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BVerfG 11.01.2017 - 1 BvR 2322/16
BVerfG 11.01.2017 - 1 BvR 2322/16 - Nichtannahmebeschluss: Unzulässige Verfassungsbeschwerde gegen die Versagung der Vaterschaftsfeststellung an im Ausland eingefrorenen Embryonen - hier: unter dem Gesichtspunkt der Substantiierung nicht hinreichend begründeter Parteivortrag zu den Voraussetzungen der geltend gemachten Grundrechtsverletzung
Normen
Art 6 Abs 1 GG, Art 6 Abs 2 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 90 BVerfGG
Vorinstanz
vorgehend BGH, 24. August 2016, Az: XII ZB 351/15, Beschluss
vorgehend OLG Düsseldorf, 31. Juli 2015, Az: II-1 UF 83/14, Beschluss
vorgehend AG Neuss, 26. Februar 2014, Az: 45 F 386/13, Beschluss
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
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I.
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Der Beschwerdeführer wendet sich dagegen, dass die Gerichte es ablehnen, ihn als Vater von mehreren in einer kalifornischen Fortpflanzungsklinik kryokonservierten Embryonen festzustellen.
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1. a) Der Beschwerdeführer lebt mit seinem Partner in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Sie leben im gemeinsamen Haushalt mit zwei im Jahr 2012 von einer Leihmutter in Kalifornien geborenen Töchtern. Nach Angaben des Beschwerdeführers wurden die Töchter mit seinen Spermazellen und Eizellen einer Spenderin in Kalifornien künstlich erzeugt. Parallel dazu sind neun Embryonen entstanden. Diese sind seither in einer kalifornischen Fortpflanzungsklinik kryokonserviert. Der Beschwerdeführer möchte die Embryonen "zur Geburt führen". Die Eizellenspenderin habe kein Interesse daran, die Embryonen selbst auszutragen. Sie habe diese "freigegeben", damit der Beschwerdeführer ihnen über Leihmütter zur Geburt verhelfen könne. Zwischenzeitlich wurden weitere der Embryonen kalifornischen Leihmüttern eingepflanzt.
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b) Das Amtsgericht wies den Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung der Vaterschaft an den extrakorporal aufbewahrten Embryonen mit angegriffenem Beschluss vom 26. Februar 2014 ab. Kollisionsrechtlich sei deutsches Sachrecht anzuwenden. Das deutsche Abstammungsrecht, das an die durch die Geburt vermittelte Zugehörigkeit des Kindes zu einer bestimmten Frau als Mutter und einem bestimmten Mann als Vater anknüpfe, kenne keine pränatale gerichtliche Vaterschaftsfeststellung.
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c) Die dagegen erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers wies das Oberlandesgericht mit angegriffenem Beschluss vom 31. Juli 2015 zurück, da das maßgebliche deutsche Recht die Möglichkeit einer Vaterschaftsfeststellung vor der Geburt des Kindes nicht eröffne.
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d) Die zugelassene Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers wies der Bundesgerichtshof mit angegriffenem Beschluss vom 24. August 2016 zurück.
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Die Würdigung des Beschwerdegerichts halte der rechtlichen Nachprüfung stand. Die vor den zuständigen deutschen Gerichten begehrte Feststellung der Vaterschaft für die kryokonservierten Embryonen sei nach dem anzuwendenden deutschen Recht nicht möglich. Eine Vaterschaftsfeststellung vor der Geburt des Kindes sehe das deutsche Abstammungsrecht nicht vor. Auch unmittelbar aus der Verfassung folge kein Anspruch auf Vaterschaftsfeststellung oder auf die Zuerkennung eines gleichwertigen Zuordnungsstatus. Zum einen sei nicht ersichtlich, inwiefern die Embryonen eines Schutzes durch den Beschwerdeführer bedürften, den dieser nicht bereits jetzt - wenn auch auf vertraglicher Grundlage im Verhältnis zu der kalifornischen Reproduktionsklinik - sicherstellen könnte. Zum anderen bedürfe es zur Gewährleistung des Schutzes für die Embryonen ohnedies nicht der Feststellung eines Eltern-Kind-Verhältnisses oder eines vergleichbaren Status. Der Beschwerdeführer werfe Fragen der Fürsorge auf, die nicht dem Abstammungsrecht zugeordnet seien.
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2. Der Beschwerdeführer rügt einen Verstoß gegen seine im Interesse der Embryonen geltend gemachten Rechte aus Art. 6 Abs. 2, Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2, 20 Abs. 3 GG. Der Bundesgerichtshof habe verkannt, dass sich ein Anspruch auf Vaterschaftsfeststellung unmittelbar aus der Verfassung herleiten lasse. Die extrakorporal gelagerten Embryonen benötigten verfassungsrechtlichen Schutz gerade durch die pränatale Vaterschaftszuordnung oder eine gleichwertige Zuordnung, damit sich der Erzeuger schützend vor das werdende Leben stellen könne. Der deutsche Gesetzgeber sei daher gehalten, eine abstammungsrechtliche vaterähnliche Schutzposition zur Verfügung zu stellen, um seiner verfassungsrechtlichen Schutzpflicht zu genügen.
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.
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Die Begründung der Verfassungsbeschwerde genügt nicht den sich aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG ergebenden Substantiierungsanforderungen.
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1. Der Beschwerdeführer zielt darauf ab, einen abstammungsrechtlichen Status zu erlangen, um "elterliche" Schutzverantwortung pränatal wahrzunehmen. Nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG sind Pflege und Erziehung die zuvörderst den Eltern obliegende Pflicht (vgl. BVerfGE 133, 59 73 f., Rn. 42>). Ob sich die verfassungsrechtliche Schutzverantwortung auf kryokonservierte Embryonen erstreckt, ob danach sicherzustellen wäre, dass die Embryonen "einer Geburt zugeführt werden" und ob eine solche etwaige Schutzverantwortung nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG in erster Linie dem Mann obläge, mit dessen Spermazellen die kryokonservierten Embryonen geschaffen wurden, bedarf hier keiner Klärung. Der Beschwerdebegründung ist die Möglichkeit eines Verstoßes gegen das Elternrecht des Beschwerdeführers auch unabhängig davon nicht zu entnehmen.
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2. a) Die Begründung der Verfassungsbeschwerde soll dem Bundesverfassungsgericht eine zuverlässige Grundlage für die weitere Behandlung des Verfahrens verschaffen (vgl. BVerfGE 15, 288 292>). Zur Begründung gehört, dass das angeblich verletzte Recht bezeichnet und der seine Verletzung enthaltende Vorgang substantiiert dargelegt wird (vgl. BVerfGE 81, 208 214>). Wesentlicher Zweck des Begründungserfordernisses ist es sicherzustellen, dass das Bundesverfassungsgericht ohne weitere Ermittlungen über die Sachentscheidungsvoraussetzungen befinden und sich darüber hinaus bei Verfassungsbeschwerden im Hinblick auf das Annahmeverfahren eine Meinung über die Erfolgsaussicht des Begehrens bilden kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 18. Februar 1999 - 1 BvR 1840/98 - Rn. 7 m.w.N., juris; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 22. August 2012 - 1 BvR 573/12 -, juris, Rn. 13 m.w.N.).
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b) Diesen Anforderungen wird die Verfassungsbeschwerde nicht gerecht. Insbesondere hat der Beschwerdeführer nicht plausibel aufgezeigt, dass die pränatale Zuordnung eines Vaterschaftsstatus oder eines vergleichbaren Status zum Schutz der im Ausland eingefrorenen Embryonen erforderlich sein könnte.
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aa) Die Verfassungsbeschwerde stellt den dem Ausgangsverfahren zugrunde liegenden Sachverhalt nur lückenhaft dar. Der Beschwerdeführer teilt hierbei grundlegende Umstände, denen er selbst eine potentielle Bedeutung für die verfassungsrechtliche Beurteilung beimisst, nicht mit. Dies gilt etwa hinsichtlich Angaben zu den Bedingungen und Vereinbarungen der In-Vitro-Fertilisation und der Kryokonservierung der Embryonen im Verhältnis zur Fortpflanzungsklinik und zur Eizellenspenderin sowie zu den hierüber geschlossenen Verträgen. Ebenso fehlt jeglicher Vortrag dazu, ob und in welchem Umfang (Mit-)Bestimmungs-möglichkeiten oder umgekehrt (Mit-)Bestimmungshindernisse des Beschwerdeführers hinsichtlich des weiteren Schicksals der Embryonen bestehen. Weiterhin fehlt jegliche Darstellung, inwiefern in Kalifornien ein behördlicher und rechtlicher Rahmen betreffend den Umgang mit extrakorporal gelagerten Embryonen (nicht) zur Verfügung steht. Unter diesen Umständen ist nicht überprüfbar, ob der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Schutzbedarf überhaupt bestehen kann.
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bb) Auch ist der Verfassungsbeschwerde nicht zu entnehmen, dass ein Schutz der Embryonen gerade durch pränatale Vaterschaftsfeststellung gesichert werden müsste. Das Beschwerdevorbringen setzt sich nicht mit der naheliegenden Frage auseinander, ob das einfache deutsche Recht nicht bereits adäquate Möglichkeiten zum Schutze von extrakorporal aufbewahrten Embryonen eröffnet (dazu Coester-Waltjen, FamRZ 2015, S. 1982 m.w.N.). Insbesondere fehlt jegliche Befassung mit den gesetzlich geregelten Möglichkeiten pränataler Pflegschaft zur fürsorglichen Wahrnehmung der Interessen des nasciturus (vgl. § 1912 BGB) und des nondum conceptus (vgl. § 1913 BGB). Dazu, ob gegebenenfalls auf Grundlage einer (analogen) Anwendung von § 1912 BGB oder § 1913 BGB die Möglichkeit einer Pflegschaft zur Wahrung der Interessen auch des extrakorporal aufbewahrten Embryos eröffnet sein könnte und weshalb entsprechende Fürsorgemöglichkeiten gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich wären, verhält sich die Beschwerdebegründung nicht. Vor diesem Hintergrund ist selbst bei Annahme eines verfassungsrechtlichen Schutzbedarfs nicht erkennbar, dass de lege lata keine ausreichenden Schutzvorkehrungen bereit stünden.
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cc) Zudem ist nicht ersichtlich, weshalb die Feststellung des Vaterstatus oder eines vergleichbaren abstammungsrechtlichen Status als Erzeuger die Rechtsstellung des Beschwerdeführers im Hinblick auf sein Ziel der Lebenserhaltung der im Ausland aufbewahrten Embryonen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht verbessern würde. Insbesondere ist weder dargetan noch ersichtlich, inwiefern es eines entsprechenden Status nach deutschem Recht bedarf oder ein solcher förderlich wäre, um die in Kalifornien kryokonservierten Embryonen "einer Geburt zuzuführen". Insoweit fehlt etwa jeglicher Vortrag, weshalb seine Interessen durch die - im Übrigen weder vorgelegten noch ihrem Inhalt nach wiedergegebenen - Verträge mit der Fortpflanzungsklinik und der Eizellenspenderin nicht ausreichend gewahrt sein sollen. Dies gilt umso mehr, da nach dem eigenen Vortrag des Beschwerdeführers die Eizellenspenderin die Embryonen "freigegeben" hat, damit der Beschwerdeführer deren Austragung durch Leihmütter veranlassen kann, was nach seiner Darstellung in Bezug auf weitere der kryokonservierten Embryonen zwischenzeitlich geschehen ist.
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3. Danach kann hier auch die verfassungsrechtlich ungeklärte Frage nach der territorialen Reichweite der Grundrechte offenbleiben. Dahinstehen kann auch, inwieweit sich der Beschwerdeführer, der sich bewusst unter das Rechtsregime eines anderen Staates begeben hat, um die Verbotstatbestände des nationalen Embryonenschutzgesetzes zu umgehen, verfassungsrechtlich darauf berufen könnte, nach deutschem Recht einen Status zu erlangen, der vermeintlich dem Schutz der im Ausland befindlichen Embryonen dienen soll.
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4. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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