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BFH 01.10.2014 - IX R 13/13
BFH 01.10.2014 - IX R 13/13 - Kein Halbabzugsverbot bei fehlenden Einnahmen
Normen
§ 3 Nr 40 S 1 Buchst c EStG 2002, § 3c Abs 2 EStG 2002, § 17 Abs 1 EStG 2002, § 17 Abs 2 EStG 2002, EStG VZ 2006
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 13. März 2013, Az: 4 K 332/11, Urteil
Leitsatz
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NV: Der Abzug von Erwerbsaufwand (z.B. Betriebsvermögensminderungen, Anschaffungskosten oder Veräußerungskosten) im Zusammenhang mit Einkünften aus § 17 Abs. 1, 2 EStG ist nicht nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG begrenzt, wenn der Steuerpflichtige keinerlei durch die veräußerten Anteile vermittelte Einnahmen erzielt hat .
Tatbestand
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I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die zusammen für das Streitjahr 2006 zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger erzielt u.a. als Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
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Mit Vertrag vom 25. Januar 2001 übernahm er zusammen mit zwei weiteren Personen insgesamt 50 000 nennwertlose Stückaktien an einer Vermögensverwaltungs AG, wobei auf ihn 16 500 Stück entfielen. Entsprechend einem Gesamtkonzept beschlossen sie nachfolgend die Umfirmierung der Aktiengesellschaft in X AG. Geschäftszweck der X AG waren …. Ferner verteilten sie die Aktien der X AG an unterschiedliche Personen. Der Kläger trat hierzu mit Vertrag vom 26. Januar 2001 13 750 Aktien an die "Z GbR" ab. Die Z GbR, an der der Kläger zu 25 % beteiligt war, war mit Gesellschafts- und Einbringungsvertrag vom 26. Januar 2001 gegründet worden. Die GbR hielt insgesamt 27 500 Aktien der X AG, ihr Zweck war die Verwaltung der Aktien der X AG zur Erzielung von Überschüssen. Weitere 500 Aktien der X AG übertrug der Kläger auf eine Einzelperson. Es verblieben ihm persönlich 2 250 Aktien. Somit war der Kläger zu Beginn des Jahres 2001 zu 4,5 % direkt und zu 13,75 % mittelbar über die Z GbR an der X AG beteiligt.
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Zum 31. Dezember 2004 hielt der Kläger 2 790 und die Z GbR 27 280 von insgesamt 62 000 Aktien der X AG. Dies war die Folge von Kapitalerhöhungen und einer Aktienveräußerung durch die GbR im Jahre 2002.
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Mit Vertrag vom 20. Dezember 2006 veräußerte der Kläger seine Aktien der X AG sowie seinen Anteil am Gesellschaftsanteil der Z GbR. Die Übertragung der Anteile im Wege der Abtretung erfolgte mit Wirkung des Vertragstages. Der Kaufpreis betrug 0 €. Unter bestimmten Umständen sollte sich der Kaufpreis erhöhen, wenn etwa die X AG einen Verkaufserlös für Patente erzielt habe.
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Die X AG schüttete nie Dividenden aus, sie erzielte 2004 einen Verlust in Höhe von 791.697 €, der Verlustvortrag zum 31. Dezember 2004 betrug 2.622.390 €.
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Im Jahre 2002 erzielte die Z GbR aus der Veräußerung von Aktien der X AG einen Veräußerungsgewinn. Der auf den Kläger entfallende Gewinnanteil wurde bei der Einkommensteuerfestsetzung 2002 der Kläger unter Berücksichtigung des Halbeinkünfteverfahrens in Höhe von 15.639 € der Besteuerung unterworfen.
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Die Einkünfte der Z GbR wurden für die Jahre 2000 bis 2006 einheitlich und gesondert als Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von jeweils 0 € festgestellt.
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In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärten die Kläger aus der Veräußerung der Aktien der X AG, und zwar sowohl für die, die der Kläger direkt als auch für die, die er über die Z GbR hielt, einen --der Höhe nach unstreitigen-- Veräußerungsverlust von 123.616,54 €. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) setzte für das Streitjahr im Wege des Halbeinkünfteverfahrens einen Verlust des Klägers i.S. von § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 61.809 € an.
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Nach erfolglosem Einspruch gab das Finanzgericht (FG) der hiergegen gerichteten Klage statt und entschied, das FA habe bei Ermittlung des Veräußerungsverlustes zu Unrecht eine hälftige Kürzung der Anschaffungskosten gemäß § 3c Abs. 2 EStG vorgenommen. Der Kläger habe keine Dividenden aus der Beteiligung an der X AG bezogen und bei der Veräußerung der Anteile im Streitjahr für die wertlosen Aktien der X AG auch keine Gegenleistung erhalten (Kaufpreis 0 €). Dass der Kläger im Jahre 2002 aus der Veräußerung von Aktien der X AG einen Gewinn erzielt habe, der dem Halbeinkünfteverfahren i.S. von § 3 Nr. 40 EStG unterlegen sei, ändere an dieser Beurteilung nichts. Der Veräußerungsgewinn des Jahres 2002 stehe nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der unentgeltlichen Übertragung der restlichen Aktien im Streitjahr. Diese beruhe vielmehr auf der wirtschaftlichen Entwicklung der X AG seit der Aktienveräußerung 2002. Nach dem Normzweck des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG sollten alle Ausgaben, die mit nach § 3 Nr. 40 EStG nur hälftig besteuerten Einnahmen in Zusammenhang stehen, ebenfalls nur hälftig steuerlich berücksichtigt werden, um eine inkongruente Begünstigung auszuschließen. Aus den im Streitjahr verkauften Aktien der X AG habe der Kläger keinerlei Einnahmen erzielt. Eine doppelte Begünstigung sei daher auszuschließen.
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Zudem habe der Kläger trotz des Verkaufs von Aktien im Jahre 2002 nie die Wesentlichkeitsgrenze für eine steuerlich verhaftete Beteiligung unterschritten, so dass sich der Verkauf der Anteile im Jahre 2002 auch nicht auf seine steuerliche Gesamtbeteiligung an der X AG auswirke. Da der Kläger aus den ihm verbliebenen, immer noch eine wesentliche Beteiligung bildenden, Aktien i.S. von § 17 EStG keine steuerlichen Erträge erwirtschaftet habe, sei kein Grund ersichtlich, warum das steuerliche Abzugsverbot zum Tragen kommen sollte. Die Einkommensteuer sei daher auf den Betrag herabzusetzen, der sich unter Abzug von weiteren Veräußerungsverlusten i.S. von § 17 EStG in Höhe von 61.809 € ergebe.
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Hiergegen richtet sich die Revision des FA, mit der dieses die Verletzung materiellen Rechts (§ 17 Abs. 1 EStG und § 3c Abs. 2 EStG) rügt. Soweit der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteilen vom 25. Juni 2009 IX R 42/08 (BFHE 225, 445, BStBl II 2010, 220) und vom 14. Juli 2009 IX R 8/09 (BFH/NV 2010, 399) entschieden habe, dass der Abzug von Erwerbsaufwand im Zusammenhang mit Einkünften aus einer Veräußerung einer Beteiligung nach § 17 Abs. 1 und Abs. 4 EStG jedenfalls dann nicht nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG begrenzt sei, wenn der Steuerpflichtige keine durch seine Beteiligung vermittelte Einnahmen erzielt habe, sei als maßgebliche Beteiligung die an der X AG insgesamt anzusehen. Es widerspreche der Gesetzessystematik, für die Anwendung des § 17 EStG auf die Beteiligung (Summe der Aktien) abzustellen und dabei auch die innerhalb der letzten fünf Jahre veräußerten Anteile einzubeziehen, bei der Frage des mindestens mittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs zu Einnahmen dagegen nur auf die im Zeitpunkt der Veräußerung noch gehaltenen Anteile. Der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den im Jahre 2002 veräußerten Aktien und der Veräußerung der Anteile im Streitjahr ergebe sich daher aus § 17 Abs. 1 EStG.
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Das FA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2006 dahingehend zu bestätigen, dass die festgesetzte Einkommensteuer 2006 … € betrage.
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Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zutreffend bei der Ermittlung des streitbefangenen Veräußerungsverlusts des Klägers keine hälftige Kürzung der Anschaffungskosten gemäß § 3c Abs. 2 EStG vorgenommen.
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1. Der Kläger erzielte im Streitjahr unstreitig einen Veräußerungsverlust i.S. von § 17 Abs. 1, 2 EStG in Höhe von 123.616,54 €. Trotz des Kaufpreises von 0 € liegt eine entgeltliche Anteilsübertragung und damit eine Veräußerung vor. Denn eine solche ist auch dann anzunehmen, wenn objektiv wertlose Anteile ohne Gegenleistung zwischen fremden Dritten übertragen werden (BFH-Urteil vom 6. April 2011 IX R 61/10, BFHE 233, 446, BStBl II 2012, 8, Rz 13, m.w.N.).
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2. a) Halbeinkünfteverfahren und Halbabzugsverbot (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c, § 3c Abs. 2 EStG) sind im Streitfall nicht anzuwenden.
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aa) Gemäß § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c EStG ist die Hälfte des Veräußerungspreises i.S. von § 17 Abs. 2 EStG steuerfrei. Die hiermit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Aufwendungen sind nur zur Hälfte abzuziehen; denn nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG dürfen Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte abgezogen werden. Entsprechendes gilt, wenn bei der Ermittlung der Einkünfte der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen oder die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder der an deren Stelle tretende Wert mindernd zu berücksichtigen sind. Bei steuerfreien Einnahmen soll kein doppelter steuerlicher Vorteil durch den zusätzlichen Abzug von unmittelbar mit diesen zusammenhängenden Aufwendungen erzielt werden (BFH-Urteil vom 6. Juli 2005 XI R 61/04, BFHE 210, 332, BStBl II 2006, 163).
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Fallen keine Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen an, kommt eine hälftige Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 40 EStG nicht in Betracht. Folgerichtig tritt die nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG maßgebende Bedingung dafür, entsprechende Aufwendungen nur zur Hälfte zu berücksichtigen, nicht ein. Denn dieser Aufwand steht nicht --wie dies § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG schon dem Wortlaut nach für die hälftige Kürzung verlangt-- in wirtschaftlichem Zusammenhang mit lediglich zur Hälfte anzusetzenden Einnahmen. Fließen keine Einnahmen zu, ist § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nicht anzuwenden und der Erwerbsaufwand in vollem Umfang abziehbar (BFH-Urteile in BFHE 225, 445, BStBl II 2010, 220, und in BFH/NV 2010, 399; BFH-Beschluss vom 18. März 2010 IX B 227/09, BFHE 229, 177, BStBl II 2010, 627).
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bb) Keine Einnahmen erzielt, wer objektiv wertlose Anteile zu einem Kaufpreis von 0 € veräußert. Es fehlt an einem Entgelt für die Werthaltigkeit der übertragenen Anteile.
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Maßgeblich abzustellen ist dabei auf die konkret veräußerten Anteile. Denn der Veräußerungstatbestand des § 17 EStG bezieht sich auf einzelne Anteile als rechtlich selbständige Wirtschaftsgüter. So ist für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns von den tatsächlichen Anschaffungskosten auszugehen; für jedes einzelne Wirtschaftsgut, also auch für jedes Wertpapier gleicher Gattung, sind grundsätzlich die tatsächlichen Anschaffungskosten anzusetzen (BFH-Urteil vom 11. Dezember 2013 IX R 45/12, BFHE 244, 296, BStBl II 2014, 578, Rz 19, m.w.N.).
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Diese rechtliche Selbständigkeit von Anteilen an einer AG besteht unabhängig davon, dass § 17 EStG die Steuerbarkeit von Anteilsveräußerungen an eine Mindestbeteiligung knüpft. Die Frage, ob aus einzelnen Anteilen Einnahmen erzielt wurden, ist unabhängig davon zu beantworten, ob die Beteiligungsgrenze des § 17 Abs. 1 EStG erreicht ist oder nicht.
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b) Nach diesen Grundsätzen kommt es im Streitfall für die Anwendung von § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG allein darauf an, ob der Kläger aus den veräußerten Anteilen Einnahmen erzielt hat. Dies ist nicht ersichtlich. Unerheblich ist, dass auf den Kläger im Jahre 2002 ein anteiliger Gewinn aus der Veräußerung von Aktien durch die Z GbR entfiel. Denn es handelt sich dabei um andere als die veräußerten Aktien.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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