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BFH 23.08.2023 - XI R 27/21
BFH 23.08.2023 - XI R 27/21 - Keine Durchschnittssatzbesteuerung bei entgeltlichem Verzicht auf ein vertragliches Lieferrecht
Normen
§ 1 Abs 1 Nr 1 UStG 2005, § 24 Abs 1 S 1 Nr 3 UStG 2005, § 24 Abs 1 S 4 UStG 2005, § 15 Abs 1 S 1 Nr 1 S 1 UStG 2005, Art 295 Abs 1 Nr 4 EGRL 112/2006, Art 295 Abs 1 Nr 5 EGRL 112/2006, Art 300 Nr 1 EGRL 112/2006, Art 300 Nr 2 EGRL 112/2006, Art 302 EGRL 112/2006, Art 168 Buchst a EGRL 112/2006, UStG VZ 2013
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 10. Juni 2021, Az: 6 K 2136/16, Urteil
Leitsatz
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Der Verzicht eines Landwirts auf ein vertragliches Lieferrecht (durch Zustimmung zur vorzeitigen Auflösung eines Vertrags über die Lieferung von Lebensmitteln) gegen "Abstandszahlung" ist steuerbar und fällt nicht unter die Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG.
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 10.06.2021 - 6 K 2136/16 aufgehoben.
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Die Sache wird an das Finanzgericht Rheinland-Pfalz zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
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Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.
Tatbestand
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I.
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Die Beteiligten streiten darüber, ob ein entgeltlicher Verzicht auf einen vertraglichen Anspruch auf Lieferung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen ebenfalls der Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) unterliegt.
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Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GbR, schloss am 18.03.2011 mit der … GmbH & Co. KG (KG) einen Vertrag über die Lieferung von 70 % der von der Klägerin erzeugten Lebensmittel (Feldsalat, Rucola, Bundzwiebeln, Wildkräuter, Pflücksalat). Die Klägerin ging eine Lieferverpflichtung und die KG eine Abnahmeverpflichtung ein. Eine Kündigung war nach § 8 des Vertrags erstmals zum 31.12.2015 möglich. Die auf dem Vertrag beruhenden Lieferungen der Klägerin an die KG erfolgten gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG in der im Streitjahr (2013) geltenden Fassung zum Durchschnittssatz von 10,7 %.
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Zu diesem Vertrag bestätigten am 30.06.2013 die Klägerin und die KG schriftlich einen zum 31.05.2013 mündlich abgeschlossenen Aufhebungsvertrag. Die KG zahlte danach "zum Ausgleich der aufgrund der vorzeitigen Vertragsauflösung entstehenden Einbußen" eine "Abstandszahlung" an die Klägerin in Höhe von 121.770 € (110.000 € + 10,7 % Umsatzsteuer, also unter Anwendung des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG).
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Der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) besteuerte nach Durchführung einer Außenprüfung im Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2013 vom 07.06.2016 unter anderem den Verzicht mit dem Regelsteuersatz. Die Umsatzsteuer wurde aus dem Bruttobetrag herausgerechnet. Der Einspruch blieb erfolglos.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es nahm an, der Verzicht der Klägerin auf die Rechte aus dem Liefervertrag beziehungsweise (bzw.) die Zustimmung zur vorzeitigen Vertragsauflösung sei zwar steuerbar, aber ein unter § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG fallender Umsatz. Das Urteil des FG ist unter anderem unter www.landesrecht.rlp.de abrufbar.
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Hiergegen richtet sich die Revision des FA, mit der es die Verletzung materiellen Rechts (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG) rügt. Es trägt vor, der Verzicht bzw. die Zustimmung sei keine landwirtschaftliche Dienstleistung. Außerdem falle für die Leistung der Klägerin keine Vorsteuer in der von § 24 UStG typisierten Höhe an.
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Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Sie verteidigt die angefochtene Vorentscheidung und macht geltend, dass der Verzicht auf einen Umsatz wie der Umsatz, auf den verzichtet wird (Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse), zu besteuern sei. Die Behauptung des FA, dass für den Verzicht keine Vorsteuerbelastung eingetreten sei, sei eine unbelegte Schlussfolgerung, der nicht gefolgt werden könne.
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Beide Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zwar zutreffend angenommen, dass der Verzicht steuerbar ist. Allerdings fällt die Leistung der Klägerin nicht unter § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG. Zu dem der Klägerin bei Nichtanwendung des § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG möglicherweise zustehenden Vorsteuerabzug sind vom FG weitere Feststellungen zu treffen.
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1. Das FG geht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon aus, dass der vertraglich vereinbarte Verzicht der Klägerin bzw. ihre Zustimmung zur vorzeitigen Vertragsauflösung gegen "Abstandszahlung" steuerbar ist (vgl. zum Verzicht allgemein Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22.05.2019 - XI R 20/17, BFH/NV 2019, 1256, Rz 21 f.; vom 30.06.2022 - V R 36/20, BFHE 277, 508, Rz 25 ff.; zur Steuerbarkeit bei vorzeitiger Vertragsbeendigung gegen Entgelt s. Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- Meo - Serviços de Comunicações e Multimédia vom 22.11.2018 - C-295/17, EU:C:2018:942; Vodafone Portugal vom 11.06.2020 - C-43/19, EU:C:2020:465). Dies wird von keinem Beteiligten angegriffen und bedarf keiner weiteren Erörterung.
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2. Allerdings fällt der Verzicht, anders als das FG meint, nicht unter § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG. Die Vorentscheidung ist deshalb aufzuheben.
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a) Für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze wird gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 UStG die Steuer vorbehaltlich der Sätze 2 bis 4 wie folgt festgesetzt:
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"1. für die Lieferungen von forstwirtschaftlichen Erzeugnissen, ausgenommen Sägewerkserzeugnisse, auf 5,5 Prozent,
2. für die Lieferungen der in der Anlage 2 nicht aufgeführten Sägewerkserzeugnisse und Getränke sowie von alkoholischen Flüssigkeiten, ausgenommen die Lieferungen in das Ausland und die im Ausland bewirkten Umsätze, und für sonstige Leistungen, soweit in der Anlage 2 nicht aufgeführte Getränke abgegeben werden, auf 19 Prozent,
3. für die übrigen Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 auf 10,7 Prozent der Bemessungsgrundlage." "Die Vorsteuerbeträge werden, soweit sie den in Satz 1 Nr. 1 bezeichneten Umsätzen zuzurechnen sind, auf 5,5 Prozent, in den übrigen Fällen des Satzes 1 auf 10,7 Prozent der Bemessungsgrundlage für diese Umsätze festgesetzt." (§ 24 Abs. 1 Satz 3 UStG). "Ein weiterer Vorsteuerabzug entfällt." (§ 24 Abs. 1 Satz 4 UStG).
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b) Diese Vorschrift beruht unionsrechtlich auf den Art. 295 ff. der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL).
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aa) Nach Art. 296 Abs. 1 MwStSystRL können die Mitgliedstaaten auf landwirtschaftliche Erzeuger, bei denen die Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung auf Schwierigkeiten stoßen würde, als Ausgleich für die Belastung durch die Mehrwertsteuer, die auf die von den Pauschallandwirten bezogenen Gegenstände und Dienstleistungen gezahlt wird, eine Pauschalregelung nach diesem Kapitel anwenden. Bestimmte Gruppen landwirtschaftlicher Erzeuger sowie diejenigen landwirtschaftlichen Erzeuger, bei denen die Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung keine verwaltungstechnischen Schwierigkeiten mit sich bringt, können von der Pauschalregelung ausgenommen werden (Art. 296 Abs. 2 MwStSystRL). Nimmt ein Pauschallandwirt einen Pauschalausgleich in Anspruch, hat er in Bezug auf die dieser Pauschalregelung unterliegenden Tätigkeiten kein Recht auf Vorsteuerabzug (Art. 302 MwStSystRL).
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bb) Die Pauschalausgleich-Prozentsätze werden nach Art. 300 MwStSystRL unter anderem auf den Preis ohne Mehrwertsteuer der folgenden Gegenstände und Dienstleistungen angewandt:
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"1. landwirtschaftliche Erzeugnisse, die die Pauschallandwirte an andere Steuerpflichtige als jene geliefert haben, die in dem Mitgliedstaat, in dem diese Erzeugnisse geliefert werden, diese Pauschalregelung in Anspruch nehmen; …
3. landwirtschaftliche Dienstleistungen, die die Pauschallandwirte an andere Steuerpflichtige als jene erbracht haben, die in dem Mitgliedstaat, in dem diese Dienstleistungen erbracht werden, diese Pauschalregelung in Anspruch nehmen."
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cc) Nach Art. 295 MwStSystRL gelten diesbezüglich folgende Begriffsbestimmungen:
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1. "landwirtschaftlicher Erzeuger" ist ein Steuerpflichtiger, der seine Tätigkeit im Rahmen eines land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betriebs ausübt;
2. "land-, forst- oder fischwirtschaftlicher Betrieb" ist ein Betrieb, der in den einzelnen Mitgliedstaaten im Rahmen der in Anhang VII genannten Erzeugertätigkeiten als solcher gilt; …
4. "landwirtschaftliche Erzeugnisse" sind die Gegenstände, die im Rahmen der in Anhang VII aufgeführten Tätigkeiten von den land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betrieben der einzelnen Mitgliedstaaten erzeugt werden;
5. "landwirtschaftliche Dienstleistungen" sind Dienstleistungen, die von einem landwirtschaftlichen Erzeuger mit Hilfe seiner Arbeitskräfte oder der normalen Ausrüstung seines land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betriebs erbracht werden und die normalerweise zur landwirtschaftlichen Erzeugung beitragen, und zwar insbesondere die in Anhang VIII aufgeführten Dienstleistungen;
(2) Den in Anhang VII aufgeführten Tätigkeiten der landwirtschaftlichen Erzeugung gleichgestellt sind die Verarbeitungstätigkeiten, die ein Landwirt bei im Wesentlichen aus seiner landwirtschaftlichen Produktion stammenden Erzeugnissen mit Mitteln ausübt, die normalerweise in land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden.
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Anhang VII Nr. 1 MwStSystRL lautet auszugsweise wie folgt:
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"1. Anbau:
a) Ackerbau im Allgemeinen, einschließlich Weinbau;
b) Obstbau (einschließlich Olivenanbau) und Gemüse-, Blumen- und Zierpflanzengartenbau, auch unter Glas; …"
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c) § 24 UStG ist im Lichte der Art. 295 ff. MwStSystRL richtlinienkonform auszulegen (vgl. BFH-Urteile vom 21.01.2015 - XI R 13/13, BFHE 248, 462, BStBl II 2015, 730, Rz 17 ff.; vom 26.05.2021 - V R 11/18, BFHE 274, 163, BStBl II 2022, 149, Rz 20; vom 22.03.2023 - XI R 14/21, BStBl II 2023, 945, Rz 20). Das Vereinfachungserfordernis muss mit dem Ziel eines Ausgleichs der Mehrwertsteuer-Vorbelastung für die Landwirte in Einklang gebracht werden (EuGH-Urteil Dyrektor Izby Skarbowej w L. (Verlust des Status eines Pauschallandwirts) vom 24.03.2022 - C-697/20, EU:C:2022:210, Rz 35).
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d) Höchstrichterlich offen geblieben ist bisher, ob Verzichtsleistungen eines Landwirts im Falle ihrer Steuerbarkeit der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegen (vgl. BFH-Urteil vom 22.08.2019 - V R 47/17, BFHE 266, 407, BStBl II 2023, 274, Rz 25). Diese Frage beantwortet der erkennende Senat dahin gehend, dass der entgeltliche Verzicht auf ein Lieferrecht durch Zustimmung des Land- oder Forstwirts zur vorzeitigen Auflösung des Liefervertrags nicht unter die Durchschnittssatzbesteuerung fällt.
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Das FG konnte bei seinem Urteil noch nicht berücksichtigen, dass eine Leistung (hier: die Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse) und eine darauf bezogene Verzichtsleistung (hier: der Verzicht auf das Recht zur Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse) als "actus contrarius" nicht immer gleich zu behandeln sind (vgl. BFH-Urteil vom 30.06.2022 - V R 36/20, BFHE 277, 508, Rz 34 ff.).
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aa) Fällt ein bestimmter Umsatz unter eine im Unionsrecht vorgesehene Steuerbefreiung, so ist die vertragliche Auflösung des diesem Umsatz zugrunde liegenden Vertragsverhältnisses gegen Abfindung ebenfalls als unter diese Befreiung fallend anzusehen (EuGH-Urteil Lubbock Fine vom 15.12.1993 - C-63/92, EU:C:1993:929, Rz 9). Die Steuerfreiheit des Ausgangsumsatzes des Vermieters führt zur Steuerfreiheit des entsprechenden Umsatzes des Mieters, weil eine Aufspaltung ein und desselben Mietvertrags nicht möglich ist (EuGH-Urteil Lubbock Fine vom 15.12.1993 - C-63/92, EU:C:1993:929, Rz 12; s.a. BFH-Urteil vom 15.04.2015 - V R 46/13, BFHE 250, 253, BStBl II 2015, 947, Rz 50). Ist hingegen der Ausgangsumsatz des Vermieters aufgrund einer wirksamen Option (§ 9 UStG) steuerpflichtig, erfasst der Verzicht auf die Steuerbefreiung der Vermietungsumsätze auch die Abfindung für die Aufgabe von Rechten aus dem Mietvertrag (vgl. BFH-Urteil vom 22.05.2019 - XI R 20/17, BFH/NV 2019, 1256, Rz 27, m.w.N.).
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bb) Charakteristisch für die umsatzsteuerrechtliche Gleichbehandlung des Verzichts auf einen Umsatz ("actus contrarius") mit dem Umsatz ist danach, dass die jeweilige Leistung (als erster Umsatz) und der darauf bezogene Verzicht (als zweiter, gegenläufiger Umsatz) jeweils im Rahmen desselben Zweipersonenverhältnisses zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger erfolgen. Dabei zahlt zum Beispiel der ursprünglich Leistende im Rahmen eines zweiten Umsatzes, damit er die Dispositionsbefugnis über einen Gegenstand oder ein Recht wiedererlangt (vgl. BFH-Urteil vom 30.06.2022 - V R 36/20, BFHE 277, 508, Rz 39). Wie der Streitfall zeigt, kann aber auch der Abnehmer eine Zahlung leisten, um sich von seiner Abnahmeverpflichtung zu befreien.
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cc) Die Notwendigkeit der Gleichbehandlung besteht jedoch nicht, wenn entweder die Einräumung des Rechts nicht steuerbar war (vgl. BFH-Urteil vom 30.06.2022 - V R 36/20, BFHE 277, 508, Rz 40, in einem Dreipersonenverhältnis) oder die im Verzicht liegende Leistung nicht dem Zweck der Steuerbefreiung dient (vgl. BFH-Urteil vom 30.06.2022 - V R 36/20, BFHE 277, 508, Rz 34 f.).
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dd) Ausgehend davon ist --entgegen der Auffassung des FG-- auch im Streitfall keine Gleichbehandlung geboten; denn § 24 UStG ist eine Vereinfachungsregelung, die seit den Urteilen Harbs (EuGH-Urteil vom 15.07.2004 - C-321/02, EU:C:2004:447; BFH-Urteil vom 25.11.2004 - V R 8/01, BFHE 208, 73, BStBl II 2005, 896) und Stadt Sundern (EuGH-Urteil vom 26.05.2005 - C-43/04, EU:C:2005:324; BFH-Urteil vom 22.09.2005 - V R 28/03, BFHE 211, 566, BStBl II 2006, 280) eng auszulegen ist (z.B. BFH-Urteile vom 24.01.2013 - V R 34/11, BFHE 239, 552, BStBl II 2013, 460, zur Entsorgung; vom 28.05.2013 - XI R 32/11, BFHE 243, 419, BStBl II 2014, 411, zu ökologischen Ausgleichsmaßnahmen; vom 10.09.2014 - XI R 33/13, BFHE 247, 360, BStBl II 2015, 720, zur Pferdepension; vom 08.02.2018 - V R 55/16, BFHE 261, 181, BStBl II 2021, 538, zu Ackerstatusrechten; vom 12.11.2020 - V R 22/19, BFHE 271, 279, BStBl II 2021, 544, zu Vieheinheiten).
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(1) Der von Art. 295 ff. MwStSystRL bezweckte Ausgleich der Belastung der von einem Landwirt bezogenen Eingangsleistungen mit Umsatzsteuer wird nach der Systematik des Pauschalierungsverfahrens erst dann gewährt, wenn er landwirtschaftliche Erzeugnisse liefert oder landwirtschaftliche Dienstleistungen erbringt (vgl. BFH-Urteile vom 19.11.2009 - V R 16/08, BFHE 227, 275, BStBl II 2010, 319,unter II.3.b; vom 13.01.2011 - V R 65/09, BFHE 233, 72, BStBl II 2011, 465, Rz 18). Andere Umsätze, die der Pauschallandwirt im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebs tätigt, unterliegen dem Regelsteuersatz (vgl. EuGH-Urteil Slaby vom 15.09.2011 - C-180/10 und C-181/10, EU:C:2011:589, Rz 48; BFH-Urteile vom 13.11.2013 - XI R 2/11, BFHE 243, 462, BStBl II 2014, 543, Rz 24, m.w.N.; vom 10.09.2014 - XI R 33/13, BFHE 247, 360, BStBl II 2015, 720, Rz 20; zu Hilfsumsätzen vgl. BFH-Urteil vom 30.03.2011 - XI R 19/10, BFHE 233, 353, BStBl II 2011, 772, Rz 22).
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(2) Der Verzicht auf ein Lieferrecht ist weder eine landwirtschaftliche Dienstleistung im Sinne des § 24 UStG, Art. 295 MwStSystRL, da sie nicht zu einer landwirtschaftlichen Erzeugung der KG beiträgt, noch werden durch den Verzicht landwirtschaftliche Erzeugnisse im Sinne des § 24 UStG, Art. 295 MwStSystRL geliefert, da hierfür keine Gegenstände im Rahmen der in Anhang VII aufgeführten Tätigkeiten vom landwirtschaftlichen Betrieb des Landwirts erzeugt werden.
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ee) Darüber hinaus berücksichtigt nur diese Auslegung hinreichend, dass mit den Durchschnittssätzen die Vorsteuer für die bezogenen Eingangsleistungen auf Basis von makroökonomischen Daten pauschaliert wird (§ 24 Abs. 1 Satz 3 und 4 UStG, Art. 298 MwStSystRL). Die Anwendung des § 24 UStG setzt daher voraus, dass es sich um eine Leistung handelt, bei der typisierend davon auszugehen ist, dass ihre Erbringung zu einer entsprechenden Mehrwertsteuer-Vorbelastung führt oder zumindest führen kann (vgl. BFH-Urteile vom 24.08.2017 - V R 8/17, BFH/NV 2018, 65, Rz 11; vom 06.09.2018 - V R 55/17, BFH/NV 2019, 125, Rz 16; vom 22.03.2023 - XI R 14/21, BStBl II 2023, 945, Rz 21 ff.).
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Für den Verzicht auf ein vertragliches Lieferrecht trifft dies nicht zu; denn die Ausrüstung des landwirtschaftlichen Betriebs wird für einen solchen Verzicht nicht benötigt (vgl. ähnlich Stadie, UStG, 3. Aufl., § 24 Rz 26). Die Vorsteuer auf Eingangsleistungen ist bei ihm typischerweise niedriger als bei einem landwirtschaftlichen Umsatz (Lieferung oder Dienstleistung), weil die mit der landwirtschaftlichen Tätigkeit im direkten und unmittelbaren Zusammenhang stehenden, mit Vorsteuer belasteten Eingangsleistungen (zum Beispiel Maschinen, Betriebsstoffe, Saatgut, Dünge- und Pflanzenschutzmittel) dafür typischerweise nicht benötigt werden. Aufgrund des Verzichts auf das Lieferrecht muss die Klägerin vielmehr entweder keine Lebensmittel mehr erzeugen oder sie kann die gleichwohl erzeugten Lebensmittel im Rahmen des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG (mit pauschaler Vorsteuerentlastung für die Erzeugung) an Dritte liefern. Eine einmalige pauschale Vorsteuerentlastung trotz Nichterzeugung von Lebensmitteln wäre ebenso system- und zweckwidrig wie eine doppelte pauschale Vorsteuerentlastung trotz nur einmaliger Erzeugung von Lebensmitteln.
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ff) Hinzu kommt, dass die unter § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG fallenden Umsätze der Klägerin die tatsächlichen Lieferungen waren, Gegenstand des Verzichts aber ein mehrjähriges Lieferrecht der Klägerin (mit entsprechender Abnahmepflicht der KG) ist. Der Verzicht beendet vorliegend keine Dauerleistung (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 04.02.2008 - V B 170/06, BFH/NV 2008, 829, unter II.1., m.w.N.; BFH-Urteil vom 27.11.2019 - V R 25/18, BFHE 267, 184, BStBl II 2023, 596, Rz 18, 23), wie dies zum Beispiel beim Verzicht auf die Rechte aus einem Mietvertrag der Fall ist. Es wurde auch keine unter § 24 UStG fallende Leistungsbereitschaft der Klägerin beendet, die an sich Gegenstand einer steuerbaren Leistung sein kann, auch wenn der Empfänger sie nicht in Anspruch nimmt (vgl. EuGH-Urteil Air France-KLM und Hop!-Brit Air vom 23.12.2015 - C-250/14 und C-289/14, EU:C:2015:841, Rz 28; s. zur Steuerbefreiung von Bereitschaftsdiensten auch BFH-Urteil vom 02.08.2018 - V R 37/17, BFHE 263, 63, Rz 17); denn nicht die Leistungsbereitschaft der Klägerin, sondern ihre Lieferungen an die KG fielen unter § 24 UStG. Die Situation ist vielmehr mit dem Verzicht auf das Recht auf Privatliquidation von Heilbehandlungen vergleichbar, das selbst keine umsatzsteuerfreie Heilbehandlung ist (BFH-Urteil vom 30.06.2022 - V R 36/20, BFHE 277, 508, Rz 34).
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gg) Diese Auslegung steht in Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des BFH zu § 24 UStG. So hat der BFH die Leistung eines Landwirts, der ein Grundstück als ökologische Ausgleichsfläche zur Verfügung gestellt und in diesem Rahmen auf eine landwirtschaftliche Nutzung (bis auf eine Nutzung als Weide) verzichtet hat, als nicht unter § 24 UStG fallend angesehen, da sie nicht landwirtschaftlichen Zwecken diene (vgl. BFH-Urteil vom 28.05.2013 - XI R 32/11, BFHE 243, 419, BStBl II 2014, 411, Rz 4, 18, 65 f.). Gleiches gilt für die Verpflichtung, Land über mindestens fünf Jahre von der Fruchtfolge auszunehmen und dessen schädliche landwirtschaftliche Nutzung zu unterlassen (BFH-Urteil vom 08.02.2018 - V R 55/16, BFHE 261, 181, BStBl II 2021, 538, Rz 25 und 27). Schließlich fallen die Übertragung von Zahlungsansprüchen (vgl. BFH-Urteil vom 30.03.2011 - XI R 19/10, BFHE 233, 353, BStBl II 2011, 772) sowie die Überlassung von Vieheinheiten (vgl. BFH-Urteil vom 12.11.2020 - V R 22/19, BFHE 271, 279, BStBl II 2021, 544, Rz 32 ff.) nicht unter § 24 UStG.
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hh) Diese Beurteilung widerspricht auch nicht dem EuGH-Urteil Shields & Sons Partnership vom 12.10.2017 - C-262/16, EU:C:2017:756 (s. dazu auch BFH-Urteile vom 06.09.2018 - V R 55/17, BFH/NV 2019, 125, Rz 17; vom 22.03.2023 - XI R 14/21, BStBl II 2023, 945, Rz 25). Danach ist es zwar unzulässig, einen landwirtschaftlichen Erzeuger, bei dem festgestellt wird, dass er nach der Pauschalregelung erheblich mehr erstattet bekommt als er nach den allgemeinen Vorschriften erstattet bekäme, als Teil der "Gruppe landwirtschaftlicher Erzeuger" anzusehen, der von der Pauschalregelung ausgeschlossen werden darf. Um einen solchen Ausschluss geht es hier jedoch nicht. Nicht die Klägerin als Landwirtin wird von der Pauschalregelung ausgeschlossen, sondern eine bestimmte Tätigkeit der Klägerin fällt (auch nach der Rechtsprechung des EuGH) nicht unter die Pauschalregelung, obwohl die Klägerin Pauschallandwirtin ist. Dies wirkt nicht personell (gemäß Art. 296 MwStSystRL), sondern sachlich (wegen Art. 300 Nr. 1 und 2 MwStSystRL). Auf die unter § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG fallenden Umsätze wendet die Klägerin unstreitig die Pauschalregelung an.
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3. Die Sache ist nicht spruchreif, da das FG nicht festgestellt hat, ob in Zusammenhang mit der regelbesteuerten Verzichtsleistung der Klägerin abziehbare Vorsteuerbeträge zu berücksichtigen sind.
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a) Fällt die im Verzicht bestehende Tätigkeit der Klägerin nicht unter § 24 Abs. 1 Satz 1 UStG, steht der Klägerin unter den Voraussetzungen des § 15 UStG insoweit der (gegebenenfalls anteilige) Vorsteuerabzug zu (vgl. BFH-Urteile vom 13.11.2013 - XI R 2/11, BFHE 243, 462, BStBl II 2014, 543, Rz 34; vom 16.11.2016 - V R 1/15, BFHE 255, 354, BStBl II 2022, 777, Rz 20 ff.). Mit ihrem Vortrag im Revisionsverfahren, die Behauptung des FA, dass für den Verzicht keine Vorsteuerbelastung eingetreten sei, sei eine unbelegte und unzutreffende Schlussfolgerung, macht die Klägerin insoweit hilfsweise geltend, dass für die Verzichtsleistung abziehbare Vorsteuer angefallen ist.
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b) Ob tatsächlich für die Verzichtsleistung bisher noch nicht berücksichtigte, abziehbare Vorsteuerbeträge angefallen sind, hat das FG --auf Basis seiner Rechtsauffassung konsequenterweise-- nicht festgestellt. Dies kann es im Rahmen der Zurückverweisung nachholen.
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4. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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5. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2, § 121 Satz 1 FGO).
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