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BFH 28.01.2015 - I R 20/14
BFH 28.01.2015 - I R 20/14 - Versagung der erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung bei Grundstücksunternehmen wegen Betriebsaufspaltung - Annahme einer personellen Verflechtung bei kapitalistischer Betriebsaufspaltung
Normen
§ 7 Abs 1 S 1 GewStG 2002, § 9 Nr 1 S 2 GewStG 2002, GewStG VZ 2005, GewStG VZ 2006, GewStG VZ 2007, GewStG VZ 2008
Vorinstanz
vorgehend FG Düsseldorf, 7. März 2014, Az: 12 K 946/11 G, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Wird eine Kapitalgesellschaft als Besitzunternehmen durch persönliche und sachliche Verflechtung mit einer Betriebsgesellschaft originär gewerblich tätig (kapitalistische Betriebsaufspaltung), ist ihr die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu versagen .
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2. NV: Zur Annahme einer personellen Verflechtung bei kapitalistischer Betriebsaufspaltung unter Berücksichtigung des sog. Durchgriffsverbotes sowie bei mittelbarer Beteiligung am Betriebsunternehmen .
Tenor
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Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 7. März 2014 12 K 946/11 G wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
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I. Streitig ist, ob eine Betriebsaufspaltung vorliegt und derentwegen die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes 2002 (GewStG 2002) entfällt.
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Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine AG, deren Anteile sich im Streubesitz befinden. Sie ist Eigentümerin mehrerer bebauter Grundstücke und Inhaberin diverser Beteiligungen. In den Streitjahren 2005 bis 2008 war sie mittelbar über eine zwischengeschaltete GmbH zu 100 % an der X-GmbH beteiligt. Die X-GmbH … stellte …produkte her. Die Klägerin überließ der X-GmbH einen Teil ihrer bebauten Grundstücke zur Miete, zum Teil auch im Wege einer "Erbpacht".
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) versagte der Klägerin die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 2002, da zwischen der Klägerin und der X-GmbH eine (kapitalistische) Betriebsaufspaltung bestanden habe.
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Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) Düsseldorf durch Urteil vom 7. März 2014 12 K 946/11 G (Entscheidungen der Finanzgerichte 2014, 1423) als unbegründet ab.
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Mit der Revision beantragt die Klägerin sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben und die Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 2005 bis 2008 dahingehend abzuändern, dass statt der darin enthaltenen Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG 2002 die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 2002 gewährt wird.
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Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist nicht begründet und daher gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht erkannt, dass die Klägerin die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung für Grundstücksunternehmen (§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 2002) nicht in Anspruch nehmen kann.
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1. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 GewStG 2002 ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG 2002 bezeichneten Beträge. Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 2002 tritt auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, an Stelle der Kürzung nach Satz 1 der Vorschrift (= 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen gehörenden Grundbesitzes) die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt.
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§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 2002 ist --unabhängig von der Rechtsform des Unternehmens-- nicht auf Unternehmen anzuwenden, die Tätigkeiten ausüben, die als solche gewerbesteuerpflichtig sind und nicht zu den unschädlichen Nebentätigkeiten gehören. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Grundstücksunternehmen infolge einer Betriebsaufspaltung als Besitzunternehmen gewerbliche Einkünfte erzielt, indem es durch persönliche und sachliche Verflechtung mit der Betriebsgesellschaft an der originär gewerblichen Tätigkeit jener Gesellschaft teilnimmt (Senatsbeschluss vom 24. Januar 2012 I B 136/11, BFH/NV 2012, 1176, m.w.N.).
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2. Angesichts dessen kann die Klägerin in den Streitjahren die erweiterte Kürzung nicht in Anspruch nehmen, da sie als Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung nicht mehr nur vermögensverwaltend, sondern gewerblich tätig war.
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a) Das FG hat --gemäß § 118 Abs. 2 FGO revisionsrechtlich bindend-- festgestellt, dass die Klägerin der X-GmbH (bebaute) Grundstücke zur Nutzung überlassen hat, und aufgrund dessen eine sachliche Verflechtung angenommen. Da die Klägerin nichts vorgetragen hat, das Zweifel daran wecken könnte, dass die überlassenen bebauten Grundstücke als wesentliche Betriebsgrundlagen anzusehen wären (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 19. Dezember 2007 I R 111/05, BFHE 220, 152, BStBl II 2008, 536), bedarf es hierzu keiner weiteren Ausführungen.
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b) Die zwischen den Beteiligten streitige personelle Verflechtung mit der X-GmbH hat das FG zutreffend bejaht.
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aa) Eine personelle Verflechtung erfordert einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen sowohl im Besitz- als auch im Betriebsunternehmen (Schmidt/Wacker, EStG, 33. Aufl., § 15 Rz 820). Hierzu ist durch die Rechtsprechung geklärt, dass auch eine Kapitalgesellschaft Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung sein kann, sog. kapitalistische Betriebsaufspaltung (Senatsbeschluss in BFH/NV 2012, 1176; Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. Februar 1998 III B 170/94, BFH/NV 1998, 1258; BFH-Urteil vom 16. September 1994 III R 45/92, BFHE 176, 98, BStBl II 1995, 75; vgl. auch Senatsurteil vom 25. August 2010 I R 97/09, BFH/NV 2011, 312), und es in dieser Konstellation darauf ankommt, ob die Besitzkapitalgesellschaft selbst ihren geschäftlichen Betätigungswillen in der Betriebsgesellschaft durchsetzen kann. Ein Rückgriff auf die hinter der Besitzkapitalgesellschaft stehenden Anteilseigner ist nicht zulässig, sog. Durchgriffsverbot (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 2012, 1176; BFH-Beschluss in BFH/NV 1998, 1258; BFH-Urteil in BFHE 176, 98, BStBl II 1995, 75; s. auch Senatsurteil vom 22. Oktober 1986 I R 180/82, BFHE 148, 272, BStBl II 1987, 117; BFH-Urteile vom 20. Mai 1988 III R 86/83, BFHE 153, 481, BStBl II 1988, 739; vom 20. Mai 2010 III R 28/08, BFHE 229, 566, BStBl II 2014, 194).
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Ferner ist durch die Rechtsprechung geklärt, dass der für die Betriebsaufspaltung maßgebende Einfluss auch bei einer nur mittelbaren Beteiligung bestehen kann (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 1998, 1258; zur Zwischenschaltung einer Kapitalgesellschaft s. auch BFH-Urteile vom 28. November 2001 X R 50/97, BFHE 197, 254, BStBl II 2002, 363, und vom 27. August 1992 IV R 13/91, BFHE 169, 231, BStBl II 1993, 134; BFH-Beschluss vom 22. Januar 1988 III B 9/87, BFHE 152, 539, BStBl II 1988, 537, jeweils m.w.N.).
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bb) Angesichts dieser Rechtsprechung, an der festzuhalten ist, kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Voraussetzungen einer personellen Verflechtung im Streitfall erfüllt sind. Die Klägerin war nach den bindenden Feststellungen des FG mittelbar über eine zwischengeschaltete GmbH zu 100 % an der Betriebsgesellschaft, der X-GmbH, beteiligt. Fragen zum für eine Beherrschung erforderlichen Umfang der Beteiligung stellen sich damit von vornherein nicht. Auch bei mittelbarer Beteiligung bedarf es darüber hinaus keiner gesonderten Vereinbarung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen, die die Beherrschung sicherstellen müsste. Ferner kommt es auch nicht darauf an, dass, wie die Revision vorträgt, eine Beherrschung durch die Klägerin nicht "gewünscht" gewesen sei. Es genügt vielmehr, dass sie tatsächlich in der Lage war, in der Betriebsgesellschaft ihren Willen durchzusetzen (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 8. November 1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63).
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cc) Der Streitfall ist nach alledem auch nicht mit der von der Klägerin herangezogenen, abweichend beurteilten Situation der Überlassung zwischen Schwestergesellschaften vergleichbar (s. dazu nochmals Senatsbeschluss in BFH/NV 2012, 1176). In einem solchen Fall würde erst der (unzulässige) Durchgriff durch die Besitzkapitalgesellschaft auf deren Anteilseigner die personelle und die sachliche Verflechtung bei der letzteren zusammenfallen lassen. Im Gegenteil bestätigt sich darin gerade die Richtigkeit des vorliegend gefundenen Ergebnisses, da auf die Klägerin als Kapitalgesellschaft selbst abzustellen ist und in ihrer Person die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung erfüllt sind.
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dd) Soweit sich aus der Revisionsbegründung der Klägerin Abweichungen oder Ergänzungen in Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen des FG ergeben, können diese in der Revisionsinstanz keine Berücksichtigung finden (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 118 Rz 36 ff.). Verfahrensrügen, die zu einer Zurückverweisung (und zur Nachholung von Feststellungen) führen könnten, hat die Klägerin nicht erhoben.
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3. Aufgrund der in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 2002 geforderten Ausschließlichkeit führt die gewerbliche Betätigung der Klägerin in den Streitjahren dazu, dass sie die erweiterte Kürzung insgesamt nicht beanspruchen kann (vgl. Blümich/Gosch, § 9 GewStG Rz 70).
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4. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 135 Abs. 2 FGO.
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