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BFH 29.03.2018 - I B 79/17
BFH 29.03.2018 - I B 79/17 - Unzulässige Beschwerde zu ausgelaufenem Recht
Normen
§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, § 8 Abs 3 InvStG, § 8 Abs 1 S 1 InvStG, § 8b Abs 2 S 2 KStG 2002, § 4 Abs 3 EStG 2002, EStG VZ 2008, KStG VZ 2008
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 6. Juli 2017, Az: 6 K 150/16, Urteil
vorgehend BFH, 22. Dezember 2015, Az: I R 43/13, Urteil
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 1. November 2012, Az: 6 K 382/10, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Wird eine vermeintliche Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu ausgelaufenem Recht aufgeworfen, so ist darzulegen, dass sich die Frage noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis stellen kann. Die Einlassung, sie habe "qualitative Breitenwirkung", reicht dafür nicht aus.
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2. NV: Die Beschwerde muss sich darüber hinaus auch mit den tragenden rechtlichen Erwägungen der Vorinstanz, der bestehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung sowie der Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage auseinandersetzen.
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 6. Juli 2017 - 6 K 150/16 wird als unzulässig verworfen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH. Zu Beginn des Jahres 2008 (Streitjahr) verfügte sie über freie Liquidität, die sie in ... Anteile eines Luxemburgischen Investmentfonds anlegte. Der Fonds investierte seinerseits bis zu 20 % in verzinsliche Wertpapiere, im Übrigen in Optionsscheine einzelner Aktien. Zur Absicherung der Optionsgeschäfte schloss der Fonds Terminverkäufe (Forwards) ab, die --wie die Optionsscheine auch-- durch physische Lieferung der entsprechenden Aktien oder Barausgleich erfüllt werden konnten. Die Options- und Forwardgeschäfte hatten jeweils identische Laufzeiten bzw. Ausübungs-/Terminpreise; eine weitergehende rechtliche oder wirtschaftliche Verknüpfung bestand nicht.
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Im Dezember 2008 gab die Klägerin die Fondsanteile unter Erzielung eines Rückgabegewinns vor Steuern in Höhe von ... € zurück. In ihrer Körperschaftsteuererklärung für das Streitjahr machte die Klägerin einen nach § 8b Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (KStG) steuerbefreiten Aktiengewinn in Höhe von ... € geltend. Diesen erkannte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) unter Berufung auf das Vorliegen eines Gestaltungsmissbrauchs nicht an. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
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Der Senat hob das klageabweisende Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts (FG) vom 1. November 2012 6 K 382/10 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 328) wegen eines inzwischen ergangenen Änderungsbescheids mit Urteil vom 22. Dezember 2015 I R 43/13 (BFH/NV 2016, 1034) auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück, damit dieses unter Berücksichtigung des Senatsurteils vom 9. April 2014 I R 52/12 (BFHE 245, 59, BStBl II 2014, 861) eine Entscheidung zur Höhe des Veräußerungsgewinns auf Grundlage des Änderungsbescheids treffen könne.
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Das FG gab der Klage im zweiten Rechtsgang mit Urteil vom 6. Juli 2017 6 K 150/16 (juris) nur insoweit statt, als das FA den steuerfreien Aktiengewinn versehentlich in Höhe von ... € zu niedrig bemessen hatte. Ansonsten vertrat es die Auffassung, dass im Rahmen der Ermittlung des Aktiengewinns auf Fondsebene die Aktienveräußerungsgewinne mit den Derivateverlusten zu saldieren seien; die Verluste aus den Options- und Termingeschäften seien Veräußerungskosten i.S. des § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG, da sie in wirtschaftlich wertendem Veranlassungszusammenhang zu den Aktienverkäufen stünden.
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Gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde, die sie auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) sowie die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Variante 2 FGO) stützt.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Beschwerde ist unzulässig und daher durch Beschluss zu verwerfen. Die Klägerin hat die von ihr geltend gemachten Revisionszulassungsgründe nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Weise dargelegt.
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1. Die Klägerin hat die grundsätzliche Bedeutung der von ihr aufgeworfenen Rechtsfragen nicht hinreichend dargelegt.
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a) Wird die Beschwerde mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO begründet, hat der Beschwerdeführer zur Erfüllung der Darlegungsanforderungen eine hinreichend bestimmte, für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herauszustellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Hierzu ist schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen darzulegen, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 24. Februar 2014 XI B 15/13, BFH/NV 2014, 839; vom 21. Januar 2015 XI B 88/14, BFH/NV 2015, 864; vom 26. September 2017 XI B 65/17, BFH/NV 2018, 240, m.w.N.). Sofern zu dem Problemkreis Rechtsprechung und Äußerungen im Fachschrifttum vorhanden sind, ist eine konkrete Auseinandersetzung damit sowie die Erörterung geboten, warum durch diese Entscheidungen die Rechtsfrage noch nicht als geklärt anzusehen ist oder weshalb sie einer weiteren oder erneuten Klärung bedarf (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 31. Januar 2017 III B 55/16, BFH/NV 2017, 609; in BFH/NV 2018, 240). Insbesondere ist bezogen auf die einschlägige Norm herauszuarbeiten, weshalb die Frage im Streitfall und unter Berücksichtigung der Ausführungen des FG entscheidungserheblich sein soll. Im Falle ausgelaufenen Rechts ist außerdem darzulegen, dass die aufgeworfenen Rechtsfragen sich noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft weiterhin stellen können, wie dies bei Fragen aus fortgeltendem Recht regelmäßig der Fall ist (vgl. BFH-Beschluss vom 11. Mai 2017 VI B 105/16, BFH/NV 2017, 1172).
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b) Den vorgenannten Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
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aa) Die Unzulässigkeit der Beschwerde ergibt sich bereits daraus, dass die von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen (hier: Ermittlung des Aktiengewinns auf Fondsebene nach Brutto- oder Nettomethode und ob § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG dabei Anwendung findet) nach der Spezial-Investmentfonds im Rahmen einer konzeptionellen Gestaltung betreffenden Einführung der §§ 39 Abs. 3 und 48 Abs. 4 Satz 2 des Investmentsteuergesetzes in der ab 2018 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Investmentbesteuerung (Investmentsteuerreformgesetz) vom 19. Juli 2016 (BGBl I 2016, 1730, BStBl I 2016, 731) ausgelaufenes Recht betreffen und die Klägerin nicht hinreichend dargelegt hat, dass sich die Rechtsfragen noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis weiterhin stellen können. Die Einlassungen der Klägerin dazu sind nicht hinreichend substantiiert. Die Klägerin hat lediglich ausgeführt, die aufgeworfenen Fragen beträfen eine Vielzahl vergleichbarer Fälle und die Gesetzesbegründung zu den genannten Neuregelungen zeige gerade, dass die Rechtslage zuvor unsicher gewesen sei. Auf den Vorhalt des FA, dass es sich beim Streitfall um die bisher einzige in Niedersachsen vorgekommene Fallgestaltung handele, in der sich die aufgeworfene(n) Frage(n) stellen würde(n), hat die Klägerin lediglich entgegnet, dass sich die Frage nach der Anwendung der Brutto- oder Nettomethode nicht auf den Streitfall beschränke. In der Sache hat sie damit den Einlassungen des FA nicht widersprochen, sondern lediglich eine "qualitative Breitenwirkung" der aufgeworfenen Rechtsfragen behauptet, ohne den Inhalt dieser Aussage in nachvollziehbarer Weise zu substantiieren.
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bb) Die Beschwerdebegründung geht ferner zur Anwendbarkeit der Brutto- bzw. Nettomethode auch nicht auf das vom FG in den Vordergrund gestellte Argument ein, dass § 8 Abs. 1 Satz 1 des Investmentsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (InvStG) zwar von Einnahmen spricht, hierbei aber zum einen § 8b KStG anzuwenden ist und zum anderen die "realisierten oder noch nicht realisierten Gewinne" aus der Beteiligung gemeint sind. Bereits dieser Umstand spricht für die Annahme einer Nettogröße. Dies findet zudem unter systematischen Gesichtspunkten Bestätigung in § 8 Abs. 3 InvStG, wonach der nach Abs. 1 zu berücksichtigende Teil der Einnahmen der Unterschied der Aktiengewinne auf den Rücknahmepreis zum Veräußerungs- bzw. Anschaffungszeitpunkt ist, also wiederum auf eine Nettogröße abgestellt wird. Umso mehr wäre es Aufgabe der Klägerin gewesen, herauszuarbeiten, weshalb die aufgeworfene Frage unter Berücksichtigung der Ausführungen des FG entscheidungserheblich sein soll.
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c) Hinzu kommt, dass sich die Beschwerde nicht mit den Erwägungen des Urteils vom 14. Dezember 2011 I R 92/10 (BFHE 236, 106, BStBl II 2013, 486) auseinandersetzt, worin der Senat zum Verständnis des § 8 Abs. 1 Satz 1 InvStG bereits i.S. des Transparenzprinzips und der Gleichstellung mit einem Direktanleger unter Separierung des Aktiengewinns Stellung genommen hat.
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d) Zur Frage, ob § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG bei Ermittlung des Aktiengewinns auf Fondsebene Anwendung findet, enthält die Beschwerdebegründung keine hinreichenden Ausführungen dazu, warum § 8b KStG im Rahmen einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung nicht anwendbar sein soll. Auch bleibt nach der Beschwerdebegründung offen, welche entscheidungserheblichen Konsequenzen aus der von der Klägerin angeführten Intransparenz des Investmentvermögens abgeleitet werden sollen.
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2. Die Beschwerde kann auch keinen Erfolg haben, soweit die Klägerin bezogen auf den Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Variante 2 FGO die Frage aufgeworfen hat, ob Sicherungsgeschäfte, so wie vom FA angenommen, nach dem Veranlassungsprinzip zu den Veräußerungskosten gehören. Diese Frage könnte der Senat im Rahmen eines Revisionsverfahrens nicht überprüfen, denn sie ist vorrangig vom FG aufgrund seiner tatrichterlichen Feststellungen zu beurteilen. Der Senat wäre in einem Revisionsverfahren an die entsprechenden Tatsachenfeststellungen nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden und könnte die Tatsachen- und Beweiswürdigung nur auf Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze überprüfen. Bezogen auf die Frage nach der Beurteilung des Veranlassungszusammenhangs kann sich deswegen kein Revisionszulassungsgrund ergeben.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
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4. Der Beschluss ergeht im Übrigen nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ohne weitere Begründung.
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