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BFH 07.02.2018 - V B 119/17
BFH 07.02.2018 - V B 119/17 - Grundsätzliche Bedeutung; Feststellung der Gemeinnützigkeit, satzungsmäßige Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit
Normen
§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, § 55 Abs 1 Nr 4 AO, § 56 AO, § 60 Abs 1 AO, § 60a AO, Art 9 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 14. September 2017, Az: 6 K 89/17, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Die satzungsmäßigen Voraussetzungen zur Feststellung der Gemeinnützigkeit sind nicht erfüllt, wenn sich aus der Satzung keine ausschließliche Förderung des steuerbegünstigten Zweckes ergibt .
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2. NV: Die Regelungen über die Vermögensbindung müssen in der Satzung selbst getroffen werden; daran fehlt es, wenn die Satzung nicht bestimmt, dass das Vermögen bei einer Auflösung des Vereins "unmittelbar und ausschließlich" für steuerbegünstigte Zwecke zu verwenden ist .
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 14. September 2017 6 K 89/17 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Gründe
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Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) hat keinen Erfolg. Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegt, soweit sie überhaupt in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Form dargelegt wurde, jedenfalls nicht vor.
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1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Dabei muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig sein (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23. Juni 2017 X B 151/16, BFH/NV 2017, 1434, Rz 7, m.w.N.).
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a) Für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache ist eine konkrete Rechtsfrage zu formulieren und substantiiert auf ihre Klärungsbedürftigkeit, Klärungsfähigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung einzugehen (vgl. BFH-Beschluss vom 5. Januar 2017 VI B 8/16, BFH/NV 2017, 602, m.w.N.). Erforderlich ist ferner ein konkreter und substantiierter Vortrag, aus welchen Gründen die Klärung der Rechtsfrage im Interesse der Rechtssicherheit, Rechtseinheitlichkeit oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 31. August 2015 VI B 13/15, BFH/NV 2015, 1672, und vom 4. Juli 2013 III B 69/12, BFH/NV 2013, 1573). Insbesondere muss sich der Beschwerdeführer mit der bereits vorhandenen Rechtsprechung auseinandersetzen und substantiiert darlegen, weshalb nach seiner Ansicht diese Rechtsprechung keine Klärung herbeigeführt habe (vgl. BFH-Beschluss vom 17. März 2010 X B 10/10, BFH/NV 2012, 953, m.w.N.).
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Die Beschwerdeschrift genügt diesen Anforderungen nicht. Der Kläger hat teilweise schon keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen formuliert; diese können allenfalls indirekt aus seinen Ausführungen zu den angeblich vom Finanzgericht (FG) bei seiner Entscheidung aufgestellten Rechtssätzen entnommen werden. Ferner fehlt es an substantiierten Ausführungen dazu, weshalb diese Fragen im allgemeinen Interesse zu klären sind. Die bloße Behauptung, dass die Rechtssätze neu seien und eine höchstrichterliche Klärung verlangten, ist hierfür ebenso wenig ausreichend wie das Fehlen einer Entscheidung des BFH zu der konkreten Fallgestaltung (BFH-Beschlüsse vom 29. September 2010 XI B 74/09, BFH/NV 2011, 194, sowie vom 15. Januar 2008 VIII B 222/06, BFH/NV 2008, 753). Schließlich hat der Kläger auch nicht hinreichend dargelegt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der vermeintlich bedeutsamen Rechtsfragen zweifelhaft und strittig ist.
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b) Soweit das Vorbringen des Klägers rechtsschutzgewährend dahingehend ausgelegt wird, dass er die grundsätzliche Bedeutung der --seiner Auffassung nach-- vom FG aufgestellten Rechtssätze geltend macht, sind diese entweder nicht klärungsfähig oder nicht klärungsbedürftig.
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aa) Die indirekt aufgeworfene Rechtsfrage, ob "die satzungsmäßigen Voraussetzungen zur Feststellung der Gemeinnützigkeit eines Vereins nicht erfüllt sind, wenn die Festlegungen der Mustersatzung (Anlage zu § 60 Abs. 1 Satz 2 AO) in Form einer Verweisung auf die §§ 55 – 57 AO zum Satzungsinhalt gemacht werden", stellt sich im Streitfall nicht. Denn das FG ist auf S. 6 seines Urteils gerade davon ausgegangen, dass sich weder dem Gesetz noch der Mustersatzung entnehmen lässt, dass die Körperschaft in ihrer Satzung nicht auch auf die einschlägigen Vorschriften der Abgabenordnung (AO) verweisen darf. Die AO sei im Gegensatz zu anderen Satzungen und Vereinbarungen eine jederzeit leicht zugängliche "Erkenntnisquelle", die verbindlich regele, unter welchen Voraussetzungen eine Körperschaft gemeinnützig sei. Es werde daher nicht gefordert, dass die Satzung einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck bzw. Muster entsprechen müsse. Satzungen genügten schon dann den Anforderungen des § 60 Abs. 1 Satz 1 AO, wenn sie unabhängig vom Aufbau und vom genauen Wortlaut der Mustersatzung die bezeichneten Festlegungen, nämlich die Verpflichtung zur ausschließlichen und unmittelbaren Verfolgung förderungswürdiger Zwecke sowie die Verwendung des Begriffs "selbstlos" enthalten.
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bb) Soweit der Kläger mit seinem Vorbringen geklärt haben möchte, ob es an der formellen Satzungsmäßigkeit fehlt, wenn "die Satzung sich nicht dazu bekennt, einen gemeinnützigen Zweck ausschließlich zu verfolgen, sondern nur die Verwendung der Vereinsmittel ausschließlich an diesen Zweck bindet", ist diese Rechtsfrage nicht klärungsbedürftig. Denn die Antwort auf diese Rechtsfrage ergibt sich bereits aus der AO und ist daher offensichtlich so zu beantworten, wie es das FG auf S. 7 und 8 seines Urteils getan hat:
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Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AO müssen die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung so genau bestimmt sein, dass aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung gegeben sind (formelle Satzungsmäßigkeit). Somit ist in der Satzung nicht nur zu regeln, welchen Zweck die Körperschaft verfolgt und dass dieser Zweck den Anforderungen der §§ 52 bis 55 AO entspricht, sondern auch, dass dieser Zweck ausschließlich (und unmittelbar) verfolgt wird. Ausschließlichkeit liegt nach § 56 AO vor, wenn die Körperschaft nur ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verfolgt. Der Kläger hat jedoch in § 8 seiner Satzung unter der Überschrift "Gemeinnützigkeit" lediglich geregelt, dass er unmittelbar Zwecke des Hochwasserschutzes und des Küstenschutzes fördere. Damit ergibt sich aus dieser Satzungsbestimmung keine ausschließliche Förderung. Aus dem pauschalen Hinweis in § 8 der Satzung, wonach der Kläger seine Mittel ausschließlich nach Maßgabe der §§ 55 bis 57 AO verwende, lässt sich --wie das FG zu Recht entschieden hat-- auch nicht im Auslegungswege mit hinreichender Bestimmtheit entnehmen, dass er ausschließlich Zwecke des Hochwasserschutzes und des Küstenschutzes fördern wolle. Denn nach der --seit dem Jahressteuergesetz 2009 (BGBl I 2008, 2794) mit Gesetzeskraft ausgestatteten-- Mustersatzung (Anlage 1 zu § 60 AO) ist zwischen der Zweckverfolgung in § 3 und der Mittelverwendung in § 5 zu unterscheiden. Soweit die Satzung --wie im Streitfall-- nicht zweifelsfrei erkennen lässt, dass der Steuerpflichtige ausschließlich gemeinnützige Zwecke verfolgt, gehen etwaige Unklarheiten zu Lasten dessen, der sich auf die Steuervergünstigung beruft (BFH-Urteil vom 26. Februar 1992 I R 47/89, BFH/NV 1992, 695, Rz 20).
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cc) Nicht klärungsbedürftig ist auch die indirekt aufgeworfene Rechtsfrage, ob es an der formellen Satzungsmäßigkeit fehlt, wenn "gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 AO der Bundesrepublik Deutschland oder einem ihrer Länder das restliche Vereinsvermögen für unbenannte steuerbegünstigte Zwecke übertragen wird, ohne hierbei eine unmittelbare und ausschließliche Verwendung dieser Zweckmittel zu fordern".
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Nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 AO ist der Grundsatz der Vermögensbindung (auch) erfüllt, wenn das Vermögen einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft oder einer Körperschaft des öffentlichen Rechts für steuerbegünstigte Zwecke übertragen werden soll. Die Mustersatzung (Anlage 1) zu § 60 Abs. 1 AO geht darüber hinaus und fordert, dass bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall steuerbegünstigter Zwecke in der Satzung festzulegen ist, dass das Vermögen
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"1. an – den – die – das - ... (Bezeichnung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft), der – die – das – es unmittelbar und ausschließlich für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke zu verwenden hat,
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2. an eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine andere steuerbegünstigte Körperschaft zwecks Verwendung für (...) (Angabe eines bestimmten gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecks, z.B. Förderung von Wissenschaft und Forschung, Erziehung, Volks- und Berufsbildung, der Unterstützung von Personen, die im Sinne von § 53 der Abgabenordnung wegen (...) bedürftig sind) (...)."
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Sofern --wie im Streitfall-- die Satzung lediglich bestimmt, dass das Vermögen einer bestimmten juristischen Person des öffentlichen Rechts (Bundesrepublik Deutschland) zur Verwendung für steuerbegünstigte Zwecke übertragen wird, ist dies nicht ausreichend, da nach der Rechtsprechung des Senats die Regelungen über die Vermögensbindung in der Satzung selbst getroffen werden müssen (BFH-Urteil vom 23. Juli 2009 V R 20/08, BFHE 226, 445, BStBl II 2010, 719, Rz 15). Daran fehlt es, wie das FG zutreffend entschieden hat, wenn die Satzung nicht regelt, dass das Vermögen bei einer Auflösung des Vereins "unmittelbar und ausschließlich" für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden soll. Im Übrigen ist durch die bisherige Rechtsprechung bereits geklärt, dass die bloße Benennung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts als Destinatär den satzungsmäßigen Anforderungen nicht genügt (BFH-Urteil vom 12. Januar 2011 I R 91/09, BFH/NV 2011, 1111, Rz 11).
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c) Hinsichtlich der vom Kläger auf S. 3 seiner Beschwerdeschrift aufgeworfenen "Verfassungsfrage, inwieweit die Belange der Gemeinnützigkeit die Satzungsautonomie von Körperschaften einschränken dürfen und welche verfassungskonforme Auslegung der Abgabenordnung danach im Hinblick auf Art. 9 Abs. 1 GG geboten ist", fehlt es ebenfalls an der Klärungsbedürftigkeit. Denn durch die steuerlichen Regelungen zur Gemeinnützigkeit wird nicht in den Schutzbereich der Vereinigungsfreiheit eingegriffen. Die Vereinsmitglieder haben das Recht, ihren Verein im Rahmen der Satzungsautonomie frei zu gestalten. Sie können aber nicht verlangen, dass die Allgemeinheit ihr Tun durch von der Steuer abziehbare Spenden nachhaltig unterstützt (vgl. BFH-Urteil vom 17. Mai 2017 V R 52/15, BFHE 258, 124, Rz 30, m.w.N., sowie Heuermann in Deutsches Steuerrecht 2017, 1749 ff., 1754 zu Freimaurerlogen).
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2. Von der Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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