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BFH 09.05.2012 - III B 198/11
BFH 09.05.2012 - III B 198/11 - Geringwertiges Wirtschaftsgut; Bestimmung der selbständigen Nutzungsfähigkeit nach den konkreten betrieblichen Umständen
Normen
§ 6 Abs 2 S 1 EStG 1997, § 6 Abs 2 S 2 EStG 1997, § 6 Abs 2 S 3 EStG 1997
Vorinstanz
vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 31. August 2011, Az: 4 K 1080/06, Urteil
Leitsatz
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NV: Für die Frage, ob ein Wirtschaftsgut die für die Einordnung als geringwertiges Wirtschaftsgut erforderliche Voraussetzung, dass es einer selbständigen Nutzung fähig ist, erfüllt, kommt es nicht auf eine generalisierende Betrachtung bestimmter Arten von Wirtschaftsgütern nach der Verkehrsauffassung an, sondern auf die konkrete betriebliche Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts in dem konkreten Betrieb .
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) begehrt von dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) die Festsetzung einer Investitionszulage für das Streitjahr 2001 auf die --jeweils 800 DM nicht überschreitenden-- Anschaffungskosten von Sichtbehältern und Gitterboxpaletten. Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid vom 16. September 2002 lehnte das FA die Gewährung einer Investitionszulage mit der Begründung ab, dass es sich bei den angeschafften Gegenständen um geringwertige Wirtschaftsgüter handele. Nach Durchführung einer Betriebsprüfung wurde der Vorbehalt der Nachprüfung mit Bescheid vom 20. Januar 2006 aufgehoben. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 15. Mai 2006 als unbegründet zurück.
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Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen gerichtete Klage mit Urteil vom 31. August 2011 als unbegründet ab. Zur Begründung bezog es sich im Wesentlichen auf die Senatsrechtsprechung (Urteil vom 25. August 1989 III R 125/84, BFHE 158, 289, BStBl II 1990, 82; Beschluss vom 31. Juli 2008 III B 73/07, BFH/NV 2008, 1883) und führte aus, dass die einzelnen Paletten und Sichtbehälter aufgrund ihrer Lager- und Transportfunktion auch eine selbständige Nutzungsfähigkeit besäßen.
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Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) und wegen des Vorliegens von Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg und wird durch Beschluss verworfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO). Sofern Zulassungsgründe überhaupt in einer den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Form geltend gemacht wurden, liegen sie jedenfalls nicht vor.
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1. a) Die begehrte Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO setzt voraus, dass die Klägerin eine hinreichend bestimmte Rechtsfrage herausstellt, deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit an der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Fortentwicklung des Rechts erforderlich ist und die im konkreten Streitfall klärbar ist. Dazu ist auszuführen, ob und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist. Vor allem sind, sofern zu dem Problemkreis Rechtsprechung und Äußerungen im Fachschrifttum vorhanden sind, eine grundlegende Auseinandersetzung damit sowie eine Erörterung geboten, warum durch diese Entscheidungen die Rechtsfrage noch nicht als geklärt anzusehen ist bzw. weshalb sie ggf. einer weiteren oder erneuten Klärung bedarf (z.B. Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2003 III B 14/03, BFH/NV 2004, 224).
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b) Diesen Vorgaben genügen die Ausführungen in der Beschwerdeschrift nicht.
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aa) Die Klägerin ist der Auffassung, es müsse geklärt werden, dass es für die Frage, ob es sich bei den einzelnen Gegenständen um geringwertige Wirtschaftsgüter handele, darauf ankomme, ob die einzelnen Gitterboxpaletten und Sichtbehälter nach den konkreten Verhältnissen im jeweiligen Unternehmen selbständig nutzbar seien oder ob sie nach ihrer konkreten betrieblichen Zweckbestimmung nur zusammen mit anderen --auf sie technisch abgestimmten-- Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens genutzt werden könnten. Die grundsätzliche Bedeutung ergebe sich daraus, dass die Einordnung identischer Wirtschaftsgüter als selbständig nutzbare --geringwertige-- oder aber als nur gemeinsam mit anderen nutzbare Wirtschaftsgüter von der jeweiligen speziellen betrieblichen Zweckbestimmung im konkreten Unternehmen abhängig sei und dies in der Rechtsprechung und in der Literatur bislang --soweit ersichtlich-- nicht hinreichend deutlich herausgearbeitet und gewürdigt worden sei.
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bb) Die Klägerin setzt sich mit diesem Vortrag auch nicht ansatzweise mit der im angegriffenen Urteil des FG zitierten einschlägigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu der Frage auseinander, wann von dem Vorliegen eines geringwertigen Wirtschaftsguts auszugehen ist. Unter Wiedergabe des Gesetzeswortlauts hat der Senat in der Entscheidung in BFHE 158, 289, BStBl II 1990, 82 ausgeführt, dass nach § 6 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ein Wirtschaftsgut einer selbständigen Nutzung nicht fähig ist, wenn es nach seiner betrieblichen Zweckbestimmung nur zusammen mit anderen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens genutzt werden kann und die in diesem Nutzungszusammenhang eingefügten Wirtschaftsgüter technisch aufeinander abgestimmt sind; dem steht nicht entgegen, dass das Wirtschaftsgut aus dem betrieblichen Nutzungszusammenhang gelöst und in einen anderen betrieblichen Nutzungszusammenhang eingefügt werden kann (§ 6 Abs. 2 Satz 3 EStG). Bereits daraus ergibt sich, dass es für die Einordnung als geringwertiges Wirtschaftsgut nicht auf eine generalisierende Betrachtung bestimmter Arten von Wirtschaftsgütern nach der Verkehrsauffassung, sondern auf die konkrete betriebliche Zweckbestimmung in dem konkreten Betrieb ankommt. Auch hinsichtlich der Investitionszulagenförderung von in der Beton-Elementefertigung eingesetzten Unterlagbrettern hat der Senat eine FG-Entscheidung bestätigt, wonach auf den konkreten Fertigungsvorgang im Betrieb der Klägerin abzustellen sei (Senatsbeschluss vom 11. November 2003 III B 31/03, BFH/NV 2004, 369). Zudem hat der BFH bei der einkommensteuerrechtlichen Einordnung von Peripheriegeräten eines PC dargelegt, dass es auf die tatsächliche Verwendung der betreffenden Geräte im Einzelfall ankommt (Urteil vom 19. Februar 2004 VI R 135/01, BFHE 205, 220, BStBl II 2004, 958, unter II.3.d).
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Ebenso lässt die Beschwerdebegründung eine Befassung mit Beiträgen des Schrifttums zu dieser Problematik vermissen. Auf diese Weise vermeidet sie die gebotene Stellungnahme dazu, ob die aufgeworfene Rechtsfrage nicht bereits geklärt ist. Dass angesichts der bestehenden Rechtsprechung neuerlicher Klärungsbedarf entstanden ist, wird weder in der Beschwerde dargelegt noch ist dies sonst ersichtlich.
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2. Ebenso wenig hat die Klägerin die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) in der durch § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO geforderten Art und Weise dargelegt.
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a) Die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung setzt voraus, dass das FG in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, dass dabei über dieselbe Rechtsfrage entschieden wurde und diese für beide Entscheidungen rechtserheblich war, dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, dass die abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann und dass eine Entscheidung des BFH zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist (z.B. BFH-Beschluss vom 31. März 2010 IV B 131/08, BFH/NV 2010, 1487). Zur schlüssigen Darlegung einer solchen Abweichungsrüge muss der Beschwerdeführer u.a. tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus den behaupteten, mit Datum sowie Aktenzeichen und/oder Fundstelle bezeichneten Divergenzentscheidungen andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so die behauptete Abweichung zu verdeutlichen (z.B. Senatsbeschluss vom 11. März 2011 III B 76/10, BFH/NV 2011, 981).
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b) Die Klägerin führt zur Begründung ihrer Divergenzrüge aus, die Klärung der oben unter 1. dargelegten Rechtsfrage diene dazu, eine einheitliche Rechtsprechung zu ermöglichen und zu vermeiden, dass die FG bestimmte Wirtschaftsgüter (wie z.B. Paletten jeder Art), die von anderen Gerichten --und für andere Unternehmen-- schon einmal als selbständig nutzbare oder als nur zusammen mit anderen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens nutzbare Wirtschaftsgüter bewertet worden sind, unbesehen und/oder ohne genauere Prüfung der jeweiligen konkreten betrieblichen Zweckbestimmung im zu beurteilenden Unternehmen in gleicher Weise beurteilen.
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Mit diesen Ausführungen hat die Klägerin weder einen tragenden und abstrakten Rechtssatz aus dem angefochtenen FG-Urteil herausgearbeitet noch hat sie eine Divergenzentscheidung mit Datum sowie Aktenzeichen und/oder Fundstelle bezeichnet. Im Übrigen hat das FG gerade auf den konkreten Einsatz der betreffenden Gegenstände im Betrieb der Klägerin abgestellt, über den es sich aufgrund des schriftlichen Vortrags der Klägerin und der ergänzenden Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung eine Überzeugung gebildet hat.
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3. Schließlich hat das FG den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) nicht verletzt.
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a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das FG, die Beteiligten über den Verfahrensstoff zu informieren und ihnen Gelegenheit zur Äußerung zu geben, ihre Ausführungen zur Kenntnis zu nehmen, in Erwägung zu ziehen und sich mit dem entscheidungserheblichen Kern ihres Vorbringens auseinanderzusetzen. Das rechtliche Gehör ist verletzt, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls deutlich ergibt, dass das Gericht Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (z.B. Senatsbeschluss vom 27. Juli 2007 III S 8/07, BFH/NV 2007, 2135).
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b) aa) Die Klägerin rügt, das FG habe zwar den Eindruck erweckt, es unterstelle den Vortrag aus dem Schriftsatz des Klägervertreters vom 20. Dezember 2005 als wahr. Hingegen habe es einen wesentlichen Teil des Vortrags übergangen, nämlich insbesondere die Darlegung, dass die Gitterboxpaletten und Sichtbehälter nach ihrer betrieblichen Zweckbestimmung im Unternehmen der Klägerin jeweils nur als Teile eines betrieblichen Aufnahme-, Transport- und Zwischenlagersystems und ausschließlich in einem Nutzungszusammenhang mit zahlreichen gleichartigen Gegenständen und insbesondere auch mit den technisch auf sie abgestimmten Gabelstaplern genutzt werden könnten.
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bb) Insoweit übersieht die Klägerin jedoch, dass das FG genau diesen Vortrag zum einen im Tatbestand seiner Entscheidung auf Seite 2 des Urteils wiedergegeben und zum anderen auf den Seiten 6 und 7 der Entscheidungsgründe auch gewürdigt hat. Es deutet daher nichts darauf hin, dass das FG dieses Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat. Vielmehr hat das FG aus der Gesamtwürdigung der Umstände den Schluss gezogen, dass die Paletten und Sichtbehälter nach ihrer konkreten betrieblichen Zweckbestimmung zwar auch zusammen mit anderen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens genutzt werden können, dies jedoch nicht die einzige bzw. ausschließliche Nutzungsmöglichkeit im Betrieb darstellte. Vielmehr ging es davon aus, dass die betreffenden Wirtschaftsgüter aufgrund ihrer Transport- und Lagerfunktion im Betrieb der Klägerin auch allein genutzt werden konnten.
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4. Im Ergebnis wendet sich die Klägerin mit ihrem Vortrag im Stil einer Revisionsbegründung gegen die vermeintlich fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG. Hierdurch lässt sich jedoch die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht erreichen (z.B. Senatsbeschluss vom 8. März 2010 III B 123/09, BFH/NV 2010, 1288).
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