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BVerfG 18.03.2019 - 1 BvR 2331/18
BVerfG 18.03.2019 - 1 BvR 2331/18 - Nichtannahmebeschluss: Plausible Minimalbegründung als Voraussetzung für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach fristgerechtem PKH-Antrag für Verfassungsbeschwerdeverfahren
Normen
§ 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 93 Abs 1 S 1 BVerfGG, § 93 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 114 ZPO
Vorinstanz
vorgehend KG Berlin, 23. August 2018, Az: 18 WF 211/17, Beschluss
vorgehend KG Berlin, 2. Januar 2018, Az: 18 WF 211/17, Beschluss
vorgehend AG Pankow-Weißensee, 29. November 2017, Az: 15 F 7598/17, Beschluss
Tenor
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Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt J… wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Versagung von Verfahrenskostenhilfe für einen Antrag der Beschwerdeführerin auf Rückführung ihres Kindes nach den Vorschriften des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25. Oktober 1980 (HKÜ).
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I.
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Die Beschwerdeführerin ist die Mutter einer mittlerweile knapp elfjährigen Tochter. Nachdem sie das Kind im Jahr 2012 erstmals aus Deutschland ins Ausland verbracht hatte, wurde dem Vater im Wege einstweiliger Anordnung die alleinige Sorge - mit Ausnahme der Gesundheitsfürsorge - gerichtlich übertragen. Entgegen einem gerichtlichen Verbot nutzte die Beschwerdeführerin im April 2014 einen Umgangstermin mit der Tochter, um diese erneut in das Ausland zu verbringen. Von dort wurde nach Verhaftung der Beschwerdeführerin im Jahr 2017 das Kind von seinem Vater in dessen Haushalt zurückgeholt, wo es seitdem lebt. Die Beschwerdeführerin wurde in Deutschland wegen Entziehung Minderjähriger zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.
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Ihren Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für ein Rückführungsverfahren nach dem HKÜ wies das Amtsgericht zurück. Die dagegen gerichtete Beschwerde blieb erfolglos. Das Kammergericht verneinte die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung. Die Voraussetzungen für eine Rückführung des Kindes lägen offensichtlich nicht vor, weil der Vater das Kind nicht widerrechtlich, sondern in Ausübung seines alleinigen Sorgerechts zulässig nach Deutschland zurückgeholt habe. Eine dagegen gerichtete Anhörungsrüge verwarf das Beschwerdegericht.
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In ihrer mit einem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt J… verbundenen Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin ausdrücklich die Verletzung von Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG sowie von Art. 103 Abs. 1 GG. Sie macht wohl auch Verstöße gegen unionsrechtliche Freiheitsrechte geltend. Zudem hat sie angekündigt, "nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen, um diese Verfassungsbeschwerde zu vervollständigen."
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Annahmegründe im Sinne von § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Sie ist nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügenden Weise begründet worden.
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1. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Beschwerdeentscheidung des Kammergerichts wendet, wird die Möglichkeit einer Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten nicht ansatzweise dargelegt. Es fehlt an der für eine gegen gerichtliche Entscheidungen gerichtete Verfassungsbeschwerde erforderlichen inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Gründen der angegriffenen Entscheidungen. Die Beschwerdeführerin beschränkt sich weitgehend darauf, eine große Anzahl von Fragen zu formulieren, deren Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union sie begehrt. Diese Fragen beziehen sich jedoch in weiten Teilen auf das vormals gegen sie geführte Strafverfahren und damit in Zusammenhang stehende Aspekte. Welche Bedeutung sie für das von der Beschwerdeführerin angestrebte Rückführungsverfahren haben sollen, lässt sich der Verfassungsbeschwerde nicht entnehmen.
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2. Ein Verstoß des Kammergerichts gegen das Willkürverbot durch die Entscheidung über die Anhörungsrüge ist ebenfalls nicht dargetan. Aus der Begründung des angegriffenen Beschlusses ergibt sich eindeutig, dass die Anhörungsrüge als unbegründet erachtet worden ist. Bei der davon abweichenden Formulierung in der Entscheidungsformel "unzulässig" handelt es sich um ein offensichtliches Schreibversehen.
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3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfassungsbeschwerdeverfahren und Beiordnung von Rechtsanwalt J… war mangels hinreichender Erfolgsaussicht abzulehnen.
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4. Über eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war nicht zu entscheiden. Die Beschwerdeführerin hat einen solchen Antrag für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe angekündigt, "um diese Verfassungsbeschwerde zu vervollständigen". Diese Bedingung ist nicht eingetreten.
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5. Unter den hier vorliegenden Umständen könnte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ohnehin nicht gewährt werden.
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a) Die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin hat fristgerecht und unbedingt Verfassungsbeschwerde erhoben. Es fehlt daher von vornherein an einem Versäumen der Frist aus § 93 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zur Einlegung der Verfassungsbeschwerde.
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b) Wiedereinsetzung in die Frist zur Begründung der Verfassungsbeschwerde, die die Beschwerdeführerin offenbar als nicht gewahrt erachtet, wäre selbst dann nicht zu gewähren, wenn insoweit trotz bereits fristgerechter, umfänglicher Begründung von einer Versäumung der Begründungsfrist auszugehen wäre.
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aa) Zur Vermeidung der Benachteiligung von mittellosen Beschwerdeführern ist deren Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu entsprechen, wenn diese innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 BVerfGG einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe sowie Beiordnung eines Rechtsanwalts stellen und alle für die hierüber zu ergehende Entscheidung wesentlichen Angaben machen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. März 2011 - 1 BvR 2493/10 -, juris, Rn. 12; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 29. April 2015 - 2 BvR 804/14 -, juris, Rn. 5 m.w.N.). Denn Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Gewährung von Prozesskostenhilfe kann lediglich dann gewährt werden, wenn der mittellose Beschwerdeführer alles Zumutbare getan hat, um das bestehende Hindernis alsbald zu beseitigen. Dafür ist jedenfalls eine einigermaßen plausible Minimalbegründung des Antrags auf Prozesskostenhilfe unverzichtbar (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 5. November 2013 - 1 BvR 2544/12 -, juris, Rn. 7 m.w.N.).
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bb) Selbst nach diesem für einen Prozesskostenhilfeantrag bei noch nicht erhobener Verfassungsbeschwerde geltenden Maßstab lägen die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung nach Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht vor. Es fehlt an der gebotenen plausiblen Minimalbegründung. Wie bereits dargelegt erschöpfen sich die umfänglichen Ausführungen nahezu vollständig in der Formulierung von nicht mit dem Gegenstand der angegriffenen Entscheidungen in Zusammenhang stehenden Fragen zur Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union. Mit den wesentlichen Gründen der Verneinung hinreichender Erfolgsaussichten der angestrebten Rückführung ihrer Tochter durch die Fachgerichtsbarkeit setzt sich die Beschwerdeführerin jedenfalls nicht in nachvollziehbarer Weise auseinander.
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Ohne eine plausible Minimalbegründung in dem vorgenannten Sinne kommt eine Wiedereinsetzung mit dem Ziel, vorhandene Substantiierungsmängel einer bereits erhobenen Verfassungsbeschwerde zu heilen, jedenfalls nicht in Betracht (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 21. November 2007 - 1 BvR 2793/07 -, juris, Rn. 4).
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6. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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