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BVerfG 26.05.2020 - 2 BvR 2699/17
BVerfG 26.05.2020 - 2 BvR 2699/17 - Nichtannahmebeschluss: Verzicht auf mündliche Verhandlung nach § 101 Abs 2 VwGO bedeutet nicht zugleich Verzicht auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG) - hier: Verletzung von Art 19 Abs 4 S 1 GG naheliegend - allerdings Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde mangels hinreichender Substantiierung
Normen
Art 19 Abs 4 GG, Art 103 Abs 1 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 78 Abs 3 Nr 3 AsylVfG 1992, § 138 Nr 3 VwGO
Vorinstanz
vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 21. Dezember 2017, Az: 20 ZB 17.31672, Beschluss
vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 23. Oktober 2017, Az: 20 ZB 16.30113, Beschluss
vorgehend VG Augsburg, 28. April 2016, Az: Au 2 K 16.30369, Urteil
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
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1. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie den Substantiierungsanforderungen aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG nicht genügt. Der Beschwerdeführer setzt sich insbesondere nicht mit dem Umstand auseinander, dass es sich bei der letztinstanzlichen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs um eine Nichtzulassungsentscheidung handelt. Er beschränkt sein Vorbringen im Wesentlichen auf die Rüge von Gehörsverletzungen durch das Verwaltungsgericht. Dabei hat er es versäumt, die verfassungsrechtlichen Maßstäbe für Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe zu erörtern und deutlich zu machen, aus welchen Gründen die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs diese überspannt habe (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Mai 2019 - 2 BvR 657/19 -, Rn. 41 und vom 25. März 2020 - 2 BvR 113/20 -, Rn. 35 ff.).
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2. Es spricht allerdings vieles dafür, dass die Nichtzulassung der Berufung vorliegend Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verletzt, weil dem Beschwerdeführer durch das Urteil des Verwaltungsgerichts das rechtliche Gehör versagt wurde und die Entscheidung auf der geltend gemachten Verletzung beruhen dürfte (vgl. § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO).
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a) Art. 103 Abs. 1 GG vermittelt allen an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten einen Anspruch darauf, sich zu dem in Rede stehenden Sachverhalt sowie zur Rechtslage zu äußern (vgl. BVerfGE 19, 32 36>; 49, 325 328>; 64, 135 143 f.>) sowie Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen (vgl. BVerfGE 6, 19 20>; 15, 303 307>; 36, 85 87>). Auch im Asylverfahren gilt, dass die Gerichte nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse ‒ einschließlich Presseberichten und Behördenauskünften ‒ verwerten dürfen, die von einem Verfahrensbeteiligten oder dem Gericht im Einzelnen bezeichnet zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurden und zu denen die Beteiligten sich äußern konnten (vgl. BVerfGE 70, 180 189> m.w.N.; stRspr). Die Erkenntnismittel sind auch dann einzuführen, wenn die Beteiligten nach § 101 Abs. 2 VwGO auf mündliche Verhandlung verzichtet haben. Die Verzichtserklärung bedeutet in diesem Zusammenhang nicht zugleich den Verzicht auf die Gewährung rechtlichen Gehörs zu solchen, die Entscheidung tragenden Umständen, die bislang nach übereinstimmender Auffassung aller Verfahrensbeteiligter nicht entscheidungserheblich waren (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 31. Mai 1995 - 2 BvR 736/95 -, Rn. 29; Funke-Kaiser, in: GK-AsylG, 119. Lieferung März 2019, § 78 Rn. 328). Daraus folgt, dass nach Einführung von neuen Erkenntnismitteln durch das Gericht ein angemessener Zeitraum bis zur Entscheidung über die Klage verbleiben muss.
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b) Gemessen daran hatte der Beschwerdeführer ‒ wie der Verwaltungsgerichtshof zutreffend festgestellt hat ‒ keine zumutbare Möglichkeit, zu den eingeführten Erkenntnismitteln Stellung zu nehmen. Das Schreiben des Gerichts vom 21. April 2016 mit der Erkenntnismaterialliste und dem Hinweis auf weitere Quellen ist dem Beschwerdeführer am 25. April 2016 zugegangen. Bereits am 28. April 2016 hat das Verwaltungsgericht die Klage unter Bezugnahme auf Tatsachen aus den zuvor eingeführten Berichten und Entscheidungen abgewiesen. Angesichts des Umfangs dieser Berichte war der für den Beschwerdeführer verbleibende Zeitraum von drei Tagen für eine mögliche Stellungnahme jedenfalls zu kurz.
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3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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