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BFH 05.04.2022 - VII R 52/20
BFH 05.04.2022 - VII R 52/20 - Entlastungsanspruch für Branntweinsteuer
Normen
§ 143 BranntwMonG, § 144 BranntwMonG, § 154 BranntwMonG, § 56 BrStV, § 47 AO, § 155 Abs 5 AO, § 169 AO, § 170 Abs 1 AO
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 13. August 2020, Az: 6 K 1905/17 Z, Urteil
Leitsatz
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1. Der Entlastungsanspruch nach § 154 Abs. 1 BranntwMonG setzt nicht voraus, dass die Erzeugnisse bereits in dem Zeitpunkt nachweislich versteuert sind, in dem sie in das Steuerlager aufgenommen werden.
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2. Bei einem unversteuerten Bezug von Erzeugnissen entsteht der Entlastungsanspruch nach § 154 Abs. 1 BranntwMonG nicht bereits mit deren Aufnahme in das Steuerlager, sondern frühestens mit der Festsetzung der für das Erzeugnis entstandenen Branntweinsteuer.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 13.08.2020 - 6 K 1905/17 Z aufgehoben.
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Die Sache wird an das Finanzgericht Rheinland-Pfalz zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
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Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.
Tatbestand
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I.
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Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt die Produktion und den Handel mit Alkohol und alkoholischen Produkten.
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Am 29.04.2015 lieferte die X-GmbH (GmbH) insgesamt 5 668,229 l vergälltes Ethanol 1 % Methylethylketon (Branntwein) vermeintlich im Steueraussetzungsverfahren an die Klägerin, die das Ethanol an diesem Tag in ihr Steuerlager aufnahm.
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Im Rahmen einer Außenprüfung bei der GmbH wurde festgestellt, dass für diese Lieferung kein validiertes elektronisches Verwaltungsdokument (e-VD) verwendet worden war. Der Prüfungsbericht kam zu dem Ergebnis, dass die Lieferung deshalb nicht unter Steueraussetzung erfolgt und die Branntweinsteuer mit der Entnahme des Branntweins aus dem Steuerlager der GmbH entstanden sei. Die GmbH meldete daraufhin den Vorgang am 28.12.2016 zur Versteuerung beim Hauptzollamt A an. Bereits am 27.12.2016 hatte die GmbH im Nachgang zu ihrer Rechnung vom 29.04.2015 der Klägerin die Branntweinsteuer in Höhe von 73.857,02 € netto in Rechnung gestellt.
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Mit Antrag vom 28.12.2016, beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Hauptzollamt --HZA--) am 04.01.2017 eingegangen, beantragte die Klägerin die Entlastung von der Branntweinsteuer für 5 668,229 l nach § 154 des Gesetzes über das Branntweinmonopol (Branntweinmonopolgesetz --BranntwMonG--). Diesen Antrag lehnte das HZA am 25.01.2017 ab und führte zur Begründung aus, die Entlastung sei ausgeschlossen, weil die Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zum 31.12.2016 abgelaufen sei.
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Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
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Das Finanzgericht (FG) urteilte, das HZA habe den Entlastungsanspruch der Klägerin nach § 154 Abs. 1 BranntwMonG zu Recht wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung verneint. Die Festsetzungsfrist für Vergütungsansprüche beginne mit Ablauf des Jahres zu laufen, in dem der Vergütungsanspruch infolge der Verwirklichung des Entlastungstatbestands entstanden sei (Verweis auf Senatsurteil vom 20.09.2016 - VII R 7/16, BFHE 255, 360, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2016, 308). In diesem Zusammenhang komme es darauf an, ob auf die Aufnahme in das Steuerlager der Klägerin am 29.04.2015 oder erst auf die Anmeldung der Branntweinsteuer am 28.12.2016 abzustellen sei. Das Gesetz selbst enthalte keine Definition des Begriffs "nachweislich versteuert". Ausgehend von dem Senatsurteil in BFHE 255, 360, ZfZ 2016, 308 (zu § 51 des Energiesteuergesetzes --EnergieStG--) sei der Entlastungsanspruch jedoch bereits mit der Aufnahme in das Steuerlager entstanden, weil die Entstehung der Steuer und die Voraussetzungen der Entlastung zu diesem Zeitpunkt aus den Lagerbüchern der GmbH und der Klägerin als Empfängerin "verifizierbar" gewesen seien. Hingegen stelle der in § 56 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung zur Durchführung des Branntweinmonopolgesetzes (Branntweinsteuerverordnung --BrStV--) geforderte Nachweis der Versteuerung mittels einer Versteuerungsbestätigung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck lediglich eine verfahrensrechtliche Regelung dar (Verweis auf FG München, Urteil vom 18.05.2017 - 14 K 2093/14, ZfZ, Beilage 2018, Nr. 3, 6).
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Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin. Zur Begründung führt sie aus, das Tatbestandsmerkmal der nachweislichen Versteuerung in § 154 Abs. 1 BranntwMonG habe eine eigenständige Bedeutung und müsse selbständig erfüllt sein. Die Norm verlange nicht, dass die Erzeugnisse bereits nachweislich versteuert seien, wenn sie in das Steuerlager aufgenommen würden; eine derart enge Auslegung sei nicht gerechtfertigt. Anderenfalls käme es im Streitfall zu einem endgültigen Ausschluss des Entlastungsanspruchs, weil die Vertragsparteien bei Aufnahme in das Steuerlager irrtümlich von einem Steueraussetzungsverfahren ausgegangen seien. Das Kriterium "nachweislich" bedeute, dass der Entlastungsberechtigte anhand objektiver Kriterien "verifiziert" erkennen können müsse, dass der Steuerschuldner der Erfüllung seiner Steuerschuld nachkomme. Das sei keine lediglich formale Voraussetzung, anders als die Anforderungen an den Nachweis nach § 56 Abs. 3 Satz 1 BrStV. Die Ausführungen des HZA zur Festsetzungsverjährung seien widersprüchlich; wenn nach dessen Auffassung gar kein Entlastungsanspruch entstehe, könne auch keine Festsetzungsfrist in Gang gesetzt werden.
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Die Klägerin beantragt,
das Urteil der Vorinstanz und den Ablehnungsbescheid vom 25.01.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.07.2017 aufzuheben und dem Entlastungsantrag vom 28.12.2016 stattzugeben.
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Das HZA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Das HZA vertritt die Ansicht, dass die nachweisliche Versteuerung bereits zum Zeitpunkt der körperlichen Aufnahme des Branntweins in das Steuerlager gegeben sein müsse und deshalb im Streitfall kein Entlastungsanspruch entstanden sei. Dies folge aus dem Wortlaut und der grammatikalischen Struktur des § 154 Abs. 1 Satz 1 BranntwMonG. Zwar könnten die Aufnahme in das Steuerlager und die nachweisliche Versteuerung nicht in derselben juristischen Sekunde geschehen. Aus § 144 Abs. 1 BranntwMonG ergebe sich jedoch, dass die Versteuerung sehr zeitnah zu erfolgen habe. Werde die Frist zur Steueranmeldung versäumt, entfalle in der Folge der Entlastungsanspruch. Anderenfalls werde die Nachprüfbarkeit der Entlastungsvoraussetzungen durch die Zollverwaltung erschwert. Eine (rückwirkende) Entstehung des Entlastungsanspruchs begegne systematischen Bedenken und gefährde Belange der Steueraufsicht.
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Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Urteil in BFHE 255, 360, ZfZ 2016, 308) sei für eine nachweisliche Versteuerung die bloße Entstehung der Steuer nicht ausreichend. Es müssten vielmehr Umstände hinzutreten, welche die Steuerentstehung verifizierten. Im Streitfall sei der Branntwein nicht buchmäßig erfasst worden, weil die Klägerin und der Lieferant von einer Lieferung unter Steueraussetzung ausgegangen seien. Im Zeitpunkt der Aufnahme in das Steuerlager der Klägerin sei keine nachweisliche Versteuerung gegeben gewesen.
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Hilfsweise trägt das HZA vor, dass mit Ablauf des 31.12.2016 Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Ein etwaiger Entlastungsanspruch sei nämlich bereits mit der Aufnahme des Branntweins in das Steuerlager der Klägerin am 29.04.2015 entstanden. Auf den späteren Nachweis der Versteuerung könne dagegen nicht abgestellt werden, weil dieser grundsätzlich erst mit dem Vergütungsantrag geführt werde; dadurch habe die Verjährung praktisch keine Bedeutung mehr.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision der Klägerin ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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Die Feststellungen der Vorinstanz reichen nicht aus, um beurteilen zu können, ob der Klägerin der Entlastungsanspruch nach § 154 Abs. 1 Satz 1 BranntwMonG zusteht.
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1. Gemäß § 154 Abs. 1 Satz 1 BranntwMonG werden nachweislich versteuerte Erzeugnisse, die in ein Steuerlager aufgenommen worden sind, auf Antrag von der Steuer entlastet. Entlastungsberechtigt ist gemäß § 154 Abs. 1 Satz 2 BranntwMonG der Steuerlagerinhaber. Nach § 56 Abs. 3 Satz 1 BrStV hat der Steuerlagerinhaber als Nachweis der Versteuerung im Steuergebiet dem zuständigen HZA mit der Steueranmeldung eine Versteuerungsbestätigung des Herstellers oder des Steuerschuldners oder des anderen Verkäufers nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck vorzulegen.
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Der Entlastungsanspruch setzt nicht voraus, dass die Erzeugnisse bereits in dem Zeitpunkt nachweislich versteuert sind, in dem sie in das Steuerlager aufgenommen werden.
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a) Maßgebend für die Interpretation eines Gesetzes ist der in ihm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers. Der Feststellung des zum Ausdruck gekommenen objektivierten Willens des Gesetzgebers dienen die Auslegung anhand des Wortlauts der Norm (grammatikalische Auslegung), anhand des Zwecks (teleologische Auslegung), aus dem Zusammenhang (systematische Auslegung) sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte (historische Auslegung). Zur Erfassung des Inhalts einer Norm darf sich der Richter dieser verschiedenen Auslegungsmethoden gleichzeitig und nebeneinander bedienen. Ziel jeder Auslegung ist die Feststellung des Inhalts einer Norm, wie er sich aus dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 20.11.2019 - XI R 46/17, BFHE 266, 241, BStBl II 2020, 195, Rz 25, m.w.N.).
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b) Nach § 143 Abs. 1 BranntwMonG entsteht die Steuer zum Zeitpunkt der Überführung der Erzeugnisse in den steuerrechtlich freien Verkehr, es sei denn, es schließt sich eine Steuerbefreiung an. Erzeugnisse werden u.a. durch die Entnahme aus dem Steuerlager in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt, es sei denn, es schließt sich ein weiteres Verfahren der Steueraussetzung an (§ 143 Abs. 2 Nr. 1 BranntwMonG). Beförderungen aus Steuerlagern in andere Steuerlager gelten nur dann als unter Steueraussetzung durchgeführt, wenn sie mit einem elektronischen Verwaltungsdokument nach Art. 21 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16.12.2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG --RL 2008/118-- (Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- 2009, Nr. L 9, 12) erfolgen (§§ 138 Abs. 1, 139 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 BrStV). Steuerschuldner ist der Steuerlagerinhaber (§ 143 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 BranntwMonG).
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c) Aus dem Wortlaut und der grammatikalischen Struktur von § 154 Abs. 1 Satz 1 BranntwMonG ergibt sich eine zeitliche Reihenfolge der beiden Tatbestandsmerkmale --Aufnahme in ein Steuerlager und nachweisliche Versteuerung-- nicht zwingend. Vielmehr verlangt diese Norm lediglich, dass die Erzeugnisse zum einen nachweislich versteuert und zum anderen in ein Steuerlager aufgenommen worden sind, ohne diese beiden Voraussetzungen in ein zeitliches Verhältnis zueinander zu setzen.
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d) Auch Sinn und Zweck der Entlastungsnorm erfordern eine solche Gleichzeitigkeit nicht.
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Durch die Aufnahme des Branntweins in das Steuerlager und die damit verbundene Erfassung (§ 12 Abs. 2 BrStV) ist sichergestellt, dass bei der (erneuten) Entnahme eine Besteuerung erfolgt. Gerade diese gesicherte Besteuerungsmöglichkeit ist ein Entlastungsgrund (vgl. allgemein Bongartz/Jatzke/ Schröer-Schallenberg, Energiesteuer, Stromsteuer, § 47 EnergieStG Rz 6). Abgesehen davon führte die Ablehnung eines Steuerentlastungsanspruchs nach § 154 Abs. 1 Satz 1 BranntwMonG bei erneuter Entnahme der Erzeugnisse aus dem Steuerlager ohne Eröffnung eines Steueraussetzungsverfahrens zu einer Doppelbesteuerung (vgl. § 143 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BranntwMonG), die durch die Entlastungsvorschrift jedoch gerade vermieden werden soll. Das Erreichen dieser Normziele hängt nicht davon ab, dass die Erzeugnisse bereits bei deren Aufnahme in das Steuerlager nachweislich versteuert sind.
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Entgegen der Auffassung des HZA hat das Tatbestandsmerkmal der nachweislichen Versteuerung keinen Sanktionscharakter. Vielmehr trägt das Gesetz den durchaus berechtigten fiskalischen Interessen der Verwaltung durch andere Mechanismen Rechnung, wie z.B. durch die Möglichkeit, die Steuerlagererlaubnis nach § 134 Abs. 2 BranntwMonG zu widerrufen.
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e) Schließlich ist desgleichen aus systematischen Gründen keine Gleichzeitigkeit der beiden Tatbestandsmerkmale zu fordern, wie insbesondere auch ein Vergleich mit dem Energiesteuerrecht zeigt.
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§ 154 BranntwMonG spricht --anders als noch § 149 Abs. 1 BranntwMonG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes und anderer Verbrauchsteuergesetze vom 23.12.2003 --BranntwMonG a.F.-- (BGBl I 2003, 2924)-- lediglich allgemein von einer Entlastung. Was darunter zu verstehen ist, definiert das BranntwMonG nicht. In der RL 2008/118 findet sich der Begriff der Steuerentlastung nicht, dort ist nur von Erlass und Erstattung die Rede (vgl. z.B. Art. 33 Abs. 6 der RL 2008/118 [Verbringen zu gewerblichen Zwecken], Art. 36 Abs. 5 der RL 2008/118 [Versandhandel] und Art. 38 Abs. 3 der RL 2008/118 [Unregelmäßigkeit]).
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Die RL 2008/118 gilt nach Art. 1 Abs. 1 Buchst. a auch für Energieerzeugnisse und elektrischen Strom gemäß der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27.10.2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABlEU 2003, Nr. L 283, 51) i.d.F. der Richtlinie 2004/75/EG des Rates vom 29.04.2004 zur Änderung der Richtlinie 2003/96/EG im Hinblick auf die Möglichkeit der Anwendung vorübergehender Steuerermäßigungen und Steuerbefreiungen auf Energieerzeugnisse und elektrischen Strom durch Zypern (ABlEU 2004, Nr. L 157, 100). Das auf dieser Grundlage ergangene EnergieStG enthält erstmals eine Definition des Begriffs "Entlastung" (vgl. Bongartz/Jatzke/ Schröer-Schallenberg, Energiesteuer, Stromsteuer, § 45 EnergieStG Rz 1).
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Nach § 45 EnergieStG umfasst die Steuerentlastung den Erlass, die Erstattung und die Vergütung einer entstandenen Steuer. Ein Erlass- oder Erstattungsanspruch kann nur dem Steuerschuldner zustehen, während die Steuervergütung einem Dritten gewährt wird. Das ist regelmäßig derjenige, der die Steuerlast getragen hat, ohne selbst Steuerschuldner zu sein (Bongartz/Jatzke/Schröer-Schallenberg, Energiesteuer, Stromsteuer, § 45 EnergieStG Rz 3). Erstattung und Vergütung kommen somit systematisch erst in Betracht, wenn eine Belastung durch die Steuer gegeben ist.
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Weil § 154 BranntwMonG ohne Differenzierung von Entlastung spricht und deshalb auch Erstattung und Vergütung umfasst und zudem die Entrichtung der Steuer regelmäßig bei Aufnahme in das Steuerlager noch nicht erfolgt ist, kann keine Gleichzeitigkeit der beiden Tatbestandsmerkmale verlangt werden.
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Dieses Ergebnis wird auch durch einen Blick auf zahlreiche energiesteuerrechtliche Entlastungstatbestände (insbesondere §§ 46, 47, 47a, 48, 49, 51 bis 53, 53a, 54 bis 57, 59, 60 EnergieStG) bestätigt, die sämtlich eine nachweisliche Versteuerung der Energieerzeugnisse voraussetzen. Eine dem § 154 Abs. 1 BranntwMonG vergleichbare Regelung findet sich in § 47 Abs. 1 Nr. 1 EnergieStG, wonach auf Antrag eine Entlastung gewährt wird für nachweislich versteuerte, nicht gebrauchte Energieerzeugnisse i.S. des § 4 EnergieStG, die in ein Steuerlager aufgenommen worden sind. Für diesen Fall ist ausdrücklich anerkannt, dass eine Entlastung sowohl bei einem versteuerten Bezug als auch bei einer Nachversteuerung, z.B. nach Außenprüfung, in Frage kommt (vgl. Bongartz/Jatzke/Schröer-Schallenberg, Energiesteuer, Stromsteuer, § 47 EnergieStG Rz 1).
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f) Historische Erwägungen, die diese Auslegung in Frage stellen könnten, sind nicht ersichtlich. Die Entlastungsmöglichkeit ist erstmals in § 149 Abs. 1 BranntwMonG a.F. mit Wirkung vom 01.01.2004 eingeführt worden. Dieser lautete: "Für nachweislich versteuerte Erzeugnisse, die in ein Branntweinlager aufgenommen werden, wird die Steuer dem Lagerinhaber auf Antrag erlassen, erstattet oder vergütet". Hintergrund war nach der Gesetzesbegründung (BTDrucks 15/1313, S. 8), dass den berechtigten Interessen der Wirtschaftsbeteiligten Rechnung getragen werden sollte, die im Steuergebiet versteuerte Waren ohne weitere Behandlung im Steuerlager unter Steuerentlastung in ein Drittland liefern wollten. Die im Streitfall gültige Fassung wurde durch das Vierte Gesetz zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen vom 15.07.2009 (BGBl I 2009, 1870) mit Wirkung zum 01.04.2010 eingeführt und sollte der bisherigen Regelung entsprechen (BTDrucks 16/12257, S. 84).
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g) Gegen die vom HZA vertretene Ansicht, die nachweisliche Versteuerung müsse bereits zum Zeitpunkt der körperlichen Aufnahme des Branntweins in das Steuerlager gegeben sein, spricht schließlich auch, dass in der Praxis eine Gleichzeitigkeit nicht vorkommen dürfte, was auch das HZA selbst eingeräumt hat. Denn nach § 144 Abs. 1 Satz 1 BranntwMonG hat der Steuerschuldner (§ 143 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 Alternative 1 und Nr. 4 BranntwMonG) über die Erzeugnisse, für die in einem Monat die Steuer entstanden ist, spätestens am zehnten Tag des auf die Steuerentstehung folgenden Monats eine Steuererklärung abzugeben und in ihr die Steuer selbst zu berechnen (Steueranmeldung). In der Regel sind somit die Erzeugnisse in dem aufnehmenden Steuerlager längst angekommen, bevor diese Frist zur Steueranmeldung abgelaufen ist.
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2. Ausgehend von den dargestellten Grundsätzen kann der erkennende Senat nicht abschließend entscheiden, ob der streitgegenständliche Branntwein nach § 154 Abs. 1 Satz 1 BranntwMonG von der Branntweinsteuer zu entlasten ist.
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a) Die Branntweinsteuer ist gemäß § 143 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BranntwMonG mit der Entnahme des Branntweins aus dem Steuerlager der GmbH entstanden, weil sich mangels Verwendung eines e-VD kein Steueraussetzungsverfahren angeschlossen hat. Die GmbH hat nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) den Vorgang am 28.12.2016 nachträglich zur Versteuerung angemeldet. Diese Steueranmeldung steht nach § 168 Satz 1 AO einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Weiterhin hat das FG festgestellt, dass die Klägerin den in Rede stehenden Branntwein in ihr Steuerlager aufgenommen hat.
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b) Allerdings kann der erkennende Senat nicht abschließend beurteilen, ob die Klägerin die Versteuerung des Branntweins formell ordnungsgemäß nachgewiesen hat, weil bislang keine Feststellungen des FG dazu vorliegen, ob die Klägerin die Versteuerungsbestätigung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck gemäß § 56 Abs. 3 BrStV beim zuständigen HZA eingereicht hat.
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aa) Nach § 154 Abs. 2 BranntwMonG wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, durch Rechtsverordnung zur Sicherung des Steueraufkommens und zur Wahrung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung Vorschriften zu § 154 Abs. 1 BranntwMonG zu erlassen und insbesondere eine für den Entlastungsberechtigten ausgestellte Versteuerungsbestätigung des Steuerschuldners für den Antrag nach § 154 Abs. 1 Satz 1 BranntwMonG vorzuschreiben. Auf der Grundlage dieser Ermächtigungsnorm ist § 56 BrStV erlassen worden. Nach § 56 Abs. 2 BrStV darf der Steuerlagerinhaber nachweislich versteuerte Erzeugnisse unter den Voraussetzungen des § 56 Abs. 3 BrStV gegen Steuervergütung in sein Steuerlager aufnehmen. Für die Erfassung in der Lagerbuchführung gilt nach § 56 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 1 Satz 2 BrStV der § 12 Abs. 3 BrStV, wonach der Steuerlagerinhaber die Zu- und Abgänge unverzüglich aufzuzeichnen hat. Der Steuerlagerinhaber hat als Nachweis der Versteuerung im Steuergebiet dem zuständigen HZA mit der Steueranmeldung eine Versteuerungsbestätigung des Herstellers oder des Steuerschuldners oder des anderen Verkäufers nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck vorzulegen.
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bb) Im zweiten Rechtsgang wird das FG noch aufzuklären haben, ob die Versteuerungsbestätigung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck gemäß § 56 Abs. 3 BrStV vorgelegt worden ist. In den beigezogenen Akten ist diese Versteuerungsbestätigung nicht enthalten. Eine solche Versteuerungsbestätigung könnte auch nachträglich eingereicht werden. Ergeben die Ermittlungen des FG, dass keine Versteuerungsbestätigung eingereicht worden ist bzw. nachgereicht wurde, kommt es möglicherweise unter Berücksichtigung des unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes darauf an, ob die Klägerin die Versteuerung anderweitig durch Vorlage weiterer Unterlagen nachweisen kann.
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3. Sofern das FG zu dem Ergebnis kommt, dass ein Anspruch der Klägerin auf Steuerentlastung nach § 154 Abs. 1 BranntwMonG entstanden ist, hat es bei seiner weiteren Prüfung davon auszugehen, dass dieser Anspruch nicht durch den Eintritt der Festsetzungsverjährung nach § 47 AO erloschen ist (§ 126 Abs. 5 FGO).
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a) Nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO sind eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt entsprechend für die Festsetzung einer Steuervergütung (§ 155 Abs. 4 AO, ab 01.01.2017 § 155 Abs. 5 AO). Die Festsetzungsfrist beträgt für Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen ein Jahr (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO) und beginnt nach § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Jahres, in dem der Steuervergütungsanspruch infolge der Verwirklichung des Entlastungstatbestands entstanden ist (§ 38 AO). Gemäß § 130 Abs. 1 Satz 3 BranntwMonG handelt es sich bei der Branntweinsteuer um eine Verbrauchsteuer im Sinn der AO.
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b) Voraussetzung für die Verwirklichung eines Entlastungsanspruchs nach § 154 Abs. 1 BranntwMonG ist nach dem Gesetzeswortlaut u.a., dass die Versteuerung der in ein Steuerlager aufgenommenen Erzeugnisse auch nachgewiesen wird. Eine nachweisliche Versteuerung kann --wie gesehen-- jedenfalls nicht vor der Festsetzung der Steuer gegeben sein.
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Was unter einer solchen nachweislichen Versteuerung zu verstehen ist, definiert das BranntwMonG nicht. Allerdings entspricht die Regelung in § 154 Abs. 1 BranntwMonG den Entlastungstatbeständen im EnergieStG, zu welchen sich der Senat in der Vergangenheit bereits mehrfach geäußert hat.
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Sinn und Zweck dieser Regelungen ist es insbesondere, Vergütungsansprüche für steuerfrei bezogene Energieerzeugnisse auszuschließen (Senatsurteil in BFHE 255, 360, ZfZ 2016, 308, Rz 9). Allein die Steuerentstehung ist nicht ausreichend. Das ergibt sich bereits aus § 45 EnergieStG, der für die dort genannten Entlastungsformen Erlass, Erstattung und Vergütung stets eine entstandene Steuer, also eine Belastung voraussetzt (vgl. Möhlenkamp/Milewski, Energiesteuergesetz, Stromsteuergesetz, 2. Aufl., § 45 EnergieStG Rz 13; Bongartz/Jatzke/Schröer-Schallenberg, Energiesteuer, Stromsteuer, § 45 EnergieStG Rz 10 am Ende; Henseler in Friedrich/Soyk, Energiesteuern, § 45 EnergieStG Rz 18; vgl. auch Senatsurteil vom 10.01.2017 - VII R 26/14, BFHE 257, 285, ZfZ 2017, 125, Rz 9). Weil die Entlastungsnormen durchgängig darüber hinaus eine nachweisliche Versteuerung voraussetzen, verlangt der Senat in ständiger Rechtsprechung, dass Umstände hinzutreten, welche die Steuerentstehung verifizieren (vgl. Senatsurteil in BFHE 255, 360, ZfZ 2016, 308, Rz 9).
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In der Vergangenheit hatte der Senat mehrfach entschieden, dass die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der nachweislichen Versteuerung nicht von der Festsetzung der Steuer durch einen Steuerbescheid oder der Abgabe einer Steueranmeldung durch den Stromversorger oder Lieferer von Energieerzeugnissen abhängig ist (vgl. Senatsurteile in BFHE 255, 360, ZfZ 2016, 308; vom 26.09.2017 - VII R 26/16, BFHE 260, 280, ZfZ 2018, 22, Rz 13; in BFHE 257, 285, ZfZ 2017, 125, Rz 8, und vom 07.07.2020 - VII R 6/19, BFH/NV 2021, 198, ZfZ 2020, 372, Rz 10).
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Vielmehr entsteht der Vergütungsanspruch bereits mit der steuerbegünstigten Verwendung des Stroms bzw. der Energieerzeugnisse oder mit dem Verbringen von Energieerzeugnissen in einen anderen Mitgliedstaat bzw. mit der Ausfuhr in ein Drittland, wobei im Falle der Verwendung von Strom der Vergütungsanspruch mit der Entnahme des Stroms aus dem Versorgungsnetz entsteht, die regelmäßig mit dem Verbrauch des Stroms zusammenfällt. Dabei hat der Senat allerdings darauf abgestellt, dass in diesem Zeitpunkt die vom Lieferer zu führenden Aufzeichnungen hinreichende Gewähr für die Durchsetzung des Steueranspruchs bieten.
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Für den unversteuerten Bezug von Energieerzeugnissen hat der Senat erstmals im Urteil vom 19.10.2021 - VII R 26/20 (BFHE 274, 380, ZfZ 2022, 155) klargestellt, dass eine nachweisliche Versteuerung jedenfalls nicht vor der Festsetzung der Steuer gegeben sein kann.
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Diese Grundsätze können auf den Entlastungsanspruch nach § 154 Abs. 1 BranntwMonG übertragen werden, weil auch in diesem Fall keine Entlastung für steuerfrei bezogene Erzeugnisse gewährt werden soll.
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c) Wenn das FG im zweiten Rechtsgang zu dem Ergebnis kommt, dass zugunsten der Klägerin ein Entlastungsanspruch i.S. des § 154 Abs. 1 BranntwMonG entstanden ist, wäre demnach dieser Anspruch nicht erloschen, weil nach den oben dargestellten Grundsätzen die Festsetzungsfrist wegen der am 28.12.2016 durch die GmbH eingereichte Steueranmeldung erst mit Ablauf des 31.12.2017 abgelaufen sein kann.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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