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BVerfG 13.01.2022 - 2 BvR 93/21
BVerfG 13.01.2022 - 2 BvR 93/21 - Nichtannahmebeschluss: Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde bei unterbliebener Anhörungsrüge im fachgerichtlichen Verfahren trotz wesentlicher Gehörsverletzung - hier: zu den Voraussetzungen einer einstweiligen betreuungsrechtlichen Unterbringungsgenehmigung
Normen
Art 2 Abs 2 S 2 GG, § 90 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 1906a Abs 1 BGB, § 1906a Abs 2 BGB, § 1906 Abs 1 Nr 1 BGB, § 1906 Abs 1 Nr 2 BGB, PsychKG BE 2016
Vorinstanz
vorgehend LG Berlin, 14. Dezember 2020, Az: 83 T 177/20, Beschluss
vorgehend AG Pankow-Weißensee, 22. Juli 2020, Az: 50 XVII 105/20, Beschluss
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
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A.
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Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen eine betreuungsrechtliche Unterbringungsgenehmigung.
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I.
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1. Die im Jahr 1969 geborene Beschwerdeführerin wurde in der Vergangenheit mehrfach unter anderem in einer Tagesklinik wegen einer - cannabisinduzierten - paranoiden Schizophrenie behandelt, zuletzt Mitte des Jahres 2009. Sie errichtete mehrere Patientenverfügungen. Bei der jüngsten - auf den 25. November 2010 datierten - Patientenverfügung handelt es sich um ein Musterformular, das im Internet abgerufen und heruntergeladen werden kann. Ausweislich des Formulars streitet die Unterzeichnende die Existenz psychischer Erkrankungen ab, hält psychiatrische Diagnosen für verleumderische Persönlichkeitsverletzungen und Klinikunterbringungen, die psychiatrischen Behandlungen dienen, für Freiheitsberaubung. Die Unterzeichnende erklärt, sie verbiete es, bei ihr eine psychiatrische Diagnose zu stellen und sie wegen des Verdachts einer psychischen Erkrankung zu untersuchen oder zu behandeln.
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2. Wohl im Juli 2020 wurde die Beschwerdeführerin- zunächst gestützt auf das Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKG) des Landes Berlin - in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Mit nicht angefochtenem Beschluss vom 16. Juli 2020 wurde für sie im Wege einer einstweiligen Anordnung eine Betreuerin mit den Aufgabenkreisen Gesundheitssorge und Aufenthaltsbestimmung bestellt. Diese beantragte am 20. Juli 2020 beim Amtsgericht Pankow/Weißensee (nachfolgend: Amtsgericht) die Genehmigung der Unterbringung der Beschwerdeführerin sowie die Genehmigung ihrer Einwilligung in eine zwangsweise medikamentöse Behandlung der Beschwerdeführerin mit (konkret bezeichneten) Neuroleptika.
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3. Nach Anhörung der Beschwerdeführerin am 21. Juli 2020 genehmigte das Amtsgericht mit hier teilweise angefochtenem Beschluss vom 22. Juli 2020 im Wege einer einstweiligen Anordnung einerseits die Unterbringung der Beschwerdeführerin bis zum 2. September 2020 sowie andererseits die Einwilligung der Betreuerin in die beantragten ärztlichen Zwangsmaßnahmen - die beantragte Verabreichung der Neuroleptika nebst Begleitmaßnahmen - bis zum 6. August 2020.
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a) Die vorläufige Unterbringung und die Behandlung der Beschwerdeführerin gegen ihren Willen seien angezeigt, weil dringende Gründe für die Annahme bestünden, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für Unterbringung und Zwangsbehandlung nach §§ 1906, 1906a BGB erfüllt seien und überdies ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden bestehe. Dies habe das Gericht insbesondere mit Blick auf zwei ärztliche Zeugnisse der behandelnden Ärztin und der Anhörung der Beschwerdeführerin ermittelt.
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b) Es sei notwendig, die Beschwerdeführerin unter stationären Bedingungen zur Abwendung eines drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens psychiatrisch auch gegen ihren Willen zu behandeln, §§ 1906 Abs. 1 Nr. 2, 1906a BGB. Die Beschwerdeführerin leide an einer psychotischen Störung durch Cannabinoide. Sie sei in ein starkes Wahnerleben mit Beziehungs-, Bedrohungs- und Verfolgungswahn eingebunden und fühle sich dadurch immer wieder zu fremdaggressiven Verhaltensweisen, unter anderem gegen die eigenen Angehörigen veranlasst. Sie habe ihre eigene Tochter mit Gläsern beworfen und gedroht, ihr die Kehle aufzuschlitzen. Während eines Krankenhausaufenthalts habe sie einer Pflegemitarbeiterin heißes Wasser ins Gesicht gegossen. Werde jetzt keine medikamentöse Behandlung im Rahmen einer Unterbringung eingeleitet, drohe eine weitere Chronifizierung der drogeninduzierten Psychose mit der Folge einer weiteren emotionalen und kognitiven Verarmung sowie des Verlusts der Fähigkeit, am sozialen Leben teilzunehmen. Die Beschwerdeführerin sei krankheitsbedingt nicht in der Lage, die Notwendigkeit der Unterbringung und der Behandlung zu erkennen, weshalb diese nur gegen ihren Willen erfolgen könnten. Mildere Mittel seien nicht ersichtlich. Die Beschwerdeführerin habe die Einnahme von Medikamenten mehrfach klar abgelehnt. Die Medikamenteneinnahme sei jedoch dringend erforderlich, um den gegenwärtigen Zustand zu verbessern und dauernde gesundheitliche Schäden abzuwenden.
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4. Durch weiteren nicht angefochtenen Beschluss vom 22. Juli 2020 ordnete das Amtsgericht - mit Blick auf das Hauptsacheverfahren - die psychologische Begutachtung der Beschwerdeführerin zur Frage der Notwendigkeit einer Betreuerbestellung, einer Unterbringung und der Zwangsmedikation an und bestellte eine Fachärztin für Psychiatrie zur Sachverständigen.
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5. Die Beschwerdeführerin legte mit Schreiben ebenfalls vom 22. Juli 2020 "Widerspruch" gegen sämtliche bislang ergangenen Beschlüsse ein und reichte unter anderem Auszüge der von ihr errichteten Patientenverfügung aus dem Jahr 2010 ein, die sie einige Tage später vervollständigte. Zudem ließ sie durch ihren damaligen Prozessbevollmächtigten ausdrücklich Beschwerde gegen die einstweilige Genehmigung der Unterbringung sowie der Einwilligung in die ärztlichen Zwangsmaßnahmen einlegen.
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a) Im Zuge dessen führte sie aus, die Genehmigung der Einwilligung in die Zwangsbehandlung sei bereits deshalb rechtswidrig, weil sie im Wege der einstweiligen Anordnung ergangen sei. Vorläufige Zwangsbehandlungs- sowie auch Unterbringungsmaßnahmen setzten jedoch voraus, dass ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden bestehe. Ein solches lasse sich den Beschlussgründen nicht entnehmen. Insbesondere sei nicht dargelegt worden, dass der Beschwerdeführerin bei Nichtbehandlung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens - einem Zeitraum von üblicherweise wenigen Tagen - ein erheblicher Schaden drohe. Im Übrigen stünden der Genehmigung der Einwilligung in die Zwangsmedikation materielle Gründe entgegen, unter anderem ihre Patientenverfügung.Wer im Zustand hinreichender Einwilligungsfähigkeit in inhaltlich ausreichend bestimmter Form ärztliche Behandlungen ablehne, wie sie es mit ihrer Patientenverfügung getan habe, werde von § 1906a BGB nicht erfasst. Ein der Behandlung entgegenstehender Wille sei beachtlich und eine auf § 1906a BGB gestützte Zwangsbehandlung daher unzulässig. So regle § 1906a Abs. 1 Nr. 3 BGB selbst ausdrücklich, dass der Betreuer in die Zwangsmaßnahmen nur einwilligen dürfe, wenn die Behandlung dem nach § 1901a BGB zu beachtenden Willen des Betreuten entspreche.
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b) Auch die vorläufige Unterbringungsgenehmigung sei angesichts dessen rechtswidrig. Diene sie allein der Durchführung einer zwangsweisen Heilbehandlung, sei sie nach der (näher bezeichneten) Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs nur zulässig, wenn einerseits die Voraussetzungen für eine ärztliche Zwangsmaßnahme im Sinne des § 1906a Abs. 1 BGB vorlägen und diese andererseits nach § 1906a Abs. 2 BGB rechtwirksam genehmigt worden wäre. Dies sei aus den zuvor beschriebenen Gründen nicht der Fall.
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6. Mit Beschluss vom 30. Juli 2020 half das Amtsgericht der Beschwerde insoweit ab, als mit ihr die Genehmigung der Einwilligung in die Zwangsmedikationgerügt worden war, indem es die Genehmigung zurücknahm. Zur Begründung führte es aus, es sei - entsprechend eines Hinweises des Landgerichts Berlin (nachfolgend: Landgericht) - nicht ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin ohne Zwangsmedikation einen erheblichen gesundheitlichen Schaden erleide, wenn zunächst der Abschluss des Hauptsacheverfahrens abgewartet werde. Die Anordnung der Zwangsmedikation im Verfahren der einstweiligen Anordnung sei daher nicht erforderlich. Im Übrigen - hinsichtlich der vorläufigen Genehmigung der Unterbringung - lehnte das Amtsgericht eine Abhilfe ab. Insoweit solle der Beschluss zunächst noch bestehen bleiben und das Ergebnis der weiteren Ermittlungen, insbesondere das angeforderte Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie, abgewartet werden.
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7. Nach Eingang des Gutachtens der Sachverständigen vom 31. Juli 2020 und nach erneuter persönlicher Anhörung der Beschwerdeführerin traf das Amtsgericht am 13. August 2020 mehrere - hier nicht angefochtene - Entscheidungen im Hauptsacheverfahren: Es bestellte im Beschlusswege zum einen eine Betreuerin der Beschwerdeführerin für die Aufgabenkreise Gesundheitssorge und Aufenthaltsbestimmung. Zum anderen verlängerte es mit weiterem Beschluss vom 13. August 2020 die Unterbringung der Beschwerdeführerin und genehmigte die Einwilligung der Betreuerin in die Zwangsmedikation jeweils bis zum 24. September 2020. Auch gegen diese Beschlüsse legte die Beschwerdeführerin Beschwerde ein.
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8. Mit Schreiben vom 14. August 2020 beantragte die Beschwerdeführerin zudem mit Blick auf die infolge der Hauptsacheentscheidungen eingetretene Erledigung der vorläufigen Genehmigung der Unterbringung beim Landgericht die Feststellung, dass diese Genehmigung sie in ihren Rechten verletzt habe.
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9. Mit hier angefochtenem Beschluss vom 14. Dezember 2020 wies das Landgericht den Antrag der Beschwerdeführerin auf Feststellung, dass die vorläufige Genehmigung der Unterbringung sie in ihren Rechten verletzt habe, zurück. Die Voraussetzungen für die Unterbringungsgenehmigung hätten bei Erlass des Beschlusses am 21. Juli 2020 (gemeint wohl: 22. Juli 2020) bis zum Erlass der Hauptsacheentscheidung vom 13. August 2020 vorgelegen.
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a) Aufgrund der ärztlichen Zeugnisse hätten dringende Anhaltspunkte dafür bestanden, dass die Unterbringung der Beschwerdeführerin gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB notwendig gewesen sei. Danach leide die Beschwerdeführerin unter einer schweren behandlungsbedürftigen psychotischen Störung bei Cannabisabhängigkeit, die mit erheblichen Störungen ihrer Geistestätigkeit sowie mit Verhaltensstörungen einhergehe beziehungsweise einhergegangen sei. Die Beschwerdeführerin habe einen gesteigerten und für sie nicht steuerbaren Antrieb gezeigt, der im Vorfeld der Klinikeinweisung mit erheblichen fremdaggressiven Fehlhandlungen verbunden gewesen sei. Nach dem ärztlichen Zeugnis sei davon auszugehen gewesen, dass sich die psychotische Störung ohne neuroleptische Behandlung chronifizieren und in ein schizophrenes Residuum münden werde. Die Beschwerdeführerin habe die Notwendigkeit einer medikamentösen Behandlung nicht einsehen können.
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b) Der Zulässigkeit der Unterbringung habe nicht der Umstand entgegengestanden, dass sich die ärztlichen Zwangsmaßnahmen aus den sich aus dem amtsgerichtlichen Beschluss ersichtlichen Gründen als rechtswidrig darstellten. Denn es sei bei Erlass der einstweiligen Unterbringungsgenehmigung durch das Amtsgericht davon auszugehen gewesen, dass die ärztlichen Zwangsmaßnahmen erforderlich sein würden und die Einwilligung der Betreuerin in die Zwangsmaßnahmen daher jedenfalls im Hauptsacheverfahren zu genehmigen sein werde.
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c) Die Unterbringungsvoraussetzungen seien auch nicht mit Blick auf die - dem Amtsgericht erst einige Tage nach Erlass der einstweiligen Anordnung bekannt gewordene - Patientenverfügung vom 25. November 2010 entfallen. Diese Patientenverfügunghabe keine Bindungswirkung gegenüber den behandelnden Ärzten entfaltet. Das folge daraus, dass die Patientenverfügung entgegen den weltweit allgemein anerkannten, wissenschaftlich begründeten ärztlichen Erkenntnissen die Existenz irgendeiner psychischen Erkrankung grundsätzlich in Abrede stelle und mit dieser Begründung die Vornahme einer psychiatrischen Behandlung ausnahmslos untersage. Die Patientenverfügung regle eine nicht existente Behandlungssituation, nämlich die Behandlung einer vermeintlich nicht existierenden Erkrankung. Deshalb könne ihr auch nicht im Wege der Auslegung entnommen werden, welche Vorgehensweise dem im einwilligungsfähigen Zustand unter Beachtung medizinisch-wissenschaftlicher Realitäten gebildeten und (unter diesen Umständen) gemäß § 1901b Abs. 2 BGB (gemeint wohl: § 1901a Abs. 2 BGB) zu beachtenden Willen der Beschwerdeführerin entspreche.
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10. Die Unterbringung der Beschwerdeführerin war bereits im September 2020 beendet worden, nachdem ein weiteres Sachverständigengutachten, das das Landgericht im Hauptsacheverfahren eingeholt hatte, konstatiert hatte, bei der Beschwerdeführerin sei keine aktive Psychose festzustellen.
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II.
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1. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihres Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG. Die zum Zwecke einer medizinischen Behandlung erfolgende Unterbringung sei nur dann verfassungsrechtlich gerechtfertigt, wenn die angestrebte Behandlung ihrerseits grundrechtskonform sei. Lehne der Betroffene die Behandlung ab, sei dies nur der Fall, wenn die Voraussetzungen für eine Zwangsbehandlung eingehalten würden. Davon sei hier nicht auszugehen. Eine psychopharmakologische Zwangsbehandlung sei generell rechtswidrig, sofern der Betroffene nicht konkret zugestimmt habe, hier im Übrigen deshalb, weil die Beschwerdeführerin sie in einer wirksamen Patientenverfügungabgelehnt habe. Die Formulierung des Landgerichts, die Patientenverfügung regle - da sie die Existenz psychischer Krankheiten schlechthin nicht anerkenne - die Behandlung einer vermeintlich nicht existenten Behandlungssituation, sei unverständlich. Eine psychiatrische Behandlung sei eine existente Behandlungssituation. Maßgeblich sei nicht, ob die behandelte Krankheit existiere, sondern ob eine Behandlungssituation vorliege. Mittels einer Patientenverfügung könnten auch Eingriffe abgelehnt werden, die der Verfügende nicht als medizinische Eingriffe, sondern letztlich als Misshandlungen interpretiere. Es spiele keine Rolle, ob die Ansicht des Verfügenden dem aktuellen Stand der Wissenschaft, der Vernunft oder der allgemeinen Ansicht entspreche. Sinn und Zweck der Patientenverfügungsei es gerade, den Willen des Einzelnen zu stärken, notfalls auch gegen "staatliche Vernunft".
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2. Zur Rechts- beziehungsweise Verfassungswidrigkeit des Unterbringungsbeschlusses aus anderen Gründen äußert sich die Beschwerdeführerin nicht. Sie bezieht sich allein auf die (vermeintlich zu Unrecht erfolgte) Nichtberücksichtigung ihrer Patientenverfügung.
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B.
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Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, da die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Soweit die Verfassungsbeschwerde die Wirksamkeit von Patientenverfügungen betrifft, fehlt es ihr mit Blick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts betreffend die Rechtfertigung einer Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug und die Beachtlichkeit einer Patientenverfügung über den Ausschluss einer solchen Behandlung (Beschluss des Zweiten Senats vom 8.Juni 2021 - 2 BvR 1866/17, 2 BvR 1314/18 -) an einer grundsätzlichen Bedeutung (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Im Übrigen ist ihre Annahme zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführerin nicht angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Sie ist mangels Wahrung des Subsidiaritätsgrundsatzes unzulässig.
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I.
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Nach dem Grundsatz der Subsidiarität soll der gerügte Grundrechtsverstoß nach Möglichkeit schon im fachgerichtlichen Verfahren beseitigt werden (vgl. BVerfGE 63, 77 78>). Danach haben Beschwerdeführer über das Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinn hinaus alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten zu ergreifen, um eine Korrektur der geltend gemachten Grundrechtsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (vgl. BVerfGE 68, 384 389>; 81, 22 27>). Das kann auch bedeuten, dass die Beschwerdeführer zur Wahrung des Subsidiaritätsgebots gehalten sind, im fachgerichtlichen Verfahren eine Gehörsverletzung mit den gegebenen Rechtsbehelfen, insbesondere mit einer Anhörungsrüge, selbst dann anzugreifen, wenn sie im Rahmen der ihnen insoweit zustehenden Dispositionsfreiheit mit der Verfassungsbeschwerde zwar keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG rügen wollen (vgl. BVerfGE 126, 1 17>), durch den fachgerichtlichen Rechtsbehelf aber die Möglichkeit wahren, dass bei Erfolg der Gehörsverletzungsrüge in den vor den Fachgerichten gegebenenfalls erneut durchzuführenden Verfahrensschritten auch andere Grundrechtsverletzungen beseitigt werden, durch die sie sich beschwert fühlen (BVerfGE 134, 106 115 Rn. 27>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, Rn. 10). Denn die Dispositionsfreiheit der Beschwerdeführer enthebt sie nicht ohne Weiteres der Beachtung des Subsidiaritätsgebotes; als Voraussetzung der Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde ist dieses der Verfügungsmacht der Beschwerdeführer entzogen (BVerfGE 134, 106 115 Rn. 27>).
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II.
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Diesen Anforderungen genügt die Verfassungsbeschwerde nicht. Zur Wahrung der Subsidiaritätsanforderungen hätte die Beschwerdeführerin eine Anhörungsrüge einlegen müssen. Es ist nicht auszuschließen, dass die Fachgerichte auf die Anhörungsrüge hin im dann fortzusetzenden Verfahren die Rechtswidrigkeit der Unterbringungsanordnung festgestellt hätten. In diesem Fall wäre die gerügte Grundrechtsverletzung durch die Fachgerichte beseitigt worden.
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1. Im verfassungsgerichtlichen Verfahren rügt die Beschwerdeführerin ausdrücklich keine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG, sondern lediglich eine Verletzung des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG. Die Fachgerichte seien zu Unrecht davon ausgegangen, dass ihre Patientenverfügung unwirksam sei und deshalb einer Zwangsbehandlung nicht entgegenstehe. Tatsächlich sei ihre Patientenverfügung jedoch wirksam gewesen. Aus diesem Grund habe sie nicht zwangsbehandelt und auch nicht zum Zwecke der Zwangsbehandlung untergebracht werden dürfen.
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Die Beschwer, die in den angegriffenen Beschlüssen liegt, wäre jedoch entfallen, wenn das Landgericht im Rahmen einer Anhörungsrüge - ohne dass es auf die Bedeutung der Patientenverfügung ankommt - zu einer Aufhebung der Unterbringung beziehungsweise zur Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit gelangt wäre. Hierfür bestand Anlass.
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2. Es spricht vieles dafür, dass das Landgericht einen wesentlichen Gehörsverstoß begangen hat, der entscheidungserheblich war.
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a) Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das entscheidende Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfGE 11, 218 220>; 72, 119 121>; stRspr). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Die Gerichte brauchen nicht jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden. Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Vortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen jedoch nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 433/15 -, Rn. 9).
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b) Die Entscheidung des Landgerichts dürfte den beschriebenen Anforderungen nicht genügen. Das Landgericht hat wesentlichen Vortrag der Beschwerdeführerin übergangen.
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aa) Im fachgerichtlichen Beschwerdeverfahren hat die Beschwerdeführerin vorgetragen, die Fachgerichte hätten die Unterbringung allein auf § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB gestützt, nicht auf sonstige Unterbringungstatbestände. Dies dürfte zutreffen. Als Rechtsgrundlage haben die Fachgerichte ausschließlich § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB benannt. Feststellungen, auf die eine Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB tatbestandlich gestützt werden könnte, haben sie nicht getroffen. Sie erwähnen zwar fremdaggressive Tendenzen der Beschwerdeführerin, scheinen aber nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin deshalb in gewaltsame Konflikte mit der Gefahr einer erheblichen Schädigung auch ihrer eigenen Gesundheit verwickelt werden könnte, was gegebenenfalls eine Unterbringung auf Grundlage des § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB ermöglicht hätte. Auch die Voraussetzungen für eine Unterbringung nach dem PsychKG sahen die Fachgerichte offensichtlich nicht als ge- geben an; die entsprechende Unterbringung der Beschwerdeführerin war zwischenzeitlich beendet worden.
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Die Beschwerdeführerin hat vorgetragen, dass eine allein auf § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB gestützte Unterbringungsgenehmigung nur dann rechtmäßig sein könne, wenn zwei Voraussetzungen kumulativ erfüllt seien: Zum einen das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen für eine Zwangsbehandlung im Sinne des § 1906a Abs. 1 BGB und zum anderen die rechtswirksame Genehmigung der Einwilligung in die Zwangsbehandlung nach § 1906a Abs. 2 BGB. Folglich hinge die Rechtmäßigkeit der Unterbringungsgenehmigung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB von dem Bestand und der Rechtmäßigkeit der Zwangsbehandlungsgenehmigung ab; Unterbringungsgenehmigung und Zwangsbehandlungsgenehmigung gingen danach Hand in Hand.
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Im hiesigen Verfahren war die Genehmigung der Einwilligung in die Zwangsbehandlung jedoch während der laufenden (vorläufigen) Unterbringung durch das Amtsgericht im Rahmen des Abhilfeverfahrens am 30. Juli 2020 aufgehoben worden. Nach der Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin lagen infolgedessen zu dem Zeitpunkt, als das Landgericht seine Entscheidung traf, nicht mehr sämtliche Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der Unterbringung vor, da es an einer rechtswirksamen Genehmigung der Einwilligung in die Zwangsbehandlung fehlte.
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bb) Dieser Vortrag der Beschwerdeführerin war wesentlich. Er war Kern zur Argumentation zur Rechtswidrigkeit der Unterbringung und geeignet, diese selbstständig - unabhängig von der Frage, ob die Patientenverfügung wirksam war - zu begründen.
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Mit ihrem Vortrag vollzog die Beschwerdeführerin die Vorgaben des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts nach, wobei sie auf entsprechende Entscheidungen hingewiesen hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB nur genehmigungsfähig, wenn die Zwangsbehandlung zulässigerweise angeordnet werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Juli 2014 - XII ZB 169/14 -, juris, Rn. 21). Diesen Gedanken hat das Bundesverfassungsgericht aufgegriffen. Es hat - in der seitens der Beschwerdeführerin in Bezug genommenen Entscheidung - ausgeführt, die allein zum Zwecke der Durchführung der Heilbehandlung angeordnete vorläufige Unterbringung sei nur zulässig, wenn die Voraussetzungen für eine ärztliche Zwangsmaßnahme vorlägen und diese rechtswirksam genehmigt worden sei (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Juli 2015 - 2 BvR 1549/14, 2 BvR 1550/14 -, Rn. 43).
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cc) Das Landgericht hat sich mit diesem wesentlichen Vortrag der Beschwerdeführerin nicht auseinandergesetzt, sondern seine Entscheidung auf eine Rechtsauffassung gestützt, die mit den von der Beschwerdeführerin in Bezug genommenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts nicht - jedenfalls nicht ohne weiteres - zu vereinbaren ist.
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(1) Es hat ausgeführt, die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Unterbringungsgenehmigung hätten vom Erlass der vorläufigen Unterbringungsgenehmigung bis zum Erlass der Hauptsacheentscheidung am 13. August 2020 vorgelegen. Der Zulässigkeit der (vorläufigen) Unterbringung habe unter anderem nicht der Umstand entgegengestanden, dass sich die ärztlichen Zwangsmaßnahmen aus den aus dem amtsgerichtlichen Abhilfebeschluss ersichtlichen Gründen als rechtswidrig darstellten. Denn es sei bei Erlass der einstweiligen Unterbringungsgenehmigung durch das Amtsgericht davon auszugehen gewesen, dass die ärztlichen Zwangsmaßnahmen erforderlich sein würden und die Einwilligung der Betreuerin in die Zwangsmaßnahmen daher jedenfalls im Hauptsacheverfahren zu genehmigen sein würde.
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Dies lässt sich nur dahin verstehen, dass eine vorläufige Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB auch möglich sein soll, wenn zwar während des gesamten - vorläufigen - Unterbringungszeitraums keine Zwangsbehandlung stattfinden kann, aber wahrscheinlich erscheint, dass im - späteren - Hauptsacheverfahren die Einwilligung in die Zwangsbehandlung zu genehmigen sein wird und bedeutet der Sache nach, dass Betroffene bereits allein mit Blick auf ein noch einzuleitendes Hauptsacheverfahren - gleichsam im Vorgriff - untergebracht werden könnten, ohne dass für die vorläufige Unterbringung selbst ein Eilbedürfnis besteht.
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(2) Diese Ausführungen des Landgerichts legen einen Gehörsverstoß nahe. Sie lassen nicht erkennen, dass sich das Landgericht mit dem Vortrag der Beschwerdeführerin zu den Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der Unterbringung inhaltlich auseinandergesetzt und ihn damit in Erwägung gezogen hat. Das Landgericht ist nicht auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin eingegangen, wonach die Genehmigung der Unterbringung und der Einwilligung in die Zwangsbehandlung Hand in Hand gehen müssen. Es hat diese Auffassung auch nicht argumentativ widerlegt und seine eigene Auffassung nicht begründet, § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB erlaube bereits eine Unterbringung bis zur Entscheidung über die Zwangsmedikation im Hauptverfahren, ohne dass eine Zwangsbehandlung im Rahmen der vorläufigen Unterbringung möglich ist. Der Verweis auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs in diesem Zusammenhang (BGH, Beschluss vom 31. Mai 2017 - XII ZB 342/16 -) ändert daran nichts. Diese Entscheidung betrifft keine den hiesigen Gegebenheiten vergleichbare Konstellation, sodass sich ihr auch keine argumentativen Ansätze entnehmen lassen, die die Rechtsauffassung des Landgerichts stützen könnten.
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c) Der Gehörsverstoß dürfte auch entscheidungserheblich gewesen sein. Es ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht auf eine Gehörsrüge hin erkannt hätte, dass es einer Auseinandersetzung mit der Rechtsauffassung bedarf, die Unterbringung gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB könne nur "Hand in Hand" mit einer zugleich zulässigen Zwangsbehandlung rechtmäßig sein. Es ist daher nicht auszuschließen, dass es das Beschwerdeverfahrenfortgesetzt und dem Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin stattgegeben hätte.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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