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BFH 09.06.2021 - I R 35/18
BFH 09.06.2021 - I R 35/18 - (§ 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG umfasst nicht den Verlust der Einlage des stillen Gesellschafters)
Normen
§ 2a Abs 1 S 1 Nr 5 EStG 2002, § 2a Abs 1 S 2 EStG 2002, § 15 EStG 2002, EStG VZ 2006
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 6. März 2018, Az: 4 K 986/14, Urteil
Leitsatz
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Der Verlust der Einlage eines stillen Gesellschafters, der steuerrechtlich als Teilwertabschreibung abgebildet wird, unterfällt nicht dem Anwendungsbereich des § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. Satz 2 EStG. "Gewinnminderungen" i.S. des § 2a Abs. 1 Satz 2 EStG sind nur solche Gewinnminderungen, die vorgangsbezogen aus einer Privatentnahme oder Teilwertabschreibung resultieren und nicht zu negativen Einkünften führen, weil sie etwa nur höhere positive Einkünfte mindern.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 06.03.2018 - 4 K 986/14 aufgehoben und der Einkommensteuerbescheid 2006 des Beklagten vom 29.01.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.08.2014 dahingehend geändert, dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb um ... € vermindert wird.
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Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Gesamtrechtsnachfolgerin ihres am ...2005 verstorbenen Ehemannes (E). Dieser betrieb u.a. das Einzelunternehmen A.
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Im Jahr 2003 hatte sich E mit einer Einlage von ... € als stiller Gesellschafter an der B GmbH (GmbH) mit Sitz in Kasachstan beteiligt und hielt die Beteiligung im Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens. Dem lagen diverse Vereinbarungen zwischen E und seinem kasachischen Geschäftspartner, S, zugrunde. So wollten die Vertragspartner zunächst eine Gesellschaft nach dem Recht der Republik Kasachstan oder nach deutschem Recht errichten, deren Stammkapital ... € betragen sollte. Da unverzüglich liquide Mittel benötigt wurden, sollte E dem S zunächst darlehensweise ... € zur Verfügung stellen, die später als Stammkapitaleinlage in die Gesellschaft umgebucht werden sollten. E überwies daraufhin am 25.06.2002 den vereinbarten Darlehensbetrag mit der Empfängerangabe "B, S" an die GmbH. Später schlossen E und S einen weiteren Vertrag, weil S die darlehensweise zur Verfügung gestellten Mittel nicht in der Form verwendet hatte, wie es ursprünglich vereinbart worden war. Nunmehr verzichtete E auf die Übertragung von 50 % der Geschäftsanteile an der GmbH. Stattdessen sollte ihm von S rückwirkend auf den 01.07.2002 eine stille Beteiligung an der GmbH eingeräumt werden.
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Am ...2005 verstarb S. Daraufhin fuhr der Sohn der Klägerin nach Kasachstan. Seine Bemühungen, an Unterlagen zu gelangen bzw. die Rückzahlung der Einlage von den Erben des S zu erhalten, blieben erfolglos. Die GmbH wurde nach Mitteilung der Klägerin im Jahr 2006 abgewickelt. Die Klägerin buchte den Verlust der Beteiligung daraufhin zum 31.12.2006 gewinnmindernd aus.
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In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2006 (Streitjahr) erklärte die Klägerin u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb für die A in Höhe von ... € unter gewinnmindernder Berücksichtigung des Verlustes der Beteiligung in Höhe von ... €.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte zunächst den Angaben der Klägerin und erließ mit Datum vom 08.04.2010 den Einkommensteuerbescheid für 2006 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung). Dieser Bescheid wurde am 10.02.2011 nochmals geändert.
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Eine Außenprüfung gelangte zu dem Ergebnis, dass der Verlust der Beteiligung gemäß § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) nicht zu berücksichtigen sei. Das FA folgte dem in einem geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 29.01.2013 und erhöhte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um ... €.
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Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) des Landes Sachsen-Anhalt gelangte in seinem Urteil vom 06.03.2018 - 4 K 986/14 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 758) zu der Auffassung, der Verlust der Einlage aus der stillen Beteiligung an der GmbH sei bei der Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb nicht in Abzug zu bringen, da die Voraussetzungen des § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG vorlägen.
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Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2006 des FA vom 29.01.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.08.2014 dahingehend zu ändern, dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb um ... € vermindert wird.
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Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Klagestattgabe (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat rechtsfehlerhaft dahin erkannt, dass im Streitfall die Tatbestandsvoraussetzungen des § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG vorliegen.
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1. Nach § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG dürfen negative Einkünfte aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als (typischer) stiller Gesellschafter, wenn der Schuldner Wohnsitz, Sitz oder Geschäftsleitung in einem Drittstaat hat, nur mit positiven Einkünften der jeweils selben Art aus demselben Staat ausgeglichen und auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Gewinnminderungen stehen dabei nach § 2a Abs. 1 Satz 2 EStG negativen Einkünften gleich. § 2a EStG regelt die Verrechnung von Einkünften mit Bezug zu Drittstaaten und beschränkt dabei aus wirtschaftspolitischen Erwägungen den Abzug bestimmter Auslandsverluste von positiven inländischen Einkünften. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs soll § 2a Abs. 1 EStG unerwünschte Verlustzuweisungen zurückdrängen (BTDrucks 9/2074, S. 64). Damit werden allerdings nur Anlass und Zweck des Gesetzes umschrieben, ohne die unerwünschte Verlustverrechnung zum Tatbestandsmerkmal zu erheben (Senatsurteil vom 17.11.1999 - I R 7/99, BFHE 191, 18, BStBl II 2000, 605).
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2. Soweit die Anwendung des § 2a Abs. 1 EStG danach die Zuordnung des geltend gemachten Verlustes zu einer durch § 2a Abs. 1 Satz 1 EStG ihrer Art nach bestimmten Quelle oder Tätigkeit erfordert, ist das FG zunächst in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass die Beteiligung der Klägerin an der GmbH als typisch stille Gesellschaft zu bewerten ist, die als solche § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG unterfällt. Da die Klägerin gegen diese Wertung im Revisionsverfahren keine Einwendungen mehr erhoben hat, sieht der Senat insoweit von eigenen Ausführungen ab.
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3. Gleiches gilt, soweit das FG angenommen hat, das deutsche Besteuerungsrecht für die Einkommensteuer werde durch das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Kasachstan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 26.11.1997 --DBA-Kasachstan-- (BGBl II 1998, 1593, BStBl I 1998, 1030) nicht ausgeschlossen. Jedenfalls ist nicht erkennbar, dass dem Wohnsitzstaat Bundesrepublik Deutschland nach den Vorschriften des DBA-Kasachstan das Besteuerungsrecht entzogen sein könnte.
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4. Entgegen der Rechtsauffassung des FG unterfällt der Verlust der Einlage eines stillen Gesellschafters, der steuerrechtlich als Teilwertabschreibung abgebildet wird, nicht dem Anwendungsbereich des § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG (ebenso z.B. Gosch in Kirchhof/Seer, EStG, 20. Aufl., § 2a Rz 27; Blümich/Wagner, § 2a EStG Rz 107).
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a) Soweit § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG auf negative Einkünfte aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als (typischer) stiller Gesellschafter abstellt und Satz 2 der Vorschrift den in Satz 1 genannten negativen Einkünften "Gewinnminderungen" gleichstellt, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die in § 2a Abs. 1 Satz 1 EStG enthaltene Aufzählung der negativen Einkünfte nicht an Einkunftsarten im technischen Sinn des § 2 Abs. 1 EStG, sondern an bestimmte Einkunftsquellen und Tätigkeiten anknüpft (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 13.05.1993 - IV R 69/92, BFH/NV 1994, 100; Senatsurteil in BFHE 191, 18, BStBl II 2000, 605), also hier an negative Einkünfte aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter. Die im Rahmen des § 2a Abs. 1 EStG vorzunehmende Gewinnermittlung ist danach gegenständlich beschränkt. Dadurch wird sichergestellt, dass Verluste aus den bezeichneten Vorgängen selbst dann den Ausgleichsbeschränkungen unterfallen, wenn sie --wie im Streitfall-- im Rahmen eines inländischen Gewerbebetriebes erzielt werden (Senatsbeschluss vom 17.12.1998 - I B 80/98, BFHE 187, 549, BStBl II 1999, 293). Das ändert nichts daran, dass Gegenstand der Verlustausgleichsbeschränkung nur "negative Einkünfte" aus den in § 2a Abs. 1 EStG bezeichneten Einkunftsquellen und Vorgängen sind. Der Begriff der negativen Einkünfte ist im herkömmlichen Sinne des § 2a Abs. 1 EStG zu verstehen, also als Saldo aus den Erträgen und Aufwendungen bzw. der Einnahmen und Ausgaben, die der jeweiligen Einkunftsquelle oder Tätigkeit zuzuordnen sind (Senatsbeschluss in BFHE 187, 549, BStBl II 1999, 293).
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b) Der Begriff der "Gewinnminderungen" in § 2a Abs. 1 Satz 2 EStG erfasst zwar seinem Wortlaut nach auch solche aus Teilwertabschreibungen auf eine Beteiligung. Indessen hat der Gesetzgeber § 2a Abs. 1 Satz 2 EStG deshalb ins Gesetz aufgenommen, um "insbesondere aus Teilwertabschreibungen herrührende Gewinnminderungen den negativen Einkünften i.S. des § 2a EStG zuzuordnen" (BTDrucks 12/1108, S. 51). Diese Regelung war notwendig, weil die von § 2a Abs. 1 EStG erfassten Tatbestände in gegenständlicher und zeitlicher Hinsicht nicht einheitlich sind: Während Nr. 1, 2, 5 und 6 Buchst. a und b eine einzelne Einkunftsquelle erfassen, knüpfen Nr. 3, 4, 6 Buchst. c und 7 an einen einzelnen Vorgang an. Für die erste Gruppe und damit den Streitfall lassen sich die negativen Einkünfte für den jeweiligen Veranlagungszeitraum bestimmen, während bei der zweiten Gruppe vorgangsbezogen zu verfahren ist. Dies alleine erklärt die in Satz 2 vorgenommene Klarstellung (Vogel in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 2a Rz B 3). Gemeint sind mit dem Terminus "Gewinnminderungen" nur solche, die vorgangsbezogen aus einer Privatentnahme oder Teilwertabschreibung resultieren und nicht zu negativen Einkünften führen, weil sie etwa nur höhere positive Einkünfte mindern. Nur solche Fälle sollen durch § 2a Abs. 1 Satz 2 EStG vom Abzug ausgeschlossen werden (Herkenroth in Herrmann/Heuer/Raupach, § 2a EStG Rz 25). Dass der Gesetzgeber insoweit differenziert hat, zeigt sich im Übrigen auch daran, dass er Teilwertabschreibungen in § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, Nr. 6 Buchst. c und Nr. 7 Buchst. a EStG ausdrücklich erwähnt, dies aber in § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG gerade unterlassen hat.
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c) Für diese Auslegung spricht auch der mit § 2a EStG generell verfolgte Zweck, den Import "unerwünschter" Verluste aus Verlustzuweisungsmodellen in das Inland auszuschließen (BTDrucks 9/2074, S. 64). Es ist insoweit schwerlich vorstellbar, dass derartige Modelle auf den Verlust der Vermögenssubstanz abzielen könnten. Insoweit erscheint es sachgerecht, den Verlust der Einlage des stillen Gesellschafters, der steuerrechtlich als Teilwertabschreibung abgebildet wird, weil er seine Beteiligung an der stillen Gesellschaft im Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens hält, aus dem Anwendungsbereich des § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG auszunehmen.
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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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