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BFH 28.10.2020 - X R 37/18
BFH 28.10.2020 - X R 37/18 - Auskunftsersuchen an Dritte ohne vorherige Sachverhaltsaufklärung beim Steuerpflichtigen
Normen
§ 93 Abs 1 S 1 AO, § 93 Abs 1 S 3 AO, § 118 S 1 AO, § 100 Abs 1 S 4 FGO, § 102 S 1 FGO, § 5 AO
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 30. August 2018, Az: 9 K 9099/16, Urteil
nachgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 26. November 2021, Az: 9 K 9099/16, Urteil
Leitsatz
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1. Um ein Auskunftsersuchen an andere Personen als die Beteiligten richten zu dürfen, muss entweder die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führen (Alternative 1) oder diese keinen Erfolg versprechen (Alternative 2).
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2. Um eine Prognose zu den fehlenden Erfolgsaussichten einer Auskunft durch die Beteiligten machen zu können, bedarf es eines klar umrissenen und für die Besteuerung des Steuerpflichtigen erheblichen Sachverhalts; Ermittlungszweck und potentielles Ermittlungsergebnis müssen erkennbar sein.
Tenor
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Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 30.08.2018 - 9 K 9099/16 aufgehoben.
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Die Sache wird an das Finanzgericht Berlin-Brandenburg zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
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Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.
Tatbestand
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I.
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Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb in den Jahren 2009 bis 2011 einen Handel mit Kraftfahrzeugen, insbesondere mit Gebrauchtwagen. Seinen Gewinn ermittelte er durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1, § 5 des Einkommensteuergesetzes). Für die von ihm angekauften Fahrzeuge erstellte der Kläger in der Regel sog. PC-Ankaufscheine. Ausnahmsweise fertigte er sie auch handschriftlich aus.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ordnete am 04.11.2015 die Durchführung einer Außenprüfung für diese Jahre an. Im Rahmen der Außenprüfung richtete die Prüferin des FA mehrere Anfragen an das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA). Dabei stellte sich heraus, dass in einer Reihe von Fällen die Verkäufer der Fahrzeuge nicht deren letzte Halter gewesen waren. Die Prüferin konnte deshalb anhand der vom Kläger übergebenen Unterlagen die Lieferketten zwischen dem letzten Halter und dem Verkäufer nicht nachvollziehen. Fahrzeugbriefe waren nach dem Weiterverkauf der Fahrzeuge im Betrieb des Klägers nicht mehr vorhanden.
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Da die Prüferin bestimmte Umsätze des Klägers mit Gebrauchtfahrzeugen als auffällig ansah, hielt sie es für nötig, die letzten Halter um weitere Auskünfte zu bitten. Sie ging dabei davon aus, dass diese Halter dem Kläger unbekannt seien und meinte infolgedessen, eine vorherige Anfrage beim Kläger könne unterbleiben. In letztlich 21 Fällen fertigte sie deshalb Auskunftsersuchen an die Halter als Dritte, um die Lieferbeziehungen in Bezug auf Fahrzeuge aufzuklären. Im Anschluss sollten die benannten Käufer der Fahrzeuge um weitere Auskunft gebeten werden.
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Die Prüferin konzentrierte sich bei der Auswahl der aufzuklärenden Ankäufe auf diejenigen mit handgeschriebenen Ankaufscheinen, da diese nicht der Regelfall gewesen seien. Weitere PC-Ankaufscheine kamen hinzu, soweit sie Auffälligkeiten auswiesen, etwa einen abweichenden Kilometerstand oder Verkäufe durch Frau F, die Ehefrau des Autohändlers G. Die Auskunftsersuchen enthielten den Namen des Klägers, den Hinweis auf seine steuerlichen Angelegenheiten sowie die Angabe, dass eine Auskunftspflicht bestehe, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch den Kläger nicht zum Ziel führe oder keinen Erfolg verspreche.
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In den hiergegen gerichteten Einspruchsverfahren wurden dem Kläger auf seine Bitte hin Aufstellungen übersandt, aus denen hervorging, an wen sich die 21 Auskunftsersuchen gerichtet hatten, um welche Fahrzeuge es sich gehandelt habe, wann der Ankauf durch den Kläger erfolgt sei und von wem er zu welchem Preis das Fahrzeug angekauft habe. Gleichzeitig wurde er um Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung gebeten. Er möge insbesondere erklären, ob und wie die Geschäfte tatsächlich abgewickelt worden seien.
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Nachdem der Kläger mitgeteilt hatte, dass die Dritten im Hinblick auf den Erwerb der Fahrzeuge durch ihn keine Auskunft geben könnten und er deshalb der Ansicht sei, die Auskunftsersuchen seien für seine Besteuerung ohne Bedeutung, wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück. Die Auskunftsersuchen hätten der Ermittlung steuerlich erheblicher Tatsachen gedient. In den Jahren 2008 bis 2011 habe der Kläger in erheblichem Umfang gebrauchte Kraftfahrzeuge angekauft und weiterveräußert. Seine Gewinnmarge unterliege der Einkommensteuer und, da er die Differenzbesteuerung nach § 25a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) anwende, auch der Umsatzsteuer. Folglich habe das FA im Rahmen der Außenprüfung die Richtigkeit der Besteuerung dieser Marge zu überprüfen. Die Kette zwischen dem letzten Fahrzeughalter und dem Kläger müsse vollständig aufgeklärt werden, um feststellen zu können, ob der in den Ankaufscheinen ausgewiesene Preis dem wirklichen Kaufpreis entspreche. Die Auskunftsersuchen, die sich zunächst an die letzten Halter der angekauften Fahrzeuge gewendet hätten, seien geeignet gewesen, diesen Sachverhalt aufzuklären. Sie seien anschließend in der Verkaufskette fortzusetzen. Die Inanspruchnahme der letzten Halter sei erforderlich, da die Verkaufskette nicht anhand der Fahrzeugbriefe aufgeklärt werden könne. Auch seien die Zwischenhändler nicht als Halter in die Fahrzeugbriefe eingetragen worden.
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Der Subsidiaritätsklausel des § 93 Abs. 1 Satz 3 der Abgabenordnung (AO) sei entsprochen worden, da eine Sachverhaltsaufklärung durch den Kläger keinen Erfolg verspreche. Sie scheitere voraussichtlich aus persönlichen und sachlichen Gründen. Der Kläger habe aller Wahrscheinlichkeit nach keine Kenntnis über den relevanten Sachverhalt und könne deshalb die gewünschten Auskünfte nicht erteilen. Dies habe sich im Laufe des Einspruchsverfahrens bestätigt. Auch liege kein Auskunftsersuchen ohne begründeten Anlass vor. Vielmehr habe das FA aufgrund der Antworten des KBA und der festgestellten Auffälligkeiten bei den Ankaufsbelegen weitere Ermittlungsmaßnahmen für erforderlich gehalten.
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Das Finanzgericht (FG) wies die Fortsetzungsfeststellungsklage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2019, 313 veröffentlichten Gründen ab.
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Der Kläger macht im Rahmen seiner Revision die Verletzung materiellen Rechts und Verfahrensmängel geltend. Das FG verkenne die inhaltlichen Schranken für ein Auskunftsersuchen nach § 93 Abs. 1 AO und erwecke den Eindruck, dem FA sei jedes aus seiner Sicht für sachdienlich gehaltene Auskunftsersuchen erlaubt. Steuererheblich könne lediglich die Überprüfung der als Betriebsausgaben geltend gemachten Einkaufspreise sein. Das FG stelle dagegen auf die Fahrzeugbewegungen in der Kette an sich ab und erbitte deshalb nicht nur von den unmittelbaren Geschäftspartnern des Klägers Auskunft. Unklar bleibe die Erheblichkeit der Ermittlungen in dieser sog. "Lieferkette". Sie stellten nicht erlaubte Ermittlungen "ins Blaue hinein" dar. Zweifel, dass die vom FA genannten Zwischenhändler nicht Vertragspartner und Zahlungsempfänger des Klägers gewesen seien, hätten sich nicht bestätigt. Die vom FA angenommenen Auffälligkeiten hätten im Übrigen zunächst vom Kläger aufgeklärt werden müssen. Feststellungen des FG zur unterstellten Gefährdung des Ermittlungszwecks fehlten und könnten auch nicht durch den Hinweis auf das unterlassene Auskunftsersuchen an einen Mitarbeiter des Klägers ersetzt werden. Vielmehr habe der Kläger stets und umfassend an der Sachverhaltsaufklärung mitgewirkt.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Einspruchsentscheidung vom 28.04.2016 festzustellen, dass die im Rahmen der Außenprüfung gemäß Prüfungsanordnung vom 04.11.2015 verbleibenden Auskunftsersuchen an insgesamt 21 Personen rechtswidrig gewesen sind.
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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Soweit der Kläger das Unterbleiben einer weitergehenden Sachverhaltsaufklärung des FG rüge, fehle es bereits an einem substantiierten Vortrag. Das FG-Urteil enthalte ausreichende Feststellungen und leide auch ansonsten nicht an einem Verfahrensmangel. Zutreffend habe das FG im Rahmen seiner Prüfungskompetenz nach § 102 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ein ermessensfehlerfreies Handeln des FA angenommen. Erhebliche Tatsache in Bezug auf das Auskunftsersuchen sei der Ankaufspreis des jeweiligen Fahrzeugs gewesen. Dieser habe Einfluss auf die Höhe der Betriebsausgaben, auf die zu versteuernde Gewinnmarge und auf die Bemessungsgrundlage für die Differenzbesteuerung gemäß § 25a UStG. Insoweit sei es erforderlich gewesen, mögliche zum Schein eingebundene Zwischenhändler als sog. "Hochpreiser" zu ermitteln und die Richtigkeit der Ankaufspreise des Klägers aufzuklären. Wirtschaftlich nicht zu erklärende Preissprünge in der Lieferkette mit Bezug zum Kläger seien zu berücksichtigen.
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Es liege ein atypischer Fall i.S. des § 93 Abs. 1 Satz 3 AO vor, weil die Sachverhaltsaufklärung durch den Steuerpflichtigen nicht zum Ziele führe und keinen Erfolg verspreche. Der Kläger habe aller Wahrscheinlichkeit nach keine Kenntnisse davon, an wen und zu welchen Konditionen die letzten Halter die Fahrzeuge am Beginn der Lieferkette veräußert hätten. Auch könne eine Befragung der in § 200 Abs. 1 Satz 3 AO genannten weiteren Personen aus dem Umfeld des Klägers keinen Erfolg haben. Die Anfragen bei den letzten Haltern seien nötig gewesen, da unzweifelhaft festgestanden habe, dass diese Personen tatsächlich Teile der Lieferkette gewesen seien. Da es Ziel des FA gewesen sei, die Fahrzeugbewegungen in der Lieferkette wirtschaftlich vollständig aufzuklären, sei beabsichtigt gewesen, zu einem späteren Zeitpunkt auch die Lieferanten des Klägers um Auskunft zu bitten. Eine Aufdeckung der Händlermargen seiner Lieferanten sei bislang nicht zu befürchten gewesen, da sich die fraglichen Auskunftsersuchen an Personen gerichtet hätten, die die Fahrzeuge zur längerfristigen privaten oder eigenbetrieblichen Nutzung erworben hätten. Eine vorherige Information des Klägers hätte den dargelegten Ermittlungszweck gefährdet.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
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1. Das FG hat zutreffend die Zulässigkeit der Klage bejaht.
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Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, die streitigen Auskunftsersuchen des FA --anfechtbare Verwaltungsakte gemäß § 118 Satz 1 AO (so schon Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH--vom 05.04.1984 - IV R 244/83, BFHE 140, 518, BStBl II 1984, 790, m.w.N.)-- seien rechtswidrig gewesen.
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Das besondere Feststellungsinteresse ist bereits deshalb gegeben, weil der Kläger durch die Auskunftsersuchen in seinem Persönlichkeitsrecht betroffen ist und deshalb ein Interesse an seiner Rehabilitation geltend machen kann. Ein erheblicher Eingriff in die Persönlichkeitssphäre liegt nicht nur vor, wenn der erledigte Verwaltungsakt als Vorwurf der Steuerhinterziehung verstanden werden kann (vgl. insoweit BFH-Urteil vom 04.12.2012 - VIII R 5/10, BFHE 239, 19, BStBl II 2014, 220, Rz 20, m.w.N.). Aufgrund des in § 93 Abs. 1 Satz 3 AO verankerten Subsidiaritätsprinzips (vgl. insoweit nur Senatsurteil vom 29.07.2015 - X R 4/14, BFHE 251, 112, BStBl II 2016, 135, Rz 42, m.w.N.), welches insbesondere auch dem Schutz des Steuerpflichtigen in Bezug auf sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung dient (Senatsurteil in BFHE 251, 112, BStBl II 2016, 135, Rz 51, m.w.N.), besteht die Gefahr, dass der geschäftliche Ruf des Klägers durch ein solches Auskunftsersuchen Schaden nehmen kann. Denn, wie auch im vorliegenden Fall, beinhalten diese Auskunftsersuchen den impliziten Vorwurf, die Auskunft durch die andere Person sei aufgrund einer fehlenden Mitwirkung des Steuerpflichtigen an seinem Besteuerungsverfahren nötig geworden. Damit könnten Zweifel an seiner Zuverlässigkeit im gewerblichen Verkehr entstehen, sofern dem Kläger nicht im Wege einer Fortsetzungsfeststellungsklage eine Überprüfungsmöglichkeit des streitigen, aber erledigten Verwaltungsakts, verbunden mit seiner Rehabilitation, eröffnet wird.
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Im Übrigen besteht auch eine hinreichend konkrete Wiederholungsabsicht des FA, da dieses angekündigt hat, weitere Auskunftsersuchen an Verkäufer der vom Kläger erworbenen Gebrauchtwagen innerhalb der Lieferketten zu richten. Das erforderliche Feststellungsinteresse liegt deshalb vor (vgl. nur Senatsurteil vom 22.08.2012 - X R 36/09, BFHE 239, 203, BStBl II 2014, 109, unter II.1.b).
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2. Die Revision des Klägers ist begründet. Das finanzgerichtliche Urteil verletzt Bundesrecht, weil notwendige Feststellungen des FG im Rahmen seiner Prüfung der Rechtmäßigkeit der streitigen Auskunftsersuchen dazu fehlen, ob das FA vor deren Erlass bei seiner Prognose hinreichend erwogen hat, inwieweit die beabsichtigte Sachverhaltsaufklärung durch den Kläger (offenkundig) keinen Erfolg versprechen würde. Dazu hätte das FG ermitteln müssen, welches Ziel das FA im Hinblick auf den aus seiner Sicht für die Besteuerung des Klägers erheblichen Sachverhalt verfolgt hat und inwieweit dieses hierfür erforderlich gewesen ist. Die in diesem Bereich gegebenen Unzulänglichkeiten führen nach Auffassung des Senats derzeit indes nicht zur Feststellung der Rechtswidrigkeit des Auskunftsersuchens, sondern zur Notwendigkeit weiterer Ermittlungen des FG.
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a) Die Beteiligten und andere Personen haben gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 AO der Finanzbehörde die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Nach § 93 Abs. 1 Satz 3 AO sollen andere Personen als die Beteiligten erst dann zur Auskunft angehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht. Dies unterscheidet die Befugnisse des FA von denen der Steuerfahndung, bei der die Subsidiaritätsklausel des § 93 Abs. 1 Satz 3 AO ausdrücklich gemäß § 208 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 AO nicht gilt (so Senatsurteil in BFHE 251, 112, BStBl II 2016, 135, Rz 43, m.w.N.). Auch wird nur so das FA dem doppelten Zweck des § 93 Abs. 1 Satz 3 AO gerecht, wonach zum einen vermieden werden soll, dass Nichtbeteiligte Einblick in die steuerlich relevanten Verhältnisse der Beteiligten erhalten, und zum anderen den Dritten die mit der Auskunft verbundenen Mühen erspart werden sollen (Senatsurteil in BFHE 251, 112, BStBl II 2016, 135, Rz 44, m.w.N.).
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"Soll"-Vorschriften wie § 93 Abs. 1 Satz 3 AO sind im Regelfall für die mit ihrer Durchführung betraute Behörde rechtlich zwingend und verpflichten sie, grundsätzlich so zu verfahren, wie es die Vorschrift mit der Soll-Rechtsfolge vorgibt. Im Regelfall bedeutet das "Soll" ein "Muss". Nur bei Vorliegen von Umständen, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, darf die Behörde anders verfahren als im Gesetz vorgesehen und den atypischen Fall nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden. Dieses Ermessen beschränkt sich also auf die Frage, was im Ausnahmefall zu geschehen hat. Ob ein atypischer Fall vorliegt, der eine solche Ermessensentscheidung ermöglicht und gebietet, ist als Rechtsvoraussetzung im Rechtsstreit von den Gerichten zu überprüfen und zu entscheiden (vgl. nur Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.09.1992 - 5 C 80/88, juris, Rz 16 und 18, m.w.N.).
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Bei Auskunftsersuchen, die sich an andere Personen als die Beteiligten richten, müssen grundsätzlich die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen des § 93 Abs. 1 Satz 3 AO erfüllt sein, d.h. die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten darf nicht zum Ziel führen oder keinen Erfolg versprechen. Liegt ein atypischer Fall vor --so dass das "Soll" seinen Charakter als "Muss" verliert--, kann die Finanzbehörde sich jedoch nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 5 AO) ausnahmsweise auch dann an andere Personen als die Beteiligten wenden, wenn die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt sind.
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b) Vorliegend bejahen sowohl das FA als auch das FG die Tatbestandsvoraussetzung, dass die Sachverhaltsaufklärung durch den Kläger keinen Erfolg verspricht. Darüber hinaus sind sie der Ansicht, es sei ein atypischer Fall gegeben, so dass dem Subsidiaritätsprinzip des § 93 Abs. 1 Satz 3 AO Genüge getan worden sei.
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Aus Sicht des Senats bleibt aber schon mangels entsprechender Feststellungen des FG unklar, was genau das Ziel der geplanten Sachaufklärung des FA gewesen sein soll und inwieweit diese im Zeitpunkt der Prognoseentscheidung erheblich für die Besteuerung des Klägers war.
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aa) Steht nicht fest, dass der Beteiligte nicht mitwirken wird, darf die Finanzbehörde auf Grundlage des § 93 Abs. 1 Satz 3 AO eine Auskunft bei Dritten ohne einen entsprechenden Versuch beim Beteiligten nur einholen, wenn die Erfolglosigkeit seiner Mitwirkung anzunehmen ist. Darauf kann eine Finanzbehörde aufgrund des bisherigen Verhaltens des Beteiligten bei konkret nachweisbaren Tatsachen im Rahmen einer vorweggenommenen Beweiswürdigung schließen. Eine solche Erfolglosigkeit ist erst anzunehmen, wenn das FA bei seiner Prognoseentscheidung sicher und damit offenkundig zu dem Schluss kommen darf, dass eine Mitwirkung des Beteiligten, der eigentlich zunächst zu fragen wäre, keinen Erfolg haben wird. Demgegenüber ist es nicht ausreichend, eine solche Beweiswürdigung schon dann als vertretbar anzusehen, wenn sie (nur) nicht willkürlich erfolgt ist (vgl. Senatsurteil in BFHE 251, 112, BStBl II 2016, 135, Rz 50).
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Um eine solche Prognose zu den Erfolgsaussichten sachgerecht vornehmen zu können, bedarf es eines klar umrissenen und für die Besteuerung des Steuerpflichtigen erheblichen Sachverhalts. Denn nur so kann das Mitwirkungsverhalten und -ergebnis des Steuerpflichtigen eingeschätzt werden. Ermittlungen "ins Blaue hinein" sind unzulässig (so schon BFH-Urteil vom 04.10.2006 - VIII R 53/04, BFHE 215, 12, BStBl II 2007, 227, Rz 47, m.w.N.). Trotz des insoweit weiten Beurteilungsspielraums der Finanzverwaltung bedarf es einer Steuererheblichkeit der mitzuteilenden "Tatsachen" (weiterführend Senatsurteil in BFHE 251, 112, BStBl II 2016, 135, Rz 41, m.w.N.). Auf eine solche Steuererheblichkeit hat die Erfolgsprognose im Hinblick auf die Sachverhaltsaufklärung durch den Steuerpflichtigen aufzubauen. Dazu muss zumindest klar sein, was Ziel der Sachaufklärung der Finanzbehörde sein soll. Folglich hat die Finanzbehörde den Ermittlungszweck wie das potentielle Ermittlungsergebnis im Rahmen seiner Prognose, die vor dem Erlass des Auskunftsersuchens vorzunehmen ist, so zu umreißen, dass die Erfolgsaussichten für eine Mitwirkung des Beteiligten eingeschätzt werden können. Andernfalls fehlt es bereits an der diese Prognose tragenden Tatsachengrundlage.
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bb) Vorliegend ist die Prognoseentscheidung des FA, soweit sie überhaupt vom FG festgestellt worden ist, nicht eindeutig. Ihre Überprüfung und Würdigung durch das FG fehlen, ebenso weitergehende Feststellungen zum Ermittlungszweck der Sachaufklärung des FA im Zusammenhang mit den streitigen Auskunftsersuchen.
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(1) Im Vermerk vom 09.02.2016 bzw. vom 10.02.2016, der im Tatbestand des FG-Urteils im Wesentlichen wörtlich wiedergegeben worden ist, stellt das FA zwar dar, dass der Verkäufer, von dem der Kläger den PKW erworben habe, nicht in jedem Fall der letzte Halter gewesen sei. Es bleibt jedoch unklar, ob die sich daraus ergebende weitergehende Sachverhaltsaufklärung den Kläger und/oder alle Zwischenhändler in der Lieferkette betreffen sollte. Sollten die Auskunftsersuchen aufgrund der dargelegten Anmerkungen erstellt worden sein, bleibt insbesondere unklar --da im Vermerk nicht erläutert--, warum der Kläger zu den einzelnen dort genannten Punkten nicht vorab befragt werden konnte.
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Eher formelmäßig ist die weitere Aussage des FA, es erfolgten keine rasterfahndungsähnlichen flächendeckenden Prüfungen ohne konkreten Anlass ("ins Blaue hinein"). Auch insoweit wird allein auf das Kriterium zur Auswahl der einzelnen Ankaufvorgänge hingewiesen, ohne dass hinreichend klar wird, welchem Ermittlungszweck die weitere Sachverhaltsaufklärung dienen soll und in welchem Zusammenhang sie zu den aufgezeigten Auffälligkeiten stehen könnte.
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Im Rahmen des Einspruchsverfahrens nach Ergehen der streitigen Auskunftsersuchen führt das FA zwar noch aus, diese Sachaufklärung sei nötig gewesen, um festzustellen, ob und wie die Geschäfte tatsächlich gelaufen seien; das FA geht zudem erstmals auf die aus seiner Sicht steuerlich erheblichen Tatsachen ein, nämlich die Prüfung der Gewinnmarge und der Richtigkeit der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG. Es fehlt aber weiterhin eine Erläuterung, warum eine Befragung des Klägers unterblieben ist.
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(2) Feststellungen des FG, das annimmt, die Ermittlung der "Lieferketten" dienten dazu, die vom Kläger angegebenen Ankaufspreise zu widerlegen, fehlen in Bezug auf den Vermerk des FA. Vielmehr geht das FG von seinen eigenen allgemeinen Erfahrungen aus, die Anlass für eine nähere Überprüfung gewesen sein könnten. Lediglich exemplarisch und damit kursorisch bezieht sich das FG auf die im Vermerk dargelegten Ungereimtheiten. Eine Verbindung zwischen diesen Auffälligkeiten und den deshalb notwendigen einzelnen Auskunftsersuchen wird nicht hergestellt. Vielmehr verweist das FG nur darauf, es sei lebensnah, wenn eine Behörde bei vorgeschobenen Zwischenhändlern nicht erwarte, dass der Steuerpflichtige diese Manipulationen auf bloße Nachfrage des Betriebsprüfers freimütig zugebe.
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(3) Für den Senat wird mangels weitergehender Feststellungen schon nicht klar, wieso das FG zugunsten des FA davon ausgehen konnte, aufgrund der aufzeigten Auffälligkeiten dürfe angenommen werden, dass die Zwischenhändler nicht existierten. Darüber hinaus erschließt es sich trotz der Ausführungen des FG nicht, wieso die ausgesuchten Fälle eine Überprüfung der Lieferkette im konkreten Einzelfall nötig machen sollten. Auch insoweit fehlt es an hinreichenden Feststellungen des FG, die diesen Schluss zulassen. Dasselbe gilt für die Annahme des FA und des FG, der Versuch einer Sachverhaltsaufklärung durch den Kläger verspreche keinen Erfolg.
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3. Mangels geeigneter Feststellungen des FG ist das Urteil deshalb aufzuheben und die Sache gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuweisen.
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4. Ausgehend davon, dass jedes Auskunftsersuchen ein anfechtbarer Verwaltungsakt i.S. des § 118 Satz 1 AO ist (Senatsurteil in BFHE 251, 112, BStBl II 2016, 135, Rz 26, m.w.N.), wird das FG im zweiten Rechtsgang feststellen müssen, ob und wenn ja welchen konkreten Ermittlungszweck das FA in jedem Einzelfall verfolgte, so dass es im Rahmen seiner Prognose vor dem Erlass jedes Auskunftsersuchens von einer Erfolglosigkeit der Sachaufklärung durch den Kläger ausgehen durfte. Kann dies nicht angenommen werden, wird das FG darüber hinaus überprüfen müssen, ob in diesem Einzelfall bereits ein atypischer Fall vorliegt, der es erlaubt, den ersten Halter als andere Person um Auskunft zu ersuchen. Dabei ist die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne zu beachten (weiterführend Senatsurteil in BFHE 251, 112, BStBl II 2016, 135, Rz 51, m.w.N.).
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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6. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2, § 121 Satz 1 FGO).
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