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BFH 06.12.2012 - V ER-S 2/12
BFH 06.12.2012 - V ER-S 2/12 - Vorsteuerabzug des Gesellschafters
Normen
§ 15 UStG 1999
Vorinstanz
vorgehend BFH, 14. November 2012, Az: XI R 26/10, Beschluss
nachgehend BFH, 20. Februar 2013, Az: XI R 26/10, EuGH-Vorlage
Leitsatz
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NV: Der Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, nach der ein Gesellschafter, der ein Wirtschaftsgut außerhalb einer eigenen wirtschaftlichen (unternehmerischen) Tätigkeit nach § 2 UStG erwirbt und diesen seiner Gesellschaft unentgeltlich zur Nutzung überlässt, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Tatbestand
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I. 1. Mit Beschluss vom 14. November 2012 XI R 26/10 hat der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) beim V. Senat angefragt, ob er einer "Abweichung von seiner Rechtsprechung in dem Urteil vom 6. September 2007 V R 16/06 (BFH/NV 2008, 1710, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2008, 840) zustimmt" und zur Begründung auf seinen Gerichtsbescheid vom … 2012 XI R 26/10, gegen den mündliche Verhandlung beantragt wurde, verwiesen.
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In diesem Verfahren geht es um die Frage, ob ein Gesellschafter (Kläger), der mit Anderen an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) beteiligt war (Alt-GbR) und der bei der Auflösung der Alt-GbR im Rahmen einer sog. Realteilung einen Teil des der Alt-GbR zustehenden Mandantenstamms erhielt, im Hinblick auf den Erwerb dieses Mandantenstamms, den der XI. Senat des BFH als entgeltlichen Vorgang beurteilt, zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, wenn der Gesellschafter mit einem anderen Gesellschafter eine neue GbR (Neu-GbR) gründet, dieser den Mandantenstamm unentgeltlich zur Nutzung überlässt und die Neu-GbR diesen Mandantenstamm für steuerpflichtige Umsätze verwendet.
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Die Alt-GbR erteilte dem Kläger am 16. August 2004 eine Rechnung mit Steuerausweis für die 1994 erfolgte Realteilung.
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2. Der XI. Senat des BFH geht davon aus, dass in Folge des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 1. März 2012 C-280/10, Polski Trawertyn (Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2012, 366) der "Gesellschafter einer Steuerberatungs-GbR, der von der GbR einen Teil des Mandantenstammes ausschließlich zu dem Zweck erwirbt, diesen unmittelbar anschließend einer von ihm gegründeten Steuerberatungs-GbR unentgeltlich zur unternehmerischen Nutzung zu überlassen, ... zum Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des Mandantenstammes berechtigt sein" kann.
Entscheidungsgründe
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II. Der V. Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, nach der ein Gesellschafter, der ein Wirtschaftsgut außerhalb einer eigenen wirtschaftlichen (unternehmerischen) Tätigkeit nach § 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) erwirbt und dieses seiner Gesellschaft unentgeltlich zur Nutzung überlässt, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Er stimmt daher einer Abweichung von dieser Rechtsprechung nicht zu.
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1. Der Senat hat in seiner bisherigen Rechtsprechung den Vorsteuerabzug eines Gesellschafters aus Leistungsbezügen für seine Gesellschaft mehrfach verneint.
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So hat der Senat mit Urteil vom 15. Januar 1987 V R 3/77 (BFHE 149, 272, BStBl II 1987, 512) entschieden, dass der Erwerb eines Einzelunternehmens zu dem Zweck, es unmittelbar in eine Personengesellschaft einzubringen, keine unternehmerische Betätigung begründet und der einbringende Gesellschafter daher aus dem Erwerb nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
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Darüber hinaus hat der Senat entschieden, dass der Eigentümer eines Ferienhauses, der sich mit anderen Ferienhauseigentümern zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammenschließt, das Haus nicht selbst als Unternehmer zur Ausführung von Umsätzen verwendet, wenn nicht er, sondern die Gesellschaft die Ferienhäuser in eigenem Namen vermietet, und er damit auch nicht zum Abzug der Vorsteuerbeträge aus der Gebäudeerrichtung berechtigt ist (BFH-Urteil vom 18. März 1988 V R 178/83, BFHE 153, 166, BStBl II 1988, 646).
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Weiter sind bei einer Vermietung durch eine Miteigentümergemeinschaft nur diese, nicht aber auch die Miteigentümer als Unternehmer anzusehen, so dass der Miteigentümer nicht bereits durch die zivilrechtliche Stellung als Mitvermieter, sondern erst aufgrund einer entgeltlichen Überlassung seines Miteigentumsanteils an die Gemeinschaft zum Unternehmer wird (BFH-Urteil vom 16. Mai 2002 V R 4/01, BFH/NV 2002, 1347).
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Schließlich ist der Senat in seinem in der Anfrage des XI. Senats des BFH genannten Urteil in BFH/NV 2008, 1710, HFR 2008, 840 davon ausgegangen, dass Gesellschafter nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, wenn diese als Miteigentümer ein Gebäude errichten, das sie einer personenidentischen OHG unentgeltlich zur Nutzung überlassen, ohne das Gebäude in das Gesamthandvermögen der OHG zu übertragen.
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2. Der Senat stimmt einer Abweichung von seiner vorstehend wiedergegebenen Rechtsprechung für den Fall, dass der Gesellschafter ein von ihm erworbenes Wirtschaftsgut der Gesellschaft lediglich unentgeltlich zur Nutzung überlässt und insoweit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, nicht zu, da insoweit kein Widerspruch zum EuGH-Urteil Polski Trawertyn in UR 2012, 366 besteht und die Übertragung der einen Einbringungsvorgang betreffenden Entscheidungsgrundsätze auf den Fall einer unentgeltlichen Nutzungsüberlassung des von einem Gesellschafter erworbenen Wirtschaftsguts an die Gesellschaft zweifelhaft ist.
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a) Der EuGH hat in seinem Urteil Polski Trawertyn in UR 2012, 366 entschieden, dass
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"die Gesellschaft, damit die Neutralität der Steuerlast gewährleistet werden kann und da es den Gesellschaftern, obwohl sie als mehrwertsteuerpflichtig angesehen werden können, nach den nationalen Rechtsvorschriften nicht möglich ist, sich auf von Polski Trawertyn bewirkte steuerbare Umsätze zu berufen, um sich von den Mehrwertsteuerkosten im Zusammenhang mit den Investitionsumsätzen zu entlasten, die für die Zwecke und im Hinblick auf die Tätigkeit dieser Gesellschaft bewirkt wurden, in die Lage versetzt werden [muss], diese Investitionsumsätze beim Mehrwertsteuerabzug zu berücksichtigen (...)" (EuGH-Urteil Polski Trawertyn in UR 2012, 366 Rdnr. 35).
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Danach sind die Gesellschafter oder die Gesellschaft aus "Investitionsumsätzen" zum Vorsteuerabzug berechtigt. Ob ein derartiger Investitionsumsatz vorliegt, bestimmt sich aus Sicht der Gesellschaft. Denn ein Investitionsumsatz der Gesellschaft setzt den Erwerb eines Investitionsguts (zum Begriff des Investitionsguts und zur Zuordnung von Investitionsgütern und sonstigen Leistungen vgl. EuGH-Urteil vom 16. Februar 2012 C-118/11, Eon Aset Menidjmunt OOD, Rdnrn. 33, 34, 45 f. und 53) durch die Gesellschaft voraus. Hieran fehlt es, wenn ein Investitionsgut der Gesellschaft nur zur Nutzung überlassen wird.
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Hierfür spricht zum einen, dass der EuGH von einem gleichrangigen Vorsteuerabzug bei den Gesellschaftern und der Gesellschaft ausgeht, so dass die Gesellschaft den von den Gesellschaftern erworbenen Gegenstand im Umfang des Erwerbs durch die Gesellschafter erlangen muss. Zum anderen ist es die wirtschaftliche Tätigkeit der Gesellschaft, aus der sich nach dem EuGH-Urteil Polski Trawertyn in UR 2012, 366 eine Unternehmerstellung eines ansonsten nichtwirtschaftlich (nichtunternehmerisch) tätigen Gesellschafters ableitet und sich das Vorliegen eines Investitionsumsatzes auch deshalb nach den Verhältnissen der Gesellschaft bestimmt. Dementsprechend bejaht der EuGH in seinem Urteil Polski Trawertyn in UR 2012, 366 den Vorsteuerabzug aus der Einbringung eines Grundstücks in eine Gesellschaft, die umsatzsteuerrechtlich als Lieferung dieses Grundstücks an die Gesellschaft anzusehen ist.
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b) Die Rechtsprechung des Senats, wonach der außerhalb einer eigenen wirtschaftlichen (unternehmerischen) Tätigkeit handelnde Gesellschafter bei einer lediglich unentgeltlichen Nutzungsüberlassung an die Gesellschaft nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, steht schon deshalb nicht im Widerspruch zum EuGH-Urteil Polski Trawertyn in UR 2012, 366, weil eine Nutzungsüberlassung einer Lieferung nicht gleichzustellen ist. Dies gilt auch für Wirtschaftsgüter, deren Übertragung wie im Fall eines Kunden- oder Mandantenstammes umsatzsteuerrechtlich keine Lieferung gemäß § 3 Abs. 1 UStG, sondern eine sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9 UStG ist (vgl. hierzu z.B. EuGH-Urteil vom 22. Oktober 2009 C-242/08, Swiss Re, Slg. 2009, I-10099 zur Übertragung eines Bestandes aus Lebensrückversicherungsverträgen). Ein Investitionsumsatz liegt dann nur vor, wenn der umsatzsteuerrechtlich als sonstige Leistung anzusehende Vorgang zu einem Erwerb des Kunden- oder Mandantenstammes führt, nicht aber auch, wenn der Kunden- oder Mandantenstamm nur zur Nutzung überlassen wird.
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c) Im Übrigen sind sich aus dem EuGH-Urteil Polski Trawertyn in UR 2012, 366 ergebende Auslegungszweifel vorrangig durch den EuGH selbst zu klären, so dass der Senat erst nach einer derartigen Klärung im Rahmen einer erneuten Abweichungsanfrage über eine Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung zu entscheiden hätte.
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Zweifelhaft ist dabei z.B., ob die Grundsätze des EuGH-Urteils Polski Trawertyn in UR 2012, 366 nur für gemeinsame Leistungsbezüge durch alle Gesellschafter oder auch für Leistungsbezüge durch einzelne Gesellschafter und damit z.B. auch für die individuellen Leistungsbezüge einer unbestimmten Vielzahl von Gesellschaftern einer Publikumsgesellschaft gelten, oder z.B., ob sich bereits aus dem Unionsrecht ein gegenüber dem Vorsteuerabzug der Gesellschaft vorrangiger Anspruch der Gesellschafter auf Vorsteuerabzug ergibt, so dass dies auch bei der richtlinienkonformen Auslegung des § 15 UStG zu beachten wäre.
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d) Schließlich weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass der EuGH in seinem Urteil Polski Trawertyn in UR 2012, 366 die Einbringung durch die beiden Gesellschafter im Hinblick auf eine aus der wirtschaftlichen Tätigkeit der Gesellschaft abgeleitete Unternehmerstellung als steuerbar und aufgrund einer gesonderten Steuerbefreiungsvorschrift als nicht steuerpflichtig ansieht. Der EuGH bejaht dabei den Vorsteuerabzug trotz der im Verhältnis zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft gegebenen Steuerfreiheit aus Gründen der steuerlichen Neutralität. Demgegenüber besteht weder für die Übertragung noch für die Überlassung eines Kundenstamms eine Steuerbefreiung. So hat der EuGH die Steuerfreiheit solcher Übertragungen auch im Anwendungsbereich des Art. 13 Teil B Buchst. c der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG, der unionsrechtlichen Grundlage von § 4 Nr. 28 UStG, verneint (EuGH-Urteil Swiss Re in Slg. 2009, I-10099). Auch diese Besonderheit könnte gegen eine Berücksichtigung des EuGH-Urteils Polski Trawertyn in UR 2012, 366 in dem vom XI. Senat des BFH zu entscheidenden Streitfall sprechen.
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