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BFH 20.05.2011 - V S 10/11
BFH 20.05.2011 - V S 10/11 - Anhörungsrüge - Wiedereinsetzung
Normen
§ 56 FGO, § 133a FGO
Vorinstanz
vorgehend BFH, 10. Dezember 2010, Az: V R 60/09, Beschluss
Leitsatz
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NV: Nach Ablauf der Frist des § 56 Abs. 2 FGO können Wiedereinsetzungsanträge nicht mehr nachgeschoben, sondern nur noch unklare und unvollständige Angaben erläutert oder ergänzt werden .
Tatbestand
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I. Die Klägerin, Revisionsklägerin und Rügeführerin (Klägerin) wendet sich mit ihrer Anhörungsrüge und Gegenvorstellung gegen den Beschluss des Senats vom 10. Dezember 2010 V R 60/09 (BFH/NV 2011, 617), mit dem der Senat die Revision der Klägerin als unzulässig verworfen und einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nach § 56 der Finanzgerichtsordnung (FGO) abgelehnt hat und auf den der Senat Bezug nimmt.
Entscheidungsgründe
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II. 1. Die Anhörungsrüge der Klägerin ist unbegründet.
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a) Nach § 133a Abs. 1 FGO ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Die Rüge muss das Vorliegen der genannten Voraussetzungen darlegen (§ 133a Abs. 2 Satz 5 FGO).
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Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes und § 96 Abs. 2 FGO) verlangt von dem erkennenden Gericht vornehmlich, dass es die Beteiligten über den Verfahrensstoff informiert, ihnen Gelegenheit zur Äußerung gibt, ihre Ausführungen sowie Anträge zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht (vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. Mai 2005 VII S 17/05, BFH/NV 2005, 1614; vom 27. Dezember 2006 V S 24/06, BFH/NV 2007, 1667; vom 16. Juni 2009 XI S 4/09, juris).
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b) Der Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör ist durch die Entscheidung über die Unzulässigkeit der Revision nicht verletzt worden.
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aa) Die Klägerin rügt zu Unrecht, dass sie ihren Vortrag zur Wiedereinsetzung auch noch durch den Schriftsatz vom 20. August 2010, der erst nach Ablauf der Frist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO erstellt wurde, habe ergänzen können. Sie berücksichtigt dabei nicht hinreichend, dass nach der Rechtsprechung des BFH die Wiedereinsetzung in formeller Hinsicht eine in sich schlüssige Darstellung der für die Wiedereinsetzung wesentlichen Tatsachen innerhalb der Frist des § 56 Abs. 2 FGO erfordert und hierfür zumindest der Kern der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen vorgebracht werden muss. Nach Ablauf der Frist können Wiedereinsetzungsgründe nicht mehr nachgeschoben, sondern nur noch unklare und unvollständige Angaben erläutert oder ergänzt werden (BFH-Urteil vom 21. Februar 1995 VIII R 76/93, BFH/NV 1995, 989, und BFH-Beschluss vom 26. April 2005 I B 248/04, BFH/NV 2005, 1591). Dabei ist die Aufgabe zur Post vollständig zu schildern, d.h. es sind die Personen namentlich zu benennen, die mit der weiteren Bearbeitung der Postausgänge an diesem Tag betraut waren (vgl. BFH-Beschlüsse vom 12. April 1989 II B 197/88, BFH/NV 1990, 298; vom 13. Juli 1989 VIII R 64/88, BFH/NV 1990, 577, und vom 19. Januar 1993 X R 82/92, BFH/NV 1993, 611). Lücken in der Begründung des Wiedereinsetzungsbegehrens können nach Ablauf der Frist des § 56 Abs. 2 FGO nicht mehr geschlossen werden (BFH-Beschluss in BFH/NV 1993, 611).
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Dem genügte der Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin nicht, da sie sich bei ihrem Wiedereinsetzungsantrag vom 15. April 2010 innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist auf die Mitteilung beschränkt hatte, dass die Sekretariatsleiterin des Prozessbevollmächtigten, Frau W., den Brief, der das Schreiben mit der Revisionsbegründung enthielt, am Montag, den 29. März 2010, "in die Mittagspost" gegeben habe, "damit der Brief am gleichen Tag noch der Post zugeführt wurde", ohne aber innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist die eigentliche Aufgabe zur Post zu schildern, die nach dem verspäteten Schriftsatz vom 20. August 2010 darin bestanden habe, dass die Ausgangspost "in einem Postrundgang von dem Mitarbeiter der Poststelle ab ca. 13.30 Uhr eingesammelt und dann ab 14.15 Uhr in der Poststelle bearbeitet" werde, dass ausgehende Briefe dort mit einer verbandseigenen Frankiermaschine frankiert und gegen 15:30 Uhr "zur Abholung durch einen Abholdienst" (Firma X) "an einer verabredeten Stelle in der Tiefgarage" des Verbandsgebäudes "deponiert" würde, dass der Abholdienst "die gegen 16.30 Uhr abgeholte Post bis 20.00 Uhr (Annahmeschluss für Großkunden)" in ein Postverteilzentrum einliefere, dass die Mitarbeiter der Poststelle Herr W und Herr Z bestätigt hätten, dass es sich bei der Firma X um einen "außergewöhnlich zuverlässigen, pünktlichen und korrekten Abholdienst" handele und dass entsprechend dem üblichen "Prozedere" auch am 29. März 2010 verfahren worden sei.
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Die Klägerin beruft sich für ihre Auffassung, der Senat hätte diesen Vortrag berücksichtigen müssen, ohne Erfolg auf das BFH-Urteil vom 27. März 1985 II R 118/83 (BFHE 144, 1, BStBl II 1985, 568), nach dem der Vortrag zur Aufgabe zur Post auch noch nach Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist ergänzt werden kann. Denn die Klägerin hat im Streitfall innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist keine Ausführungen zur Aufgabe zur Post, sondern nur zu Vorbereitungshandlungen für die Postaufgabe gemacht.
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bb) Die Klägerin macht geltend, der Senat habe ihren fristgerechten Vortrag zur Vorlage des Postausgangsbuchs nicht beachtet. In ihrem Schriftsatz vom 15. April 2010 verwies sie auf die Kopie eines Fristenbuchs, hat als Anlage zu diesem Schriftsatz tatsächlich aber eine Kopie aus ihrem Postausgangsbuch beigefügt. Hierauf bezieht sich der nicht entscheidungserhebliche Hinweis des Senats. Dass sie nach Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist einen Auszug ihres Terminsbuchs in Kopie eingereicht hat, ändert hieran nichts.
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cc) Zur konkret anwendbaren Frist des § 56 Abs. 2 FGO hat sich der Senat in seinem Beschluss vom 10. Dezember 2010 nicht geäußert, da der Schriftsatz der Klägerin vom 20. August 2010 in jedem Fall verspätet war.
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2. Die Gegenvorstellung der Klägerin ist nicht statthaft. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 25. November 2008 1 BvR 848/07, BVerfGE 122, 190) und des BFH (Beschlüsse vom 1. Juli 2009 V S 10/07, BFHE 225, 310, BStBl II 2009, 824; vom 19. November 2009 III S 43/09, BFH/NV 2010, 453; vom 28. Mai 2010 III S 11/10, BFH/NV 2010, 1651; vom 14. Oktober 2010 X S 19/10, BFH/NV 2011, 62) kann eine Gegenvorstellung nur noch gegen eine abänderbare Entscheidung des Gerichts erhoben werden. Die Entscheidung über die Zurückweisung der Revision wird hingegen materiell rechtskräftig und ist daher nicht mehr änderbar.
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