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BFH 13.03.2018 - IX R 18/17
BFH 13.03.2018 - IX R 18/17 - Einkünfte aus Leistungen - "Break Fee"
Normen
§ 2 Abs 1 S 1 Nr 7 EStG 2009, § 22 Nr 3 S 1 EStG 2009, EStG VZ 2011
Vorinstanz
vorgehend FG Nürnberg, 26. Oktober 2016, Az: 5 K 490/15, Urteil
Leitsatz
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Hat der Leistende nicht die Möglichkeit, durch seine Leistung das Entstehen des Anspruchs auf die Leistung des Vertragspartners positiv zu beeinflussen, genügt die Annahme der Leistung der Gegenseite nicht, um den fehlenden besteuerungsrelevanten Veranlassungszusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung herzustellen .
Tenor
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Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 26. Oktober 2016 5 K 490/15 aufgehoben.
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Die Einkommensteuer 2011 wird unter Änderung des Einkommensteuerbescheids für 2011 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung auf den Betrag festgesetzt, der sich ergibt, wenn die beim Kläger berücksichtigten Einkünfte aus Leistungen von 161.266 € unberücksichtigt bleiben.
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Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.
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Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war als Gründungsgesellschafter an der Z-AG (AG) beteiligt. Die Aktien der AG waren zum Börsenhandel zugelassen.
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Im Jahr 2011 leiteten der Kläger und andere verkaufsbereite Aktionäre ein öffentliches Gebotsverfahren im Umfang einer Mehrheitsbeteiligung an der AG in die Wege. An dem Verfahren beteiligten sich als Bieter u.a. die ... (B) und die ...(C). C bot zunächst 16,50 € pro Aktie, B einen Preis zwischen 15,50 € und 17,50 € pro Aktie.
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Ende ... 2011 stellte B ein Angebot für 19 € pro Aktie in Aussicht, verlangte jedoch zur Durchführung einer erweiterten Due Diligence den Abschluss eines "Exclusivity Agreement" bei Vereinbarung einer an die Aktionäre zu zahlenden "Break Fee" in Höhe von 2,5 Mio. €. Dieses Angebot lehnten die Aktionäre ab. Eine Einigung mit C stehe unmittelbar bevor. Es bestünde die Gefahr der Minderung des Verkaufspreises durch Verlagerung von Knowhow auf B. Außerdem drohten erhebliche Kosten für Rechts- und Steuerberatung sowie Bindung des Managements der AG. B erhöhte daraufhin die "Break Fee" um 1 Mio. €, zahlbar an die AG, und das "Exclusivity Agreement" kam im ... 2011 zustande.
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In der Vereinbarung verpflichteten sich die Aktionäre (u.a.), während des vereinbarten Zeitraums ("Exclusivity Period") sämtliche Verhandlungen über den Verkauf der Anteile mit Dritten zu unterlassen, die Aktien weder zu veräußern noch zu übertragen, B weitere Informationen zur Verfügung zu stellen und ein innerhalb der Frist abgegebenes Gebot über mindestens 19 € pro Aktie anzunehmen. B verpflichtete sich im Falle eines "Break", an die Aktionäre 2,5 Mio. € und an die AG 1 Mio. € zu zahlen zum Ausgleich für Kosten und etwaige Schäden. Darüber hinausgehende Ansprüche der Aktionäre oder der AG gegen B wurden ausgeschlossen. Ein "Break" trat ein, wenn B innerhalb der Angebotsfrist kein öffentliches Angebot über 19 € pro Aktie abgab. Zur Abgabe eines solchen Angebots verpflichtete sich B jedoch nicht.
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B ließ die Frist verstreichen und zahlte die vereinbarten Summen. Der Kläger vereinnahmte davon 161.266,90 €.
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In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr deklarierten der Kläger und seine mit ihm zusammen veranlagte Ehefrau, die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), die Einnahme als steuerfrei.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte die Einkommensteuer 2011 zunächst erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Im Einspruchsverfahren nahm das FA erstmals an, die "Break Fee" unterliege gemäß § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) der Besteuerung. Er änderte den Einkommensteuerbescheid entsprechend und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Der dagegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 4. März 2015). Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen.
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Mit der Revision erheben die Kläger die Sachrüge (Verletzung von § 22 Nr. 3 EStG).
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Sie beantragen sinngemäß,
das angefochtene Urteil aufzuheben, den Einkommensteuerbescheid für 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. März 2015 zu ändern und die Einkommensteuer auf den Betrag festzusetzen, der sich ergibt, wenn die vom Kläger vereinnahmte "Break Fee" von 161.266 € außer Ansatz bleibt.
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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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1. a) Nach § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG sind sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG) Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 EStG) noch zu den Einkünften i.S. von § 22 Nr. 1, 1a, 2 oder 4 EStG gehören, z.B. Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen und aus der Vermietung beweglicher Gegenstände. Eine (sonstige) Leistung i.S. von § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und eine Gegenleistung auslöst (ständige Rechtsprechung, vgl. nur Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. April 2015 IX R 35/13, BFHE 249, 488, BStBl II 2015, 795, und BFH-Beschluss vom 23. März 2016 IX B 22/16, BFH/NV 2016, 1013: Whistleblower).
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b) Ein synallagmatisches Verhältnis von Leistung und Gegenleistung i.S. eines wechselseitigen Austauschvertrags ist nicht erforderlich. Entscheidend ist vielmehr, ob die Gegenleistung durch das Verhalten des Steuerpflichtigen (Leistung) wirtschaftlich veranlasst ist. Insofern ist nicht erforderlich, dass der Steuerpflichtige bei Erbringung seiner Leistung eine Gegenleistung schon erwarten müsste. Ausreichend ist vielmehr, dass er eine im wirtschaftlichen Zusammenhang mit seinem Verhalten gewährte Gegenleistung als solche annimmt. Auf diese Weise ordnet er sein Verhalten der erwerbswirtschaftlichen und damit auch steuerrechtlich bedeutsamen Sphäre zu (zum Ganzen: BFH-Urteil vom 24. April 2012 IX R 6/10, BFHE 237, 197, BStBl II 2012, 581: Big Brother).
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c) Hinsichtlich der wirtschaftlichen Veranlassung der Gegenleistung durch die Leistung stellt der BFH in erster Linie auf die (objektivierte) Perspektive des Leistenden ab. Dies kommt z.B. in der Formulierung zum Ausdruck, wonach es sich um eine Leistung handeln muss, die "um des Entgelts willen" erbracht wird (BFH-Urteil vom 16. Juni 2015 IX R 26/14, BFHE 250, 362, BStBl II 2015, 1019: Bestechungsgeld). Preisgelder, Aufwandspauschalen sowie während des Aufenthalts in den Produktionsräumen gezahlte Verpflichtungsgelder für die Teilnahme an einer Fernsehshow stellen sich danach als Gegenleistung für die Teilnahme an der Show dar, auch wenn die Aussicht auf den Erhalt der Gegenleistung ex ante ungewiss ist (vgl. BFH-Urteile vom 28. November 2007 IX R 39/06, BFHE 220, 67, BStBl II 2008, 469, und in BFHE 237, 197, BStBl II 2012, 581; BFH-Beschluss vom 16. Juni 2014 IX B 22/14, BFH/NV 2014, 1540). Grundsätzlich unerheblich ist dagegen die private Motivation im konkreten Einzelfall. Es kommt folglich nicht darauf an, aus welchen Gründen der Vertrag tatsächlich zustande gekommen ist und ohne welche Inhalte er mutmaßlich nicht zustande gekommen wäre (condicio sine qua non). Erforderlich ist eine objektivierende, wertende Betrachtung des wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen Leistung und Gegenleistung, wonach die Leistung die Gegenleistung "ausgelöst" haben muss.
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2. Diesen Grundsätzen entspricht das angefochtene Urteil nicht. Es ist deshalb aufzuheben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).
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a) Zur Begründung seines Urteils hat das FG im Wesentlichen ausgeführt, für die steuerliche Einordnung der "Break Fee" komme es auf deren Inhalt an. Hier stünden zum einen der Ersatz von Kosten, Aufwendungen und Schäden im Raum. Diese Aspekte hätten der Vereinbarung jedoch nicht das Gepräge gegeben. Schäden (z.B. durch Knowhow-Verlagerung) seien eher unwahrscheinlich gewesen. Kosten und Aufwendungen seien noch nicht einmal geschätzt worden. Das wäre aber erforderlich, wenn dieser Aspekt im Vordergrund hätte stehen sollen. Prägend sei dagegen die Exklusivität gewesen. Ohne die zugesagte Exklusivität hätte B die Prüfung nicht fortgesetzt und ohne die vereinbarte "Break Fee" hätten die Aktionäre der Exklusivität nicht zugestimmt. Es handele sich um eine "Enthaltsamkeitsvergütung", ähnlich einem Entgelt für die Einräumung eines Vorkaufsrechts (vgl. BFH-Urteil vom 10. August 1994 X R 42/91, BFHE 175, 362, BStBl II 1995, 57).
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b) Soweit das FG mit dem FA davon ausgegangen ist, dass B die Verhandlungen ohne die zugesagte Exklusivität nicht fortgeführt und dass die Aktionäre der von B verlangten Exklusivität ohne die "Break Fee" nicht zugestimmt hätten, kommt es darauf nicht an. Zum einen sind beide Annahmen eher spekulativ und haben keine ausreichende tatsächliche Grundlage. Zum andern sind die Motive der Beteiligten, die im Einzelfall zum Abschluss des Vertrags geführt haben, für die Besteuerung nicht maßgeblich.
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c) Zwar haben der Kläger und die anderen verkaufsbereiten Aktionäre aufgrund des "Exclusivity Agreements" Leistungen erbracht, die Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein können. Diese Leistungen haben aber die Gegenleistung nicht ausgelöst; sie sind nicht "um der Gegenleistung willen" erbracht worden. Anders als die Teilnehmer einer Fernsehshow konnten der Kläger und die anderen verkaufsbereiten Aktionäre durch ihr Verhalten nicht positiv beeinflussen, ob sich die B für oder gegen die Abgabe eines öffentlichen Angebots entscheiden würde. Für beide denkbaren Ausgänge des Verfahrens war die Erfüllung der im "Exclusivity Agreement" von den Aktionären eingegangenen Verpflichtungen gleichermaßen Voraussetzung. Unabhängig davon, aus welchen Gründen B letztlich ein Angebot nicht abgegeben hat, haben die Aktionäre und der Kläger die "Break Fee" nicht durch ihre Leistungen ausgelöst. Es handelt sich deshalb nicht um eine von FG und FA angenommene "Enthaltsamkeitsvergütung". Dass der Kläger und die anderen Aktionäre das "Exclusivity Agreement" erfüllen mussten, um die "Break Fee" zu erhalten (condicio sine qua non), begründet den erforderlichen Zusammenhang nicht. Es genügt insofern auch nicht, dass der Kläger die "Break Fee" entgegen genommen hat. Hat der Leistende nicht die Möglichkeit, durch seine Leistung das Entstehen des Anspruchs auf die Leistung des Vertragspartners positiv zu beeinflussen, genügt die Annahme der Leistung der Gegenseite nicht, um den fehlenden besteuerungsrelevanten Veranlassungszusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung herzustellen.
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d) Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sein Urteil kann deshalb keinen Bestand haben.
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3. Die Sache ist spruchreif. Der Senat entscheidet auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG in der Sache selbst und gibt der Klage statt. Die Einnahme des Klägers aus dem "Exclusivity Agreement" ("Break Fee") ist nicht steuerbar.
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Die Berechnung der Einkommensteuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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