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BFH 22.08.2013 - VII R 20/12
BFH 22.08.2013 - VII R 20/12 - Zu den Folgen eines nicht ordnungsgemäß erledigten Verbrauchsteuerversandverfahrens
Normen
§ 76 FGO, § 143 Abs 1 S 1 BranntwMonG, § 143 Abs 3 BranntwMonG, § 143 Abs 4 S 1 Nr 1 BranntwMonG, § 130 Abs 1 S 1 BranntwMonG, § 133 Abs 2 Nr 2 BranntwMonG, § 135 BranntwMonG, Art 20 Abs 3 EWGRL 12/92, Art 28 EGV 2073/2004, Art 31 Abs 1 EGV 2073/2004
Vorinstanz
vorgehend FG Düsseldorf, 4. April 2012, Az: 4 K 2938/11 VBr, Urteil
nachgehend BFH, 8. Januar 2014, Az: VII S 45/13, Beschluss
Leitsatz
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1. NV: Für die wirksame Eröffnung eines Steuerversandverfahrens, mit dem verbrauchsteuerpflichtige Waren unter Steueraussetzung in einen anderen Mitgliedstaat befördert werden sollen, ist allein der objektive Tatbestand der Bezugsberechtigung des Empfängers und nicht die ordnungsgemäße Erledigung des Verfahrens entscheidend.
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2. NV: Kommen die Waren nicht am Bestimmungsort an, kann der Versender als Verfahrensinhaber selbst dann nach § 143 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BranntwMonG als Steuerschuldner in Anspruch genommen werden, wenn er die ihm auferlegten Sorgfaltspflichten erfüllt hat.
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3. NV: Zur Feststellung von Zuwiderhandlungen oder Unregelmäßigkeiten können sämtliche zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen, wie z.B. kriminaltechnische Gutachten, Erkenntnisse der Zollfahndung, Mitteilungen ausländischer Behörden oder Feststellungen in Strafurteilen, herangezogen werden.
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4. NV: Es besteht keine Verpflichtung der Finanzbehörden, Informationen, die ihnen nach der VO (EG) Nr. 2073/2004 im Wege der Amtshilfe von Behörden eines anderen Mitgliedstaats mitgeteilt worden sind, an einen Verfahrensbeteiligten weiterzugeben.
Tatbestand
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I. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) erteilte dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) mit Bescheid vom 31. Mai 2007 die Erlaubnis zum Betrieb eines offenen Branntweinlagers, für das dieser Sicherheit in Form einer Bürgschaft in Höhe von 3.500 € leistete.
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Am 3. Juli 2007 eröffnete der Kläger ein Steuerversandverfahren, mit dem unter Steueraussetzung insgesamt 12 552 Flaschen Whisky (3 514,5 Liter Alkohol) zu dem in D/Schweden gelegenen Steuerlager der Firma X-AB (AB) befördert werden sollten. Als Ort der Lieferung wurde in dem begleitenden Verwaltungsdokument eine Anschrift in F/Schweden angegeben. Ausweislich des ausgestellten Frachtbriefs sollte der Whisky von der Spedition Y nach F befördert werden. Das begleitende Verwaltungsdokument wurde unter dem 4. Juli 2007 mit einer von Herrn P im Namen der AB unterzeichneten Empfangsbescheinigung versehen. Auf sein Auskunftsersuchen vom 9. August 2007 erhielt das HZA am 14. August 2007 eine Antwort der schwedischen Finanzverwaltung, nach der die AB die Warensendung weder bestellt noch erhalten habe.
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Am 5. Oktober 2007 eröffnete der Kläger ein weiteres Steuerversandverfahren, mit dem 12 600 Flaschen Wodka (3 528 Liter Alkohol) nach Schweden befördert werden sollten. Als Ort der Lieferung wurde in dem begleitenden Verwaltungsdokument die Anschrift der AB in D angegeben. Dieses Dokument wurde unter dem 6. Oktober 2007 mit einer von Herrn K im Namen der AB unterzeichneten Empfangsbescheinigung versehen. Auf sein an die schwedische Finanzverwaltung gerichtetes Auskunftsersuchen vom 6. Dezember 2007 erhielt das HZA erneut die Auskunft, dass die AB den versandten Alkohol weder bestellt noch erhalten habe.
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Am 7. November 2007 eröffnete der Kläger ein drittes Steuerversandverfahren, mit dem wiederum unter Steueraussetzung Wodka nach Schweden befördert werden sollte. Als Empfänger der 16 800 Flaschen Wodka (4 704 Liter Alkohol) und als Ort der Lieferung wurde wiederum die AB in D angegeben. Nach den im Frachtbrief gemachten Angaben sollte der Wodka von der Spedition Y nach F befördert werden. Unter dem 7. November 2007 wurde auch dieses Mal das begleitende Verwaltungsdokument mit einer von Herrn K im Namen der AB unterzeichneten Empfangsbescheinigung versehen.
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Mit der Begründung, der Kläger habe die geforderte Sicherheitsleistung nicht erbracht, weshalb er auch ein Steuerversandverfahren nicht wirksam habe eröffnen können, setzte das HZA gegen den Kläger mit insgesamt drei Branntweinsteuerbescheiden die für die nach Schweden versandten Spirituosen entstandene Branntweinsteuer fest.
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Auf sein erneutes Ersuchen bestätigte die schwedische Finanzverwaltung dem HZA, dass die AB die Waren weder bestellt noch erhalten habe. Sie habe niemals mit dem Kläger in Geschäftsverbindung gestanden. Der von der AB verwendete Firmenstempel habe ein anderes Erscheinungsbild als die Stempel, die auf den begleitenden Verwaltungsdokumenten angebracht worden seien. Weder ein Herr K noch ein Herr P würden für die AB arbeiten, die in F auch kein Steuerlager unterhalte. Ferner teilte die schwedische Finanzverwaltung dem Zollfahndungsamt … (Z) mit Schreiben vom 22. Oktober 2010 mit, den wahren Empfänger des mit den begleitenden Verwaltungsdokumenten beförderten Alkohols nicht ausfindig gemacht zu haben. Ein bei der AB beschäftigter Mitarbeiter habe bei seiner Vernehmung angegeben, die Herren K, P und S hätten nie für die AB gearbeitet. Die in den Dokumenten eingetragene Verbrauchsteuernummer stimme nicht mit derjenigen überein, die der AB zugeteilt worden sei.
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Mit der Begründung, die nach Schweden versandten Spirituosen seien infolge der gefälschten Stempelabdrucke und der aufgetretenen Unregelmäßigkeit dem Steueraussetzungsverfahren entzogen worden, wies das HZA die Einsprüche des Klägers zurück. Auch die daraufhin erhobene Klage hatte keinen Erfolg.
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Das Finanzgericht (FG) urteilte, der Kläger habe den Nachweis einer ordnungsgemäßen Erledigung der Steuerversandverfahren nicht erbringen können. Die Feststellungen des HZA sprächen dafür, dass der vom Kläger versandte Branntwein tatsächlich nicht am Bestimmungsort eingetroffen sei. Zwar sei ein Steuerversandverfahren ordnungsgemäß eröffnet worden, doch sei davon auszugehen, dass der Branntwein im Steuergebiet dem Steueraussetzungsverfahren entzogen worden sei. Infolgedessen sei die Branntweinsteuer nach § 143 Abs. 1 Satz 1 in der für den Streitfall geltenden Fassung des Branntweinmonopolgesetzes (BranntwMonG) entstanden. Als Ort der Lieferung sei in Bezug auf die Lieferungen vom 3. Juli und 7. November 2007 ein Ort angegeben worden, an dem die AB kein Steuerlager unterhalten habe. Den Ort der Zuwiderhandlungen oder Unregelmäßigkeiten habe der Kläger in allen drei Fällen nicht nachweisen können, so dass gemäß Art. 20 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren --SystemRL-- (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 76/1) von einer Erhebungskompetenz Deutschlands auszugehen sei. Aufgrund der von der schwedischen Finanzverwaltung erteilten Auskünfte könne hinsichtlich sämtlicher Lieferungen nicht festgestellt werden, wo die Zuwiderhandlung oder Unregelmäßigkeit tatsächlich begangen worden sei. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung Ablichtungen von vier Rechnungen über Fährtransporte vorgelegt habe, könnten diese Belege aufgrund des Ablaufs der in Art. 20 Abs. 3 Satz 1 SystemRL festgelegten Frist keine Berücksichtigung mehr finden.
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Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, das FG habe fälschlicherweise angenommen, der Ort der Zuwiderhandlung oder Unregelmäßigkeit habe nicht festgestellt werden können. Die Schlussfolgerung, der Branntwein sei auf deutschem Steuergebiet dem Steueraussetzungsverfahren entzogen worden, sei eine reine Unterstellung. Sämtliche in den begleitenden Verwaltungsdokumenten gemachten Angaben --einschließlich der angegebenen Verbrauchsteuernummern-- habe er von einem Mitarbeiter des HZA überprüfen lassen. Die zweite Warenlieferung habe dieser "mitgetragen", obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits die erste Auskunft der schwedischen Finanzverwaltung vorgelegen habe. Aus einem bei den Akten befindlichen Vermerk des leitenden Sachbearbeiters des Z gehe hervor, dass die AB die Master-Nummer, die im begleitenden Verwaltungsdokument zur ersten Warenlieferung aufgeführt war, tatsächlich besaß. Diesen Vermerk müsse das FG übersehen haben. Erst am 8. November 2007 --und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem die drei Steuerversandverfahren bereits durchgeführt worden waren-- habe das HZA ihn über den Inhalt der erlangten Auskünfte in Kenntnis gesetzt. Zu seinen Lasten hätte das HZA nicht ohne Weiteres die Richtigkeit der vom schwedischen Fabrikleiter gemachten Aussage unterstellen dürfen. Nach Einschätzung des Z habe festgestanden, dass die Waren Deutschland verlassen hätten und erst in Schweden dem Steueraussetzungsverfahren entzogen worden seien.
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Somit beruhe die Annahme des FG, nach der der am 3. Juli und am 7. November 2007 versandte Branntwein im deutschen Steuergebiet dem Steueraussetzungsverfahren entzogen worden sei, auf einer reinen Unterstellung. Ungeprüft habe das FG angenommen, unter der erstgenannten Master-Nummer sei von AB in F kein Steuerlager unterhalten worden. Durch die in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Rechnungen werde ein Transport der Waren mit einer Fähre von Rostock nach Schweden belegt. Tatsächlich seien die Waren in Schweden ausgeliefert worden. Dem hätten die Ermittlungsbehörden und das FG nachgehen müssen. Es könne ihm, der sich stets redlich verhalten habe, nicht zum Nachteil gereichen, dass er ein Opfer krimineller Machenschaften geworden sei.
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Der Kläger beantragt, die Aufhebung des Urteils des FG und der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen.
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Das HZA beantragt die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Es schließt sich dabei den Ausführungen des FG an. Im Übrigen vertritt es die Auffassung, das Vorbringen des Klägers genüge nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung der Revision.
Entscheidungsgründe
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II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
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Die Revision des Klägers, die entgegen der Rechtsauffassung des HZA die behauptete Rechtsverletzung hinreichend bezeichnet, ist unbegründet. Das FG hat zu Recht geurteilt, dass die Branntweinsteuer nach § 143 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 BranntwMonG im Steuergebiet mit der Folge entstanden ist, dass der Kläger als Inhaber des Steuerversandverfahrens gemäß § 143 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BranntwMonG Steuerschuldner geworden ist.
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1. Nach § 143 Abs. 3 Satz 1 BranntwMonG gelten im innergemeinschaftlichen Steuerversandverfahren aus einem Steuerlager im Steuergebiet an ein Steuerlager in einem anderen Mitgliedstaat versandte Erzeugnisse (Branntwein oder branntweinhaltige Waren i.S. von § 130 Abs. 1 Satz 1 BranntwMonG) als im Steuergebiet dem Steueraussetzungsverfahren entzogen, wenn der Versender nicht innerhalb einer Frist von vier Monaten ab dem Tag des Versandbeginns den Nachweis führt, dass die Erzeugnisse am Bestimmungsort angelangt oder untergegangen oder aufgrund einer außerhalb des Steuergebiets eingetretenen oder als eingetreten geltenden Unregelmäßigkeit nicht am Bestimmungsort angelangt sind. Infolge der Fiktion eines Entziehens aus dem Steueraussetzungsverfahren ist in diesen Fällen die Steuer nach § 143 Abs. 1 Satz 1 BranntwMonG entstanden, es sei denn, die Erzeugnisse sind untergegangen oder an einen zum Bezug unter Steueraussetzung Berechtigten abgegeben worden. Diese Regelungen dienen der Umsetzung des Art. 20 Abs. 3 SystemRL, der die Erhebungskompetenz dem Abgangsmitgliedstaat in allen Fällen zuweist, in denen die verbrauchsteuerpflichtigen Waren nicht am Bestimmungsort eingetroffen sind und in denen der Ort der Zuwiderhandlung oder der Unregelmäßigkeit nicht festgestellt werden kann. Dabei wird fingiert, dass die genannten Ereignisse im Abgangsmitgliedstaat eingetreten sind und auch dort die Steuer nach Art. 6 Abs. 1 SystemRL entstanden ist.
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Ausreichend für den Eintritt der Fiktion ist allein der Umstand, dass die Waren nicht am Bestimmungsort angekommen sind und dass der tatsächliche Ort der Entnahmehandlung unbekannt ist. Einer positiven Feststellung, dass die Waren das Territorium des Abgangsmitgliedstaats nicht verlassen haben, bedarf es nicht. Art. 20 Abs. 3 SystemRL findet sogar in den Fällen Anwendung, in denen feststeht, dass die Waren aus dem Abgangsmitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat verbracht worden sind, jedoch ihr endgültiger Verbleib nicht festgestellt werden kann. In solchen Fällen besteht nämlich die Möglichkeit, dass die Waren in dem anderen Mitgliedstaat nicht verblieben sind. Um einen Erhebungskonflikt zwischen den Durchfuhrmitgliedstaaten zu vermeiden, wird der Ort der Steuerentstehung in einer fiktiven Betrachtung in den Abgangsmitgliedstaat verlegt (Senatsbeschluss vom 12. Oktober 2006 VII B 302/05, BFH/NV 2007, 210).
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2. Diese Grundsätze sind auch im Streitfall zu beachten, in dem nach den Feststellungen des FG der aus dem Steuerlager des Klägers versandte Branntwein nicht am Bestimmungsort in Schweden eingetroffen ist und nicht geklärt werden konnte, wo die Zuwiderhandlungen oder Unregelmäßigkeiten i.S. des § 20 Abs. 3 SystemRL tatsächlich begangen worden sind.
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a) Als Inhaber eines Branntweinlagers (§ 133 Abs. 2 Nr. 2, § 135 BranntwMonG) war der Kläger nach § 141 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BranntwMonG berechtigt, den streitgegenständlichen Branntwein unter Steueraussetzung in einen anderen Mitgliedstaat zu verbringen, d.h. ein Steuerversandverfahren zu eröffnen. Da es für die wirksame Eröffnung eines Steueraussetzungsverfahrens allein auf den objektiven Tatbestand der Bezugsberechtigung des Empfängers ankommt (Senatsurteil vom 10. November 2009 VII R 39/08, BFHE 227, 546, 553, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2010, 76, m.w.N.) und AB Inhaberin eines von der schwedischen Finanzverwaltung bewilligten Steuerlagers war, ist trotz der nicht ordnungsgemäßen Erledigung der Rückscheine von einer wirksamen Eröffnung der drei Steuerversandverfahren auszugehen. Als für den Versand verantwortlicher Steuerlagerinhaber traf den Kläger eine Garantenstellung hinsichtlich der ordnungsgemäßen Abwicklung der drei Steuerversandverfahren, aufgrund derer er im Falle von Unregelmäßigkeiten als Steuerschuldner --evtl. durch Verwertung der von ihm geleisteten Sicherheit-- selbst dann in Anspruch genommen werden kann, wenn er die ihm als Verfahrensinhaber auferlegten Sorgfaltspflichten in ausreichendem Maße beachtet haben sollte, ihn also kein Verschulden trifft (vgl. Jatzke, Belastungswirkungen der Umsatzsteuer und der besonderen Verbrauchsteuern, ZfZ 2011, 109, 115).
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b) Bis zum Erlass der Einspruchsentscheidung vom 21. Juli 2011 ist es dem Kläger nicht gelungen, den Nachweis zu führen, dass die von ihm versandten Erzeugnisse am Bestimmungsort in Schweden angekommen und dort in ein Steuerlager der AB aufgenommen worden sind. Auch einen der in § 143 Abs. 3 Nr. 2 und 3 BranntwMonG genannten Alternativnachweise hat er nicht erbracht, so dass die Tatbestandsmerkmale des § 143 Abs. 3 BranntwMonG erfüllt sind. Infolgedessen ist für den gesamten Branntwein, den der Kläger zur Durchführung der drei Steuerversandverfahren aus seinem Steuerlager entnommen hat, im Steuergebiet die Steuer entstanden.
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3. Soweit dem Vorbringen des Klägers, das FG habe die Nichterweislichkeit des Ortes der Zuwiderhandlung oder Unregelmäßigkeit lediglich verfahrensfehlerhaft unterstellt und Zeugen hierzu nicht vernommen, die Rüge mangelnder Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) entnommen werden kann, liegt der behauptete Verfahrensmangel nicht vor.
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a) Die Feststellung von Zuwiderhandlungen und Unregelmäßigkeiten i.S. des Art. 20 Abs. 3 SystemRL gehört zum Verfahrensrecht, dessen nähere Ausgestaltung den Mitgliedstaaten überlassen ist. Es steht den Mitgliedstaaten frei, welche Erkenntnisquellen sie zur Feststellung von Zuwiderhandlungen und Unregelmäßigkeiten nutzbar machen. Wie der Senat entschieden hat, können sie dabei grundsätzlich auf kriminaltechnische Gutachten, Erkenntnisse der Zollfahndung, Mitteilungen ausländischer Behörden sowie auf die in Strafurteilen wiedergegebenen Feststellungen zurückgreifen, soweit dies die nationale Rechtsordnung zulässt (Senatsentscheidungen vom 30. Januar 2007 VII B 4/06, BFH/NV 2007, 1374, und in BFHE 227, 546, 561, ZfZ 2010, 76). Dies gilt nicht nur für die positive Feststellung von bestimmten Ereignissen, die eine Steuerentstehung nahelegen, sondern auch für die Feststellung, dass die Waren am Bestimmungsort nicht angekommen sind und dass sich der Ort der Zuwiderhandlungen oder Unregelmäßigkeiten nicht feststellen lässt.
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b) Im Streitfall hat das FG seine Schlussfolgerungen in nicht zu beanstandender Weise auf die Erkenntnisse der Zollfahndung und des HZA gestützt, die vorwiegend auf den Ergebnissen von Auskunftsersuchen beruhen. Insbesondere hat es ausdrücklich die von der schwedischen Finanzverwaltung nach Art. 28 der Verordnung (EG) Nr. 2073/2004 des Rates vom 16. November 2004 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Verbrauchsteuern --VO Nr. 2073/2004-- (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 359/1) erteilten Auskünfte in Bezug genommen, aus denen sich zweifelsfrei ergab, dass die vom Kläger als Empfänger bezeichnete AB die Waren weder bestellt noch erhalten hat und dass zum Kläger niemals eine Geschäftsverbindung bestand. Darüber hinaus hat die schwedische Finanzverwaltung den deutschen Finanzbehörden mit dem ebenfalls vom FG in Bezug genommenen Schreiben vom 22. Oktober 2010 ein Protokoll über die Vernehmung eines bei der AB tätigen Mitarbeiters übersandt und mitgeteilt, dass der tatsächliche Empfänger der vom Kläger versandten Erzeugnisse nicht habe ausfindig gemacht werden können. Mit der Auswertung dieser Urkunden durfte sich das FG im Rahmen seiner freien Beweiswürdigung begnügen.
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Demgegenüber legt die Revision nicht schlüssig dar, weshalb sich dem FG das Erfordernis einer weitergehenden Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen. Insbesondere geht aus dem Vorbringen nicht hervor, was die als Zeugen benannten Sachbearbeiter des HZA und des Z zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts --insbesondere zum endgültigen Verbleib der Waren und zur ordnungsgemäßen Erledigung der Steuerversandverfahren durch Aufnahme in die in den Begleitdokumenten angegebenen Steuerlager-- hätten beitragen können. Im Übrigen hat der Kläger ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung in dieser keine Beweisanträge gestellt. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs geht das Rügerecht bei verzichtbaren Verfahrensmängeln, zu denen ein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht oder eine Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme gehört, durch das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren (Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 76 Rz 33, m.w.N.).
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4. Auch die Behauptung, ein Sachbearbeiter des HZA habe vor der Übernahme der Waren durch den mit dem Transport beauftragten Spediteur sämtliche Angaben --einschl. der Verbrauchsteuernummern-- in den begleitenden Verwaltungsdokumenten überprüft, kann der Revision nicht zum Erfolg verhelfen. In Bezug auf die behauptete Überprüfung und deren Ergebnis lassen sich dem Urteil des FG keine tatsächlichen Feststellungen i.S. des § 118 Abs. 2 FGO entnehmen. Zudem lässt die Revision rechtliche Schlussfolgerungen in Bezug auf die vermeintliche Überprüfung vermissen. Selbst wenn sich die Existenz der angegebenen Verbrauchsteuernummern mit Hilfe der in der SEED-Datei gespeicherten Daten hätte nachweisen lassen, hätte dies den Kläger aus seiner Verantwortung für das Steuerversandverfahren nicht entlassen können. Denn weiterhin wären ein Entziehen der Waren aus dem Steueraussetzungsverfahren und der Eintritt der in § 143 Abs. 3 BranntwMonG normierten Fiktion möglich gewesen.
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5. Auch der Umstand, dass das HZA seine Erkenntnisse dem Kläger erst am 8. November 2007 und damit zu einem Zeitpunkt mitgeteilt hat, zu dem der Kläger bereits das dritte Steuerversandverfahren eröffnet hatte, lässt die Entstehung der Steuer nach § 143 Abs. 1 Satz 1 und 3 BranntwStG unberührt. Entgegen der Auffassung des Klägers erweist sich das Verhalten des HZA im Streitfall nicht als grob pflichtwidrig.
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a) Jedem Unternehmer bleibt es unbenommen, sich am Handel mit unversteuerten verbrauchsteuerpflichtigen Waren zu beteiligen und die Risiken auf sich zu nehmen, die mit der Eröffnung von Steuerversandverfahren verbunden sind. Wie der Streitfall anschaulich zeigt, können diese Risiken erhebliche Ausmaße annehmen. Von solchen Risiken kann der Verfahrensinhaber nicht dadurch befreit werden, dass den beteiligten Finanzbehörden eine gesteigerte Sorgfaltspflicht auferlegt wird. Vielmehr obliegt es dem Wirtschaftsbeteiligten, sich über die Seriosität seiner Handelspartner zu vergewissern und Maßnahmen zu treffen, die betrügerischen Machenschaften vorbeugen. So kann z.B. durch eine Inanspruchnahme der SEED-Datei eine vom Geschäftspartner übermittelte Verbrauchsteuernummer bestätigt werden (vgl. hierzu Senatsurteil in BFHE 227, 546, 559 f., ZfZ 2010, 76).
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b) Sofern das HZA im Einzelfall unter Inanspruchnahme des elektronischen Informationsaustausches nach der VO Nr. 2073/2004 nähere Informationen über die Bezugsberechtigung der in den Begleitdokumenten angegebenen Verfahrensbeteiligten einholt (z.B. über das Bestehen und das Ausmaß von Geschäftsverbindungen), besteht keine Pflicht zur unverzüglichen Unterrichtung der Beteiligten über das Ergebnis solcher Nachforschungen. Bestünde eine solche Verpflichtung, könnten z.B. Langzeitobservationen zur Aufdeckung von groß angelegten Betrugsfällen nur unter erschwerten Bedingungen durchgeführt werden. Erforderliche Maßnahmen der Steueraufsicht müssten unterbleiben. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Zusammenarbeit der Finanzbehörden im Wege der Amtshilfe und der in diesem Rahmen durchgeführte Informationsaustausch nach der VO Nr. 2073/2004 vorrangig einer Verbesserung der Verwaltungszusammenarbeit und der Betrugsbekämpfung im Verbrauchsteuerbereich dienen. Nach Art. 31 Abs. 1 VO Nr. 2073/2004 unterliegen die Informationen, die gemäß dieser Verordnung übermittelt werden, der Geheimhaltungspflicht. Unter diesen Umständen ist es im Streitfall nicht zu beanstanden, dass das HZA den Kläger zunächst nicht über die durch die Auskunftsersuchen gewonnenen Erkenntnisse unterrichtet hat.
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6. Schließlich legt die Revision nicht dar, dass das Urteil auf der vermeintlich verfahrensfehlerhaften Nichtberücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Rechnungen, die den Transport der Erzeugnisse von Rostock nach Trelleborg belegen sollen, beruht. Nach der maßgeblichen materiell-rechtlichen Auffassung des FG war der Inhalt der Urkunden für das Ergebnis des erstinstanzlichen Verfahrens deshalb nicht entscheidungserheblich, weil sie verspätet vorgelegt worden sind und weil die Rechnungsdaten nicht mit den Daten der Steuerversandverfahren übereinstimmen. Bei diesem Befund erweist sich die Verfahrensrüge als unschlüssig.
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