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BFH 31.08.2016 - I B 146/15
BFH 31.08.2016 - I B 146/15 - Sachaufklärungsrüge - Formelle Korrespondenz bei verdeckter Einlage
Normen
§ 76 Abs 1 S 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 32a Abs 2 KStG 2002 vom 13.12.2006, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 6. Oktober 2015, Az: 6 K 6207/13, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Die Sachaufklärungsrüge ist nicht dazu bestimmt, Beweisanträge zu ersetzen, welche ein fachkundig vertretener Beteiligter selbst in zumutbarer Weise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat .
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2. NV: Der hinsichtlich der Berücksichtigung einer verdeckten Einlage gegenüber dem Gesellschafter erlassene, aufgehobene oder geänderte Steuer- oder Feststellungsbescheid ist kein Grundlagenbescheid für den Körperschaftsteuerbescheid. Die Bestimmung des § 32a Abs. 2 KStG 2002 n.F. eröffnet nur die Möglichkeit, die materielle Rechtslage verfahrensrechtlich umzusetzen .
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 6. Oktober 2015 6 K 6207/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, stand in alleinigem Anteilseigentum der T-KG. Deren Kommanditisten waren A und G mit Kapitalbeteiligungen von je 50 v.H.; A und G waren zugleich mit Kapitalbeteiligungen von je 46,75 v.H. Kommanditisten der A-KG.
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Die A-KG und die Klägerin schlossen im Jahr 1997 im Zusammenhang mit einer Beteiligung der Klägerin an einem geschlossenen Immobilienfonds auf der Basis eines schriftlichen Angebots der A-KG einen Vertrag, demzufolge die A-KG der Klägerin ein zinsloses Darlehen von 1.570.000 DM ausreichen sollte. Das Darlehen sollte für die Zeit der Beteiligung der Klägerin an dem Fonds, spätestens bis zur Beendigung des bis einschließlich 2095 laufenden Erbbaurechts an den Fondsgrundstücken gewährt werden. Die A-KG leistete auf den Vertrag zunächst Zahlungen von 505.000 DM (1999) und 780.000 DM (2000) an die Klägerin.
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Die Klägerin erfasste den Gesamtbetrag der bis dahin erhaltenen Zahlungen von 1.285.000 DM in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 2000 als langfristige Verbindlichkeit. Nachdem die Klägerin für das Streitjahr (2000) zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erklärungsgemäß veranlagt worden war, kam das ursprünglich zuständige Finanzamt (FA B) nach einer Außenprüfung zu der Auffassung, die Darlehensverbindlichkeit sei für die Zwecke der Steuerbilanz abzuzinsen und deshalb lediglich mit 7.710 DM anzusetzen. Es erließ einen entsprechend geänderten Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2000.
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Hiergegen wendete sich die Klägerin mit der Begründung, die Leistungen der A-KG seien mangels effektiver Rückzahlungsverpflichtung nicht als Darlehen, sondern als steuerneutrale Einlage der (mittelbaren) Gesellschafter A und G anzusehen. Sie bezieht sich dabei insbesondere auf den Umstand, dass nach einer Außenprüfung das für die Gewinnfeststellung der A-KG zuständige Finanzamt die Darlehensgewährung aus dem genannten Grund als Privatentnahme der Gesellschafter beurteilt habe und deshalb in der Steuerbilanz der A-KG keine Darlehensforderung mehr ausgewiesen sei. Die Klage hatte jedoch keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg hat sie mit Urteil vom 6. Oktober 2015 6 K 6207/13 als unbegründet abgewiesen.
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Die Klägerin beantragt mit ihrer Beschwerde die Zulassung der Revision gegen das FG-Urteil.
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Während des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde ist infolge einer verwaltungsseitigen Neuorganisation der nunmehrige Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) für die Besteuerung der Klägerin zuständig geworden.
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Das FA beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
Entscheidungsgründe
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II. 1. Das FA ist mit Wirkung zum 1. Januar 2016 aufgrund eines Organisationsaktes der Finanzverwaltung in die Zuständigkeit und hierdurch im Wege des gesetzlichen Beteiligtenwechsels in die Beteiligtenstellung des FA B eingetreten (vgl. Senatsbeschluss vom 2. April 2014 I B 21/13, BFH/NV 2014, 1216).
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2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.
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a) Die Klägerin rügt als Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) eine unzureichende Sachaufklärung des FG (Verstoß gegen § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) hinsichtlich der Frage, ob eine Rückzahlung der Darlehensvaluta nicht gewollt oder die schriftliche Vereinbarung nicht mit dem tatsächlichen Willen der Vertragsparteien übereingestimmt habe. Das FG habe insoweit eine Beweislastentscheidung zu ihren Ungunsten getroffen, ohne zuvor von Amts wegen durch Einholung einer Stellungnahme der A-KG bzw. durch Vernehmung deren gesetzlicher Vertreter als Zeugen Beweis erhoben zu haben.
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Die Rüge muss schon deshalb ohne Erfolg bleiben, weil nicht ersichtlich ist, warum die (fachkundig vertretene) Klägerin eine Beweiserhebung zu diesem zentralen Streitpunkt nicht spätestens in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem FG beantragt bzw. deren Unterlassen gegenüber dem FG gerügt hat. Die Verletzung der Sachaufklärungspflicht gehört zu den "verzichtbaren" Verfahrensmängeln, die nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden können, wenn die Beteiligten sie nicht in der nächsten mündlichen Verhandlung rügen (z.B. Senatsbeschluss vom 26. Mai 2009 I B 20/09, nicht veröffentlicht). Die Sachaufklärungsrüge ist nicht dazu bestimmt, Beweisanträge zu ersetzen, welche ein fachkundig vertretener Beteiligter selbst in zumutbarer Weise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat (Senatsbeschluss vom 18. April 2012 I B 123/11, BFH/NV 2012, 1299, m.w.N.).
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Soweit die Klägerin das Unterlassen von Sachaufklärungsmaßnahmen zur Frage der Veranlassung der Darlehenshingabe durch das Gesellschaftsverhältnis rügt, ist nicht ersichtlich, warum dieser Punkt für das Ergebnis des angefochtenen Urteils von Bedeutung sein könnte. Denn nach ausdrücklicher Bekundung in den Entscheidungsgründen des FG --auf dessen materiell-rechtlichen Standpunkt bei der Prüfung von Verfahrensmängeln abzustellen ist-- ist diese Frage für den Streitfall nicht entscheidungserheblich. Im Übrigen gilt auch insoweit das zuvor Gesagte.
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b) Unter dem Aspekt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) stellt die Klägerin mit Blick auf die steuerliche Behandlung der Darlehensvergabe als Entnahme bei der A-KG einige Rechtsfragen in Bezug auf die Bestimmung des § 32a Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13. Dezember 2006 (BGBl I 2006, 2878, BStBl I 2007, 28) --KStG 2002 n.F.-- zur Klärung durch den Senat. Nach dieser Bestimmung kann, soweit gegenüber dem Gesellschafter einer Körperschaft ein Steuerbescheid oder ein Feststellungsbescheid hinsichtlich der Berücksichtigung einer verdeckten Einlage erlassen, aufgehoben oder geändert wird, auch gegenüber der Körperschaft, welcher der Vermögensvorteil zugewendet wurde, ein Steuerbescheid aufgehoben, erlassen oder geändert werden.
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Die Klägerin möchte insbesondere geklärt wissen, ob die Vorschrift analog anwendbar ist, wenn ein Steuerbescheid oder Feststellungsbescheid hinsichtlich der Berücksichtigung einer verdeckten Einlage nicht gegenüber dem Gesellschafter, sondern gegenüber einer diesem nahe stehenden Person erlassen, aufgehoben oder geändert worden ist oder wenn es in jenem Bescheid nicht um die Berücksichtigung einer verdeckten Einlage, sondern um die Berücksichtigung einer Entnahme geht.
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Diese Fragen sind jedoch im Streitfall nicht klärungsfähig, weil die Anwendbarkeit des § 32a Abs. 2 KStG 2002 n.F. hier nicht zu einem anderen als dem vom FG gefundenen Ergebnis führen würde. Denn auch wenn die Bestimmung des § 32a Abs. 2 KStG 2002 n.F. hinsichtlich verdeckter Einlagen --ebenso wie Abs. 1 der Vorschrift in Bezug auf verdeckte Gewinnausschüttungen-- eine einheitliche Besteuerung von Kapitalgesellschaft und Anteilseigner bezweckt, geht ihre Rechtsfolge nicht dahin, den gegenüber dem Gesellschafter erlassenen Bescheid als Grundlagenbescheid i.S. von § 171 Abs. 10, § 351 Abs. 2 der Abgabenordnung für den Körperschaftsteuerbescheid zu qualifizieren. Vielmehr beschränkt sich die Rechtswirkung der Vorschrift nach deren ausdrücklichem Wortlaut auf die Schaffung einer verfahrensrechtlichen Änderungsmöglichkeit für den Körperschaftsteuerbescheid und verschiebt mithin gegebenenfalls den Zeitpunkt dessen formeller Bestandskraft. § 32a Abs. 2 KStG 2002 n.F. eröffnet danach nur die Möglichkeit, die materielle Rechtslage verfahrensrechtlich umzusetzen (verfahrensrechtliche Korrespondenz). Ob eine Änderung erfolgt, ist aber weiterhin allein nach materiellem Recht zu entscheiden. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dies zur spiegelbildlichen Vorschrift des § 32a Abs. 1 KStG 2002 n.F. bereits entschieden (z.B. BFH-Urteile vom 18. September 2012 VIII R 9/09, BFHE 238, 512, BStBl II 2013, 149, und vom 16. Dezember 2014 VIII R 30/12, BFHE 248, 325, BStBl II 2015, 858). Nichts anderes kann im Bereich des § 32a Abs. 2 KStG 2002 n.F. gelten (vgl. Intemann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 32a KStG Rz 19; Gosch/Bauschatz, KStG, 3. Aufl., § 32a Rz 45; Heinemann in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 32a Rz 61, 89; Blümich/ Rengers, § 32a KStG Rz 58; Lang in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 32a KStG Rz 51; Streck, KStG, 8. Aufl., § 32a Rz 6). Bei solch klarer und offenkundiger Rechtslage bedarf es keiner Klärung in einem Revisionsverfahren (vgl. Senatsbeschluss vom 24. August 2011 I B 1/11, BFH/NV 2011, 2044, m.w.N.).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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