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BFH 12.01.2012 - II B 49/11
BFH 12.01.2012 - II B 49/11 - Unzulässigkeit einer Verpflichtungsklage mangels eines im Verwaltungsverfahrens gestellten Antrags
Normen
Art 3 Abs 1 GG, § 40 Abs 1 Alt 2 FGO, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, § 119 Nr 6 FGO
Vorinstanz
vorgehend FG Münster, 11. April 2011, Az: 3 K 1387/08 Ew, Urteil
Leitsatz
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NV: Eine Verpflichtungsklage ist unzulässig, wenn der Kläger im Verwaltungsverfahren keinen Antrag auf Erlass des eingeklagten Verwaltungsakts gestellt hat.
Gründe
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Die Beschwerde ist unbegründet.
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1. Der vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) gerügte Verfahrensmangel ist nicht gegeben.
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a) Ein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegt vor, wenn das Finanzgericht (FG) zu Unrecht durch Prozess- anstatt durch Sachurteil entschieden und dadurch auch den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. März 2011 II B 141/10, BFH/NV 2011, 1006, m.w.N.). Ein solcher Verfahrensmangel ist im Streitfall jedoch nicht festzustellen.
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b) Das FG hat die Klage insoweit im Ergebnis zutreffend als unzulässig abgewiesen als der Kläger beantragt hat, den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) zu verpflichten, den Einheitswertbescheid vom 28. November 1974 ab dem 1. Januar 2006, spätestens ab dem 1. Januar 2007, allerspätestens ab dem 1. Januar 2008 sowie den Grundsteuermessbescheid vom 28. November 1974 spätestens ab dem 1. Januar 2007 und allerspätestens ab dem 1. Januar 2008 aufzuheben.
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Die Unzulässigkeit der Klage ergibt sich dabei nicht erst daraus, dass --wie das FG zutreffend ausgeführt hat-- kein Vorverfahren durchgeführt worden ist. Vielmehr war die Klage bereits deshalb unzulässig, weil der Kläger im Verwaltungsverfahren keinen dem Klageantrag entsprechenden Antrag gestellt hat.
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Für die Verpflichtungsklage ist anerkannt, dass ihre Zulässigkeit grundsätzlich von einem vorher im Verwaltungsverfahren erfolglos gestellten Antrag auf Vornahme des eingeklagten Verwaltungsakts abhängt (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 28. November 2007 6 C 42/06, BVerwGE 130, 39; Braun in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 40 FGO Rz 82, m.w.N.). Diese Zulässigkeitsvoraussetzung folgt aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, nach dem es zunächst Sache der Verwaltung ist, sich mit Ansprüchen zu befassen, die an sie gerichtet werden (vgl. BVerwG-Urteil in BVerwGE 130, 39).
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Im Streitfall hat das FG die für die Auslegung des klägerischen Antrags vom 4. Februar 2006 wesentlichen Begleitumstände erforscht und ist ohne Verstoß gegen die gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), die Denkgesetze und die gesetzlichen Erfahrungssätze zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger lediglich die Aufhebung des Grundsteuermessbetrags auf den Stichtag 1. Januar 2006 sowie für davor liegende Stichtage beantragt hat. Diese Auslegung bindet den Senat. Denn die Auslegung von Willenserklärungen gehört grundsätzlich zu den vom FG festzustellenden, den BFH bindenden Tatsachen (BFH-Beschluss vom 25. März 2010 X B 165/09, BFH/NV 2010, 1461). Da der Kläger somit im Verwaltungsverfahren weder die Aufhebung des Einheitswertbescheids noch des Grundsteuermessbescheids für Stichtage ab 1. Januar 2007 beantragt hat, war die Verpflichtungsklage insoweit unzulässig.
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2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
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Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn die für ihre Beurteilung maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Dies ist nur der Fall, wenn die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist (BFH-Beschluss vom 8. Juni 2011 XI B 38/11, BFH/NV 2011, 1546, m.w.N.). An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die Rechtsfrage anhand der gesetzlichen Grundlagen oder der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden kann und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage durch den BFH geboten erscheinen lassen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 1546, m.w.N.).
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Die vom Kläger sinngemäß für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage, ob die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer mit verfassungsrechtlichen Anforderungen, insbesondere mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes), vereinbar sind, ist für Stichtage bis zum 1. Januar 2007 nicht klärungsbedürftig. Denn nach der BFH-Rechtsprechung sind die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens trotz der verfassungsrechtlichen Zweifel, die sich aus den lange zurückliegenden Hauptfeststellungszeitpunkten des 1. Januar 1964 bzw. --im Beitrittsgebiet-- des 1. Januar 1935 und darauf beruhenden Wertverzerrungen ergeben, jedenfalls für Stichtage bis zum 1. Januar 2007 noch verfassungsgemäß (BFH-Urteile vom 30. Juni 2010 II R 60/08, BFHE 230, 78, BStBl II 2010, 897; vom 30. Juni 2010 II R 12/09, BFHE 230, 93, BStBl II 2011, 48).
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Aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 13. April 2010 1 BvR 3515/08 (BFH/NV 2010, 1403) ist keine erneute Prüfung dieser Rechtsfrage geboten. Dieses Verfahren betraf eine Klage gegen einen Grundsteuermessbescheid auf den 1. Januar 2002. Das BVerfG führt insoweit aus, im Hinblick auf die im Schrifttum in erheblichem Umfang geäußerten verfassungsrechtlichen Zweifel an der Einheitsbewertung könne nicht ausgeschlossen werden, dass der BFH auf ein entsprechendes Vorbringen die Revision zugelassen hätte. Das BVerfG bezweifelt mit diesen Ausführungen nicht die Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens für Stichtage bis zum 1. Januar 2007. Vielmehr weist das BVerfG lediglich darauf hin, dass der BFH in dem konkreten Verfahren möglicherweise Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens zum Stichtag 1. Januar 2002 hätte haben können, wenn er diese Frage hätte beantworten müssen.
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