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BFH 09.02.2015 - X E 25/14
BFH 09.02.2015 - X E 25/14 - Keine Gerichtskostenfreiheit für einen einem Schwerbehinderten gleichgestellten Beschwerdeführer - Kein Vertretungszwang bei Erinnerungsverfahren
Normen
§ 115 FGO, § 66 GKG, § 2 Abs 3 GKG, § 3 GKG, § 2 Abs 3 SGB 9, § 64 SGB 10, § 62 Abs 4 FGO
Leitsatz
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NV: Ein Beschwerdeführer, der gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt wurde, kann nicht gemäß § 64 Abs. 2 SGB X von den Gerichtskosten befreit werden, wenn er sich gegen die Nichtzulassung der Revision durch das FG wendet .
Tenor
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Die Erinnerung gegen die Kostenrechnung des Bundesfinanzhofs Kostenstelle vom 27. November 2014 KostL 1820/14 (X B 137/14) wird zurückgewiesen.
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Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Tatbestand
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I. Der Kostenschuldner und Erinnerungsführer (Kostenschuldner) wendet sich gegen die Kostenrechnung für ein Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Revision, das er vor dem Bundesfinanzhof (BFH) geführt hat. Er hatte in dem zugrundeliegenden finanzgerichtlichen Verfahren die Steuerfreiheit seiner Einkünfte geltend gemacht, die ihm jedoch vom Finanzgericht (FG) versagt worden war. Der angerufene Senat verwarf die Beschwerde als unzulässig, weil sie nicht von einer postulationsfähigen Person gemäß § 62 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) eingelegt worden war. Dem Kostenschuldner wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt.
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Die Kostenstelle des BFH setzte daraufhin in der Kostenrechnung vom 27. November 2014 gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2, § 3 Abs. 1, 2 § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) Gerichtskosten in Höhe von 178 € an. Mit seiner Erinnerung beantragt der Kostenschuldner die Befreiung von den Gerichtsgebühren. Er sei durch Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 16. Juni 2014 gemäß § 2 Abs. 3 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt worden und mache als berechtigte Person die Gerichtskostenfreiheit gemäß § 64 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) geltend.
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Die Vertreterin der Staatskasse beantragt,
die Erinnerung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die nach § 66 GKG statthafte Erinnerung ist unbegründet.
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1. Die Entscheidung über die Erinnerung ergeht gemäß § 1 Abs. 5, § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG durch den Einzelrichter.
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2. Der Zulässigkeit der Erinnerung steht nicht entgegen, dass sie durch den nicht postulationsfähigen Kostenschuldner persönlich eingelegt worden ist. Auch im zeitlichen Anwendungsbereich der Neufassung des § 62 Abs. 4 FGO sind Erinnerungsverfahren von dem für Verfahren vor dem BFH grundsätzlich angeordneten Vertretungszwang ausgenommen (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 15. Oktober 2014 X E 23/14, BFH/NV 2015, 219, Rz 10, m.w.N. aus der BFH-Rechtsprechung).
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3. Gegen den Inhalt der Kostenrechnung als solche erhebt der Kostenschuldner keine Einwendungen. Eine Prüfung von Amts wegen führt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Kostenrechnung dem Grunde und der Höhe nach den gesetzlichen Vorschriften entspricht. Die Höhe der Gerichtsgebühren richtet sich nach dem Streitwert (§ 3 Abs. 1, § 34 Abs. 1 GKG) sowie den in Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG aufgeführten Gebührentatbeständen. Diese gesetzlichen Vorschriften wurden erkennbar von der Kostenstelle zutreffend angewendet. Auch gegen die Bemessung des Streitwerts bestehen keine Bedenken.
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4. Im Gegensatz zur Auffassung des Kostenschuldners besteht kein Anspruch auf seine Befreiung von den Gerichtskosten.
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a) Zwar sind gemäß § 64 Abs. 2 SGB X Geschäfte und Verhandlungen, die aus Anlass der Beantragung, Erbringung oder der Erstattung einer Sozialleistung nötig werden, kostenfrei, wobei dies auch für die im GKG bestimmten Gerichtskosten gilt. Der Begriff der Sozialleistung umfasst dabei alle Vorteile, die nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches dem Einzelnen --zumindest mittelbar-- zugutekommen (siehe Roos in v. Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl., § 64 Rz 7).
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Der Kostenschuldner erstrebte jedoch die Zulassung der Revision gegen ein Urteil des FG, das die von ihm geltend gemachte Steuerfreiheit seiner Einkünfte des Jahres 2010 zum Gegenstand hatte. Dieses Begehren kann zweifelsfrei nicht als Sozialleistung i.S. des § 64 Abs. 2 SGB X angesehen werden.
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b) Eine persönliche Kostenfreiheit gemäß § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X, die auch finanzgerichtliche Verfahren umfasst, wird lediglich den Trägern der Sozialhilfe, der Jugendhilfe und der Kriegsopferfürsorge gewährt (siehe auch Dalichau, SGB X, Verwaltungsverfahren, § 64 IV.2). Der Kostenschuldner, der nicht zu diesem Personenkreis gehört, kann damit auch aus § 63 Abs. 3 SGB X keinen Anspruch auf Befreiung von den Gerichtskosten ableiten.
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c) Eine weitere Befreiungsnorm ist nicht ersichtlich. Selbst wenn eine Kostenbefreiung kraft Landesrecht gegeben wäre --wovon jedoch nicht auszugehen ist--, könnte ein Landesgesetz ohne eine entsprechende bundesrechtliche Ermächtigung keine Befreiung von Gerichtsgebühren aussprechen, die vor Gerichten des Bundes entstehen. Diesem Grundsatz steht der Hinweis in § 2 Abs. 3 Satz 2 GKG auf den Fortbestand der auf Landesrecht beruhenden weiter gehenden Kostenbefreiungen nicht entgegen (so BFH-Beschluss vom 11. November 1997 VII E 6/97, BFHE 184, 237, BStBl II 1998, 121; siehe auch Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Vor § 135 FGO Rz 12).
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5. Mit der Gleichstellung gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX hat der Kostenschuldner zwar u.a. Rechte erworben wie die Anrechnung auf die Pflichtplatzquote des Arbeitgebers (§ 71 Abs. 1 SGB IX), den Anspruch auf behinderungsgerechte Beschäftigung und bevorzugte Berücksichtigung bei beruflichen Bildungsmaßnahmen (§ 81 Abs. 4 Nr. 1, 2 und 3 SGB IX), besonderen Kündigungsschutz (§§ 85, 90 Abs. 1 Nr. 1, 91 SGB IX) oder Anspruch auf Beratung, Vertretung und Hilfe gegenüber der Schwerbehindertenvertretung (§ 95 Abs. 1 SGB IX; siehe zu dem Vorstehenden auch Luthe in: juris PraxisKommentar SGB IX, § 2 SGB IX Rz 107). Die Befreiung von Gerichtskosten gehört hierzu jedoch nicht.
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6. Das Verfahren über die Erinnerung ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).
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