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BFH 18.11.2021 - V R 24/20
BFH 18.11.2021 - V R 24/20 - Inanspruchnahme des Versicherungsnehmers als Steuerschuldner
Normen
§ 5 Abs 2 VersStG vom 14.12.1984, § 7 Abs 1 VersStG vom 28.06.1990, § 7 Abs 3 VersStG vom 28.06.1990, § 7 Abs 4 VersStG vom 28.06.1990, § 10 Abs 1 S 3 VersStG vom 28.06.1990, § 10 Abs 1 S 4 VersStG vom 28.06.1990, § 5 AO, § 44 Abs 1 AO, § 90 Abs 2 AO, § 219 S 2 AO, § 102 FGO, EWGRL 799/77, EWGRL 308/76, DBA GBR 1964
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 15. Mai 2002, Az: 3 K 400/95, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Das VersStG schließt eine Inanspruchnahme des Versicherungsnehmers für die Versicherungsteuer nicht aus.
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2. NV: Das Auswahlermessen bei der Entscheidung über die Inanspruchnahme des Steuerschuldners oder des Haftenden ist im VersStG nicht gesetzlich gebunden. Eine gesetzliche Bindung des Ermessens ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass der Versicherer gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 VersStG Entrichtungspflichtiger ist.
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3. NV: Die Entrichtungspflicht des Versicherers berührt die nach § 44 i.V.m. § 5 AO zu treffende Auswahlentscheidung zwischen Steuer- und Haftungsschuldner nur insoweit, als das FA bei der Ausübung seines Ermessens den Besonderheiten der Entrichtungspflicht Rechnung zu tragen hat.
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 15.05.2002 - 3 K 400/95 aufgehoben.
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Die Klage wird abgewiesen.
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Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Streitig ist, ob die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) als Versicherungsnehmerin anstelle der britischen Versicherer zur Zahlung der Versicherungsteuer herangezogen werden kann.
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Die Klägerin betrieb einen Helikopterdienst in der Rechtsform der GmbH. Sie schloss für im Inland registrierte Luftfahrzeuge Kaskoversicherungen bei britischen Versicherern ab. Die Versicherungen wurden über eine AG mit Sitz in der Schweiz vermittelt.
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Über diese Versicherungen erhielt die Klägerin seit dem 21.09.1990 Prämienrechnungen, die sie auch bezahlte. Versicherungsteuer ist in den Rechnungen nicht gesondert ausgewiesen. Die Prämienrechnungen bezeichnen den Rechnungsbetrag als "Total Brutto-Prämie" oder als "Total". Auf die Zahlung der Versicherungsprämien wurde Versicherungsteuer weder angemeldet noch abgeführt.
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Der vormalige Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) setzte für die Monate Oktober 1990 bis Juli 1994 sowie für Juli 1995 (Streitzeiträume) mit Bescheiden vom 22.05.1995 und vom 16.08.1995 gegen die Klägerin Versicherungsteuer in Höhe von insgesamt ... DM fest, berechnet auf die von der Klägerin gezahlten Versicherungsprämien. Die in Großbritannien ansässigen Versicherer seien ihrer Entrichtungspflicht nicht nachgekommen, weshalb die Klägerin unter Hinweis auf § 44 der Abgabenordnung in der für die Streitzeiträume anzuwendenden Fassung (AO) als Versicherungsnehmerin für die Steuerschuld in Anspruch genommen werde.
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Die Einsprüche der Klägerin blieben erfolglos. Der Versicherer habe der Klägerin keine Versicherungsteuer in Rechnung gestellt. Weder sei die Versicherungsteuer offen ausgewiesen worden noch enthielten die Rechnungen einen Hinweis darauf, dass die Versicherungsteuer im Gesamtbetrag enthalten sei. Der Versicherungsnehmer und der Versicherer seien Gesamtschuldner. Die Steuerfestsetzung gegen die Klägerin als Steuerschuldnerin sei rechtmäßig, weil die Haftungsinanspruchnahme eines ausländischen Versicherers als aussichtslos angesehen werden müsse.
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Der Klage gab das Finanzgericht (FG) mit seinem in Internationales Steuerrecht (IStR) 2003, 354 veröffentlichten Urteil statt. Die britischen Versicherer seien als Entrichtungsschuldner vorrangig vor der Klägerin als Steuerschuldnerin in Anspruch zu nehmen.
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Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision. Nach einer Unterbrechung des Revisionsverfahrens hat das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) das Verfahren als Beklagter und Revisionskläger aufgenommen.
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Das FG habe verkannt, dass bei der ermessensgerechten Auswahl zwischen den britischen Versicherern und der Klägerin als Gesamtschuldner in erster Linie Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte wie etwa die Realisierbarkeit des Steueranspruchs und die Erreichbarkeit der einzelnen Schuldner zu berücksichtigen gewesen seien. Deswegen sei im Streitfall das Auswahlermessen zutreffend ausgeübt worden. Aus der Verfahrensvereinfachung, die mit der Entrichtungspflicht der Versicherer bezweckt werde, lasse sich nicht schließen, dass die Steuer auch dann ausschließlich vom Versicherer einzufordern sei, wenn dies nicht der Durchsetzung des Steueranspruchs diene.
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Etwas anderes folge nicht aus § 219 AO. Dessen Satz 2 kehre nicht das Verhältnis zwischen Haftungs- und Steuerschuldner um, vielmehr entfalle danach eine vorgegebene Rangfolge der Inanspruchnahme. Dies gelte auch in den Fällen des § 7 Abs. 1 des Versicherungsteuergesetzes in der in den Streitzeiträumen anzuwendenden Fassung (VersStG).
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Auch bei der Lohnsteuer und der Kapitalertragsteuer orientiere sich die Ausübung des Auswahlermessens zwischen Steuerschuldner und Haftendem in erster Linie an Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten.
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Das BZSt beantragt sinngemäß,
das Urteil des Niedersächsischen FG vom 15.05.2002 - 3 K 400/95 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie habe den von dem Versicherer geforderten Preis gezahlt. Dabei handele es sich um einen Bruttopreis, sodass die Versicherungsteuer als enthalten und entrichtet gelte.
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Der Versicherer sei gesetzlich verpflichtet, die Versicherungsteuer für den Versicherungsnehmer zu entrichten und habe somit in erster Linie für die Entrichtung der Steuer einzustehen. Der Umstand, dass es keine Beitreibungsrichtlinien mit Großbritannien gebe, führe nicht dazu, dass das FA entgegen der Regelungen im VersStG die Zahlung der Steuer vom Versicherungsnehmer verlangen könne.
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Das nach § 122 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat keinen Antrag gestellt. Es unterstützt in seiner Stellungnahme die Auffassung des FA und weist ergänzend darauf hin, weder die Richtlinie 77/799/EWG des Rates vom 19.12.1977 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern --Amtshilferichtlinie-- (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften-- ABlEG-- Nr. L 336 vom 27.12.1977, S. 15) noch die Richtlinie 76/308/EWG des Rates vom 15.03.1976 über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Abgaben, Zölle, Steuern und sonstige Maßnahmen --Beitreibungsrichtlinie-- (ABlEG Nr. L 73 vom 19.03.1976, S. 18) noch die im Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland enthaltenen Amtshilfemöglichkeiten hätten sich vor Klageerhebung auf die Versicherungsteuer erstreckt.
Entscheidungsgründe
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II.
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Im Streitfall hat zum 01.07.2010 ein gesetzlicher Beteiligtenwechsel stattgefunden; Beklagter und Revisionskläger ist nunmehr das BZSt. Mit der Änderung des § 7a VersStG durch Art. 10 Nr. 3 des Begleitgesetzes zur zweiten Föderalismusreform vom 10.08.2009 (BGBl I 2009, 2702) ist das BZSt für die Verwaltung der Versicherungsteuer sachlich und örtlich zuständig geworden. Aufgrund dieses gesetzlichen Organisationsaktes ist das nunmehr zuständige BZSt im Wege des gesetzlichen Beteiligtenwechsels anstelle des FA in das Verfahren eingetreten (vgl. allgemein Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27.11.2019 - I R 40/19 (I R 14/16), BFHE 268, 1, Rz 8, und vom 27.02.2014 - V R 15/13, BFH/NV 2014, 1030, Rz 9).
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III.
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Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung sowie zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Das FG hat rechtsfehlerhaft entschieden, das FA habe die gesetzlichen Grenzen des Ermessens nicht eingehalten. Die von dem FA getroffene Auswahlentscheidung erweist sich vielmehr als ermessensfehlerfrei.
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1. Das FG hat zu Unrecht der Sache nach angenommen, das Auswahlermessen des FA sei bei der Gesamtschuldnerschaft, die zwischen der Klägerin als Versicherungsnehmerin und den hier ausländischen Versicherern als Haftenden besteht, dergestalt auf Null reduziert, dass ausschließlich eine Inanspruchnahme der Versicherer in Betracht komme.
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a) Nach § 7 Abs. 1 VersStG ist Steuerschuldner der Versicherungsnehmer (Satz 1). Für die Steuer haftet der Versicherer (Satz 2). Er hat die Steuer für Rechnung des Versicherungsnehmers zu entrichten (Satz 3).
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b) Der Versicherungsnehmer als Steuerschuldner und der Versicherer als Haftungsschuldner sind Gesamtschuldner und schulden nach § 44 Abs. 1 AO jeweils die gesamte Leistung (Medert/Axer/Voß, Versicherungsteuergesetz, Kommentar, 2. Aufl., § 7 Rz 216; vgl. BTDrucks 17/10039, S. 21; s.a. allgemein BFH-Urteil vom 04.12.2007 - VII R 37/06, BFH/NV 2008, 526, unter II.; BFH-Beschluss vom 11.07.2001 - VII R 28/99, BFHE 195, 510, BStBl II 2002, 267, unter II.2.d). Ihre Inanspruchnahme hat ermessensgerecht zu erfolgen (§ 5 AO). Die gerichtliche Überprüfung der Ermessensentscheidung einer Finanzbehörde ist gemäß § 102 Satz 1 FGO auf die Prüfung beschränkt, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
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c) Das Auswahlermessen bei der Entscheidung über die Inanspruchnahme des Steuerschuldners oder des Haftenden ist im VersStG nicht gesetzlich gebunden. Während etwa der Arbeitnehmer im Lohnsteuerverfahren nur gemäß § 42d Abs. 3 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und der Gläubiger von Kapitalerträgen im Kapitalertragsteuerverfahren nur gemäß § 44 Abs. 5 Satz 2 EStG in Anspruch genommen werden kann, enthält das VersStG keine entsprechende Regelung.
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d) Eine gesetzliche Bindung des Ermessens ergibt sich auch nicht daraus, dass der Versicherer gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 VersStG Entrichtungspflichtiger ist. Das VersStG schließt eine Inanspruchnahme des Versicherungsnehmers für die Versicherungsteuer nicht aus (BFH-Urteil vom 13.12.2011 - II R 26/10, BFHE 236, 212, BStBl II 2013, 596, Rz 19).
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Die Entrichtungspflicht des Versicherers berührt die nach § 44 i.V.m. § 5 AO zu treffende Auswahlentscheidung zwischen Steuer- und Haftungsschuldner nur insoweit, als das FA bei der Ausübung seines Ermessens den Besonderheiten der Entrichtungspflicht Rechnung zu tragen hat. Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Entrichtungspflichtige in erster Linie für die Entrichtung der Steuer einzustehen hat; seine Zahlungspflicht entspricht der primären Verpflichtung, welche sonst dem Steuerschuldner obliegt (BFH-Urteil vom 12.12.1973 - II R 88/66, BFHE 111, 359, BStBl II 1974, 310). Eine gesetzliche Bindung des Ermessens, die besondere Umstände des Einzelfalls unberücksichtigt lassen müsste, begründet dies nicht. Vielmehr ist bei der Ausübung des Auswahlermessens auch der Zweck der Entrichtungspflicht nach dem VersStG zu berücksichtigen, die eine Sicherung und Vereinfachung der Steuererhebung gewährleisten soll (vgl. hierzu Schmidt, eKomm Ab 10.12.2020, § 7 VersStG Rz 1 (Aktualisierung vom 22.07.2021)).
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e) Etwas anderes folgt auch nicht aus § 219 Satz 2 AO. Dieser regelt lediglich eine Ausnahme von der Einschränkung für das Leistungsgebot gegenüber einem Haftungsschuldner nach Satz 1. Daraus folgt jedoch nicht zugleich, dass unter den Voraussetzungen des § 219 Satz 2 AO die Inanspruchnahme des Haftungsschuldners stets vorrangig wäre (BFH-Urteil vom 05.06.1985 - VII R 57/82, BFHE 144, 290, BStBl II 1985, 688, unter II.2.; Jatzke in Gosch, AO § 219 Rz 17; Alber in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 219 AO Rz 66).
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f) Das Urteil des FG, das der Sache nach angenommen hat, das Ermessen des FA sei im Streitfall auf Null reduziert, widerspricht den vorgenannten Grundsätzen und ist daher aufzuheben.
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2. Die Sache ist spruchreif. Die vom FA getroffene Auswahlentscheidung ist ermessensfehlerfrei und die Klage daher abzuweisen.
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a) Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung i.S. des § 102 Satz 1 FGO ist die Ermessensentscheidung der Finanzbehörde so, wie sie --regelmäßig nach Abschluss des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens-- getroffen wurde (BFH-Urteile vom 14.07.2010 - X R 34/08, BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916, Rz 34, und vom 28.03.2007 - IX R 22/05, BFH/NV 2007, 1450, unter II.2.). Maßgeblich für die gerichtliche Überprüfung ist daher die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (BFH-Urteile vom 12.05.2016 - II R 17/14, BFHE 253, 505, BStBl II 2016, 822, Rz 34, und in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916, Rz 34). Der Entscheidung des FG darf deshalb kein anderer Sachverhalt zugrunde gelegt werden als derjenige, auf dem die zu überprüfende Verwaltungsentscheidung beruht. Diese Rechtsgrundsätze sind auch im Revisionsverfahren zu beachten.
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b) Das FA konnte ein Auswahlermessen ausüben; dieses war nicht dergestalt auf Null reduziert, dass eine Inanspruchnahme der Klägerin ausgeschlossen gewesen wäre (s. unter III.1.).
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c) Seiner Auswahlentscheidung hat das FA zu Recht den Sachverhalt zugrunde gelegt, dass die Versicherer die Versicherungsteuer nicht an das FA abgeführt und diese der Klägerin auch weder offen noch im Gesamtbetrag erkennbar in Rechnung gestellt haben.
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aa) Schon aufgrund der unzureichenden Mitwirkung der Klägerin bei der Sachverhaltsaufklärung durfte das FA bei seiner Auswahlentscheidung von diesem für die Klägerin nachteiligen Sachverhalt ausgehen.
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(1) Die Klägerin traf im Hinblick auf den Versicherungsvertrag mit den britischen Versicherern und dessen Abwicklung eine aufgrund des Auslandsbezugs nach § 90 Abs. 2 AO gesteigerte Mitwirkungspflicht. Dieser ist die Klägerin --jedenfalls unter Berücksichtigung ihrer Obliegenheit zur Beweisvorsorge nach § 90 Abs. 2 Satz 3 AO-- nicht nachgekommen, weil sie keine Beweismittel beigebracht hat, um aufzuklären, ob die Versicherer mit den Beitragsrechnungen vereinbarungsgemäß auch über die Versicherungsteuer abgerechnet haben.
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Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflicht gemäß § 90 Abs. 2 AO und ist der Sachverhalt anderweitig nicht aufklärbar, kann zum Nachteil des Steuerpflichtigen von einem Sachverhalt ausgegangen werden, für den unter Berücksichtigung der Beweisnähe des Steuerpflichtigen und seiner Verantwortung für die Aufklärung des Sachverhaltes (lediglich) eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht (BFH-Urteil vom 09.05.2017 - VIII R 51/14, BFH/NV 2018, 5, Rz 30; BFH-Beschluss vom 19.12.2007 - X B 34/07, BFH/NV 2008, 597, Rz 8). Danach konnte das FA hier angesichts des fehlenden offenen Ausweises der Versicherungsteuer in den Beitragsrechnungen davon ausgehen, dass die Klägerin den Versicherungsteuerbetrag nicht bereits an die Versicherer gezahlt hat.
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(2) Vor dem Hintergrund der dem Steuergläubiger im öffentlichen Interesse obliegenden Aufgabe, die geschuldeten Abgaben nach Möglichkeit zu erheben, obliegt es der Klägerin im Übrigen auch unabhängig von dem hier vorliegenden Auslandsbezug, außergewöhnliche Umstände substantiiert vorzutragen, die ihre Inanspruchnahme als Steuerschuldnerin ermessensfehlerhaft erscheinen lassen können (vgl. allgemein BFH-Urteil vom 29.09.1987 - VII R 54/84, BFHE 151, 111, BStBl II 1988, 176, unter II.2.d zur Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners).
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bb) Etwas anderes ergibt sich auch unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 7 Abs. 4 VersStG nicht daraus, dass der Rechnungsbetrag in den Prämienrechnungen als "Total Brutto-Prämie" oder als "Total" bezeichnet war.
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Nach § 7 Abs. 4 VersStG gilt die Steuer im Verhältnis zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer als Teil des Versicherungsentgelts. Dies dient jedoch nur dazu, die Steuerschuld als versicherungsvertragliche Verpflichtung des Versicherungsnehmers in das Zivilrechtsverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer aufzunehmen und dadurch die Einziehung der Steuer durch den Versicherer zu erleichtern (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 30.01.1992 - I ZR 125/90, Betriebs-Berater 1992, 597, unter II.; vgl. auch BTDrucks 17/10039, S. 22). Den weiteren Schluss, dass die Versicherungsteuer in gezahlten Prämien enthalten ist, lässt § 7 Abs. 4 VersStG daher nicht zu (Schmidt, a.a.O., § 7 VersStG Rz 64 f.; a.A. Medert/Axer/Voß, a.a.O., § 7 Rz 203). So ergibt sich auch aus § 5 Abs. 2 VersStG, dass es Sache des Versicherers ist, ob er die Steuer in das Versicherungsentgelt einrechnet oder nicht. Damit lässt sich allein anhand der Bezeichnung des Rechnungsbetrags als "Total" oder als "Total Brutto-Prämie" nicht erkennen, ob die Versicherungsteuer bereits eingerechnet ist.
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d) Das FA hat sein Ermessen auch im Übrigen fehlerfrei ausgeübt.
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Es hat seine Ermessensentscheidung im Kern damit begründet, dass die Versicherer ihrer Entrichtungspflicht nicht nachgekommen seien und ihre Inanspruchnahme aufgrund der Ansässigkeit in Großbritannien aussichtslos sei. Zudem hätten die Versicherer die Steuer gegenüber der Klägerin nicht abgerechnet. Dies lässt einen Ermessensfehler nicht erkennen. Jedenfalls im hier zu entscheidenden Fall, dass der Versicherungsnehmer den Versicherungsteuerbetrag nicht an den Versicherer gezahlt hat, ist die Inanspruchnahme des Versicherungsnehmers als Steuerschuldner nicht ermessensfehlerhaft, wenn der Steueranspruch bei dem entrichtungspflichtigen Versicherer nicht rasch und sicher realisiert werden kann.
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aa) Das FA hat bei seinen Ermessenserwägungen zutreffend den Umstand berücksichtigt, dass eine rasche und sichere Realisierung des Steueranspruchs durch die Inanspruchnahme der Versicherer als Entrichtungsschuldner hier nicht gewährleistet war.
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(1) Sinn und Zweck der Gesamtschuld ist es, dem FA grundsätzlich eine möglichst rasche und sichere Erhebung der Steuerschuld zu ermöglichen (BFH-Urteile vom 21.06.1995 - II R 7/91, BFHE 178, 227, BStBl II 1995, 817, unter II.2., und vom 27.02.1985 - I R 291/83, BFH/NV 1985, 63). Dem entspricht die Auswahl des Versicherungsnehmers als Steuerschuldner, wenn eine solche Erhebung der Steuerschuld bei dem Versicherer --wie im Streitfall-- nicht gewährleistet ist (s. allgemein BFH-Urteil vom 20.07.1988 - I R 61/85, BFHE 154, 473, BStBl II 1989, 99, unter II.3.b; BFH-Beschluss vom 03.12.1996 - I B 44/96, BFHE 181, 562, BStBl II 1997, 306, unter II.2.a, jeweils zur Auswahl zwischen ausländischem Steuerschuldner und inländischem Haftungsschuldner).
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(2) Dabei hat das FA zu Recht der Sache nach berücksichtigt, dass im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung keine rechtlichen Möglichkeiten zur Amtshilfe oder zur Beitreibung im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland bestanden. Das BMF hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass bis zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung bei der Versicherungsteuer weder die Amtshilferichtlinie noch die Beitreibungsrichtlinie Anwendung fand. Zudem erstreckte sich auch das im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung anwendbare Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland vom 26.11.1964 (Gesetz vom 02.06.1966, BGBl II 1966, 358) i.d.F. des Revisionsprotokolls vom 23.03.1970 (Gesetz vom 11.02.1971, BGBl II 1971, 45) mit seiner Regelung zur Amtshilfe (Art. XIX des Abkommens) nicht auf die Versicherungsteuer (vgl. Art. I des Abkommens). Eine rasche und sichere Erhebung der Steuerschuld bei den ausländischen Versicherern war dem FA daher hier nicht möglich.
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(3) Dies gilt auch vor dem Hintergrund der von dem FG in den Blick genommenen Pflicht ausländischer Versicherer, dem Bundesamt für Finanzen auf Anforderung ein vollständiges Verzeichnis der Versicherungsverhältnisse zu übermitteln, die sich auf im Inland belegene Risiken beziehen (§ 10 Abs. 1 Sätze 3 und 4 VersStG). Denn die Pflicht zu einer solchen Auskunft gewährleistet für sich genommen noch nicht die rasche und sichere Erhebung der Steuerschuld bei den ausländischen Versicherern.
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(4) Dem steht nicht entgegen, dass mit der Ergänzung der Vorschrift des § 7 Abs. 3 VersStG durch das Gesetz zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 28.06.1990 (BGBl I 1990, 1249) die in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften niedergelassenen Versicherer grundsätzlich den deutschen Versicherern gleichgestellt werden sollten (vgl. BTDrucks 11/7230, S. 25). Denn auch im Fall eines im Inland ansässigen Versicherers verlangt das Gebot, entstandene Steuern im öffentlichen Interesse soweit irgend möglich einzuziehen, im Allgemeinen die Inanspruchnahme des Versicherungsnehmers als Steuerschuldner, wenn der Versicherer als Entrichtungspflichtiger --etwa infolge einer Insolvenz-- nicht herangezogen werden kann (vgl. BFH-Urteile vom 13.03.2003 - VII R 46/02, BFHE 202, 22, BStBl II 2003, 556, Rz 37; in BFHE 151, 111, BStBl II 1988, 176, unter II.2.d, und vom 02.10.1986 - VII R 28/83, BFH/NV 1987, 349, unter II.2.c, jeweils zur Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners).
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bb) Etwas anderes ergibt sich im Streitfall auch nicht bei Berücksichtigung des Zwecks der Entrichtungspflicht nach dem VersStG. Denn auch diese soll eine Sicherung und Vereinfachung der Steuererhebung gewährleisten (s. unter III.1.d). Insoweit hat das FA in seinen Ermessenserwägungen zudem zutreffend den Umstand berücksichtigt, dass die Klägerin den Steuerbetrag nicht bereits an die entrichtungspflichtigen Versicherer gezahlt hat. Diese haben die Steuer gegenüber der Klägerin nicht in den Prämienrechnungen abgerechnet, sodass die Klägerin hier nicht doppelt mit Versicherungsteuer belastet ist.
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3. Der Senat entscheidet mit dem Einverständnis der Klägerin und des BZSt ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch Urteil (§§ 90 Abs. 2, 121 Satz 1 FGO). Unbeachtlich ist, dass das beigeladene BMF keinen Verzicht auf mündliche Verhandlung erklärt hat, da ihm nicht die Befugnis zusteht, über das Verfahren zu disponieren (BFH-Urteile vom 10.01.2019 - V R 60/17, BFHE 263, 290, BStBl II 2019, 301, Rz 38, und vom 09.01.2013 - I R 24/12, BFHE 240, 115, BStBl II 2018, 509, Rz 17; BFH-Beschluss vom 16.12.2015 - IV R 15/14, BFHE 252, 1, BStBl II 2016, 284, Rz 7).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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