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BVerfG 02.11.2021 - 1 BvR 1575/18
BVerfG 02.11.2021 - 1 BvR 1575/18 - Nichtannahmebeschluss: Unzulässige Rechtssatzverfassungsbeschwerde gegen Ausschluss ambulanter ärztlicher Zwangsbehandlung Betreuter gem § 1906a Abs 1 S 1 Nr 7 BGB - Inanspruchnahme fachgerichtlichen Rechtsschutzes möglich, aufgrund von Auslegungsspielräumen auch geboten und zumutbar
Normen
§ 90 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 1906a Abs 1 S 1 Nr 7 BGB
Vorinstanz
vorgehend BVerfG, 7. August 2018, Az: 1 BvR 1575/18, Ablehnung einstweilige Anordnung
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
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I.
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Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen § 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BGB, soweit die Vorschrift ärztliche Zwangsmaßnahmen ausschließlich im Rahmen eines stationären Aufenthalts in einem Krankenhaus zulässt.
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1. a) In der Fassung des Gesetzes zur Änderung der materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen von ärztlichen Zwangsmaßnahmen und zur Stärkung des Selbstbestimmungsrechts von Betreuten vom 17. Juli 2017 (BGBl I S. 2426) lautet die Vorschrift:
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§ 1906a BGB
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Genehmigung des Betreuungsgerichts bei ärztlichen Zwangsmaßnahmen
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(1) Widerspricht eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff dem natürlichen Willen des Betreuten (ärztliche Zwangsmaßnahme), so kann der Betreuer in die ärztliche Zwangsmaßnahme nur einwilligen, wenn […]
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7. die ärztliche Zwangsmaßnahme im Rahmen eines stationären Aufenthalts in einem Krankenhaus, in dem die gebotene medizinische Versorgung des Betreuten einschließlich einer erforderlichen Nachbehandlung sichergestellt ist, durchgeführt wird. […]
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Eine Zwangsbehandlung von Betreuten setzt damit gemäß § 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BGB voraus, dass sich der Patient im Rahmen eines stationären Aufenthalts in einem Krankenhaus befindet oder dorthin verbracht wird.
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b) Der Gesetzgeber hat die Zulassung einer ambulanten Zwangsbehandlung im Rahmen verschiedener Gesetzesvorhaben wiederholt abgelehnt, weil die Gefahr bestehe, dass Zwangsbehandlungen ohne tatsächliche Notwendigkeit erfolgten, um Patienten "ruhigzustellen" (vgl. BTDrucks 18/11617, S. 3, 5 f.). Zwangsbehandlungen sollten aber ultima ratio bleiben und - wenn überhaupt - nur unter strenger ärztlicher Kontrolle im Rahmen eines Krankenhausaufenthalts erfolgen. Gemäß der Evaluierungsklausel in Art. 7 des Gesetzes zur Änderung der materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen von ärztlichen Zwangsmaßnahmen und zur Stärkung des Selbstbestimmungsrechts von Betreuten sollte das Gesetz drei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes am 22. Juli 2017 überprüft werden (vgl. BTDrucks 18/11240, S. 11). Danach sollte das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz die Auswirkungen der durch das Gesetz vorgenommenen Änderungen auf die Anwendungspraxis, insbesondere die Art und Häufigkeit von Zwangsmaßnahmen sowie die Wirksamkeit der Schutzmechanismen in § 1906a BGB einschließlich der Auswirkungen der Kopplung der ärztlichen Zwangsmaßnahme an die Durchführung der Behandlung in einem Krankenhaus empirisch untersuchen. Eine Evaluierung liegt indes bislang noch nicht vor. Das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts (BGBl I 2021 S. 882), das gemäß Art. 16 zum 1. Januar 2023 in Kraft tritt, sieht keine Änderung des gegenwärtigen Rechtszustands vor (vgl. BRDrucks 564/20, S. 171 f.; BTDrucks 19/24445, S. 138; BTDrucks 19/27287; BRDrucks 199/21). Außerdem wurde eine länderoffene Arbeitsgruppe eingerichtet, um weitere Neuregelungen vorzubereiten, die neben der ambulanten Zwangsbehandlung unter anderem die verdeckte Medikamentengabe und die Genehmigungsfristen sowie die hinreichende Berücksichtigung des Patientenwillens betreffen sollen.
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c) Das Bundesverfassungsgericht hat bislang ausdrücklich offengelassen, ob die geltende Rechtslage der Schutzpflicht des Staates aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG insofern genügt, als sie aufgrund bewusster gesetzgeberischer Entscheidung alle Betreuten in ambulanter Behandlung von der Möglichkeit ärztlicher Zwangsbehandlung ausschließt (vgl. BVerfGE 142, 313 351 f. Rn. 100>; vgl. auch die Unzulässigkeit der Vorlage in BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 6. März 2018 - 1 BvL 1/16 -, Rn. 19 ff.).
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2. a) Der Beschwerdeführer litt an fortgeschrittener Demenz mit ausgeprägter Orientierungslosigkeit und fehlendem situativen Verständnis. Für ihn wurde im Jahr 2015 eine Betreuung eingerichtet. Er lebte zuletzt in einer Senioreneinrichtung und befand sich in ärztlicher Behandlung.
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Im Rahmen der Demenzerkrankung des Beschwerdeführers kam es immer wieder zu organisch wahnhaften Störungen. Dann verweigerte der Beschwerdeführer die Medikamenteneinnahme. Wegen verschiedener Erkrankungen musste er sich wiederholt ins Krankenhaus und in eine psychiatrische Klinik begeben. Nach Rückkehr aus den Krankenhausaufenthalten war seine Wiedereingliederung in die Pflegeeinrichtung regelmäßig erschwert und sein Krankheitsbild verschlechterte sich sowohl nach stationären Aufenthalten als auch bei nur ambulanter Behandlungen im Krankenhaus erheblich.
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Der behandelnde Facharzt für Neurologie sah es bei einer erneuten Verweigerung der Medikamenteneinnahme und erneuter Eigen- oder Fremdgefährdung als erforderlich an, den Beschwerdeführer notfallmäßig in die zuständige psychiatrische Klinik einzuweisen. Dies sei aber aus medizinischer Sicht eigentlich kontraindiziert, da der Ortswechsel wiederum zu einer Verschlechterung des Krankheitsbildes führe. Die Verabreichung von Medikamenten sei aus ärztlicher Sicht auch in der Pflegeeinrichtung möglich, beispielsweise durch Beigabe zum Essen, ohne dass Zwang oder freiheitsentziehende Maßnahmen notwendig seien.
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b) Die Betreuerin des Beschwerdeführers übertrug die Medikamentenvergabe auf Grundlage des Heimvertrages auf das Pflegeheim. Sie wandte sich mit Schreiben vom 24. Januar 2018 an das Betreuungsgericht und bat um eine "klarstellende Feststellung" dergestalt, dass die Verabreichung ärztlich verordneter Medikamente an den Beschwerdeführer im Wege der Beimischung in Speisen und Getränken nicht von einer Genehmigungspflicht durch das Betreuungsgericht abhängig zu machen sei. Das Betreuungsgericht beauftragte daraufhin eine Verfahrenspflegerin mit der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Medikamentengabe.
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Die Verfahrenspflegerin hielt eine Zwangsmedikation für genehmigungspflichtig nach § 1906a Abs. 2 BGB und im Übrigen die beabsichtigte Vergabe durch Beimischung der Medikamente in Nahrungsmittel/Getränke für rechtswidrig.
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c) Das Betreuungsgericht schloss sich dieser Auffassung an und wies darauf hin, dass die Praxis der verdeckten Medikamentengabe zu ändern sei und alternativ eine Zwangsbehandlung nach § 1906a BGB beantragt werden könne, die aber nur stationär in einem Krankenhaus und nicht in einem Pflegeheim durchgeführt werden dürfe. Ob diese enge Regelung gegebenenfalls verfassungswidrig sein könne und ob eine Erweiterung auf Pflegeheime geboten sei, sei verfassungsrechtlich noch nicht entschieden. Weiterhin äußerte das Betreuungsgericht aber die Einschätzung, dass bei der geforderten Sicherstellung einer regelmäßigen und nicht nur kurzfristigen Einnahme der Medikamente die Verabreichung in einem Krankenhaus kaum praktikabel sein dürfte.
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3. Die 3. Kammer des Ersten Senats lehnte einen Antrag des Beschwerdeführers vom 23. Juli 2018 auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 7. August 2018 - 1 BvR 1575/18 -, Rn. 4).
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4. In seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG (Recht auf körperliche Unversehrtheit), Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG (Selbstbestimmungsrecht), Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichbehandlung) sowie Art. 1 Abs. 1 GG (Menschenwürde). Die Regelung des § 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BGB lasse eine erforderliche medizinische Behandlungsmaßnahme, die dem mutmaßlichen Willen des Beschwerdeführers entspreche, nur im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts zu, wo der Beschwerdeführer indes der ernsthaften Gefahr ausgesetzt sei, ein seine Gesundheit, wenn nicht sein Leben bedrohendes Delir (akute Verwirrtheit) zu erleiden. Diese Gefahr bestehe indes nicht in dem ihm vertrauten Pflegeheim.
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a) Soweit § 1906a BGB den Zweck verfolge, betreute Patienten zu schützen und ihnen einen Anspruch auf medizinische Behandlung zu geben, sei das Mittel einer Behandlung im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts ungeeignet. Dem Beschwerdeführer werde ein Anspruch auf Behandlung vorenthalten, wenn in seiner Person sämtliche materiellen und verfahrensrechtlichen Voraussetzungen vorlägen, er aber wegen ihm unzumutbarer Gefahren, die mit seiner Verbringung in ein stationäres Krankenhaus verbunden seien, nicht dorthin verbracht werden dürfe. Der Zweck der Norm, den Beschwerdeführer nicht schutzlos sich selbst zu überlassen und ihm eine notwendige Behandlung auch gegen den erklärten natürlichen Willen zu gewähren, werde so nicht erreicht und auch nicht gefördert.
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Der mit einem stationären Krankenhausaufenthalt verbundene Ortswechsel stelle für alte und demente Menschen eine unkalkulierbare spezifische Gefahrenlage dar. Wissenschaftliche Studien belegten, dass die Erkrankung an Demenz die Wahrscheinlichkeit, während eines stationären Krankenhausaufenthalts ein Delir zu erleiden, beträchtlich erhöhe. Da der Beschwerdeführer bereits in der Vergangenheit nach Krankenhausaufenthalten Delire entwickelt habe, liege nicht nur eine lediglich abstrakte Gefahr vor. Nach jedem vorangegangenen Krankenhausaufenthalt sei er völlig verwirrt, desorientiert und verängstigt zurückgekommen und habe jedes Mal nicht unerhebliche Zeit benötigt, bis er sich wieder gefangen habe.
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Entspreche die Verbringung eines Betreuten in ein Krankenhaus erkennbar nicht dessen Wohl, dürfe die Verfahrensbevollmächtigte als Betreuerin des Beschwerdeführers in eine solche Verbringung nicht einwilligen. Ohne Einwilligung eines Betreuers oder eine hierauf bezogene gerichtliche Genehmigung nach § 1906a Abs. 2 BGB sei eine medizinische Zwangsmaßnahme aber nicht zulässig. Eine Verbringung des Beschwerdeführers in einen stationären Krankenhausaufenthalt müsse daher zwingend so lange unterbleiben, bis sich seine Gesundheitslage aufgrund einer beharrlichen Verweigerung der Medikamenteneinnahme derart dramatisch zugespitzt habe, dass in der Abwägung die mit der Verbringung ins Krankenhaus potenziell einhergehenden erheblichen gesundheitlichen Risiken aufgrund konkret eingetretener schwerer Gesundheitsbeeinträchtigungen in den Hintergrund träten. Dies bedeute, dass mit Blick auf den Beschwerdeführer die Möglichkeit einer Zwangsbehandlung nicht schon bei einer erheblichen, sondern erst bei einer schweren Gesundheitsbeeinträchtigung bestehe. Bis dahin verhindere § 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BGB, dass der Zweck der Norm, Menschen in hilfloser Lage Schutz zu bieten, effektiv zum Tragen komme.
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b) Die darin enthaltene Voraussetzung eines stationären Aufenthalts für eine Zwangsbehandlung sei nicht erforderlich. Eine Zwangsbehandlung des Beschwerdeführers im Pflegeheim stelle ein milderes, gleich effektives Mittel dar. Auch in einem Krankenhaus erfolge die Medikamentenvergabe nicht durch das medizinische Personal selbst, sondern durch die Fachkräfte aus dem Pflegebereich. Eine entsprechend gebotene medizinische Versorgung sei auch im Pflegeheim sichergestellt. Die Notwendigkeit einer Nachbehandlung im Sinne von § 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BGB existiere im Rahmen einer reinen Medikamentenvergabe nicht.
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Eine Zwangsmedikation sei durch eine verdeckte Medikamentenvergabe in Form des Untermischens unter das Essen umsetzbar. Der Beschwerdeführer bemerke die Überwindung seines natürlichen Willens hierbei gar nicht. Die Maßnahme sei dann auch frei von jeglichem Konfliktpotential. Der Zweck der Maßnahme, dem Beschwerdeführer Medikamente zuzuführen, sei in der Pflegeeinrichtung mithin mindestens ebenso gut umsetzbar wie in einer Klinik. Für die Frage, ob eine ambulante oder stationäre Zwangsmaßnahme das mildere Mittel darstellten, sei regelmäßig das Ergebnis einer Betrachtung im Einzelfall entscheidend.
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c) Der Gesetzgeber habe nicht berücksichtigt, dass Menschen wie dem Beschwerdeführer - wegen ihrer schweren kognitiven Defizite und der damit zusammenhängenden Verletzlichkeit - oft der Weg ins Krankenhaus und in die stationäre Aufnahme abgeschnitten sei. Aufgrund der Schutzpflicht des Staates aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG müsse der Gesetzgeber eine Regel vorsehen, die es ermögliche, dass auch Menschen wie der Beschwerdeführer als letztes Mittel auch in ihrem Pflegeheimumfeld zwangsweise behandelt werden könnten. Die Befürchtung des Gesetzgebers, dass die Zulassung der ambulanten Zwangsbehandlung zu einer ungerechtfertigten Ausweitung von ärztlichem Zwang führen könne, sei angesichts der äußerst engen materiellen und formellen Voraussetzungen, die im Zusammenhang mit einer Zwangsbehandlung ohne Ausnahmen vorliegen müssten, wenig nachvollziehbar. Das Misstrauen des Gesetzgebers gegenüber Pflegeheimen und Betreuungseinrichtungen sei nicht gerechtfertigt. Auch soweit die Bundesregierung vorgetragen habe, die Prüfung solle durch ein multiprofessionelles Team erfolgen, könne diese Entscheidung im Pflegeheim unter Rückgriff auf die teils mehrjährigen Erfahrungen der dort tätigen Pflegekräfte und Ärzte ebenfalls getroffen werden.
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Soweit die Bundesregierung in der Gesetzesbegründung angeführt habe, die ambulante Zwangsbehandlung widerspreche den Grundsätzen einer modernen Psychiatrie, wonach Menschen mit psychischen Krankheiten gerade in ihrem Wohn- und sonstigen persönlichen Umfeld vertrauensvolle Unterstützung und nicht staatlich genehmigten Zwang benötigten, lasse sich dieser Begründungsansatz in solch pauschaler Form nicht mit dem sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebenden Anspruch des Beschwerdeführers auf eine gegebenenfalls auch in seinem Pflegeheim vorzunehmende Zwangsmedikation in Einklang bringen. Der vom Gesetzgeber mit dem Verzicht auf ambulante Zwangsmaßnahmen beabsichtigte Schutz des privaten Wohnungsumfelds lasse die staatliche Schutzpflicht nicht entfallen. Eine Zwangsmedikation "im Speisesaal" verletze die Grundrechte des Beschwerdeführers aus Art. 13 Abs. 1 GG nicht in gleicher Weise, als wenn die Zwangsmaßnahme im privaten Einzelzimmer des Beschwerdeführers stattfände.
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d) Der gesetzliche Ausschluss einer ambulanten Zwangsbehandlung verletze den Beschwerdeführer in seinem Selbstbestimmungsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, da sein in einer Patientenverfügung niedergelegter Wille und sein auf eine Zwangsmedikation bezogener mutmaßlicher Wille unbeachtet blieben. Denn die gesetzliche Regelung verhindere, dass der Beschwerdeführer seinem Willen beziehungsweise seinem mutmaßlichen Willen entsprechend in dem Pflegeheim, in dem er dauerhaft in nicht freiheitsentziehender Weise untergebracht sei und ganztägig gepflegt werde, eine Zwangsmedikation erhalten könne.
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Der Beschwerdeführer werde überdies in seinem Grundrecht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, da er in seinem Pflegeheim von einer Zwangsbehandlung ausgeschlossen sei, während Betreute, die sich unter identischen Bedingungen in einem Krankenhaus stationär zur Behandlung aufhielten, dort gemäß § 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 BGB einer Zwangsmedikation unterzogen werden könnten. Ein deshalb bestehendes ungleiches Schutzniveau für stationär liegende Patienten einerseits und in einem Pflegeheim lebende Betreute andererseits sei nicht gerechtfertigt. Denn das Umfeld eines darauf eingerichteten Pflegeheims sei für die bloße Verabreichung und Einnahme von Medikamenten nach fachärztlicher Anweisung mindestens ebenso gut geeignet wie ein Krankenhaus.
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Schließlich verletze die fehlende gesetzliche Regelung für eine ambulante Zwangsbehandlung den Beschwerdeführer in seiner Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 GG, da er ohne Medikation wiederkehrend massive Angstzustände erleben müsse, die ihn teilweise in die Zeiten des Zweiten Weltkriegs zurückversetzten und die er wegen seiner kognitiven Einschränkungen für real halte.
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e) Der Grundsatz der Subsidiarität stehe der Verfassungsbeschwerde nicht entgegen. Ein Auslegungsspielraum, der es dem Fachgericht ermöglichen könne, im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung die Norm zu erhalten, bestehe nicht. Das vorliegende Verfahren sei ausschließlich unter spezifisch verfassungsrechtlichen Aspekten zu entscheiden. Eine verfassungsrechtliche Klärung lasse sich auf dem Fachgerichtsweg gar nicht erreichen.
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5. Der Beschwerdeführer ist am 13. Mai 2019 verstorben.
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II.
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Zu der Verfassungsbeschwerde Stellung genommen haben das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, das Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen, der Senator für Justiz und Verfassung der Freien Hansestadt Bremen, das Ministerium für Justiz, Europa, Verbraucherschutz und Gleichstellung Schleswig-Holstein, das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie Saarland, das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz, die Bayerische Staatskanzlei, die Niedersächsische Staatskanzlei, der Betreuungsgerichtstag e.V. (BGT), die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK), der Deutsche Richterbund e.V. (DRB), der Bundesverband Berufsbetreuer/innen e.V. (BdB), die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. (DGPPN), die Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V., der Marburger Bund e.V., der Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e.V. (BApK), Herr (…) (Mitglied des Betreuungsgerichtstages e.V.), die Deutsche Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie e.V. (DGGPP), der Deutsche Caritasverband e.V. und die Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrieerfahrener e.V. (BPE).
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III.
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Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Zwingende Annahmegründe nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen im Ergebnis nicht vor. Wegen des Todes des Beschwerdeführers fehlt für eine Annahme zur Durchsetzung seiner Grundrechte bereits das Rechtsschutzbedürfnis. Auch sind mit der Anerkennung der Schutzpflicht des Staates für nicht einsichtsfähige Betreute bei drohenden erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen in der Senatsentscheidung vom 26. Juli 2016 - 1 BvL 8/15 - (BVerfGE 142, 313) einige Fragen grundsätzlicher Bedeutung geklärt.
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Für die hier aufgeworfenen Fragen genügt die Verfassungsbeschwerde nicht den Anforderungen an die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (1). Der Beschwerdeführer hat bereits die Möglichkeit der Anrufung der Fachgerichte nicht ergriffen (2 a). Einige aufgeworfene materiell-rechtliche Fragen sind in der fachgerichtlichen Rechtsprechung klärungsbedürftig geblieben (2 b). Schließlich ist von der anstehenden Evaluierung gemäß Art. 7 des Gesetzes zur Änderung der materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen von ärztlichen Zwangsmaßnahmen und zur Stärkung des Selbstbestimmungsrechts von Betreuten eine weitere Klärung und möglicherweise ein weiteres Gesetzgebungsverfahren zu erwarten; dies gilt insbesondere für die rechtliche Behandlung heimlicher Medikamentengaben sowie den möglichen Konflikt zwischen der zwingenden Zwangsbehandlung im Krankenhaus gemäß § 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BGB und der Schutzpflicht für Betreute (3).
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1. Auch vor der Erhebung von Rechtssatzverfassungsbeschwerden sind nach dem Grundsatz der Subsidiarität grundsätzlich alle Mittel zu ergreifen, die der geltend gemachten Grundrechtsverletzung abhelfen können.
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a) Unmittelbar gegen Gesetze steht der fachgerichtliche Rechtsweg in der Regel nicht offen. Die Anforderungen der Subsidiarität beschränken sich jedoch nicht darauf, nur die zur Erreichung des unmittelbaren Prozessziels förmlich eröffneten Rechtsmittel zu ergreifen, sondern verlangen, alle Mittel zu ergreifen, die der geltend gemachten Grundrechtsverletzung abhelfen können. Damit soll erreicht werden, dass das Bundesverfassungsgericht nicht auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage weitreichende Entscheidungen treffen muss, sondern zunächst die für die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts primär zuständigen Fachgerichte die Sach- und Rechtslage vor einer Anrufung des Bundesverfassungsgerichts aufgearbeitet haben (vgl. BVerfGE 79, 1 20>; 123, 148 172>; 143, 246 321 Rn. 209>; 150, 309 326 Rn. 42>; stRspr).
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Der Grundsatz der Subsidiarität erfordert deshalb grundsätzlich, vor Einlegung einer Verfassungsbeschwerde alle zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten zu ergreifen, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern. Das gilt auch, wenn zweifelhaft ist, ob ein entsprechender Rechtsbehelf statthaft ist und im konkreten Fall in zulässiger Weise eingelegt werden kann (vgl. BVerfGE 16, 1 2 f.>; 145, 20 54 Rn. 85>; 150, 309 326 Rn. 43>; stRspr). Auch bei einer Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz erfordert der Grundsatz der Subsidiarität, dass eine weitere fachgerichtliche Klärung zugunsten des Beschwerdeführers nicht zu erwarten ist.
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b) Wenn sich eine Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen ein Gesetz wendet, kann daher gegebenenfalls auch die Erhebung einer Feststellungs- oder Unterlassungsklage zu den zuvor zu ergreifenden Rechtsbehelfen gehören. Das ist selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn die Vorschriften abschließend gefasst sind und die fachgerichtliche Prüfung für den Beschwerdeführer günstigstenfalls dazu führen kann, dass das angegriffene Gesetz gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt wird. Entscheidend ist, ob die fachgerichtliche Klärung erforderlich ist, um zu vermeiden, dass das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidungen auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage trifft. Ein solcher Fall wird in der Regel dann gegeben sein, wenn die angegriffenen Vorschriften auslegungsbedürftige und -fähige Rechtsbegriffe enthalten, von deren Auslegung und Anwendung es maßgeblich abhängt, inwieweit ein Beschwerdeführer durch die angegriffenen Vorschriften tatsächlich und rechtlich beschwert ist (vgl. BVerfGE 145, 20 54 f. Rn. 86>).
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2. Diesen Anforderungen genügt die Verfassungsbeschwerde sowohl formell (a) wie materiell (b) nicht. Die Anrufung der Fachgerichte war dem Beschwerdeführer auch zumutbar (c).
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a) Der Beschwerdeführer hat nicht um fachgerichtlichen Rechtsschutz nachgesucht. Er hat damit nicht die Möglichkeit genutzt, vor den Fachgerichten eine Feststellung zu erlangen, ob eine verdeckte Verabreichung der ihm ärztlich verordneten Medikamente überhaupt einer Genehmigungspflicht durch das Betreuungsgericht nach § 1906a Abs. 2 BGB unterlag. Die Auslegungsspielräume von § 1906a BGB sind durch die Fachgerichtsbarkeit bislang nicht vollständig geklärt.
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Das Betreuungsgericht muss ein Genehmigungsverfahren immer dann durchführen, wenn Zweifel daran bestehen, ob ein geplantes Vorgehen dem Willen des Betroffenen entspricht (vgl. BGH, Beschluss vom 17. September 2014 - XII ZB 202/13 -, Rn. 19 - zu § 1904 Abs. 2 BGB). Das Genehmigungsverfahren bietet einen justizförmigen Rahmen, innerhalb dessen die Grenzen des Betreuerhandelns geklärt und der wirkliche oder mutmaßliche Wille der Betroffenen - soweit faktisch möglich - ermittelt werden kann. Stellt das Gericht fest, dass eine Genehmigung nicht erforderlich ist, so hat es den Antrag auf betreuungsrechtliche Genehmigung abzulehnen und ein sogenanntes "Negativattest" zu erteilen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. September 2014 - XII ZB 202/13 -, Rn. 20; Lipp/Schrader, in: Scherer, Münchener Anwaltshandbuch Erbrecht, 5. Aufl. 2018, § 44 Rn. 57).
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Von den ihm aufgezeigten Möglichkeiten der Rechtsverfolgung hat der Beschwerdeführer indes keinen Gebrauch gemacht. Der Beschwerdeführer hat keine Versuche einer weiteren gerichtlichen Klärung unternommen. Weder stellte er einen gerichtlichen Antrag auf Genehmigung einer nicht stationären Zwangsbehandlung, noch versuchte er, weiter gerichtlich gegen die Versagung des Negativattestes vorzugehen.
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b) § 1906a BGB enthält Auslegungsspielräume, zu denen sich noch keine eindeutige fachgerichtliche, zumal höchstrichterliche Rechtsprechung herausgebildet hat. Es steht daher zu erwarten, dass erst eine (weitere) fachgerichtliche Klärung dem Bundesverfassungsgericht eine gesicherte Entscheidungsgrundlage in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ermöglichen wird.
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aa) Die Modalität der Durchführung einer ärztlichen Zwangsmaßnahme im Sinne von § 1906a Abs. 1 BGB ist gesetzlich nicht geregelt. Dies betrifft insbesondere die Verabreichung von Medikamenten durch eine verdeckte Medikation, die äußerlich nicht als medizinische Behandlung wahrnehmbar ist, etwa die heimliche Beimischung zerkleinerter Präparate in Speisen und Getränken. Dies wirft die Frage auf, ob das Merkmal der "Zwangsmaßnahme" in § 1906a BGB nur Fälle körperlichen Zwangs oder auch Fälle der Heimlichkeit umfasst, sowie weiterhin, wie die Willensfrage hier zu beurteilen ist.
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Zu der Frage, ob und wann im Falle einer Medikamentenvergabe an einen Einwilligungsunfähigen durch Untermischung in Nahrungsmitteln ein entgegenstehender natürlicher Wille anzunehmen ist und ob überhaupt auf das gesetzliche Instrumentarium der Zwangsbehandlung zurückgegriffen werden muss, existiert unter Geltung von § 1906a BGB zwar keine veröffentlichte betreuungsgerichtliche Entscheidung. Lediglich in einer äußerungsrechtlichen Entscheidung ist festgehalten worden, dass eine in Speisen und Getränken ‒ insoweit verdeckt ‒ erfolgende Medikamentenvergabe eine ärztliche Zwangsmaßnahme im Sinne von § 1906a Abs. 1 BGB darstellen kann und die Einwilligung des Betreuers in die verdeckte Medikamentengabe damit nach § 1906a Abs. 2 BGB durch das Betreuungsgericht genehmigt werden muss (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 24. September 2019 - 4 U 1401/19 -, juris, Rn. 12). Dies entspricht der Rechtsprechung zu § 1906 Abs. 3 BGB a.F. (AG Ratzeburg, Beschluss vom 10. Dezember 2013 - 2 XVII W 1876 -; LG Lübeck, Beschluss vom 23. Juli 2014 - 7 T 19/14 -; BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2014 - XII ZB 421/14 -).
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Insoweit ist aber klärungsbedürftig geblieben, wie sich der Umstand auswirkt, dass zwar auch ein einwilligungsunfähiger Betroffener einen natürlichen Willen bilden kann, ein entgegenstehender natürlicher Wille, der erst die Anwendung von § 1906a BGB begründet, aber nur und erst dann vorliegen dürfte, wenn der Betroffene diesen ausdrücklich geäußert oder zumindest - etwa durch Gesten - nach außen manifestiert hat. Äußert der Betreute seinen natürlichen Willen nicht, weil er dazu nicht willens oder nicht in der Lage ist, handelt es sich bei einer ohne Einwilligung des Betroffenen vorgenommenen Behandlungsmaßnahme zwar um einen Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (so zuletzt ausdrücklich BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 8. Juni 2021 - 2 BvR 1866/17 u.a. -, Rn. 57); allerdings dürfte es sich nicht um eine ärztliche Zwangsmaßnahme im Sinne des § 1906a BGB handeln (vgl. BTDrucks 17/11513, S. 7 zu § 1906 Abs. 3 BGB a.F.). Ob eine Heilbehandlung notwendigerweise dem natürlichen Willen des Betreuten im Sinne von § 1906a Abs. 1 Satz 1 BGB widerspricht, wenn Medikamente unter das Essen gemischt werden, um sie dem Betroffenen verborgen zu verabreichen, ist fachgerichtlich ungeklärt. Daran knüpft die ebenfalls offene Frage an, inwieweit eine heimliche Vergabe als ärztliche Zwangsmaßnahme anzusehen ist, die erst den Anwendungsbereich von § 1906a BGB eröffnet.
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Auch in Fällen, in denen vereinzelt Abwehrreaktionen gezeigt werden, muss durch die Fachgerichte bestimmt werden, auf welchen Bezugspunkt des entgegenstehenden Willens abzustellen ist. Gleichsam bedarf es der Feststellung, was genau der Betroffene ablehnt. Ein nur zeitweise unkooperatives Verhalten des Betroffenen oder ein spontanes Widerstreben gegen die Einnahme zur Verfügung gestellter Medikation dürfte vielfach noch nicht ausreichen, um einen entgegenstehenden natürlichen Willen gegen die Behandlung als solche anzunehmen. Der fachgerichtlichen Prüfung unterliegt, ob die Anwendung des gesetzlichen Instrumentariums zur Zwangsbehandlung in diesen Fällen praktisch erforderlich ist, und ob die gesetzlichen Voraussetzungen - wie etwa der nach § 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BGB vorgeschriebene Überzeugungsversuch sowie das ultima-ratio-Kriterium nach § 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BGB - erfüllt sind.
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Selbst wenn im Falle der verdeckten Medikamentenabgabe eine Überwindung des natürlichen Willens des Betroffenen angenommen wird, ist bislang fachgerichtlich nicht geklärt, inwieweit eine solch heimlich erfolgende Maßnahme sich im Einzelfall gleichwohl als weniger belastend und damit als milderes Mittel im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gegenüber einer offenen Vergabe und dem damit verbundenen Konfliktpotential sowie etwaig notwendiger körperlicher Gewalt darstellen kann.
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bb) Gleichermaßen fachgerichtlich ungeklärt ist der interne Normkonflikt zwischen dem Ziel des Gesetzgebers, einerseits Zwangsmaßnahmen auf das für den Betreuten notwendige Maß zu beschränken, um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden abzuwenden (§ 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB) und möglichst nah am Willen des Betroffenen zu bleiben (§ 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 1901a BGB), andererseits aber die ärztliche Zwangsmaßnahme in § 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BGB an einen stationären Krankenhausaufenthalt zu koppeln. Der (mutmaßliche) Wille des Betroffenen im Sinne von § 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BGB kann gerade auf eine Behandlung im Pflegeheim als für ihn milderes Mittel gegenüber einer stationären Behandlung im Krankenhaus gerichtet sein. Diesen einfachrechtlichen internen Konflikt - etwa im Wege einer verfassungskonformen teleologischen Reduktion - aufzulösen, obliegt zuvörderst den Fachgerichten.
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cc) Schließlich bleibt die Frage fachrechtlich klärungsbedürftig, wie der Begriff "stationär" in § 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BGB auszulegen ist und ob darunter auch teilstationäre Behandlungen zu fassen sind, wodurch der Zwang zur Einweisung ins Krankenhaus abgemildert werden könnte.
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Im krankenversicherungsrechtlichen Sinne gemäß § 39 SGB V ist von einer vollstationären Krankenhausbehandlung auszugehen, wenn die Versorgung sich zeitlich über mindestens einen Tag und eine Nacht erstreckt (vgl. BSGE 92, 223 229 Rn. 21>). Kennzeichnend für eine "teilstationäre" Behandlung ist hingegen eine zeitliche Beschränkung auf die Behandlung tagsüber, bei der die Nacht zu Hause verbracht wird (Tageskliniken), oder auf die Behandlung abends und nachts, bei welcher der Patient sich tagsüber in seinem normalen Umfeld bewegt (Nachtkliniken).
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Die Bundesregierung hat in ihrer Entwurfsbegründung zwar ausgeführt, dass dem Erfordernis einer sorgfältigen Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine beabsichtigte ärztliche Zwangsmaßnahme durch den verantwortlichen Arzt und den Betreuer nur bei einem "vollstationären" Aufenthalt ausreichend Rechnung zu tragen sein dürfte (BTDrucks 18/11240, S. 20). Der Begriff "vollstationär" wird in diesem Sinne aber ebenfalls nicht näher definiert (vgl. Stellungnahme des Bundesrats, BTDrucks 18/11617, S. 3).
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Ob der Gesetzgeber in § 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BGB an die krankenversicherungsrechtliche Begrifflichkeit anknüpfen wollte, ist nicht eindeutig erkennbar und bedarf der Aufklärung durch die Fachgerichte. Zur Erreichung des angestrebten Gesetzeszwecks erscheint es jedenfalls nicht zwingend, ärztliche Zwangsbehandlungen nur bei einer vollstationären Behandlung im beschriebenen Sinne zuzulassen.
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c) Die vorherige Anrufung der Fachgerichte konnte dem Beschwerdeführer auch zugemutet werden. In Ansehung der vorherigen Ausführungen ist nicht erkennbar, warum fachgerichtlicher Rechtsschutz offensichtlich sinn- und aussichtslos sein sollte, da nur in marginalem Umfang fachgerichtliche Entscheidungen zu der angegriffenen Regelung und ihrer Vorgängerregelung ergangen sind. So hat vorliegend das zuständige Betreuungsgericht auch mit Blick auf die fehlende Praktikabilität einer regelmäßigen verdeckten Medikamenteneinnahme durch den Beschwerdeführer in einem Krankenhaus die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BGB als offen angesehen. Es ist auch sonst nicht dargelegt, warum es für den Beschwerdeführer unzumutbar gewesen wäre, zunächst einen Antrag auf Genehmigung nach § 1906a Abs. 2 BGB beim Betreuungsgericht zu stellen, um auf diese Weise gegebenenfalls ein Negativattest zu erreichen und abschlägigenfalls den Rechtsweg gegen diese Entscheidung zu beschreiten (vgl. Kretz, in: Jürgens, Betreuungsrecht, 6. Aufl. 2019, § 58 FamFG, Rn. 6).
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Hier stellen sich auch nicht lediglich spezifisch verfassungsrechtliche Fragen, für deren Beantwortung es allein auf die Auslegung und Anwendung verfassungsrechtlicher Maßstäbe ankäme (vgl. BVerfGE 114, 258 280>; 123, 148 173>; 138, 261 272 Rn. 23>). Nach einer fachgerichtlichen Klärung der Genehmigungsbedürftigkeit einer verdeckten Medikamentenvergabe wäre auch für die weiteren aufgeworfenen rechtlichen wie tatsächlichen Fragen eine verbesserte Entscheidungsgrundlage für das Bundesverfassungsgericht zu erwarten gewesen.
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3. Schließlich ist durch die gesetzlich vorgesehene Evaluierung eine weitere fachliche und rechtliche Klärung zu erwarten, welche die sachliche Entscheidungsgrundlage für das Bundesverfassungsgericht verbessern oder - nach einer Gesetzesänderung - verändern würde. Dies betrifft insbesondere Zweifel, ob die angegriffene Regelung des § 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BGB der Schutzpflicht des Staates aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG hinreichend Rechnung trägt, soweit die Beschränkung der Zwangsbehandlung auf den stationären Bereich eines Krankenhauses dazu führt, dass zwangsläufig Schutzlücken in Bezug auf die gesundheitliche Versorgung des Betroffenen entstehen. Die staatliche Schutzpflicht für die Gesundheit und das Verhältnismäßigkeitsprinzip gebietet einerseits, unnötige und vermeidbare Zwangsbehandlungen zu vermeiden, andererseits aber auch, erforderliche und im Interesse des Betroffenen gebotene Zwangsbehandlungen zu ermöglichen (so zuletzt BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 8. Juni 2021 - 2 BvR 1866/17 u.a. -, Rn. 64, 66 ff.; vgl. BVerfGE 142, 313 336 Rn. 67, 341 Rn. 80, 342 f. Rn. 82 ff.>).
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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