem die Behandlung durchgeführt wird. Auch § 87 Abs 3 Satz 3 SGB V, der bestimmt, dass die "im Rahmen des Behandlungsbedarfs erbrachten Leistungen" mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs 2 Satz 6 SGB V zu vergüten sind, bezieht sich auf den Behandlungsbedarf aller Versicherten mit Wohnort im Bezirk einer KÄV. Deshalb schließt die mit befreiender Wirkung an die Wohnort-KV gezahlte MGV die überbezirkliche Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung ein. Dementsprechend hat der erweiterte Bewertungsausschuss in seiner 208. Sitzung vom 8./9.12.2009 durch zwei Beschlüsse (Änderung der Beschlüsse des erweiterten Bewertungsausschusses aus seiner 7./8. Sitzung am 27./28.8.2008 und aus seiner 15. Sitzung am 2.9.2009) im Rahmen seiner Vorgaben nach § 87c Abs 4 SGB V aF klargestellt, dass der Behandlungsbedarf als Grundlage für die Vereinbarung der Gesamtvergütung auch die im Rahmen der überbezirklichen Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 87a Abs 3a SGB V erbrachten, innerhalb der MGV zu vergütenden Leistungen umfasst.
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Danach kann die Höhe der Vergütung, die einer KÄV zu zahlen ist, grundsätzlich nicht davon abhängen, in welchem KÄV-Bezirk ein Versicherter ärztlich behandelt wird. Ausschlaggebend für die Frage, ob und ggf in welchem Maße die abgerechneten Leistungen den vereinbarten Behandlungsbedarf übersteigen und ob die Gesamtvergütung dementsprechend zu quotieren ist, können unter Geltung des Wohnortprinzips nur die insgesamt für die Behandlung von Versicherten mit Wohnort im Bezirk einer KÄV abgerechneten Leistungen sein. Wenn die durch Vertragsärzte des eigenen Bezirks und durch Vertragsärzte fremder Bezirke abgerechneten Leistungen zusammengerechnet den für die Versicherten mit Wohnort im Bezirk der KÄV vereinbarten Behandlungsbedarf überschreiten, dann muss aufgrund der begrenzten Gesamtvergütung eine Quotierung erfolgen. Das Gesetz enthält keinen Anknüpfungspunkt für eine Beschränkung der Quotierung auf Fälle, in denen der Versicherte einen Arzt mit Sitz im eigenen KÄV-Bezirk aufsucht und es sind auch keine sachlichen Gesichtspunkte ersichtlich, die für eine solche Regelung sprechen könnten. Daraus folgt, dass auch der Leistungserbringer-KV im Rahmen des FKZ nur eine quotierte Vergütung zu zahlen ist, wenn der für die Versicherten mit Wohnort in einer KÄV vereinbarte Behandlungsbedarf überschritten wird. Der Grundsatz, dass die Höhe der MGV nicht davon abhängt, an welchem Ort sich der Versicherte ärztlich behandeln lässt, erfährt eine Einschränkung lediglich unter den in § 87a Abs 3a Satz 1 und 2 SGB V geregelten Voraussetzungen (vgl dazu nachfolgend 3>).
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Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass Ausgleichszahlungen, die ohne Berücksichtigung der für die Gesamtvergütung geltenden Beschränkungen von der Wohnort-KV an die Leistungserbringer-KV zu leisten wären, vom Gesetzgeber erkennbar nicht erwünschte Auswirkungen zur Folge hätten, weil dadurch Mittel gerade aus überwiegend strukturschwächeren ländlichen Regionen in die ohnehin besser versorgten Regionen und die Metropolen verlagert würden. Wenn der FKZ ohne Berücksichtigung der geltenden Begrenzung der Gesamtvergütung unquotiert zu leisten wäre, würde sich das zu Lasten von KÄVen auswirken, in deren Bezirk Versicherte wohnen, die besonders häufig Leistungen außerhalb des KÄV-Bezirks in Anspruch nehmen. Dabei wird es sich vielfach um Pendler aus weniger gut versorgten ländlichen Regionen handeln, die in den Metropolen einen Arbeitsplatz aufsuchen und sich an diesem Ort auch ärztlich behandeln lassen. Mit dem GKV-WSG wollte der Gesetzgeber die ärztliche Versorgung in strukturschwachen Regionen ua durch Anreize bei der Vergütung stärken (vgl BT-Drucks 16/3100 S 128, zu § 87 Abs 2e). So sollten nach § 87 Abs 2e SGB V aF im EBM-Ä höhere Orientierungswerte bei Feststellung von Unterversorgung oder drohender Unterversorgung festgelegt werden, während die Orientierungswerte bei Überversorgung niedriger festgelegt werden sollten, um eine steuernde Wirkung auf das ärztliche Niederlassungsverhalten zu erreichen. Mit einem unquotierten FKZ würde ein gegenteiliger Effekt erreicht. Durch die Freistellung der Leistungserbringer-KV von den Folgen der Quotierung der Gesamtvergütung würde die Wohnort-KV im selben Maße belastet, sodass dieser entsprechend weniger Mittel zur Verteilung an die Vertragsärzte ihres - typischerweise ohnehin strukturschwächeren - Bezirks zur Verfügung stehen würden.
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(3) Etwas anderes folgt - wie das SG bereits zutreffend dargelegt hat - auch nicht aus § 87a Abs 3a SGB V und der darauf unmittelbar Bezug nehmenden Vorschrift des § 75 Abs 7a SGB V. Zwar regelt § 87a Abs 3a SGB V eine Ausnahme von dem og Grundsatz, dass die Gesamtvergütung mit befreiender Wirkung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Versicherten mit Wohnort im Bezirk der KÄV zu zahlen ist und dass die Frage, ob eine innerhalb der MGV vergütete vertragsärztliche Leistung von einem Vertragsarzt mit Sitz im Bezirk der Wohnort-KV oder im Bezirk einer anderen KÄV (Leistungserbringer-KV) erbracht wird, deshalb keinen Einfluss auf die Höhe der Gesamtvergütung hat, die der Verteilung im Rahmen des FKZ zugrunde zu legen ist. Der Anspruch auf einen FKZ auf der Basis aller nach der Euro-Gebührenordnung abgerechneter Leistungen ohne eine Begrenzung durch den vereinbarten Behandlungsbedarf kann § 87a Abs 3a SGB V jedoch nicht entnommen werden.
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§ 87a Abs 3a Satz 1 SGB V bestimmt, dass die Leistungen für den Fall der überbezirklichen Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung abweichend von § 87a Abs 3 Satz 3 und 4 SGB V von den Krankenkassen mit den Preisen zu vergüten sind, die in den KÄVen gelten, deren Mitglied der Leistungserbringer ist. Wenn die Preise in der Leistungserbringer-KV höher als in der Wohnort-KV sind, bewirkt die Regelung eine Erhöhung der Gesamtvergütung, wenn sich ein Versicherter durch einen Vertragsarzt mit Sitz in einer "fremden" KÄV behandeln lässt. Bei geringeren Preisen am Ort der Leistungserbringung verringert sich die Gesamtvergütung entsprechend. Der Grundsatz, dass die für das Folgejahr vereinbarte Gesamtvergütung nach § 87a Abs 3 Satz 1 SGB V mit befreiender Wirkung zu zahlen ist, wird damit für diese besondere Konstellation eingeschränkt. Nach § 87a Abs 3a Satz 2 SGB V ist die Abweichung zwischen den "nach Absatz 2 Satz 6 vereinbarten Preisen" - also den mit der Wohnort-KV vereinbarten Preisen - und den "Preisen nach Satz 1" - gemeint sind die mit der Leistungserbringer-KV vereinbarten Preise - "zeitnah, spätestens bei der jeweils folgenden Vereinbarung der Veränderung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu berücksichtigen". Dementsprechend hat die Richtlinie der KÄBV zum FKZ gemäß § 75 Abs 7a Satz 1 SGB V sicherzustellen, dass die Leistungserbringer-KV von der Wohnort-KV für die erbrachten ärztlichen Leistungen jeweils die entsprechenden Vergütungen der in der Leistungserbringer-KV geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs 2 SGB V erhält. Die von der Krankenkasse nach § 87a Abs 3a Satz 1 SGB V aufgrund abweichender Preise im Bereich der Leistungserbringer-KV an die Wohnort-KV zu zahlende Vergütung korrespondiert also mit den im Rahmen des FKZ nach § 75 Abs 7a SGB V von der Wohnort-KV an die Leistungserbringer-KV zu leistenden Zahlungen.
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§ 87 Abs 3a Satz 1 und 2 SGB V regelt danach allein den Fall, dass in Wohnort-KV und Leistungserbringer-KV unterschiedliche Preise gelten. Was in diesem Kontext mit dem Begriff des Preises gemeint ist, folgt aus § 87a Abs 2 Satz 6 SGB V aF, auf den § 87a Abs 3a Satz 2 SGB V aF ausdrücklich verweist. Danach ist aus den zwischen der KÄV und den Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen vereinbarten Punktwerten und dem EBM-Ä eine regionale Gebührenordnung mit "Europreisen" (regionale Euro-Gebührenordnung) zu erstellen; in der Gebührenordnung sind sowohl die Preise für den Regelfall als auch die Preise bei Vorliegen von Unter- und Überversorgung auszuweisen. Auch in § 87a Abs 3 Satz 3 SGB V aF wird der Begriff des Preises ausdrücklich unter Bezugnahme auf Abs 2 Satz 6 SGB V aF verwendet. Für die darauf aufbauende Sonderregelung in § 87a Abs 3a Satz 1 und 2 SGB V wird der Begriff des Preises erkennbar in der gleichen Bedeutung verwendet; § 87a Abs 3a Satz 2 SGB V aF verweist insoweit ausdrücklich auf Abs 2 Satz 6. Danach greift § 87a Abs 3a SGB V nur ein, wenn in der Wohnort-KV und der Leistungserbringer-KV voneinander abweichende regionale Euro-Gebührenordnungen vereinbart worden sind (vgl BT-Drucks 16/4247 S 38 zu Buchst c). Zu der Quotierung, die eingreift, wenn das Volumen der abgerechneten Leistungen den vereinbarten Behandlungsbedarf übersteigt, trifft § 87a Abs 3a SGB V dagegen keine Aussage, sodass es insoweit bei den unter (2) dargestellten Grundsätzen verbleibt, die unmittelbar aus der Begrenzung der mit befreiender Wirkung zu zahlenden Gesamtvergütung und dem Wohnortprinzip folgen.
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In Übereinstimmung damit sieht auch die an § 87a Abs 3a SGB V anknüpfende, den FKZ betreffende Regelung des § 75 Abs 7a SGB V eine von Abs 7 Satz 2 abweichende Sonderregelung nur für den Fall vor, dass die Euro-Gebührenordnungen der Wohnort-KV und der Leistungserbringer-KV voneinander abweichen. Dass § 75 Abs 7a SGB V alleine diese Fallkonstellation betrifft, nicht aber die Leistungserbringer-KV von der aus der Begrenzung der Gesamtvergütung folgenden Quotierung freistellen will, wird durch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift und die Gesetzesbegründung bestätigt. Die heute in § 75 Abs 7a SGB V enthaltene Bestimmung geht auf § 85a Abs 7 SGB V des Entwurfs eines GKV-WSG zurück, der eine Regelung des FKZ durch den Bewertungsausschuss anstelle der KÄBV vorsah, im Übrigen aber bereits im Wesentlichen § 75 Abs 7a SGB V entsprach. Dazu erläutert die Gesetzesbegründung (BT-Drucks 16/3100 S 123): "Wenn sich die Euro-Preise der betroffenen Kassenärztlichen Vereinigungen unterscheiden, so ergeben sich auch Zahlungswirkungen für die Krankenkassen: Liegen die Preise für vertragsärztliche Leistungen in der Leistungserbringer-KV beispielsweise über den Preisen in der KÄV, in der der Versicherte seinen Wohnort hat, so hat die Krankenkasse die Preisdifferenz gegenüber der Wohnort-KV auszugleichen. Im umgekehrten Fall sind ggf. Rückzahlungen von der Kassenärztlichen Vereinigung zu leisten. Da die Regelungen diese finanziellen Wirkungen für die Krankenkassen entfalten können, sind die Regelungen zur überbezirklichen Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung nicht mehr - wie im geltenden Recht - allein von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, sondern von der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen auf Bundesebene im Bewertungsausschuss festzulegen." Entsprechend der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses ist es für die Zeit nach dem 1.1.2009 anstelle der zunächst vorgesehenen Regelung durch den Bewertungsausschuss bei der Regelung des FKZ durch die KÄBV geblieben. § 75 Abs 7a Satz 1 SGB V ist indes durch Bezugnahme auf die "Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs 2" auch in der schließlich in Kraft getretenen Fassung eindeutig zu entnehmen, dass sich hinsichtlich der Gesamtvergütung die Zahlungswirkungen, die sich für die Krankenkassen aus der Inanspruchnahme vertragsärztlicher Leistungen im Bezirk einer "fremden" KÄV ergeben, auf den Ausgleich der Preisdifferenz zwischen unterschiedlichen regionalen Euro-Gebührenordnungen beschränken. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen gibt weder der Wortlaut des § 75 Abs 7a SGB V noch die Gesetzesbegründung einen Hinweis darauf, dass die an den vereinbarten Behandlungsbedarf anknüpfende Begrenzung der Gesamtvergütung und die daraus folgende Quotierung beim FKZ unberücksichtigt bleiben soll.
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(4) Dagegen können die Klägerinnen auch nicht mit Erfolg einwenden, dass die von der Wohnort-KV an die Leistungserbringer-KV zu leistenden Zahlungen aus dem FKZ im Falle einer Quotierung geringer seien als die Vergütung, die die Leistungserbringer-KV dem Arzt zu gewähren habe. Der FKZ betrifft die Ebene der Gesamtvergütung, nicht jedoch die Verteilung an den einzelnen Arzt. Dass sich die dem einzelnen Arzt zu zahlende Vergütung von der Vergütung unterscheiden kann, die die Krankenkassen als Gesamtvergütung an die KÄVen zu entrichten haben, ist Folge des Umstands, dass sich die Berechnung und Zahlung der Gesamtvergütung auf der einen Seite und die Verteilung der Gesamtvergütung auf die Vertragsärzte auf der anderen Seite in zwei eigenständigen, formal getrennten Rechtskreisen vollzieht (BSGE 105, 224 = SozR 4-2500 § 85 Nr 52, RdNr 33; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 9 RdNr 32 ff mwN; Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand der Nachlief Mai 2014, K § 85 RdNr 15). Dieser Grundsatz gilt unverändert auch nach der Neuordnung der Vergütungsbestimmungen durch das GKV-WSG. Unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenkassen und den Vertragsärzten bestehen bezogen auf die vertragsärztliche Vergütung im kollektivvertraglichen System weiterhin nicht (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 52 RdNr 12). Demzufolge hat der Umstand, dass der auf gesamtvertraglicher Ebene vereinbarte Behandlungsbedarf überschritten wird, nicht zur Folge, dass Ärzte für die darüber hinausgehenden Leistungen keinen Vergütungsanspruch hätten. Zwar folgt aus der Begrenzung der mit befreiender Wirkung an die KÄV zu zahlenden Gesamtvergütung, dass auch die Honoraransprüche der einzelnen Ärzte zu beschränken sind, weil die KÄV nur die ihr zur Verfügung stehenden Mittel an die einzelnen Vertragsärzte verteilen kann. Die Verteilung an die Ärzte folgt aber eigenen Regeln, die Gegenstand des jeweiligen Honorarverteilungsmaßstabs sind. Dies hat zur Folge, dass die Vergütung, die der Arzt für eine ärztliche Leistung erhält, nicht mit der Vergütung übereinstimmen muss, die auf gesamtvertraglicher Ebene der Berechnung der Gesamtvergütung zugrunde gelegt wurde. Gerade bezogen auf die Vergütung von antragspflichtigen und zeitgebundenen psychotherapeutischen Leistungen kann das in dem hier maßgebenden Zeitraum zur Folge haben, dass die für die Vergütung des einzelnen Arztes aufzubringenden Mittel höher sind als die Vergütung, die dafür in die Berechnung der Gesamtvergütung eingestellt worden ist. Hintergrund ist der Umstand, dass die antragspflichtigen zeitgebundenen psychotherapeutischen Leistungen in den hier maßgebenden Jahren von 2009 bis 2011 auf gesamtvertraglicher Ebene innerhalb der MGV, auf der Ebene der Honorarverteilung nach § 87b Abs 2 Satz 6 SGB V aF jedoch außerhalb der RLV zu vergüten waren und dass die in der Rechtsprechung entwickelten Vorgaben zur angemessenen Vergütung dieser Leistungen (vgl BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 82, mwN), die ihren Niederschlag in entsprechenden Beschlüssen des Bewertungsausschusses gefunden haben, zu beachten waren. Das ändert jedoch grundsätzlich nichts daran, dass die Gesamtvergütung mit befreiender Wirkung gezahlt wird und dass eine nachträgliche Erhöhung deshalb nur in besonderen Ausnahmekonstellationen in Betracht kommt (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 29 RdNr 28; BSGE 111, 114 = SozR 4-2500 § 87 Nr 26 RdNr 59 ff; BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8 RdNr 35).
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Ausschlaggebend ist im vorliegenden Zusammenhang, dass die dargestellten Faktoren, die dazu führen, dass sich die Vergütung, die der Berechnung der Gesamtvergütung zugrunde gelegt worden ist, von der Vergütung unterscheiden kann, die dem einzelnen Arzt zusteht, keinen unmittelbaren Bezug zum FKZ aufweisen. Die gleichen Differenzen ergeben sich aufgrund der getrennten Rechtskreise auch in Fällen, in denen sich der Versicherte durch einen Arzt mit Sitz im Bezirk der KÄV seines Wohnortes behandeln lässt. Deshalb ist der Gesichtspunkt der voneinander abweichenden Vergütungen von vornherein nicht geeignet, die Forderung nach einem unquotierten FKZ zu begründen. Der höhere unquotierte FKZ würde sich zu Lasten von KÄVen mit einer geringeren Zahl von FKZ-Fällen und damit auch der in ihrem Bezirk niedergelassenen Ärzte auswirken. Soweit die Klägerinnen geltend machen, dass auch Kostenerstattungen nicht den Begrenzungen durch RLV unterlägen und dass eine Quotierung beim FKZ aus diesem Grunde unzulässig sei, ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass eine Vergütung von MGV-Leistungen außerhalb von RLV einer Quotierung auf der Ebene der Honorarverteilung nicht entgegensteht (vgl BSG Urteil vom 23.3.2016 - B 6 KA 33/15 R - zur Veröffentlichung vorgesehen für SozR; BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 4). Dies gilt auch für Kostenerstattungen und Kostenpauschalen (BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 7, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen).
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e) In der am 29.1.2010 beschlossenen Änderung der FKZ-RL mWv 1.1.2009 liegt auch keine Rückwirkung, die gegen das in der Verfassung verankerte Rechtsstaatsprinzip verstoßen würde.
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Entgegen der Auffassung der Beklagten kann die Zulässigkeit der rückwirkenden Änderung nicht mit einer entsprechenden Weisung des BMG begründet werden. Dabei kann offenbleiben, ob der Umstand, dass einer rückwirkenden Regelung eine Weisung der Aufsichtsbehörde zugrunde liegt, Einfluss auf die Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit haben kann. Jedenfalls handelt es sich bei dem von der Beklagten in Bezug genommenen Schreiben des BMG vom 28.10.2009 nicht um eine im Rahmen der Aufsicht des BMG über die KÄBV erteilte Weisung iS des § 78 Abs 3 Satz 1 und 2 SGB V iVm § 89 SGB IV, sondern um ein bloßes Antwortschreiben, in dem das BMG auf entsprechende Nachfrage seine Rechtsauffassung gegenüber dem Bewertungsausschuss mitgeteilt hat. Der KÄBV ist dieses Schreiben lediglich nachrichtlich zur Kenntnis gegeben worden. Dass es sich bei dem Schreiben nicht um eine Weisung handelt, hat das BMG im Übrigen gegenüber dem SG in einem Schreiben vom 1.2.2013 bestätigt.
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Gegen eine Bewertung der am 29.1.2010 beschlossenen Änderung der FKZ-RL als unzulässige Rückwirkung spricht indes der Umstand, dass die von der Beklagten erlassene FKZ-RL in der Version 1.05 keine Änderung der Rechtslage zu Ungunsten der Klägerinnen bewirken konnte. Soweit die FKZ-RL in der Version 1.04 in der Weise zu interpretieren war, dass der FKZ auch bei einer Überschreitung des vereinbarten Behandlungsbedarfs ohne eine Quotierung auf der Grundlage der Preise nach der regionalen Euro-Gebührenordnung zu erfolgen hat, war sie aus den oben dargelegten Gründen mit höherrangigen gesetzlichen Vorgaben nicht vereinbar. Anders als bei einem Verwaltungsakt hat die Rechtswidrigkeit einer untergesetzlichen Norm wie der FKZ-RL (zum Rechtsnormcharakter vgl oben 1.) grundsätzlich deren Nichtigkeit zur Folge (zu Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vgl BSGE 116, 15 = SozR 4-2500 § 140f Nr 2; Axer, SGb 2013, 669, 676). Weil eine nichtige Regelung keine für die Klägerinnen günstige Rechtsposition begründen kann, kann deren rückwirkende Anpassung an die Vorgaben des vorrangigen Gesetzesrechts keine rückwirkende Änderung der Rechtslage bewirken (zur Anpassung des nationalen Rechts an die europarechtlich vorgegebene, bereits bestehende Rechtslage vgl BVerfG <Kammer> Beschluss vom 15.2.2001 - 2 BvR 1319/96 - NJW 2001, 2323).
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Unabhängig davon ist hier zur berücksichtigen, dass die Klägerinnen durch die Änderung der FKZ-RL in der Wahrnehmung einer ihnen gesetzlich zugewiesenen und geregelten Aufgabe betroffen sind. Das hat zur Folge, dass sie sich insoweit nicht auf Grundrechte berufen können. Wie der Senat (BSGE 117, 149 = SozR 4-2500 § 106 Nr 48, RdNr 26 ff) bereits bezogen auf die rückwirkende Änderung von Regelungen zum Richtgrößenregress zu Lasten von Krankenkassen dargelegt hat, können sich nur (natürliche oder juristische) Personen auf die in der Rechtsprechung des BVerfG entwickelten, grundrechtlich verorteten Grenzen zulässiger Rückwirkung berufen, die auch Träger von Grundrechten sind. Die Grundrechte sind ihrem Wesen nach nicht auf juristische Personen des öffentlichen Rechts anwendbar, soweit diese öffentliche Aufgaben wahrnehmen (stRspr: BVerfGE 39, 302, 312 f - Krankenkassen; BVerfGE 68, 193, 206 - Zahntechnikerinnungen; BVerfGE 70, 1, 15 = SozR 2200 § 376d Nr 1 S 1). Dies gilt auch für KÄVen (BVerfGE 62, 354, 369 = SozR 2200 § 368n Nr 25 S 70 f; BVerfG <Kammer> SozR 3-2500 § 85 Nr 9) und damit für die Klägerinnen. Die og Entscheidung des Senats zu Richtgrößenregressen ist zwar auf die vorliegende Fallgestaltung nicht ohne Weiteres übertragbar, weil es hier um die Grundlagen der Finanzierung einer Selbstverwaltungskörperschaft geht. Der Senat lässt offen, ob und ggf unter welchen Voraussetzungen sich Selbstverwaltungskörperschaften insoweit unter Vertrauensschutzgesichtspunkten gegen eine rückwirkende Änderung von Normen wenden können (vgl bereits BSGE 90, 231, 258 = SozR 4-2500 § 266 Nr 1 RdNr 80). In der vorliegenden Konstellation konnten die Klägerinnen jedenfalls nicht auf den Fortbestand der FKZ-RL in der am 26.5.2009 beschlossenen Version 1.04 vertrauen. Den Klägerinnen war bereits vor der Beschlussfassung bekannt, dass diese Version nur zur "Erprobung" und mit der Maßgabe, diese ggf rückwirkend zu ändern, eingeführt werden sollte. Die Übereinstimmung der FKZ-RL in der am 26.5.2009 beschlossenen Version 1.04 mit vorrangigem Gesetzesrecht war von Anfang an unklar (zum fehlenden schutzwürdigen Vertrauen bei unklarer oder verworrener Rechtslage vgl zB BVerfGE 135, 1 RdNr 65 mwN; BSGE 95, 29 = SozR 4-5050 § 22b Nr 4, RdNr 20). Dies wird durch das Protokoll aus der Sitzung des Arbeitskreises der Kassenärztlichen Vereinigungen (AK KV) am 7.5.2009 belegt, dessen Richtigkeit auch von den Klägerinnen nicht in Zweifel gezogen worden ist. Die Mitglieder des Arbeitskreises, in dem die Vorstände der KÄV und damit auch der Klägerinnen vertreten sind, haben der nur "probeweisen" Einführung der Richtlinie mit der Option einer rückwirkenden Änderung sogar ausdrücklich zugestimmt. Jedenfalls unter diesen Umständen können die Klägerinnen der rückwirkenden Änderung kein schutzwürdiges Vertrauen entgegenhalten.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 2 VwGO. Danach haben die Klägerinnen die Kosten der ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittel zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).
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