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BFH 17.07.2024 - XI S 19/23 (AdV)
BFH 17.07.2024 - XI S 19/23 (AdV) - Zurechnung von Umsätzen in einem Bordell; ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit von Bescheiden während des Revisionsverfahrens
Normen
§ 69 FGO, § 126a FGO, § 1 Abs 1 Nr 1 UStG 2005, § 2 Abs 1 UStG 2005, § 2 Abs 2 Nr 1 UStG 2005, UStG VZ 2009, UStG VZ 2010, UStG VZ 2011, UStG VZ 2012, UStG VZ 2013, UStG VZ 2014
Leitsatz
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1. NV: Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, nach welchen abstrakten Rechtsgrundsätzen die Zurechnung von Umsätzen in einem Bordell erfolgt.
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2. NV: Sind die angegriffenen Steuerbescheide Gegenstand eines anhängigen Revisionsverfahrens, erfolgt die Beurteilung, ob ernstliche Zweifel an deren Rechtmäßigkeit bestehen, nach revisionsrechtlichen Grundsätzen.
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3. NV: Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Steuerbescheide bestehen nicht (mehr), wenn der BFH im Revisionsverfahren des Steuerpflichtigen eine Anhörungsmitteilung gemäß § 126a FGO beschlossen hat.
Tenor
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Der Antrag wird abgelehnt.
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Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Die Beteiligten streiten im Hauptsacheverfahren XI R 28/23 um die Zurechnung von Prostitutionsumsätzen und im vorliegenden Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung (AdV) darum, ob aufgrund des anhängigen Revisionsverfahrens insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen.
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Satzungsmäßiger Gegenstand des Unternehmens der Klägerin, Revisionsklägerin und Antragstellerin (Klägerin) sind der Betrieb einer Internetplattform beziehungsweise von Internetportalen, der … sowie der … Einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Klägerin in den Streitjahren waren A sowie B. Der Ehemann der A und Vater des B, P, war in den Streitjahren Prokurist (mit Einzelprokura).
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Satzungsgemäßer Gegenstand des Unternehmens X-GmbH, einer Schwestergesellschaft der Klägerin, ist die gewerbliche Zimmervermietung, insbesondere im Bordell X. Einzelvertretungsberechtigte Gesellschafter-Geschäftsführerin der X-GmbH war in den Streitjahren A; P war in den Streitjahren Prokurist (mit Einzelprokura).
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Für die Besteuerungszeiträume bis einschließlich 30.09.2009 ging die X-GmbH in ihren Steueranmeldungen davon aus, dass die in den Bordellen X, Y sowie Z erbrachten sexuellen Dienstleistungen ihr als Leistende zuzurechnen seien und die Prostituierten als Subunternehmerinnen tätig gewesen seien.
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Auf Vorschlag des damaligen Steuerberaters der Klägerin und der X-GmbH sollten ab dem 01.10.2009 die Leistungsbeziehungen verändert werden. Die X-GmbH sollte nur noch die steuerpflichtige Vermietung von Zimmern in den Bordellen an die dort tätigen Prostituierten übernehmen. Die Klägerin sollte den Prostituierten die Telefon- und EDV-Anlage zur Nutzung überlassen und Werbeleistungen an die Prostituierten erbringen. Die Klägerin schloss mit den Prostituierten Dienstverträge, in denen sie den Damen gestattete, vorhandene EDV- und Telefonanlagen zu nutzen, und sich verpflichtete, Werbemaßnahmen durchzuführen. Dafür erhielt die Klägerin ein Entgelt, das vom Umsatz der Prostituierten abhing. Die sexuellen Dienstleistungen an die Kunden (Freier) sollten nicht mehr Teil der Leistungen der X-GmbH und nicht Teil der Leistungen der Klägerin sein.
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Entsprechend erklärten die Klägerin und die X-GmbH die Umsätze in ihren Steueranmeldungen für den Streitzeitraum (01.10.2009 bis 31.12.2014). Die X-GmbH erklärte für die Besteuerungszeiträume ab dem 01.10.2009 Vermietungsumsätze in Höhe von … % (betreffend X und Y) beziehungsweise … % (betreffend Z) der Umsätze der Prostituierten. Die Klägerin erklärte Werbeleistungen in Höhe von … % (betreffend X und Y) beziehungsweise … % (betreffend Z) der Umsätze der Prostituierten. Den eingereichten Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre stimmte der Beklagte, Revisionsbeklagte und Antragsgegner (Finanzamt --FA--) zu.
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Im Oktober 2014 durchsuchten im Rahmen eines Steuerstrafverfahrens Beamte der Steuerfahndungsstelle des FA die Wohnräume der Eheleute A und P sowie die Bordelle X, Y und Z.
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Sie stellten fest, dass in den gleichlautenden Impressen aller Internetseiten der Bordelle X, Y und Z in den Streitjahren unter "Betriebsname" die Klägerin mit ihrer Firma genannt wurde. Weiter waren die Adresse, die Kontaktdaten, die Geschäftsführerin, die Handelsregisternummer und der Gerichtsstand der Klägerin aufgeführt. Der Prokurist der Klägerin, P, wurde als "Inhaltlich verantwortlich" genannt. Auf den Internetseiten, die miteinander verlinkt waren, wurden die in den Bordellen jeweils anwesenden Prostituierten tagesaktuell mit Namen und Foto vorgestellt. Auf der Homepage des Bordells X wurde auch für ein anderes Bordell geworben mit dem Satz: "Besuchen Sie uns auch in …". Außerdem gab es auf den Internetseiten aller Bordelle Vorschaukalender, in denen zukünftig anwesende Prostituierte beworben wurden.
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Weder auf den Internetseiten der Bordelle in X, Y und Z noch in den Bordellen selbst gab es den Hinweis darauf, dass die sexuellen Dienstleistungen nicht, wie auf der Homepage angegeben, von der Klägerin, sondern von den Prostituierten erbracht würden.
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Weiter stellte die Steuerfahndung fest, dass sämtliche Flure und Hauseingänge der Bordelle videoüberwacht waren; die Bilder wurden live über Internet zum Wohnhaus des P übertragen. Anhand der Videos überprüfte P die Zahl und Aufenthaltsdauer der Kunden, um so die Umsatzangaben der Prostituierten kontrollieren zu können.
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Im Anschluss an die Steuerfahndungsprüfung setzte das FA die Umsatzsteuer für die Streitjahre mit den auf § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung gestützten Umsatzsteuer-Änderungsbescheiden vom 26.08.2016 höher fest. Das FA sah in Bezug auf die sexuellen Dienstleistungen an die Kunden die Klägerin und die X-GmbH als Leistende an und erhöhte daher ihre Umsätze zum Regelsteuersatz. Es vertrat mit der Steuerfahndung die Auffassung, aufgrund des äußeren Eindrucks der Bordelle seien die sexuellen Dienstleistungen an die Kunden der Klägerin und der X-GmbH als Betreibergesellschaften der Bordelle in voller Höhe zuzurechnen. Zudem sei eine Hinzuschätzung in Höhe von 20 % der Umsätze vorzunehmen, da die Klägerin ihre Umsätze nicht vollständig aufgezeichnet habe.
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Hinsichtlich der Zurechnung der Umsätze zur Klägerin, zur X-GmbH oder zu P folgte das FA der Annahme der Steuerfahndung, dass zwar an sich P das Sagen gehabt und die Geschicke der Betriebe allein geleitet habe, aber die Leistungen mittels der von P beherrschten Gesellschaften erbracht worden seien. Daher seien die Umsätze der Bordelle X, Y und Z (entsprechend dem vom Steuerberater und von P gewählten Aufteilungsmaßstab) auf die Klägerin und die X-GmbH aufzuteilen.
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Im Laufe des Einspruchsverfahrens setzte (nach einer vorherigen Ablehnung durch das FA) das Finanzgericht (FG) die Vollziehung der streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheide für die Dauer des Einspruchsverfahrens aus. Mit Einspruchsentscheidung vom 18.07.2019 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Hiergegen erhoben die Klägerin und die X-GmbH Klagen.
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Im Laufe des Klageverfahrens gewährte das FA mit Verfügung vom 10.09.2019 AdV. Außerdem stellte das zuständige Amtsgericht mit Beschluss vom 29.10.2019 das gegen A und P geführte Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung gemäß § 153a der Strafprozessordnung gegen Zahlung einer Geldauflage ein.
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Das FG wies die Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2023, 1750 veröffentlichten Urteil ab. Es entschied, die Umsätze aus den sexuellen Dienstleistungen der Prostituierten seien, anders als das FA meine, vollständig der Klägerin zuzurechnen. Gegenüber den Freiern sei ausschließlich sie aufgetreten. Damit scheide die X-GmbH als Leistende aus. Die Prostitutionsleistungen seien auch nicht von einem Zusammenschluss aus der Klägerin und der X-GmbH ausgeführt worden, da dieser nicht nach außen aufgetreten sei.
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Die vom FA bei der Klägerin vorgenommene Hinzuschätzung sei nicht zu beanstanden. Das FA sei zur Schätzung befugt, weil die Klägerin --aus ihrer Sicht konsequenterweise-- keine Aufzeichnungen über die ihr zuzurechnenden Umsätze geführt hat. Ihre Grundaufzeichnungen habe die Klägerin zeitnah vernichtet. Ob die Klägerin --wie sie vorträgt-- ein elektronisches Kassenbuch geführt habe, sei wegen der fehlenden Grundaufzeichnungen unerheblich. Auch die Höhe der zugeschätzten Umsätze begegne keinen Bedenken. Ob das FA zu Recht einen Zuschlag in Höhe von 20 % vorgenommen habe, könne im Streitfall offenbleiben. Denn der Klägerin als Leistende seien alle Prostitutionsumsätze zuzurechnen (und damit auch die vom FA fälschlich der X-GmbH zugerechneten Prostitutionsumsätze). Da das FG die Rechtsposition der Klägerin gegenüber der Einspruchsentscheidung nicht verschlechtern dürfe, sei die Klage abzuweisen.
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Mehreren von der Klägerin gestellten Beweisanträgen kam das FG nicht nach, weil es die zu beweisenden Tatsachen als wahr unterstellte, diese für die Entscheidung unerheblich seien oder die angegebenen Beweisthemen keine Tatsachen, sondern rechtliche Wertungen seien.
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Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts sowie Verfahrensfehler.
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Als Verfahrensfehler rügt die Klägerin, dass das FG gegen seine Sachaufklärungspflicht verstoßen habe, indem es zwei als Zeugen benannte Freier nicht vernommen habe, obwohl es bei seinem Urteil auf die Sicht der Freier abgestellt habe. Ferner trägt die Klägerin als Verfahrensrüge vor, das Urteil des FG beruhe auf einem Verstoß gegen § 96 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Das FG habe seinem Urteil nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt.
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Im Rahmen der Rüge der Verletzung materiellen Rechts trägt die Klägerin vor, das FG habe gegen § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, § 13a Abs. 1 Alternative 1 des Umsatzsteuergesetzes verstoßen. Mit dem Abstellen auf die Angaben im Impressum als maßgeblichem Gesichtspunkt missinterpretiere das FG die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Zurechnung von Prostitutionsumsätzen.
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Außerdem sei das FG vom Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 05.05.2022 - 1 StR 475/21 (Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2022, 794) abgewichen. Das BGH-Urteil weiche seinerseits in wesentlichen Grundsätzen von der ständigen Rechtsprechung des BFH ab. Der BFH stelle für die Zurechnung unter anderem maßgeblich auf die Werbung im Internet ab, der BGH hingegen sei zu einem Freispruch gekommen, obwohl die Angeklagten ein Bordell in Zeitungsanzeigen und im Internet bewarben und im Internetauftritt auch dort tätige Prostituierte abgebildet waren. Die Rechtsprechung des BGH stehe im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des BFH und führe im konkreten Fall anhand der maßgeblichen Kriterien (den zivilrechtlichen Vereinbarungen, der gelebten Praxis und dem fehlenden Wettbewerbsverbot) zu einer Zurechnung an die Prostituierten.
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Im Übrigen verhalte sich das FA widersprüchlich, wenn es nun das Urteil des FG mit dem Hinweis auf das Impressum verteidige, während es noch in der Einspruchsentscheidung eine Aufteilung der Umsätze auf die X-GmbH und die Klägerin für richtig gehalten habe. Eine Aufhebung der Bescheide gegen die X-GmbH (oder eine Gewährung von AdV) sei vom FA noch nicht erfolgt.
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Nach Einlegung der Revision XI R 28/23 hat das FA der Klägerin mit Schreiben vom 05.09.2023 mitgeteilt, dass die für die Dauer des Klageverfahrens gewährte AdV am 28.08.2023 geendet habe. Die Klägerin legte mit Schreiben vom 15.09.2023 dar, dass sie die zugelassene Revision eingelegt habe, und beantragte, die AdV für die Dauer des Revisionsverfahrens zu verlängern. Diesen Antrag lehnte das FA mit Verfügung vom 16.11.2023 ab. Aufgrund des Urteils des FG bestünden keine ernstlichen Zweifel mehr. Anhaltspunkte für eine unbillige Härte seien nicht ersichtlich.
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Die Klägerin hat daraufhin mit Schreiben vom 07.12.2023 AdV beim BFH beantragt. Mit Schreiben vom 14.12.2023 hat sie ihren Antrag mit ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Urteils des FG begründet und ihre Revisionsbegründung weitgehend wiederholt.
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Mit Schreiben vom 29.02.2024 hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, die Vollziehung habe für die Klägerin eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge. Die Pflicht zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes laufe weitgehend leer, wenn für die Dauer des Revisionsverfahrens keine AdV gewährt werde. Der Klägerin drohten wirtschaftliche Nachteile, die nicht oder nur schwer wiedergutzumachen seien beziehungsweise zu einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz führten. Die Klägerin verfüge über keine ausreichende Liquidität zur Tilgung der festgesetzten Umsatzsteuern und Zinsen. Aus der beigefügten betriebswirtschaftlichen Auswertung für das Jahr 2023 ergebe sich, dass die Klägerin im Jahr 2023 ein vorläufiges Ergebnis von 21.653,48 € erzielt hat.
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Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2009 bis 2014 vom 26.08.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.07.2019 ohne Anordnung einer Sicherheitsleistung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Revisionsverfahrens von der Vollziehung auszusetzen.
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Das FA beantragt, den Antrag abzulehnen.
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Es verweist auf seine Revisionserwiderung und führt aus, es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide. Das Vorliegen einer unbilligen, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotenen Härte werde von der Klägerin nicht vorgetragen und sei nach Aktenlage auch sonst nicht ersichtlich.
Entscheidungsgründe
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II.
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Der zulässige Antrag ist unbegründet. Es bestehen aufgrund des Urteils des FG keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide.
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1. Der Antrag ist zulässig.
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Da die Klägerin gegen das Urteil des FG Revision eingelegt hat, ist der BFH nach § 69 Abs. 3 FGO als Gericht der Hauptsache für den AdV-Antrag zuständig (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 02.07.2014 - XI S 8/14, BFH/NV 2014, 1601, Rz 22; vom 06.05.2022 - V S 7/21 (AdV), BFH/NV 2022, 1067, Rz 7). Da das FG die AdV nur bis einen Monat nach Zustellung seiner Entscheidung gewährt hat, liegt ein erstmaliger Antrag für das Revisionsverfahren vor (vgl. BFH-Beschluss vom 16.08.2022 - XI S 4/21 (AdV), BFHE 276, 456, BStBl II 2023, 419, Rz 17). Zudem hat das FA den AdV-Antrag für das Revisionsverfahren vom 15.09.2023 mit Verfügung vom 16.11.2023 abgelehnt. Die Zugangsvoraussetzung des § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO liegt damit vor.
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2. Der Antrag ist allerdings unbegründet. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide, da der Senat den Beteiligten aufgrund der Sitzung vom heutigen Tag gemäß § 126a FGO mitgeteilt hat, dass er die Revision unter dem Aktenzeichen XI R 28/23 einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
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a) Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO soll das Gericht die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts unter anderem aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen.
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aa) Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 16.05.2019 - XI B 13/19, BFHE 264, 521, BStBl II 2021, 950; vom 26.09.2022 - XI B 9/22 (AdV), BFHE 276, 467). Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 07.03.2022 - XI B 2/21 (AdV), BFHE 275, 473, BStBl II 2023, 198, Rz 24; vom 16.10.2023 - V B 49/22 (AdV), BFHE 281, 509, BStBl II 2024, 97, Rz 14).
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bb) Sind die angegriffenen Steuerbescheide --wie im Streitfall-- Gegenstand eines anhängigen Revisionsverfahrens, erfolgt die Beurteilung nach revisionsrechtlichen Grundsätzen (vgl. BFH-Beschluss vom 24.11.1995 - VII S 21/95, BFH/NV 1996, 420). Es bestehen ernstliche Zweifel, wenn unter Berücksichtigung der eingeschränkten Prüfungsmöglichkeiten des Revisionsgerichts (§ 118 Abs. 2 FGO) ernstlich mit der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Steuerbescheids zu rechnen ist; das bedeutet, dass bei vermutlichem Durcherkennen des BFH auf die Erfolgsaussichten der Revision abzustellen ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 26.09.2014 - XI S 14/14, BFH/NV 2015, 158, Rz 34; vom 18.02.2015 - V S 19/14, BFH/NV 2015, 866, Rz 27; Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 69 FGO Rz 962).
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b) Ausgehend davon ist der Antrag abzulehnen.
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aa) Der Senat ist zwar gemäß § 115 Abs. 3 FGO an die Zulassung der Revision durch das FG gebunden. Allerdings ist, was das FG bei seiner Entscheidung über die Zulassung der Revision noch nicht berücksichtigen konnte, die Rechtslage in Bezug auf die Rechtsfrage, nach welchen Grundsätzen Prostitutionsumsätze zuzurechnen sind, weiterhin eindeutig, weil sie höchstrichterlich geklärt ist (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom 10.01.2024 - XI B 117/22, BFH/NV 2024, 394, m.w.N.; vom 08.12.2023 - V B 73/22, nicht veröffentlicht --n.v.--; vom 21.03.2024 - V B 5/23, n.v.; vom 16.07.2024 - XI B 43/23, unter 1.). Von den Grundsätzen des BFH und des BGH weicht auch das BGH-Urteil vom 05.05.2022 - 1 StR 475/21 (UR 2022, 794) nicht ab, was sich schon daran zeigt, dass der BGH sie in den Rz 12 f. umfassend zitiert hat. Das FG ist von diesen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Im Hinblick darauf ist eine Gewährung von AdV daher nicht geboten.
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bb) In Bezug auf die übrigen sich im Streitfall stellenden Rechtsfragen ist ebenfalls nicht ernstlich mit der Aufhebung oder Änderung der angefochtenen Steuerbescheide zu rechnen, da der Senat im Revisionsverfahren XI R 28/23 mit Schreiben vom gleichen Tag gemäß § 126a FGO den Beteiligten mitgeteilt hat, dass er die Revision einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
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3. Eine AdV wegen unbilliger Härte kommt mangels ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit nicht in Betracht (vgl. BFH-Beschluss vom 01.03.2024 - V B 34/23 (AdV), BStBl II 2024, 323, Rz 50).
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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